Jump to content

1.3 Die Weiße Bruderschaft nach Danovs Tod 1944 bis 1989


Recommended Posts

1.3 Die Weiße Bruderschaft nach Danovs Tod 1944 bis 1989

(während des kommunistischen Regimes in Bulgarien)

Peter Danov stirbt dreieinhalb Monate nach Etablierung des neuen politischen Regimes. Er wird mit der persönlichen Erlaubnis des kommunistischen Führers Georgi Dimitrov im Viertel Izgrev bestattet. Danov hinterlässt keinen Nachfolger. Ljubomir Lultschev, der sowohl als Anhänger Danovs als auch durch seine Funktion als Königlicher Rat bekannt geworden ist, wird hingegen vom Volksgericht zum Tode verurteilt. Während der Periode des Kommunismus setzen die Anhänger der Weißen Bruderschaft ihre Treffen im Prinzip fort. Sie tragen Danovs Vorträge vor, üben die Paneurhythmie aus und unternehmen wie früher Spaziergänge in der Natur. Dabei werden sie von der Staatsgewalt beaufsichtigt und oft bedrängt. Auch die Jahrestreffen an den Sieben Rila-Seen finden weiter statt. Bei diesen Treffen sind auch Vertreter der Staatssicherheit anwesend. Die Zahl der Anhänger nimmt bis zum Ende der 80er Jahre kontinuierlich ab. Angesichts der Umstände und der politischen Situation im Land stellen sich die Schüler der Weißen Bruderschaft während dieser Periodie als Hauptziel die Aufgabe, die Werke Danovs zu bewahren, um es den nächsten Generationen weitergeben zu können. Außerdem wird ein großer Teil von Danovs stenographierten Vorträgen, die bis zu seinem Tod nicht veröffentlicht wurden, nach 1944 - und ein Teil erst nach 1990 - publiziert.

Es wird behauptet, dass »Georgi Dimitrov nach dem 9. September 1944 persönlich angeordnet habe, dass Danov und seinen Anhängern gegenüber keine Repressalien ausgeübt werden dürfen. Der Hauptsekretär des Außenministeriums, Michail Georgiev, berichtet Dimitrov, dass die Weiße Bruderschaft im Ausland Popularität und Anerkennung genießt und dass jegliche Maßnahmen der Unterdrückung von der Welt negativ aufgenommen würden. Während dieser Phase kann die Weiße Bruderschaft von der Staatsgewalt fast ungestört tätig sein. Die von Danov gepredigten Ideen über die große Weltmission der Slawen, die geistige Rolle Russlands, das Bogomilentum als Eckstein der europäischen Geistigkeit - und anderes aus seiner Lehre - ziehen auch eine Reihe von linken Intellektuellen (sogar Mitglieder der kommunistischen Partei) an. In jener Zeit hat die Bruderschaft auch schon Anhänger in Russland. Dies ist einer der Gründe, weshalb das Außenministerium vier Jahre nach der Etablierung des kommunistischen Regimes in Bulgarien die Universelle Weiße Bruderschaft als Glaubensgemeinschaft anerkennt (23. Januar 1948). Nach dem Tod Georgi Dimitrovs hebt das Außenministerium im Oktober 1956 aber seinen Beschluß auf, und die Organe der Staatssicherheit treffen Maßnahmen für die Auflösung dieser >Sekte<«.

Vier Tage nach Danovs Tod wird am 1.1. 1945 von den Schülern auf einer Versammlung ein provisorischer Rat der Weißen Bruderschaft gewählt, der aus sieben Mitgliedern besteht: Todor Stojmenov, Bojan Boev, Simeon Simeonov, Pascha Teodorova, Boris Nikolov, Nikola Antov und Shetscho Panajotov. Am 10. August 1945 versammeln sich alle Gruppenleiter der Bruderschaft aus dem ganzen Land in Sofia, wählen einen Bruderschaftsrat (dem die gleichen Mitglieder angehören wie dem provisorischen Rat) und gründen einen Obersten Bruderschaftsrat, der aus allen Leitern besteht. Im Oktober 1945 wird in der Siedlung Izgrev die Druckerei »Weizenkom« gegründet. Direktor der Druckerei ist Nikola Antov, technischer Redakteur Nedeltscho Popov. Von 1945 bis 1950 werden hier 51 Bände mit Peter Danovs Vorträgen gedruckt, die bis zu dieser Zeit unveröffentlicht sind. Am 31. Dezember 1945 wird in der Siedlung Izgrev eine »Akademie für brüderliches Leben« gegründet. Von 1945 bis 1990 arbeitet Dr. Philip Steutzev in Plovdiv an Peter Danovs Musik und gibt viele Orchesterbearbeitungen heraus. Im Jahre 1972 macht er eine akustische Aufnahme der die Paneurhythmie begleitenden Musik. Im Jahre 1947 veröffentlichen Metodi Konstantinov, Bojan Boev, Maria Todorova und Boris Nikolov das Buch »Der Meister«, das im Jahre 1959 in Paris in französischer Sprache erscheint. Im Jahre 1948 geben Maria Todorova und Kiril Ikonomov das Buch »Gesänge vom Meister« heraus. Wie oben erwähnt, erkennt das bulgarische Innenministerium die Weiße Bruderschaft am 23. Januar 1948 als eine religiöse Gemeinschaft ohne den Status einer juristischen Person an. Die Bruderschaft wird bei der Direktion »Glaubensbekenntnisse« des Innenministeriums als »Glaubensgemeinschaft« mit der Bescheinigung N2 27526-40-5K/11.06.1948 und beim Notar des Amtsgerichts Sofia mit der Bescheinigung N2 8096/21.09.1948 registriert. Der Beschluss wird am 20. Oktober 1956 aufgehoben. Am 3. Juni 1948 verstaatlicht das bulgarische Außenministerium das Grundstück in der Siedlung Izgrev, wo sich der Raum für Gebetsversammlungen und »Der Ort« befinden. Beide gehen in das Eigentum der russischen Botschaft über. Am 26. April 1949 wird in Aithos die Ausarbeitung des Statutes der Weißen Bruderschaft fertiggestellt, das dem Gesetz zu Glaubensbekenntnissen entspricht. Der Ministerrat für innere Angelegenheiten der Volksrepublik Bulgarien bestätigt es jedoch nicht. Gegen Ende 1949 besteht die Weiße Bruderschaft in Bulgarien aus Gruppen in allen großen Städten und in 35 Dörfern: in Vama - Leiter Velko Petruschev; in Russe - Leiter Nikola Vatev; in Burgas - Leiter Ivan Beutachev; in Veliko Tamovo - Leiter Sta-mat Todorov; in Jambol - Leiter Kanjo Christov; in Sevlievo - Leiter Stefan To-schev; in Stara Sagora - Leiter Panajot Kovatschev; in Plovdiv - Leiter Michail Stoitzev; in Kasanlak - Leiter Peter Kamburov; in Sliven - Leiter Ivan Kalkan-dschiev; in Elchovo - Leiter Sheljo Matev; in Schumen - Leiterin Gergina Sheko-va; in Aitos - Leiter Georgi Kurtev; in Petritsch - Leiter Mirtscho Philipov; in Tar-govischte - Leiter Vassil Harisanov; in Haskowo - Leiterin Nedjalka Andreeva; in Trojan - Leiter Dimiter Stanev; in Gabrovo - Leiter Penko Penkov; in Lom - Leiterin Maria Krastewa; in Orjachowo - Leiter Michail Kraev; in Nowa Sagora - Leiter Georgi Petrov. Am 13. März 1950 wird die Druckerei »Weizenkom« laut Gesetz über den Buchdruck verstaatlicht. Von 1951 bis 1961 dechiffriert Elena Andreeva viele bis zu diesem Zeitpunkt unveröffentlichte Vorträge von Peter Danov und tippt sie illegal in vier Durchschlägen ab. Die dechiffrierten Stenogramme werden an vier verschiedenen Stellen versteckt. Die Bruderschaft wird am 14. 12. 1951 beim Komitee für Fragen der Bulgarischen Orthodoxen Kirche und beim Außenministerium noch einmal registriert. In einer Akte aus dem Archiv der Polizeibehörde vom 1. Mai 1955 wird über die Weiße Bruderschaft Folgendes berichtet: »Am aktivsten und gut organisiert ist die Sekte >Danovisten<, die Gebetshäuser in Sofia, Stalin, Burgas, Aithos, Russe, Tamovo u. a. besitzt. Die Danovisten treffen sich drei Mal wöchentlich in diesen Gebetshäusem und lesen aus den Werken des Gründers der Sekte, Danov. Der Mitgliederbestand ist sehr heterogen: während es in den anderen Sekten vornehmlich einfache Leute gibt, sind hier die meisten Mitglieder ehemalige Lehrer, Musiker, Schriftsteller, Journalisten u. a., die hohe Posten im monarchistisch-faschistischen staatlichen Apparat innehaben. Diese Sekte übt ihre aktive religiöse Tätigkeit mündlich und schriftlich aus [,..].« In dieser Zeit beginnen Aktionen gegen Menschen jeglichen Glaubens im Land. Am 6. Dezember 1957 wird auf Anordnung des Staatsanwalts die ganze Literatur von Peter Danov in der Siedlung Izgrev konfisziert. Die Bücher werden auf LKW's verladen und abtransportiert. Der größere Teil davon wird vernichtet, und ein Teil wird im Staatsarchiv aufbewahrt. Auch in anderen Orten im ganzen Land beginnt die Beschlagnahme der Bücher von Peter Danov und die Zerstörung von Bibliotheken der lokalen Gruppierungen. Wohnungen werden durchsucht, es kommt zu Inhaftierungen, Literatur wird konfisziert und es finden Umsiedlungen und Verhöre statt. Die betroffenen Menschen verlieren zum Teil ihre Arbeit. Nach einem der Weißen Bruderschaft zufolge inszenierten Prozess erklärt das Amtsgericht Sofia am 19. Mai 1959 Boris Nikolov (Vorsitzender des Verwaltungsrates der Weißen Bruderschaft) und She-tscho Panajotov wegen finanzieller Unregelmäßigkeiten für schuldig und verurteilt sie dementsprechend zu 15 bzw. 8 Jahren Gefängnis. In den Staatsbibliotheken werden die Bücher von Danov durch Stempel als verboten gekennzeichnet. Um die Literatur zu retten, vergraben Anhänger der Weißen Bruderschaft die Bücher von Danov oder sie mauern sie ein. »Trotz des Befehls zur Vernichtung der Dokumente bleibt ein Teil der Literatur auf persönliche Initiative mancher Angestellter erhalten. Elena Michailova, Schwester von Georgi Dimitrov und Ehefrau von Wulko Tscherwenkov, protestiert vor den Organen der Polizei. Ehemalige Angestellte der Staatssicherheit schreiben in ihren Memoiren über jene Periode, dass sie aufgrund ihrer eigenen Überzeugung und ihres Gewissens gegen die Verfolgung der Weißen Bruderschaft gewesen sind und dass sie deshalb einen Teil der Literatur versteckt und den Befehl zur Vernichtung der Literatur und zur Verfolgung der Anhänger Danovs nicht besonders genau befolgt haben.«

Am 8. August 1958 verstaatlicht der Stadtrat von Sofia alle Grundstücke, die sich im Besitz der Einwohner von Izgrev befinden. Gleiches geschieht auch an anderen Stellen im Land. In Veliko Tamovo wird durch ein Schreiben vom 18. 2. 1964 jegliche religiöse Tätigkeit verboten. Im Jahre 1962 sind von den ehemaligen 25 Ortsgruppen nur noch 5 registriert. Am 29. Juli 1970 beginnen Bagger, das Stadtviertel Izgrev zu zerstören. In den 70er Jahren beginnen die traditionellen Treffen der Weißen Bruderschaft, die am 12. Juli jährlich in der Stadt Aithos stattfinden. Das Grundstück der Bruderschaft in Aithos bleibt das einzige, das in dieser Periode nicht verstaatlicht wird. In den 80er Jahren wird die russische Botschaft auf dem Gelände der ehemaligen Siedlung Izgrev gebaut. Auf Geheiß der Tochter des kommunistischen Führers Todor Zhivkov - Ljudmila Zhivkova (Kulturministerin 1975-1981) - wird das Grab von Peter Danov erhalten und sorgfältig gepflegt. In den 80er Jahren gibt es nur noch etwa 500 Anhänger, die vorwiegend in Sofia und Plovdiv wohnen.

Link zu diesem Kommentar
Auf anderen Seiten teilen

Erstelle ein Benutzerkonto oder melde dich an, um zu kommentieren

Du musst ein Benutzerkonto haben, um einen Kommentar verfassen zu können

Benutzerkonto erstellen

Neues Benutzerkonto für unsere Community erstellen. Es ist einfach!

Neues Benutzerkonto erstellen

Anmelden

Du hast bereits ein Benutzerkonto? Melde dich hier an.

Jetzt anmelden
×
×
  • Neu erstellen...