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1921_02_27 Die Liebe


mariaK
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Die Liebe

 

„Am größten aber ist die Liebe“ „Gott ist Liebe“ (Korinther, 13,3)

 

An diesem Morgen werde ich zu euch über einen Vers sprechen, den ich zur Grundlage der göttlichen Lehre in der Welt machen möchte, und zwar über den Vers: „Gott ist Liebe.“

 

Ihr werdet sagen: das wissen wir doch. Ja, teilweise, doch nicht in seiner Ganzheit. Ich werde eine mathematische Aufgabe stellen, eine mathematische Gleichung. Wir werden mit den Unbekannten beginnen: x : y = xi : yi und w : m = e : a. Die letzte Proportion — das sind die Elemente der höheren geistigen Mathematik. Das x ist eine Größe aus der sichtbaren, der realen, der materiellen Welt. Dieses x läßt sich sehr leicht bestimmen. Wie? Ihr werdet x und y auf die gleiche Weise bestimmen, wie man die beiden Unbekannten in der folgenden Aufgabe bestimmen kann: Aus zwei gegenüberliegenden Städten kommen zwei Einheiten Soldaten heraus, begegnen einander und grüßen sich. Die einen fragen die anderen:

 

Wieviele seid ihr? Die anderen antworten: Wenn einer von euch zu uns kommt, werden wir zweimal soviele sein wie ihr. Die ersten sagen ihnen: Wenn einer von euch zu uns kommt, werden wir soviele sein, wie ihr seid. — Jeder, der die mathematischen Formeln kennt, wird sofort herausfinden, wie hoch x und wie hoch y ist. Und nachdem ihr bestimmt habt, wie hoch x und y sind, das heißt die sichtbare materielle Welt, werdet ihr zur geistigen Welt xi: yi übergehen. Das sind abstrakte Wahrheiten.

 

„Gott ist Liebe.“ Ich nehme die Liebe zum Prinzip. Außerhalb der Liebe kennen wir Gott nicht. Er ist nur in der Liebe. Weil die Liebe allen Lebewesen zugängig ist, gibt es kein organisches Wesen, keine lebendige Materie auf der Welt, die nicht in irgendeiner Weise eng mit der Liebe verbunden ist oder von ihr abhängt. Folglich kennen wir Gott nur in der Liebe. Und dieser Gott der Liebe ist nicht außerhalb, ist nicht nur im Universum, sondern in uns. Ein Gebot im Evangelium lautet: „Du sollst Gott, den Herrn, lieben aus ganzem Herzen, aus ganzer Seele, mit all deinen Sinnen und mit all deinen Kräften.“ Begreift den Sinn dieses Gebots.

 

Ich werde die Liebe von vier Standpunkten aus betrachten: als Streben, als Gefühl, als Kraft und als Prinzip.

 

Ihr habt Physiologie studiert. Welcher Herzschlag ist richtig? Stellt verschiedene Beobachtungen an und notiert euch jedes Mal, wie oft das Herz in einer Minute schlägt. Ihr werdet mit einer großen Wissenschaft beginnen. Stellt fest, durch den Rhythmus der Abweichungen, um wieviele Herzschläge das Herz variiert. Stellt fest, welcher Winkel durch Anstieg und Abschwächung der Herzschläge gebildet wird. Dieser Winkel wird annähernd 60 Grad betragen — das ist das Gesetz der menschlichen Evolution. Wenn ihr euch in einem angenehmen Seelenzustand befindet, zählt wieder euren Herzschlag. Zum Beispiel irgendein Mädchen fühlt sich zu irgendeinem jungen Mann hingezogen. Sie soll ihre Herzschläge in einer Minute zählen, wenn sie ihm begegnet. Nach ihren Herzschlägen wird sie feststellen können, ob er ihr in der Liebe treu sein wird, ob er sie betrügen wird, sie wird seine zukünftigen Absichten erkennen können. Nachdem sich das junge Mädchen und der junge Mann getrennt haben und verzweifelt sind, sollen sie wieder ihre Herzschläge zählen.

 

Wenn man an jemandem zweifelt, soll man wieder zählen, wieviele Schläge das eigene Herz macht. Man soll sich diese Zahl merken. Jetzt werden wir mit der höheren Mathematik zu arbeiten beginnen. Warum haben das Mädchen und der junge Mann, die zueinander streben, ein bebendes Herz? Ja, natürlich, es muß beben. Wenn das Herz nicht bebt, ist es ohne Leben. Die Mutter, die ein Kind erwartet, spürt doch auch die Herzschläge ihres Kindes in ihrem Leib. Dann beginnt sie sich zu freuen. Die Herzschläge zeigen ihr, daß das göttliche Leben beginnt und daß Gott fragt:

 

Bist du bereit, dieses Leben aufzunehmen und es weiterzuentwickeln? Auf die gleiche Weise fragt Gott auch das Mädchen und den jungen Mann. Doch das Mädchen will nichts davon wissen. Sie denkt an Hüte, an Kleider, wie sie ihr Haus einrichten soll, doch an das Beben des Herzens denkt sie nicht. Doch das Beben des Herzens ist wichtig. Die anderen Dinge sind zweitrangig. Diese Lehre, von der ich euch berichte, ist real. Arbeitet mit diesen Zahlen. Ihr kommt dann in das zweite Stadium der Liebe. — Ihr habt einen Freund, den ihr mit den reinsten Gefühlen liebt, ganz uneigennützig. Wenn ihr dieses intensive Gefühl spürt, beobachtet euren Herzschlag, entdeckt diese Wechselbeziehung. Das wird das y der Proportion sein. Zählt euren Herzschlag, wenn euer Bruder oder Freund nah oder fern von euch ist. Es gibt einen Unterschied zwischen beiden. Der Herzschlag hat einen indirekten Einfluß auf die Atmung — und die Atmung hat eine indirekte Verbindung zum Blutkreislauf und die damit verbundene Anreicherung des Blutes mit Sauerstoff. Das ist der Grund, weshalb alle gegenwärtigen Krankheiten aus dem falschen Verständnis der Liebe entstehen, durch die falsche Atmung und die mangelnde Sauerstoffanreicherung im Organismus. Alle menschlichen Körper stecken sich von unten nach oben an, deshalb müssen wir in diesen vier Gebieten arbeiten, um unsere Seele zu reinigen. Im Christentum sagt man, daß wir büßen müssen; das heißt, das bezieht sich auf das Streben nach Liebe. Danach kommt die Geburt und die Neugeburt; das bezieht sich auf die Gefühle der Liebe, auf die Seele. Die Weihe bezieht sich auf den Verstand. Und zuletzt kommt die Auferstehung; sie bezieht sich auf die Kraft des Geistes, das heißt auf die Liebe als Prinzip. Und so gibt es in der Liebe zwei Prozesse: im Herzen und in der Seele, im Verstand und im Geist. Indem ihr diese Prozesse durchmacht, werdet ihr alle Stufen eurer Entwicklung durchlaufen.

 

Arbeitet gleichzeitig in euren Herzen, in eurer Seele, im Verstand und in eurem Geist. Zwischen dem Verstand und dem Geist gibt es eine Kreuzung, denn der Verstand ist der Bräutigam des Herzens, und die Seele ist die Braut des Geistes. Wenn wir sagen, daß Gott den Menschen nach seinem Bilde geschaffen hat, so bedeutet das, daß er ihn nach dem Bilde seiner Liebe geschaffen hat; denn ihr müßt wissen, daß die Liebe das erste Abbild Gottes ist, das heißt, die Worte „nach dem Bilde“ bedeuten „nach der Liebe“. Ein schönes Abbild — das ist SEINE Liebe. Wenn ihr die Liebe kennt, so kennt ihr auch das Antlitz Gottes. Kennt ihr die Liebe nicht, so ist Gott für euch unpersönlich. „Nach seinem Gleichnis“, das bedeutet nach seinem Geist. Wenn gesagt wird, daß der Mensch nach dem Bild und Gleichnis Gottes geschaffen wurde, so ist darunter zu verstehen, daß er nach der Liebe und Weisheit Gottes geschaffen ist. Daraus folgt, daß wir Gottes Liebe und seine Weisheit haben müssen, wenn wir IHM ähnlich sein wollen. Das, was ich euch jetzt sage, sollt ihr nicht als eine Philosophie betrachten, sondern ihr sollt euch damit auseinandersetzen. Es enthält viel Unausgesprochenes. Es gibt eine mächtige göttliche Lehre. Und das, was ich euch gesagt habe, ist nur das Vorwort, die Einführung in die mächtige Lehre von der Liebe.

Studiert diese Einführung und verweilt bei den vier Abschnitten:

 

dem Herzen, der Seele, dem Verstand, dem Geist. Das sind vier Gebiete dieser mächtigen Welt, die Gott geschaffen hat. Wir sind aufgerufen, diesen Gott kennenzulernen und ihn der Welt zu predigen. Es gibt nur einen Gott. Er ist der Gott der Liebe als Streben, als Gefühl, als Kraft und als Prinzip. Die Liebe als Prinzip ist in allem und über allem.

 

Das ist die mächtige Lehre von der Liebe, die alles entscheiden wird. Das, was ihr jetzt auf der Welt seht, die Widersprüche in den Familien und in den Gesellschaften, das ist ein vorübergehender Prozeß, der auf deinem Unverständnis der Liebe beruht.

 

Sofia, 27. Februar 1921

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