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mariaK

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Beiträge erstellt von mariaK

  1. Das Gute

     

    Die Liebe gebärt das Gute in der Welt.

     

    Das Gute ist der Grund des Lebens. Das Gute ist der Boden des Lebens und seine Nahrung zugleich. Nur das Gute kann das Leben unterstützen, nur das Gute kann das Leben nähren.

     

    Wenn Gott sich selbst begrenzt, wird das Gute zur Welt gebracht. Wenn der Mensch sich selbst begrenzt, wird das Böse geboren. Und wenn er sich von den Begrenzungen befreit, erscheint das Gute. Anders gesagt, wenn in der menschlichen Seele der große Wille aufkeimt, Gott zu dienen, dann erscheinen die Bedingungen für das Gute.

     

    Der Mensch will das Gute in sich selbst schaffen. Das Gute aber wird nicht geschaffen, sondern geboren. Es ist von Anfang an in jedem Menschen angelegt und er soll sich dessen nur bewusst werden und es offenbaren.

     

    Der Mensch soll gut sein, denn das Gute ist der Grund des Lebens. Ohne das Gute ist das Leben des Menschen ohne Grund.

     

    Wenn der Mensch nichts Gutes tut, wird das Böse geboren. Das Böse, das jetzt auf der Welt existiert, ist das Gute, das in der Vergangenheit nicht getan wurde. Das Böse entsteht aus einer unbestimmten Ordnung, es ist eine Welt der Willkür. In der lebendigen Natur kann man es als eine Vermehrung ohne ein Gesetz definieren. Das Böse ist aber unvermeidlich in der Welt der Beziehungen zwischen Kräften und Lebewesen.

     

    Gutes und Böses sind in der lebendigen Natur Kräfte, mit denen sie gleichermaßen operiert. Hinter dem Guten und dem Bösen verbirgt sich die große Vernünftigkeit, die alles benutzt.

     

    Der Mensch darf nicht gegen das Böse kämpfen. Er soll es nur vermeiden. Er darf nicht gegen das Böse kämpfen, sondern dem Bösen Gutes gegenüberstellen. Derjenige Mensch, der am meisten gegen das Böse kämpft, irrt am meisten. Das einzige Wesen, das das Böse in die Arbeit einspannen kann, ist Gott.

     

    Ihr solltet wissen, dass sowohl ein kollektives Bewusstsein des Guten als auch ein kollektives Bewusstsein des Bösen existiert. Sie bilden zwei große Pole des Daseins. Das menschliche Leben bewegt sich zwischen diesen beiden Polen. Wenn sich das Böse innen befindet und die Oberhand gewinnt und das Gute außen, dann herrscht das Böse auf der Erde, anders gesagt, die Hölle herrscht auf der Erde. Wenn aber das Gute innen ist und vorherrscht und das Böse draußen bleibt, dann regiert der Himmel und herrscht das Gute.

     

    Die Hölle ist ein Ort, wo das Böse sowohl innen als auch außen ist. Der Himmel ist ein Ort, wo das Gute sowohl innen als auch außen ist. Und das menschliche Leben ist ein Ort, wo manchmal das Gute innen und das Böse außen ist und manchmal umgekehrt.

     

    Jeder Mensch, je nach dem Leben, das er führt, befindet sich entweder am Pol des Guten oder am Pol des Bösen. Ein Mensch, in dem das Böse herrscht, lebt in ständiger Unruhe. Äußerlich kann er über große Reichtümer verfügen, sich eines großen Ansehens erfreuen, aber innerlich ist er unruhig. Ihn quälen ständig schlimme Vorahnungen und Ängste. Allmählich beginnt er, seine Kraft und seine Gesundheit zu verlieren.

     

    Wenn aber das Gute im Menschenherzen ist, hat er vielleicht keine Reichtümer und keine Macht, bleibt aber dennoch ruhig und heiter. Die äußerlichen Umstände sind schlecht, aber innerlich sind sie gut. Dieser Mensch hat etwas Mächtiges in sich, aufgrund dessen er von allen geliebt wird.

     

    Die guten Menschen sind die richtig starken Menschen auf der Welt. Aber die Menschen denken, dass das Böse auf der Welt stark ist. Das Böse ist nur deshalb stark, weil die Menschen es mögen. Die Liebe zum Bösen verleiht ihm Kraft. Das Böse schöpft die Kraft aus der Liebe.

     

    Dennoch kann das Streben nach dem Guten niemals aufgehalten werden. Das Gute als Prozess ist ewig. Es ist ein schöpferischer Prozess des Lebens. Deshalb kann man das Gute einen Weg ins Leben nennen. Eben das Gute führt uns zum Leben.

     

    Das Böse ist ein Weg zum Tode. Es ist zur ewigen Unfruchtbarkeit verurteilt.

     

    Bei der Unterscheidung des Guten vom Bösen behaltet Folgendes im Gedächtnis: Das Gute und das Böse -- das sind das Hohe und das Niedere auf der Welt. Das Böse -- das sind die schwächsten Schwingungen des Guten. Aus diesem Grund ist das Gute der Preis für das Vernünftige und das Böse der Preis für das Unvernünftige. Das Gute hebt die Werte des menschlichen Bewusstseins, das Böse senkt sie. Beim Guten wachsen die Gaben, durch das Böse werden sie gedämpft und getrübt. Das Gute fängt mit den kleinen Dingen an, die jedoch ständig wachsen, sich vergrößern, vermehren, organisieren und sich zu einem Ganzen vereinen. Im Bösen gibt es immer Auflösung und Zwietracht.

     

    Das Gute im Allgemeinen kann man mit einer Quelle vergleichen, die ständig sprudelt. Das Böse aber ähnelt einer versiegten Quelle, die kaum einen Tropfen Wasser abgibt. Das Böse verspricht vieles, aber tut nichts. Das Gute dagegen verspricht nichts, aber tut alles. Hat es die Quelle nötig zu versprechen, dass sie sprudelt? Sie quillt. So ist es auch mit dem guten Menschen; in ihm ist das Gute wie eine Quelle. Aus diesem Grund bleibt er unter allen Umständen gut. Es ist ein Irrtum zu denken, dass ihn die Umstände verändern könnten. Vor allem durchdringt das Gute sein ganzes Wesen, es liegt seinem ganzen Aufbau zugrunde.

     

    Der gute Mensch unterscheidet sich seinem Aufbau nach völlig vom schlechten Menschen. Das Nervensystem des Guten ist komplizierter und feiner aufgebaut. Sein Gehirn hat mehr Zellen, mehr Falten, es hat einen anderen Aufbau.

     

    Der Blutkreislauf bildet ebenso ein reicheres und dichteres Netz. Die Haut des guten Menschen hat mehr Zellen, sie ist feiner als die Haut des schlechten Menschen. Der gute Mensch im Allgemeinen hat einen vollkommeneren Aufbau. Er ist ein hoch entwickeltes Wesen. Aus diesem Grund wird jeder Mensch, der sich auf seinem Entwicklungsweg im Rückstand befindet, böse.

     

    In diesem Sinne meinen wir, dass das Böse Gutes ist, das nicht genutzt wurde. Das Böse kann man in der Welt nicht ausrotten. Und wenn Christus sagt, dass man das Unkraut nicht ausreißen sollte bevor die Erntezeit, also das Ende der Welt kommt, versteht er darunter, dass in Zukunft eine neue Welle kommen wird.(Mt 13,30) Dann wird das, was jetzt als das Böse auf der Welt existiert, in eine neue Entwicklungsphase übergehen.

     

    Wenn wir vom Guten, von der guten Tat sprechen, meinen wir immer den gesunden Menschen. Der kranke Mensch kann kein Gutes tun. Offensichtlich geht es hier nicht um die gewöhnlichen guten Taten, so, wie sie von den Menschen verstanden werden. Das wahre Gute, vom Gesichtspunkt der göttlichen Lehre aus betrachtet, bestimmt man durch drei Eigenschaften: Es bringt Leben, Licht und Freiheit. Sind diese drei Eigenschaften nicht vorhanden, handelt es sich nicht um das Gute. Das Leben entsteht durch die Liebe, das Licht entsteht durch die Weisheit und die Freiheit durch die Wahrheit. Wer Gutes tun will, soll mit diesen drei göttlichen Welten verbunden sein.

     

    Damit unser Handeln wahrhaft gut ist, soll es lebendig sein und uns folgen. Das Gute soll uns begleiten. Wenn das Gute uns nicht nachfolgen kann, ist es nicht das Gute. Mein Gutes soll mir nachfolgen. Und damit es mir nachfolgen kann, soll es Leben, Licht und Freiheit sowohl mir als auch demjenigen bringen, dem ich etwas Gutes tue.

     

    Da das göttliche Gesetz ein kollektives Gesetz ist, betrifft es alle auf einmal. Wenn du einem Menschen etwas Gutes tust, betrifft das auch die ganze Welt. Ob die Menschen es wissen werden oder nicht, das ist für die göttliche Welt unerheblich. Tatsache ist aber, dass dieses Gute allen nutzen wird. Deshalb sage ich: Gutes zu tun ist ein heiliger Akt, weil du auf diese Weise Gott aufforderst, sich durch dich in seiner Güte, Liebe, Weisheit und Wahrheit zu offenbaren.

     

    Es gibt keinen größeren Akt als den, eine gute Tat zu vollbringen. Egal wie winzig sie auch sein mag, es ist ein edler Akt, aufgrund dessen alle im Himmel auf die Beine kommen, da im Guten Gott steckt.

     

    Die Natur ist auch dem kleinsten Gewinn gegenüber sehr aufmerksam. Wenn ein Mensch eine gute Tat auf der Welt verrichtet, wenn er einen vernünftigen Akt ausführt, wird in der unsichtbaren Welt eine große Feier abgehalten. Und wenn Christus den Menschen empfiehlt, Schätze für sich im Himmel zu sammeln, versteht er darunter das Gute. Die Schätze -- das ist das Gute, das der Mensch auf der Erde getan hat.

     

    Gutes zu tun bedeutet, Gott in dir aufzufordern, durch dich zu wirken. Und wenn Gott wirkt, tut er das nicht nur um eines einzigen, sondern um aller willen. Aus diesem Grund nehmen alle vollkommenen Wesen daran teil, wenn eine gute Tat verrichtet wird. Also, jede Tat, an der sich der Himmel nicht beteiligt, ist menschlich, und jede Tat, an der sich der Himmel beteiligt, ist göttlich.

     

    Das Gute soll rechtzeitig getan werden. Es nimmt nicht viel Zeit in Anspruch, aber wenn du es tust, verlangt es, dass dein Herz, dein Wille, deine Seele und dein Geist während dieser Minuten, in denen du das Gute tust, vollkommen konzentriert sind.

     

    Beim Guten darf es keinen Aufschub geben. Wenn du etwas Gutes vorhast, sollst du es augenblicklich, ohne Aufschub tun. Wenn du es aufschiebst, ist der Augenblick verpasst.

     

    Denke dabei nicht, dass du nur dann Gutes tun sollst, wenn du gut gelaunt bist. Das Gute kann man auch bei der schlechtesten Laune tun. Die Missstimmung ist etwas, was das Fleisch betrifft. Sie betrifft nicht den Geist des Menschen.

     

    Die Menschen denken, dass das Gute etwas Totes ist. Das stimmt nicht. In jener heiligen Idee, die dir den Anstoß gegeben hat, etwas Gutes zu tun, wirkt ein erhabener und heiliger Geist, der diese Tat erleuchtet und zeigt, dass das Leben dessen, der Gott dient, immer wirklich wird.

     

    Das Gute ist das erste Band im Leben. Das Gute ist das erste Band zwischen den Menschen. Es ist das einzige materielle Band, das die Menschen richtig verbindet. Noch mehr: Das Gute ist das erste wahre Band zwischen den Seelen aller Menschen, egal ob sie auf der Erde oder im Himmel sind.

     

    Ohne das Gute würdet ihr kein Wissen erwerben können. Mit der Erkenntnis des Guten beginnt das Wissen.

     

    Eine gute Tat vergisst man nie. Sie ist in das göttliche Buch geschrieben, weil sie ein Akt der Liebe ist und als solche auf immer und ewig in der göttlichen Welt bewahrt wird.

     

    Jeder, der Gutes tut, wird für die anderen zum Vorbild. Denkt nicht, dass wenn ihr etwas Gutes tut, euch gleichzeitig Gutes genommen wird. Im Gegenteil: Das Gute erhebt euch in den Augen der anderen. Aus diesem Grund weicht vor keinen Schwierigkeiten zurück, wenn ihr etwas Gutes tun sollt. Seid mutig, entschlossen, tut das Gute und möge dieses Gute euren Nächsten Leben, Licht und Freiheit bringen!

     

    Ihr alle könnt Gutes tun, weil im Herzen aller das Gute wohnt.

     

    Jedes Gute, das ihr getan habt, ist eine Beziehung, die nach und nach stärker wird.

     

    Ihr sollt in solcherlei Beziehungen ständig, also nicht nur einmal treten. Vergesst dabei nicht, dass der Mensch unbekannt im Guten bleiben soll, wie er auch im Bösen unerkannt bleiben will.

     

    Beeilt euch nicht, gut zu werden. Das Gute ist eine notwendige Bedingung für die Vollkommenheit des Menschen, aber der Mensch wird nicht von einem Tag auf den anderen gut. Wenn aber der Mensch nach der Vollkommenheit strebt, hilft ihm das Gute.

     

    Um vollkommen zu werden, soll man stark im Guten sein.

     

    Das Einzige, was den Menschen zum Menschen macht, ist das Gute, das ihm innewohnt.

     

    Das Gute ist ein Weg zur Entdeckung der göttlichen Liebe.

  2. Der Geist

     

    Gott in seinem Sein ist Geist.

     

    Der Geist ist eine Offenbarung Gottes. Er existiert ewig und wird ewig existieren. Der Geist ist der Anfang aller Dinge.

     

    Es heißt: {\glqq Im Anfang war das Wort.\grqq}(Joh 1,1) Das Wort ist die erste Offenbarung der Liebe in der materiellen Welt. Und die Liebe ist die erste Frucht des Geistes.

     

    Das Haupt des Wortes ist die Wahrheit.(Vgl. Ps 119,160) Und das Haupt der Wahrheit ist Gottes Geist. Er ist der Anfang aller Dinge.

     

    Aus diesem Grund ist das Wort das Erste, womit der Mensch beginnen soll.

     

    Wer das Wort nicht versteht, der kann die Wahrheit nicht verstehen, und wer die Wahrheit nicht versteht, der kann auch den Geist nicht verstehen. Denn der Geist offenbart sich in der Wahrheit und die Wahrheit im Wort.

     

    Und dieses Wort sagt: {\glqq Der Geist ist es, der lebendig macht.\grqq}(Joh 6,63) Das Leben besteht, weil es den Geist gibt. Der Geist hat das Leben eingehaucht. Das wahre Leben ist nur dieses Leben, das aus dem Geist hervorgeht. Denn es gibt ein Leben, das nicht aus dem Geist hervorgeht. Das Leben, das aus dem Geist hervorgeht, ist absolut vernünftig. In ihm stirbt nichts. In ihm gibt es keine Leiden, keine Krankheiten, keine Widersprüche oder Not. Der Geist ist die ewige, unsterbliche Grundlage dieses Lebens. Er birgt in sich alle Urformen, in denen sich das Leben offenbart. Und unter Urformen sind jene Formen zu verstehen, die direkt aus dem Geist hervorgehen. Jede Form des Geistes ist ein vollbeschriebenes Blatt aus dem großen Buch des Lebens.

     

    Der Geist seinem Wesen nach ist das Eine, aber in seinen Offenbarungen ist er eine Vielheit. Einheit und Vielheit -- das sind Merkmale des Geistes. Als eine Offenbarung ist der Geist eine Vielheit von einem Pol bis zum anderen. Deshalb sage ich: Eins ist der Heilige Geist, viele sind die Geister. Die Geister -- das sind Atemzüge, die vom Heiligen Geist geboren wurden.

     

    In der Vielheit des Geistes offenbart sich sein unerschöpflicher Reichtum. Und die Erhabenheit des göttlichen Geistes offenbart sich in dieser Vielfalt. Der Geist bringt der sichtbaren Welt unzählige Reichtümer und offenbart das, was Gott ist.

     

    Gott kommt zu uns, indem er seinen Geist sendet, so, wie die Sonne ihr Licht sendet. Der Geist Gottes geht jeden Tag auf, bringt uns jeden Tag selbstverständlich seine Güter, ohne dass wir es von ihm verlangen und er tut es, ohne irgendeine Gegenleistung von uns zu erwarten.

     

    Alles, was wir besitzen, verdanken wir ihm. Das war den Menschen mehr oder weniger immer bewusst. Sie haben diese vernünftige Macht, die aus Gott hervorgeht und sich auf verschiedene Weisen offenbart, definiert; sie haben sie unterschiedlich benannt: Ursubstanz, Urenergie, Naturgesetze etc.

     

    Aber die Gesetze werden vom Geist geschaffen. Sie stehen in Beziehung mit jener großen Energie auf der Welt, die aus ihrem Urzustand hervorging, sich auf dem Evolutionsweg bewegt, sich differenziert, um sich in ihrer unendlichen Vielfalt zu offenbaren. Und dieser Entwicklungsweg ist nichts anderes als die Bewegung des Geistes bei der Anwendung eines kosmischen Plans.

     

    Der Geist ist die größte Realität. Angesichts der physischen Welt ist er unsichtbar, aber angesichts der göttlichen Welt ist er so objektiv wie der Körper in der physischen Welt und die Seele in der geistlichen Welt.

     

    Alles Große, Erhabene, Mächtige auf der Welt ist auf den Geist zurückzuführen. Der Geist hat die größten Früchte auf der Welt gebracht. Diese Früchte sind:

     

    Liebe, Freude, Friede, Geduld, Sanftmut, Barmherzigkeit, Glaube, Ruhe, Enthaltsamkeit.

     

    Das sind drei große Dreiecke, die in den drei Welten funktionieren: in der göttlichen Welt, in der Engelswelt und in der menschlichen Welt.

     

    Liebe, Freude, Frieden -- das ist das göttliche Dreieck. Die Liebe ist der Vater, die Freude -- die Mutter, der Friede -- ihr Kind.

     

    Beim Dreieck der Engelswelt ist die Geduld der Vater, die Sanftmut die Mutter und die Barmherzigkeit das Kind. Erwerbt diese Eigenschaften und ihr werdet unter den Engeln sein.

     

    Im dritten Dreieck ist der Glaube der Vater, die Ruhe die Mutter und die Enthaltsamkeit das Kind. Erwerbt diese Eigenschaften in ihrem tiefen, mystischen Sinne und ihr reiht euch unter den Heiligen ein!

     

    Damit der Mensch erkennt, was der Geist ist, soll seine Seele erwachen. Denn nur die Seele hat eine direkte Beziehung zum Geist. Ohne eine Seele hätten wir keine Vorstellung vom Geist. Und man kann sagen, dass sich das keimende Korn so zur Sonne verhält, wie die menschliche Seele zum göttlichen Geist. Die menschliche Seele empfindet heilige Erregung gegenüber dem göttlichen Geist, weil ihr Leben und ihr Wachstum von ihm abhängen.

     

    Die Seele hat ihre Entwicklung noch nicht vollendet, sie wird noch Millionen von Formen durchlaufen. Wenn sie ihre Entwicklung abschließt, wird sie sich mit dem Geist vereinen und dann existieren Geist und Seele nicht mehr getrennt. Dann offenbart sich das ewige Leben. Der Geist kann nur mit der Seele leben. Mit unserer Vernunft kann er nicht leben, weil unsere Gedanken sich ständig ändern.

     

    Merkt euch eins: Das Ursprüngliche im Menschen ist sein Geist. Die erste Offenbarung des Menschen ist seine Offenbarung als Geist. Der Geist ist jener absolute Punkt, in dem sich der Mensch im Dasein offenbart. Die Seele -- das sind die Möglichkeiten des Geistes.

     

    Der Geist des Menschen ist ewig. Er steigt ständig auf die Erde herab, offenbart sich und steigt wieder zum Himmel hinauf. Wenn der göttliche Geist in den menschlichen Geist herabkommt, erwacht dieser und offenbart sich. Er steigt herab und steigt dann wieder hinauf zu Gott.

     

    In diesem Ab-- und Aufstieg bewegt sich der menschliche Geist gleichzeitig in drei Richtungen, aus denen drei Bestrebungen entstehen. Die erste Bestrebung des Geistes ist eine Bestrebung nach dem Leben.

     

    Die zweite Bestrebung des Geistes ist eine Bestrebung nach Wissen.

     

    Die dritte Bestrebung des Geistes ist eine Bestrebung nach Freiheit.

     

    Der menschliche Geist bringt dem Menschen alles bei. Er regt die menschliche Seele zum Wachstum und zur Entwicklung an. Die Seele ist die Schatzkammer des menschlichen Geistes. Sie bringt all das, was er seit Menschengedenken bis heute erworben hat.

     

    Der menschliche Geist ist der Schöpfer aller Dinge auf Erden. Alle Wissenschaften, alle Künste, alle Religionen, alle Epochen und Kulturen, die die Erde durchlaufen hat, sind immer vom menschlichen Geist geschaffen, der sich noch nicht völlig offenbart hat. Der physische Körper des Menschen selbst, mit all seinen Organen, mit seinem ganzen Aufbau, ist von seinem Geist geschaffen.

     

    Und wenn der Körper eines Menschen im Mutterleib einer Mutter gebildet wird, nimmt der Geist des Menschen zusammen mit dem Geist der Mutter am Aufbau des Körpers teil. Denn alle Energien, alle Kräfte, die im Weltall wirken, sind Eigentum des menschlichen Geistes. Er kann frei mit der Materie umgehen; er kann sie verdichten, verdünnen und modellieren.

     

    So z. B., wenn der Geist die Schwingungen des Lichtes senken will, dann verdichtet er die Materie um sich herum.

     

    Die Materie zwingt ständig den Geist, neue, immer vollkommenere Formen zu erschaffen. Der Geist erschafft die Formen und die Materie individualisiert den Geist. Und das, was wir einen Kampf zwischen der Materie, die selbst leblos und träge ist, und dem Geist, der voller Leben ist, nennen, ist das Streben des Geistes, sie beweglicher und für seine schöpferische Tätigkeit empfänglicher zu machen.

     

    Der Mensch sucht das Glück, das Wissen und den Reichtum im Leben. Aber all das kann man nur durch den Geist erwerben. Nur der Geist ist Träger all dieser Güter. Er ist der Träger aller Gaben, aller Talente, er ist der Träger der Intelligenz, der Genialität.

     

    Wenn der Geist kommt, dann wird alles Große geboren. Wenn der Geist kommt, dann gibt er all dem einen Anstoß, was seit Millionen von Jahren im Menschen angesammelt wurde; es erwacht und beginnt sich zu formen. Kommt der Geist, erweitert sich der Mensch, erhellt sein Weltbild, es verschwinden die Widersprüche und er beginnt, klar zu sehen.

     

    Wenn der Mensch will, dass sich in ihm die göttliche Liebe offenbart, muss der Geist unbedingt in ihm sein. Aber der Geist ist ein sehr delikates Wesen. Er ist den menschlichen Schwächen gegenüber sehr empfindlich und besitzt die Fähigkeit, in diejenigen einzudringen, denen er auf seinem Weg begegnet. Er klopft nicht laut. Er klopft sehr leise an euer Herz, und wenn ihr ihm öffnet, dann verändert sich euer Leben schlagartig und vollkommen. Er zeigt euch, wie ihr leben, was ihr tun und es bewusst tun solltet.

     

    Der göttliche Geist kommt nur zu uns, um zu arbeiten und wenn das Herz und die Vernunft richtig arbeiten. Er wirkt zuerst als Intuition, aber wenn der Mensch vorankommt, dann beginnt er, klar und direkt zu ihm zu sprechen. Seine Offenbarungen werden immer deutlicher und konkreter.

     

    Wenn der Geist in den Menschen eindringt, offenbart er sich unbedingt. Es gibt keine Kraft auf der Erde, die den Geist stören könnte, sich zu offenbaren. Aber ohne die Reinheit kann sich der menschliche Geist in seiner Macht nicht offenbaren.

     

    Gehorche dem Geist! Und merk dir, dass er der große Schöpfer von allem ist, was auf der Erde existiert. Die Wissenschaft, die die Menschen manchmal vergöttern, ist eine Schöpfung des menschlichen Geistes. Aber der menschliche Geist steht über jeder Wissenschaft. Aus diesem Grund verbeuge dich nicht vor dem, was der menschliche Geist geschaffen hat, also davor, was du geschaffen hast.

     

    Ehre deinen Geist als einen großen Schöpfer, der den göttlichen Willen vorausahnt und vollbringt! Denn der menschliche Geist erfüllt immer den Willen Gottes. Er tut das, was er von Gott gelernt hat.

     

    Wenn du den Weg der Wahrheit gehen willst, gib dem Geist in dir die Freiheit! Lass ihn dich führen und den Weg weisen. Von innen oder außen beobachtet der Geist alles, was du tust.

     

    Und jetzt weist der Geist der Menschheit neue Wege. Das ganze Sonnensystem ist dabei in eine neue Region eingetreten. In Zukunft beweisen die Wissenschaftler, dass auch die Erde in einer neuen Verbindung mit der Sonne steht. Wir kommen mit einer unberührten Materie in Kontakt und diejenigen, die bereit sind, werden das neue Leben, das in ihr steckt, annehmen und auferstehen. Diejenigen, die nicht bereit sind, werden darauf warten, in der Zukunft von einer neuen Welle aufgenommen zu werden.

     

    Bereite dich auf das Kommen des Geistes vor!

     

    Und vergiss nicht, dass, wenn der Geist kommt, sich die Tür deines Herzens öffnen soll. Wenn der Geist eingetreten ist, soll sich die Tür deines Herzens schließen.

     

    Öffne die Tür nicht, bevor der Geist gekommen ist. Schließ die Tür nicht, bevor der Geist eingetreten ist!

     

    Arbeite dort, wo der Geist arbeitet!

  3. Der Mensch

     

    Jesus nun ging hinaus, die Dornenkrone und das Purpurkleid tragend. Und er spricht zu ihnen: Siehe, der Mensch!

     

    Können die Menschen auch über euch sagen {\glqq da ist der Mensch\grqq} wenn ihr in die Welt hinausgeht?

     

    Um dem Menschen diesen Namen zu verleihen, soll er vier Dinge in sich haben: Er soll reich, stark, klug und tugendhaft sein.

     

    Reich ist nur derjenige, der eine reiche Seele, eine reiche Vernunft, ein reiches Herz und einen starken Willen hat. Nur ein Mensch, der Gott dient, ist im wahrsten Sinne des Wortes reich.

     

    Stark ist nur der Mensch der Liebe, der Mensch der Wahrheit. Der Starke steht über allen äußeren Umständen. Ich nenne denjenigen, der Menschen tötet, nicht stark. Ein starker Mensch ist derjenige, der seine Feinde in Freunde verwandeln kann. Aus diesem Grund wehrt er sich nicht und kämpft nicht für seine Rechte. Nur der Schwache kämpft für seine Rechte. Und wenn der starke Mensch, der Held, der Wahrheit wegen an den Pranger gestellt wird, erträgt er langmütig sowohl Schmach als auch Schmähungen, Schadenfreude und Anschuldigungen.

     

    Hier ist der Mensch! Hier ist Jesus!

     

    In der ursprünglichen Sprache, auf der dieser Name ausgesprochen wurde, bedeutet er: der Mensch, der auf die Erde kommt, der Bruder der Leidenden. Deshalb ist im weitesten Sinne des Wortes Jesus jeder, der leidet und als ein Held seine Leiden erträgt. Jesus ist jede leidende menschliche Seele, die ihre Rettung erarbeitet.

     

    Jesus ist der eine Bezugspunkt des Menschen. Christus, d. h. der Mensch, der den Tod besiegt und über ihn triumphiert hat, der auferstanden ist, der Gott dient und bereit ist, seine Seele für die anderen zu opfern, das ist der andere Bezugspunkt für den Menschen.

     

    Der Mensch, wie Jesus, lernt den tiefen Sinn des Leidens -- jenen göttlichen Prozess, durch den er seinen Charakter formt. Denn das Wertvollste am Menschen ist sein Charakter. Der Mensch muss durch das Feuer der Prüfungen gehen, und nur wenn er durch dieses Feuer geht und allem standhält, nur dann kann er einen wertvollen, festen und standhaften Charakter erlangen. Nur dann wird er ein ewiges Heim haben, in dem er wohnen kann. Unter Charakter, im tiefen Sinne des Wortes, versteht man alles Vernünftige, was der menschliche Geist geschaffen und tief in die menschliche Seele hineingepflanzt hat.

     

    Der Charakter ist eine Zusammensetzung von Tugenden. Merkt euch eines: Diejenige natürliche Kraft im Menschen, die ihn mächtig machen kann, ist die Kraft seiner Tugenden. Die Tugenden -- das ist ein großes Kapital, um das herum alle großen Kräfte der lebendigen Natur zu zirkulieren beginnen. Aus diesem Grund versteht man unter dem Wort Mensch die Summe aller Tugenden. Wer keine solche Summe von Tugenden darstellt, den kann man keinen wahren Menschen nennen.

     

    Der heutige Mensch hat noch nicht den Zustand des wahren Menschen erreicht. In ihm überwiegt mehr oder weniger das Tierische. Der wahre Mensch offenbart sich von nun an. Den heutigen Menschen kann man noch nicht bändigen, in ihm sind immer noch zu viele tierische Erscheinungen. Alle Verbrechen, die der Mensch begeht, sind auf das Tierische in ihm zurückzuführen. Und er soll sich sehr bemühen, um sich vom Tierischen zu befreien und es zu überwinden.

     

    Der Mensch ist jedoch eine Zusammensetzung von Tugenden und nicht von Verbrechen. Der Mensch selbst, seinem Ursprung nach, seinem Wesen nach, ist etwas Großes.

     

    Gott, indem er sich in sich selbst begrenzt hat, hat den Menschen geschaffen. Aber mit der Erschaffung des Menschen sind auch die Leiden in die Welt gekommen. Denn dort, wo es Beschränkungen gibt, gibt es auch Leiden.

     

    Der Mensch ist etwas Großes! Würdet ihr den Menschen verstehen und an ihn glauben (aber nicht daran, was man von außen wahrnimmt, was äußerlich erscheint), dann würdet ihr sehen, wie groß er ist. Denn das, was man von außen sieht, ist ein Ausdruck bestimmter Gedanken, Gefühle und Handlungen. Der Mensch ist nicht das, was man heute von ihm hält. Er ist nicht nur ein materielles Wesen, das mit dem Tod verschwindet.

     

    Das, was stirbt, ist nicht der Mensch. Verschwände der Mensch mit dem Tod, gäbe es keinen Grund, über ihn zu philosophieren. In diesem Falle wäre er ein Ding, ein Gegenstand, ein Automat, der bald zu Staub verfallen würde. Dass der Mensch sterben und verschwinden wird, ist die erste Lüge, die man in die Welt eingeführt hat.

     

    Es gibt etwas im Menschen, das weder in dieser noch in der anderen Welt stirbt. Das, was nicht stirbt, verfault und verschwindet, das ist der Mensch. Er wird weder alt noch jung.

     

    Wenn wir vom Menschen sprechen, verstehen wir darunter seine Seele. Wenn etwas Göttliches im Menschen ist, dann ist das die leuchtende Seele, die denkt.

     

    Würde man die vernünftige leuchtende Seele vom Menschen trennen, würde er zu einem wahren Tier werden. Er unterscheidet sich durch nichts von ihm; er isst und schläft. Er hat also, kurz gesagt, alle Bedürfnisse und Schwächen des Tieres.

     

    Der Mensch ist eine lebendige Seele, die alle Möglichkeiten des ewigen, unsterblichen Lebens hat. Diese Seele besitzt alle Fähigkeiten, alle Arbeitsmethoden in sich und wendet sie im Gehirn und überhaupt im ganzen Körper an, durch den sie sich manifestiert. Aus diesem Grunde sagt man: Der Mensch enthält in sich alle Möglichkeiten eines vernünftigen Lebens. Der Mensch enthält alle Möglichkeiten eines Lebens der Liebe. Der Mensch enthält in sich alle Möglichkeiten eines Lebens in der Wahrheit.

     

    Wenn der Mensch alle Möglichkeiten zu verwirklichen beginnt, dann wandelt er sich allmählich und geht von einem Zustand in einen anderen über. Er steigt allmählich, Schritt für Schritt auf: Von einem einfachen Menschen wird er zu einem Talentierten, dann genial, danach ein Heiliger und schließlich ein Meister.

     

    Es gibt Stufen des Menschseins. Unter einem Menschen versteht man nicht nur jenes Wesen, das auf der Erde lebt. Der Mensch existiert nicht nur auf der Erde, nicht nur im Sonnensystem. Er bewohnt das ganze Universum, alle Sonnen und Planeten. Die Planeten und Sonnen sind von Menschen verschiedener Intelligenzstufen bewohnt. Es spielt keine Rolle, was für einen Körper sie haben. Sie sind vernünftige Wesen und gehören derselben menschlichen Rasse an.

     

    Diese Rasse entwickelt sich allmählich. Viele von den menschlichen Wesen in den anderen Sonnensystemen sind weit fortgeschrittener als der Mensch, weil sie früher von der großen Urquelle des Lebens hervorgegangen sind. Ihre Weisheit ist so groß, dass die Kultur der Menschen, im Vergleich mit der Kultur auf dem Sirius z. B., noch in ihren Babyschuhen steckt. Die heutigen Menschen sind gegenüber den Menschen auf dem Sirius nicht einmal Kinder.

     

    Aber der Mensch ist ein ewig Wandernder. Die Erde war und wird auch nicht seine letzte Wohnung sein. Nachdem der irdische Mensch seine Entwicklung auf der Erde abgeschlossen hat, wird er nicht in den Himmel hinauffahren. Er wird von einem System des physischen Weltalls zum anderen wandern, bis er sich in seiner Fülle entwickelt hat. Die nächste Station in seiner Entwicklung wird der Sirius sein. Der menschliche Geist ist vor ca. 250 Milliarden Jahren zur Erde herabgestiegen.

     

    Er war nicht in diesem Zustand, in dem er sich jetzt befindet. In diesen 250 Milliarden von Jahren hat er viele verschiedene Formen und Phasen der Entwicklung durchlaufen. Und die ganze fast unendliche Reihe organischer Formen, die die Natur geschaffen hat, stellen Stadien dar, die der menschliche Geist durchwandert hat. Sie sind eine große Schule, in der er gelernt hat.

     

    Alle Kenntnisse des Menschen, die er in diesen 250 Milliarden Jahren erworben hat, sind in seinem Kopf, in seinem Gehirn gespeichert. Aus der Sicht der fortgeschrittenen Wesen aber, der Engel z. B., ist er noch ein kleines Kind. Diese 250 Milliarden von Jahren sind für sie wie zweieinhalb Jahre. Aus ihrer Sicht ist der Mensch ein zweieinhalbjähriges Kind.

     

    Der Mensch hat noch viel zu lernen. Deshalb hat und wird er unzählige Formen und Lebensstufen durchlaufen. Die Menschen, die eine klägliche Vorstellung vom Leben haben, denken, dass alles vollendet ist, wenn der Mensch einmal geboren wurde. Nein, die Geburt ist ein ewiger, unaufhörlicher Prozess. Unzählige Male wird der Mensch geboren, indem er von einer Entwicklungsphase in die andere übergeht. Berücksichtigt eines: Die Frage nach der Geburt und der Wiedergeburt ist eine Frage des aufgeklärten menschlichen Geistes, der aufgeklärten menschlichen Seele, des aufgeklärten menschlichen Verstandes; das ist keine Frage der aufgeklärten Vernunft.

     

    Der Mensch lernt gleichzeitig an drei Schulen. Auf der Erde lernt der Körper; alle Zellen im Organismus verrichten einen Dienst, wodurch sie jedoch gleichzeitig lernen. In der geistigen Welt lernt die Seele, in der göttlichen Welt der Geist. Deshalb ist das Ideal des Menschen, sich selbst, die Engel, die in ihm als ein leuchtender und reiner Gedanke erscheinen, und schließlich Gott, d. h. die Liebe zu begreifen.

     

    Weil der Mensch mit den Engeln, die den Gedanken geschaffen haben, verbunden ist, nennt man ihn ein Wesen des Gedankens -– Manas. Die Vernunft ist ein Geschenk der Engel für die Menschen. Und das, was ihn von den Tieren unterscheidet und ihn auf zwei Beine aufgerichtet hat, ist seine Vernunft. Ich aber sage euch: Der Mensch ist mehr wert, als das, was er denkt. Das Große in der Welt kann nicht völlig bestimmt werden.

     

    Merkt euch eines: Die erste Eigenschaft des wahren Menschen ist die Liebe. Die Liebe ist das Göttliche im Menschen. Ohne Liebe wird der Mensch zu einem Tier. Ohne Liebe ist er nur Sünden und Verbrechen ausgesetzt.

     

    Wer Gott nicht liebt, der ist noch kein wahrer Mensch. Er ist noch kein Ebenbild Gottes. Der heutige Mensch ist kein Ebenbild Gottes. Und wahrlich: Kann man einen solchen Menschen als Mensch bezeichnen, der dich bestehlen, vergewaltigen und beschimpfen kann? Ist auch jener ein Mensch, der dein Freund war und dann über dich lästert?

     

    Eigentlich, wenn man vom Menschen als Ebenbild Gottes spricht, versteht man den Menschen in seiner ersten Erscheinungsform, den so genannten kosmischen Menschen. Jeder Mensch, jede menschliche Seele ist ein ursprüngliches Element des großen kosmischen Menschen. Als solcher nimmt er einen bestimmten Platz in der lebendigen Natur ein und spielt eine bestimmte Rolle. Ohne ihn kann sich das Universum in seiner Fülle und Harmonie nicht offenbaren.

     

    Deshalb hat jeder Mensch hier, auf der Erde, seine bestimmte Rolle, ohne ihn kann das Leben nicht auskommen. Das Kommen von so vielen Millionen von Seelen ist nicht etwas Zufälliges.

     

    Aus diesem Grund verliere folgenden Gedanken nicht aus deinem Sinn:

     

    Der Mensch ist das größte Wesen auf der Erde.

     

    Freue dich, dass du den Namen Mensch trägst!

     

    Strebe danach, diesem Namen zu entsprechen!

     

    Vergiss nicht, dass du als Geist, als Seele, als Vernunft und als Herz ein wichtiger Bestandteil des Weltalls bist; ohne dich kann es sich in seiner Harmonie nicht offenbaren.

     

    Du weißt immer noch nicht, wer du bist.

     

    Im Menschen stecken Kräfte, die im Schlafzustand befinden, und er soll daran arbeiten, sie zu erwecken und richtig zu nutzen. Wenn der Mensch sich mit Gott verbindet, dann erwachen alle in ihm schlafenden Kräfte und Fähigkeiten. Woran erkennt man den Menschen, der mit Gott verbunden ist? Daran, dass er bereit ist, alles für ihn zu opfern.

     

    Der Mensch, der würdig diesen Namen tragen will, soll absolut ehrlich, absolut gutmütig, absolut intelligent und absolut edelmütig sein. Ehrlich und edelmütig ist nur derjenige, der sich über das fremde Wohl wie über sein Eigenes freut.

     

    Der wahre Mensch kämpft nicht äußerlich, um seine Ehre wiederherzustellen. Er weiß, dass sich die Ehre gemäß der großen Moral in der Welt nicht äußerlich wiederherstellen lässt. Kein Gericht, keine Gesellschaft, keine Religion ist imstande, die Ehre des Menschen wiederherzustellen, nur er selbst.

     

    Wodurch unterscheidet sich der vernünftige Mensch? -- Er beschäftigt sich weder mit der Vergangenheit noch mit der Zukunft. Er arbeitet in der Gegenwart. Unter Gegenwart verstehe ich das ewig Göttliche.

     

    Der vernünftige Mensch denkt nicht das, was ihm einfällt, sondern er denkt das, was rechtens ist. Nur der Dumme lässt sich etwas einfallen. Der Vernünftige hat eine besondere geistige Stimmung: Er wünscht keinem das Böse. Er wünscht allen Menschen das Wohl und rächt sich niemals. Denn er weiß, dass der Mensch nicht absolut vernünftig sein kann, wenn er keine absolute Moral besitzt. Er weiß, dass die Moral ein Grundpfeiler ist, dass sie dieser Stützpunkt ist, durch den die Vernunft in die Welt projiziert wird.

     

    Der vernünftige Mensch verlässt sich immer auf seine Vernunft. Er schätzt sie als eine große Gabe, die ihm von den Engeln als Unterstützung im Leben gegeben wurde. Und er weiß, dass nur der wahrhaft Vernünftige frei sein kann.

     

    Die Vernünftigkeit, im wahrsten Sinne des Wortes, ist eine Eigenschaft des Heiligen und des Genialen. Und deshalb merkt euch: Nur der tugendhafte Mensch kann ein kluger Mensch sein. Und alle Menschen der Tugend sind demütige Menschen (in dem Sinne, in dem Christus dieses Wort versteht) und diese Menschen sind die größten, die stärksten.

     

    Die beste Eigenschaft, die ein Mensch besitzen kann, ist, meiner Meinung nach, die Demut. Sie ist keine Schwäche. Der demütige Mensch ist der flexibelste, elastischste Mensch auf der Welt. Er kann alles sowohl Krankheiten als auch Armut, sogar den Tod ertragen. Eigentlich existiert für den demütigen Menschen das alles nicht; was auch immer ihn ereilt, er bleibt ruhig und gelassen. Er sagt: {\glqq Gott, der in mir lebt, stirbt nicht. Gott, der in mir lebt, wird kein Armer.\grqq} Der schwache, kleinmütige Mensch ist nicht demütig. Nur der tugendhafte Mensch ist demütig. Und genau er ist der wirklich starke Mensch. Der demütige Mensch, im wahrsten Sinne des Wortes, ist ein Mensch mit einem mächtigen Geist.

     

    Ihr fragt, warum ihr auf der Erde gekommen seid. Ich sage euch:

     

    Um die Liebe Gottes zu offenbaren.

     

    Um die Weisheit Gottes zu offenbaren.

     

    Um die Wahrheit Gottes zu offenbaren.

     

    Um die Gerechtigkeit Gottes zu offenbaren.

     

    Um die Tugend Gottes zu offenbaren.

     

    Ihr seid gekommen, um alle diese Tugenden zu offenbaren, um all das zu offenbaren, was vor Ewigkeiten in euren Seelen hineingelegt wurde.

     

    Und merkt euch, dass die Berufung des Menschen groß ist. Der Mensch ist geboren, um über alle Wesen zu herrschen, alle Elemente zu regeln und die Erde in Ordnung zu bringen. Er soll ein guter Herrscher werden. Und er kann nur dann ein solcher werden, wenn er all dies begreift, was Gott in ihn hineingelegt hat. Er soll wissen, was für Körper, was für Gewänder Gott trägt. Er soll wissen, welche jene erste Materie ist, in der seine Gedanken funktionieren. Er soll über alle Elemente herrschen: über die Erde, die Luft, das Wasser, die Wärme, das Licht. Er soll alle bösen Geister kontrollieren. Und er kann sie nur dann kontrollieren, wenn er die Schwächen dieser Geister überwindet.

     

    Und Christus will, dass ihm jetzt solche Menschen helfen, die nach allen Regeln der göttlichen Wissenschaft zu erbauen wissen, d. h. Menschen, in deren Vernunft das Wohl des Reiches Gottes im Vordergrund steht.

     

    Das große Leben benötigt Menschen, die neu geboren sind, die das Reich Gottes gesehen haben. Und vergesst nicht, dass derjenige, der das Reich Gottes sehen möchte, reine Augen haben soll. Die reinen Augen setzen ein reines Herz voraus. Das reine Herz setzt eine leuchtende Vernunft voraus. Die leuchtende Vernunft setzt eine edle Seele voraus. Und die edle Seele setzt einen liebenden Geist voraus, der vom ewigen Gott hervorgegangen ist.

     

    Der neu Geborene ist mit allen höheren Welten verbunden, mit allen Wesen höherer Hierarchien. Er ist so wahrheitsliebend wie die Wahrheit selbst, klug wie die Weisheit selbst und liebend wie die Liebe selbst.

     

    Für diesen Menschen, für den von Gott Geborenen, steht in der Heiligen Schrift, dass er keine Sünde begeht. Und wirklich, der von Gott Geborene besitzt eine sehr große Liebe in seiner Seele; in ihr quillt eine so große Quelle der Liebe hervor, dass für ihn keine Widersprüche existieren. Wart ihr bei einem solchen Menschen, um zu sehen, was für ein Frieden, was für eine Ruhe, was für eine Freude in ihm herrscht? Das Herz, die Vernunft, die Seele und der Geist eines solchen Menschen sind in vollkommener Harmonie mit Gott. Ein solcher Mensch ist genauer betrachtet die Gesamtheit vieler vernünftiger genialer Seelen.

     

    Das Gleiche gilt auch für die großen Poeten, Musiker oder Maler. Damit ein großer Poet, ein großer Musiker oder Maler erscheinen kann, müssen sich viele vernünftige, geniale Seelen vereinen.

     

    So wird der Mensch von einem Sohn des Gedankens zu einem geliebten Sohn der Liebe. So wird er zum Sohn Gottes. Die beste Bedingung, in der sich ein Mensch hinsichtlich Gott befinden kann, ist, ein Sohn Gottes zu sein.

     

    Ein Sohn Gottes zu sein, dem Großen, der alles geschaffen hat, zu dienen, bedeutet, für den Menschen den Puls des ganzen Universums zu fühlen, all seine Schönheit zu sehen, all seine wunderbare Harmonie zu vernehmen.

     

    Du, der du bestrebt bist, Sohn Gottes zu werden, mache dir Folgendes zum Ideal:

     

    Das Herz sei rein wie ein Kristall,

     

    der Verstand leuchtend wie die Sonne,

     

    die Seele weit wie das All,

     

    und der Geist mächtig wie Gott und eins mit Gott!

  4. Gott

     

    Es gibt nur den Einen, der als Liebe, Weisheit und Wahrheit erscheint.

     

    Es gibt den Einen! Und die ganze lebendige Natur spricht von diesem Einen, vom Großen.

     

    Man nennt ihn Gott, Vater.

     

    Er erfüllt alles, das ganze Dasein, alle Welten, alle Sonnensysteme und bleibt allzeit trotzdem unoffenbart. Und in der ganzen Ewigkeit kann er sich nicht völlig offenbaren. In ihr gibt es nicht alle Erscheinungsformen, durch die er sich vollkommen offenbaren könnte.

     

    An sich ist er das Absolute, das Unerreichbare und ohne Form. Er ist nichts. Aber dieses Nichts beinhaltet alles in sich. Es begrenzt sich, ohne sich zu begrenzen. Es verkleinert sich, ohne sich zu verkleinern. Es schafft, aber erschöpft sich nie.

     

    Gott offenbart sich in allem, aber er selbst ist nicht das Offenbarte. Er stützt sowohl innerlich als auch äußerlich alles, aber er ist selbst nicht daran beteiligt.

     

    Wir setzen ihn mit dem Licht, mit der Vernunft, mit dem Logos gleich. Das Licht, die Vernunft sind seine Offenbarungen.

     

    Gott ist nicht in einer materiellen Weise in der Welt gegenwärtig. Und wahrhaftig, wenn ein Künstler ein Gemälde malt, ist er im Gemälde? Wenn ein Bildhauer eine Statue modelliert, ist er in der Statue?

     

    Aber wenn sich der große Unbekannte uns offenbart, offenbart er sich als ein Licht ohne Schatten, als ein Leben ohne Ende, als eine Liebe ohne Veränderlichkeit, als ein Wissen ohne Fehler, als eine Freiheit ohne Einschränkungen.

     

    Und wenn man sagt, dass Gott Liebe ist, versteht man darunter die Offenbarung Gottes. Deshalb offenbart sich Gott dort, wo die Liebe ist, wo das Gute ist, ihre Frucht.

     

    Spricht man von Gott als Liebe, versteht man darunter jenes Wesen, aus dem das ganze Leben im Weltall hervorgeht und das alle lebenden Seelen in einem Ganzen vereint, ohne sich zu verändern.

     

    Es gibt nur ein Wesen auf der Erde, das absolut gut im wahrsten Sinne des Wortes ist -– das ist Gott. Er ist immer gutmütig. In diesem Zustand der Gutmütigkeit hat er überhaupt keinen Wunsch, irgendeinem auch nur das geringste Übel zuzufügen. Auch wenn er an dem kleinsten Insekt vorübergeht, wird er ihm zulächeln und ihm alle zur Entwicklung notwendigen Bedingungen schaffen.

     

    Gott richtet niemanden. Er hält niemanden auf, er beschränkt niemanden. Das Schöne an Gott ist, dass er sich nur an das Gute erinnert, das wir getan haben. An das Übel kann er sich nicht erinnern.

     

    Gott lässt alle Lebewesen absolut frei. Bis jetzt hat er keinem Wesen, so klein es auch sei, im Weltall gesagt: {\glqq Tu das!\grqq} oder {\glqq Diene mir!\grqq} Er zeigt ihm den Weg, aber lässt ihn allein entscheiden, das zu machen, was es für richtig hält.

     

    Und wahrlich, was nützt es Gott, wenn wir ihn ehren, wenn wir ihm dienen? Nützt es ihm etwas? Können wir ihm Wissen vermitteln? -- Nein, er weiß alles. Können wir ihm Kraft geben? -- Nein, er ist der Stärkste. Alles kann vergehen, alles kann wanken, aber er zweifelt niemals. Das Einzige, womit wir Gott anziehen, ist unsere Schwäche, unsere Not. Wenn er uns so winzig, so leidend und unwissend sieht, erwacht in ihm -- in seiner Erhabenheit -- der Wunsch, seine Hand auszustrecken und uns zu sagen: {\glqq Nun aufwärts!\grqq}

     

    Gott strebt danach, uns zu befreien, rein zu machen, unsere Vernunft leuchtender zu machen, unsere Herzen edel zu machen, in unsere Seelen jenes Licht einzuführen, durch das wir erkennen, dass er Liebe ist.

     

    Im Herzen Gottes gibt es etwas Großartiges. Er ist derjenige, der sowohl ganze Völker als auch einzelne Individuen erleuchtet. Alle Güter verdanken wir ihm; sowohl das Wissen als auch die Weisheit, die Wahrheit und die Freiheit. Alle großen Menschen hat er erhoben; sie stellen einen Impuls des göttlichen Geistes dar. Gott ist derjenige, der durch sie die Liebe, die Weisheit und die Wahrheit in die Welt hineinbringen will.

     

    Und in der göttlichen Liebe, Weisheit und Wahrheit ist das gesamte Leben in der ganzen Ewigkeit sowie das Wohl aller Seelen eingeschlossen. Sobald die Liebe, die Weisheit und die Wahrheit sich offenbaren, wohnt der göttliche Geist bei den Menschen und dann offenbart sich das Leben in seinem wahren Wesen.

     

    Der Mensch soll wissen, dass es nur einen Gott gibt und nur eine Liebe, eine Weisheit und eine Freiheit, eine Gerechtigkeit und ein absolutes Maß, eine Tugend und eine Quelle der Güter für alle existieren. Außer diesen gibt es kein anderes Maß für die große Wirklichkeit. Und wirklich ist nur das, was dem Einen, dem lebendigen Gott angehört.

     

    Viele aber fragen, ob Gott existiert und wenn er existiert, wo er denn sei. Das ganze Weltall stellt den Gottesstaat dar, in welchem Gott wohnt. Sein Bewusstsein und sein Verstand sind so groß, dass er auch die kleinsten Wesen umfasst und ihr Leben regelt.

     

    Alle Engel, alle großen Wesen, die Millionen von Jahren vor uns auf der Erde gelebt haben, wissen, wer Gott ist. Sie stehen in heiliger Erregung vor diesem Wesen, aus dessen Herzen die Liebe entspringt, die den ganzen Weltraum erhebt und stützt. Und wenn ihr sie fragt, wo und was Gott ist, antworten sie in ihrer Sprache: {\glqq Es gibt kein anderes Wesen, das euch näher ist, als Gott. Es gibt kein Wesen, das eine hellere Vernunft, ein hilfsbereiteres Herz, einen stärkeren Willen besitzt, für den alles möglich ist. Es gibt kein edleres, heiligeres, reineres, weiseres, stärkeres und mächtigeres Wesen als Gott. Er ist überall. Sowohl am Himmel, in allen Sonnen als auch auf der Erde, in allem: in der Luft, im Wasser, in den Steinen und den Pflanzen, den Tieren und im Menschen. Es gibt nichts, hinter dem nicht Gott steht.\grqq}

     

    Alles, was innerhalb und außerhalb von uns ist, alles, was um uns herum ist, stellt ein Gemälde dar, hinter dem Gott als ein großer Künstler steckt. Er ist gut versteckt, weil er uns freilassen will. Und weil Gott so gut versteckt ist, deswegen suchen die Menschen ihn außerhalb von sich und wollen ihn auf äußerem Wege erreichen und seine Existenz beweisen.

     

    Gott ist aber kein Wesen, das bewiesen werden kann. Die Existenz Gottes beweisen zu wollen, bedeutet, eigentlich zu behaupten, dass es keinen Gott gibt. Beweise für die Existenz Gottes zu finden ist ein mechanischer Prozess. Wenn der Mensch Beweise für die Existenz Gottes will, hat er bereits seine Beziehung zu ihm abgebrochen.

     

    Wenn man diese Beziehung wieder herstellt, beginnt das Leben unaufhörlich von Gott zum Menschen und umgekehrt zu strömen. In der Vernunft, im Herzen und im Willen des Menschen gibt es dann einen ununterbrochenen Zufluss göttlichen Bewusstseins. Und dann fallen alle sinnlosen und einfältigen Fragen wie: {\glqq Gibt es Gott oder gibt es ihn nicht? Liebt uns Gott oder hat er uns vergessen?\grqq} weg.

     

    Denn die Liebe zu Gott, aus der die lebendige Beziehung zwischen ihm und dem Menschen hervorgeht, ist eine mystische, innere Erfahrung, die sich in ganz unterschiedlichen Formen und Abstufungen offenbart. Die magische Kraft dieser Erfahrung steckt in jenem Augenblick, in dem der Mensch seine Gedanken, sein Herz, seine Seele und seinen Geist ohne jegliches Zögern und Zweifeln an diesen ewigen Beginn richtet.

     

    Kommt der Mensch zu diesem Punkt, kann er alles erreichen. Nur dann kann er den Sinn des Lebens begreifen. Denn nur Gott kann einem diesen Sinn offenbaren.

     

    Dann begreift man, dass man geboren ist, um Gott zu lieben und sein Leben mit dieser Liebe zu durchdringen, und nicht ein Diener der menschlichen Auffassungen zu sein. Und das flüstert ihm auch seine Seele zu. Denn vergesst das nicht, der Geliebte der menschlichen Seele ist nur Gott. Aus diesem Grund nenne ich nur denjenigen einen Menschen, der Gott liebt. Der Augenblick, in dem er sich selbst bestimmt hat und Gott liebt, bestimmt ihn als einen Menschen. Ein solcher Mensch zieht die Aufmerksamkeit aller guten und vernünftigen Menschen auf sich und sie sagen: {\glqq Heute ist etwas Göttliches geschehen.\grqq}

     

    Gott zu lieben, ist der ruhmvollste Augenblick im Leben eines jeden Menschen. Das bedeutet, aufzublühen und seinen Wohlgeruch weit zu verbreiten. Das bedeutet ständig wie eine Quelle zu sprudeln, die zu geben weiß. In diesem Zustand sind alle vernünftigen Wünsche des Menschen erreichbar. Nur dann wird der Mensch wirklich frei; er besitzt jene Freiheit, die die Wahrheit mit sich bringt. Und unter Wahrheit versteht man jenes Band, das Gott zwischen uns und sich selbst geschaffen hat. Außerhalb dieses Bandes gibt es keine Freiheit.

     

    Die heutigen Menschen, die ihre Beziehung zu Gott abgebrochen haben, bilden sich ein, tun zu können, was sie wollen; sie glauben sogar, dass sie auch das Recht haben, Gott zu kritisieren. Und mit Recht kann man sagen, dass es kein anderes Wesen gibt, das mehr Schmach erlitten hat, als Gott. Aber er, um es in menschlicher Sprache auszudrücken, hat nicht einmal mit der Wimper gezuckt. Er sieht still und ruhig zu, währenddessen er unveränderlich und sanftmütig bleibt.

     

    Nur derjenige, der in dieser wesentlichen, unveränderlichen Welt lebt, nur derjenige, der Gott dient und seine Gebote und Gesetze versteht, nur er ist frei und nur er hat einen freien Willen.

     

    Merkt euch eines: Das einzige Wesen, das uns liebt, ist Gott. Sowohl, wenn wir leiden als auch, wenn wir uns freuen, ist er derselbe. Sowohl in den Leiden als auch in den Freuden ist es Gott, der zu uns spricht.

     

    Vergesst nicht: Um fragen zu dürfen, wer Gott ist, solltet ihr nicht nur eine, sondern viele Ewigkeiten lang gelernt haben. Und wenn ihr alle Wissenschaften im Himmel und auf Erden abgeschlossen habt, erst dann dürft ihr diese Frage stellen. Und wisst ihr, was man euch erwidert? Klipp und klar: {\glqq Gott ist Liebe, die ihr in euch selbst spüren sollt.\grqq}

     

    Aber vorher, während ihr bei der Suche nach Beweisen der großen Realität umherirrt, merkt euch diese einfachen Wahrheiten:

    Fragst du dich, wo Gott ist, wisse, Gott ist da, wo es Leben, Gedanken und Gefühle gibt.

     

    Beginnst du an Gott zu zweifeln, dann wisse, dass du an dir selbst zweifelst. In der göttlichen Liebe gibt es absolut keine Ausnahmen.

     

    Aus diesem Grund, egal wo du hingehst, in was für eine Lage du gerätst, kannst du an allem zweifeln, aber niemals an Gott! Wisse, dass er überall ist und wenn du ihn anrufst, hilft er dir.

     

    Wenn du die Menschen sagen hörst, dass sie an Gott nicht glauben, dann schau sie an und du wirst verstehen, dass sie sich selbst für Götter halten. Diene solchen Göttern nicht!

     

    Merke dir etwas anderes: Wo es einen Sinn gibt, dort ist Gott. Wo es keinen Sinn gibt, dort fehlt Gott. Und wo Gott fehlt, dort ist die Hölle.

     

    Du fragst, wann der Mensch gut ist? In dem Augenblick, in dem sich Gott in ihm offenbart, ist er gut. In den Augenblicken, in denen sich Gott nicht offenbart, ist der Mensch böse. Offenbart sich Gott im Menschen, wird er froh und freundlich, ist zu jedem Dienst bereit. Wenn er darauf verzichtet, Gott zu dienen, dann verlässt er ihn.

     

    Fragt nicht danach, ob Gott euch liebt! Er hat vom ersten bis zum letzten Tag nicht aufgehört, euch zu lieben. Fragt danach, ob ihr Gott liebt. Und prüft eure Liebe durch das einzig sichere Maß: Was ist stärker in euch, eure Wünsche oder eure Liebe zu Gott? -– Wenn eure Liebe zu Gott stärker ist, steht ihr auf dem richtigen Weg. Wenn aber eure Liebe zu Gott schwächer als eure Wünsche ist, dann werden die Leiden und Widersprüche in eurem Leben nicht aufhören.

     

    Wenn der Mensch die göttliche Liebe in sich hat, wird sich alles, was ihn ereilt, zum Guten wenden. Hat er diese Liebe nicht, ist sein Weg lang, schwer und seine Wünsche unerreichbar.

     

    Der Weg zu Gott besteht in der Vollkommenheit. Der vollkommene Mensch hat nur die Idee von Gott. Ohne Vollkommenheit bleibt Gott für uns unbegreifbar. Trachtet der Mensch nach der Vollkommenheit, erkennt er Gott als Liebe. Und dann fühlt er den Puls aller Lebewesen auf der Erde. Und es gibt keine größere Wonne, als diesen Puls zu fühlen.

     

    Dann begreift der Mensch den großen Sinn jener höchsten Worte, die Jesus sprach: {\glqq Ich lebe in Gott und Gott lebt in mir.\grqq}

     

    Unter {\glqq Ich lebe in Gott\grqq} versteht man, dass Gott außerhalb von mir ist. {\glqq Gott lebt in mir\grqq} beinhaltet, dass Gott innerhalb von mir ist und ich, der Mensch, außerhalb bin. Beschränke Gott deshalb nicht, wenn er in dir ist. Lass ihm in dir absolute Freiheit, damit auch er dir absolute Freiheit in sich selbst lässt.

     

    Der Teufel, das ist ein Wesen, das Gott in sich beschränkt hat. Deswegen hat auch Gott ihn von außen beschränkt.

     

    Lass Gott absolute Freiheit in dir. Und dann wird sich vor dir eine unendliche Welt offenbaren.

  5. Die Gerechtigkeit

     

     

    "Dann werden die Gerechten leuchten wie die Sonne in dem Reich ihres Vaters. (Mt 13,43)

     

     

    Weder auf Erden noch im Himmel, sondern im Reich ihres Vaters. Dieses Reich ist nicht das Reich der Natur. Das Reich der Natur ist ein Heim für die Erziehung der kleinen Kinder. Und diese Gerechten sind nicht die gewöhnlichen Gerechten auf der Erde. Und auch die Gerechtigkeit, von der ich spreche, ist nicht die einfache Gerechtigkeit.

     

    Ich rede von jener Gerechtigkeit, in der es Licht gibt. {\glqq Dann werden die Gerechten leuchten wie die Sonne in dem Reich ihres Vaters.\grqq} Wenn du das Licht dieses Reiches ausstrahlst, dann bist du ein Gerechter, wenn du dieses Licht nicht ausstrahlst, dann gibt es keine Gerechtigkeit in dir. Unter den gewöhnlichen Gerechten dieser Welt, die kein Licht besitzen, kann jeder als ein Gerechter gelten. {\glqq Dann werden die Gerechten leuchten wie die Sonne in dem Reich ihres Vaters.\grqq} Viele werden vielleicht sagen: {\glqq Was interessiert uns, dass die Gerechten in irgendeinem Reich leuchten werden?\grqq} Das ist sehr wichtig. Ohne Licht auf der Erde kann es keinen Fortschritt und keine Entwicklung geben. Vor Milliarden von Jahren sind diese Lebewesen ins Reich Gottes eingetreten und haben dieses Licht erworben. Dank dieses Lichtes kann die Welt jetzt sehen. Es ist ein Ausdruck ihrer Gerechtigkeit.

     

    Wer sind die Gerechten, die leuchten? Das sind die Engel, die Diener Gottes. Und wenn sie nicht mehr leuchten würden, nicht mehr mit der Gerechtigkeit leben würden, dann würden wir auf der Erde zugrunde gehen. Und wenn ihr mich fragt, warum wir die Gerechtigkeit brauchen, antworte ich euch: Damit die Nachkommen in ihrem Licht leben können.

     

    Das Licht, das der Gerechtigkeit entspringt, ist die Essenz jenes Lichtes, das Leben spendet und das Leben impliziert.

     

    Die Liebe zeigt sich nur denjenigen, die gerecht sind und im Reich Gottes leuchten, also in jener großen, vernünftigen Welt, wo die Gerechten den tiefen Sinn der Dinge verstehen.

     

    Die Gerechtigkeit, das ist eine Eigenschaft der menschlichen Seele. Jede Seele ist geboren, um gerecht zu sein. Und am Anfang war sie gerecht. Erwerbt diese Eigenschaft, gerecht zu sein, dieses Erbe, das euch hinterlassen wurde.

     

    Jede Seele soll gerecht sein. Warum? Damit aus ihr das große Licht hervorgeht. Und im Licht, das aus der Gerechtigkeit hervorgeht, wird sich ihr die Liebe zeigen. Die Gerechtigkeit, das ist die Basis, auf der sich die Liebe zeigt und die menschliche Seele erleuchtet. Alle Seelen können gerecht sein und Licht ausstrahlen. Seelen, die nicht leuchten wollen, sind Seelen, die gegen Gott kämpfen.

     

    Kämpfe nicht gegen Gott! Geh ins Licht der Gerechtigkeit hinein und begreife, dass du nicht so lebst, wie der Mensch leben soll!

     

    Kämpfe nicht gegen den großen Vater der Liebe, der das ganze Weltall, alle Lebewesen in seiner Harmonie vereint!

     

    Heilige seinen Namen, denn er ist derjenige, der sich unzählige Male für alle Lebewesen geopfert hat. Wenn du einmal seine Stimme hörst, dann wird bei dir auf einmal der Wunsch entstehen, sich ebenfalls für ihn zu opfern. In dir wird die Bereitschaft entstehen, alles zu geben, ohne dass du einen Funken Reue empfindest. Du sagst zu dir: {\glqq Ich habe zu wenig gegeben, ich würde noch Millionen Jahre leben, um zu geben.\grqq}

     

    Die absolute Liebe Gottes verlangt nach absoluter Gerechtigkeit. Dort, wo keine Gerechtigkeit ist, ist keine Liebe. Die physische Seite der Liebe ist die Gerechtigkeit. Damit sich die Liebe in der physischen Welt zeigt, muss unbedingt Gerechtigkeit da sein. Ist keine Gerechtigkeit da, ist das ganze angenehme Geplauder umsonst.

     

    Die Menschen brauchen die absolute göttliche Gerechtigkeit, jene Gerechtigkeit, die für alle ohne eine einzige Ausnahme gleich anzuwenden ist, die Gerechtigkeit, die nicht nur die Menschen, sondern alle Lebewesen, von dem kleinsten bis zum größten berücksichtigt.

     

    Gemäß der großen Gerechtigkeit soll das Gesetz gleich für alle, d. h. gegenüber dem Ochsen, Menschen, Nichtgelehrten, Gelehrten einfachen Bürger und gegenüber dem Zaren sein. Wenn wir zu diesem heiligen Gesetz kommen, sollen wir alle heilige Ehrfurcht vor ihm empfinden. Denn sowohl, wenn der einfache Bürger als auch der Zar einen Fehler begehen, ist das eben ein Verstoß gegen das Gesetz der Gerechtigkeit.

     

    Es ist die Gerechtigkeit, die die wahren Beziehungen zwischen den Menschenseelen schafft. Wenn sie kommt, dann zeigt sich jene wahre Achtung, die die Menschen füreinander haben sollen. Dann werden wir für niemanden Verachtung empfinden und werden heilig füreinander sein.

    Deshalb sollt ihr, um die Vollkommenheit zu erreichen, die göttliche Gerechtigkeit in eurem Leben an den Anfang stellen, durch die sich die Liebe zu allen Wesen -- Menschen, Tieren und Pflanzen -- äußern wird. Erwerbt ihr das, seht ihr nur das Gute, wo ihr auch hinblickt. Seht ihr das Gute, erzeugt es in eurer Seele eine heilige Erregung.

     

    Die Gerechtigkeit ist etwas Innerliches. Gerecht zu sein, das bedeutet zu wissen, wie man sich bei jedem seiner Gedanken, bei jedem Gefühl, bei jeder Tat verhalten soll. Gerecht zu sein bedeutet zu wissen, wie man als denkendes Wesen, als vernünftiger, wirklich kultureller Mensch handeln soll. Wenn du wahre Beziehungen zu allen Wesen haben willst, sei gerecht zu ihnen.

     

    Die Gerechtigkeit ist ein großer innerlicher Prozess der Verteilung von allen göttlichen Gütern an alle Teile des Organismus -- sei es der Organismus eines Individuums, einer Gesellschaft, eines Volkes oder der ganzen Menschheit. Sie ist der Blutkreislauf, der das Blut überall hin liefert, damit jede Zelle alles aufnehmen kann, was sie benötigt, um ihre Arbeit zu verrichten. Dank der Gerechtigkeit dieses großen Blutkreislaufes bekommen sowohl die kleinste Zelle als auch das kleinste Wesen auf der Welt ihre Nahrung.

     

    Die Gerechtigkeit, andererseits, kann man mit dem Wasser vergleichen. Was das Wasser in Bezug auf die harte Erde ist, das ist die Gerechtigkeit in Bezug auf das menschliche Leben, denn sie macht die harten Körper weicher. Die Menschen, die sich erbost haben, sind härter geworden, denn sie haben keine Gerechtigkeit. Und diejenigen, die weicher geworden sind, sind gerecht. Verleiht einem Menschen die Gerechtigkeit und er wird weich. Die gleiche Auswirkung hat das Wasser auf die Pflanzen.

     

    Wir sollen jedem sein Recht geben, denn wie das Wasser für das Wachstum der Pflanzen nötig ist, so ist auch die Gerechtigkeit für das Wachstum unserer Vernunft und unseres Herzens nötig. Ohne sie kann es kein Wachstum geben. Wenn ihr euch richtig entwickeln wollt, dann solltet ihr gerecht handeln.

     

    Und wenn ihr nach der Gerechtigkeit handeln sollt, handelt gerecht, auch wenn die Welt dabei auf den Kopf gestellt wird. Die feigen Menschen können nicht gerecht sein. Der Mensch der Gerechtigkeit soll von absoluter Furchtlosigkeit sein.

     

    Damit Frieden in einem beliebigen Staat herrscht, soll die Gerechtigkeit herrschen. Wenn die Rechtlosigkeit herrscht, entsteht Unordnung in ihm. Öffnet die Seiten der Geschichtsbücher der Vergangenheit, betrachtet aufmerksam die Gegenwart und ihr werdet feststellen, dass die Rechtlosigkeit immer ein Grund jeder Unordnung war. Überall herrscht das gleiche Gesetz; wenn Rechtlosigkeit herrscht, entsteht sofort Unordnung.

     

    Die Gerechtigkeit bestimmt die Beziehungen zwischen den Menschen. Sie verteilt die Güter Gottes, das Blut des Lebens im gesamten menschlichen Organismus.

     

    Die Gerechtigkeit soll so in der Welt angewendet werden, dass kein armer Mensch bleibt, der seufzt und ausruft: {\glqq Ist kein Gott auf dieser Welt?\grqq} Aus diesem Grund soll der wahrhaft Gerechte, wenn er betet, von Gott verlangen, ihm eine leidende Seele zu zeigen, damit er ihr hilft.

     

    Die göttliche Gerechtigkeit schließt jegliche Ehren und jeglichen Ruhm, jegliche Reichtümer und jegliches Wissen um des eigenen Nutzens willen aus. Solange der Mensch alles außerhalb von sich selbst sucht, wird er in der vergänglichen Welt sein und jeder kann ihm seine Güter, die er besitzt, wegnehmen. Gehen diese Güter in sein Herz hinein, dann hat er schon seinen Geliebten -- die göttliche Gerechtigkeit, gefunden, die den Menschen unerschütterlich und unverletzlich macht.

     

    Von der Fülle des Herzens, von dem Überfluss dieser Güter geben die wahrhaft Gerechten. Sie sind reich. Sie sind auf die Erde gekommen, um eine bestimmte Arbeit zu verrichten und Erfahrung zu sammeln. Sie sind von einem anderen System gekommen und verfügen über die ganze Erde. Sie können hier solange leben, wie sie wollen. Wenn sie ihre Arbeit beenden, gehen sie dorthin, woher sie gekommen sind.

     

    Die gerechten Menschen sind reich. Sie sind Söhne Gottes. Und jeder Mensch, der Sohn Gottes ist, verfügt über das Kapital des ganzen Sonnensystems.

     

    Die göttliche Gerechtigkeit, deren Träger sie sind und die jetzt in die Welt kommt, erwärmt die menschlichen Herzen. Und in Zukunft, in der neuen Kultur, in der Kultur der Leuchtenden, wird die Welt sich von den menschlichen Herzen erwärmen und erhellen, die von der Gerechtigkeit bewohnt werden.

     

    Von diesen Zukunftstagen her sendet Christus -- Christus der Liebe -- eine Nachricht, die in der Gerechtigkeit ihren Ausdruck gefunden hat. Die Gerechtigkeit leuchtet bei jenen, die ihn lieben.

  6. Die Weisheit

     

    Gott ist Liebe, Weisheit und Wahrheit -- drei große Welten, für deren Erlernen eine ganze Ewigkeit nötig ist.

     

    Es gibt drei Dinge, an denen man Gott erkennen kann. Das sind die göttliche Liebe, die das vollkommene Leben bringt; die göttliche Weisheit, die das vollkommene Licht und Harmonie auf der Welt bringt; und die göttliche Wahrheit, die die vollkommene Freiheit bringt.

     

    Und wenn man von den drei Gesichtern Gottes spricht, dann versteht man Folgendes darunter: Das erste Gesicht Gottes ist die Liebe, die sich durch das Leben ausdrückt; das zweite Gesicht Gottes ist die Weisheit, die sich durch das Licht des Wissens ausdrückt; das dritte Gesicht Gottes ist die Wahrheit, die sich durch die Freiheit ausdrückt.

     

    Aus diesem Grund gibt es drei Berührungspunkte des menschlichen mit dem göttlichen Geist: Der erste ist die Liebe, der zweite die Weisheit, der dritte die Wahrheit.

     

    Seit der ersten Berührung des Menschen mit Gott überwältigt ihn die Liebe; er wird zu einer lebensspendenden Quelle, die ständig sprudelt. Und da diese Quelle ihren Weg finden muss, erscheint die zweite Berührung Gottes, die Weisheit, um die Richtung dieser Bewegung zu bahnen.

     

    Und deshalb ist das erste Streben des menschlichen Geistes das Leben. Das zweite Streben des menschlichen Geistes ist das Wissen. Das dritte Streben des menschlichen Geistes ist die Freiheit.

     

    Wenn der Geist Wissen erwirbt, kommt Licht als Ergebnis zum Vorschein. Und wenn man von der göttlichen Weisheit spricht, dann versteht man das ganze Licht des grenzenlosen Raumes, das niemals erlischt.

     

    Das Licht ist ein Gewand der Weisheit. Das physische Licht, das wir benutzen, ist ein Ergebnis der überschüssigen Energie, die der kosmische Mensch bei seiner vernünftigen Tätigkeit erzeugt. Der kosmische Mensch hat so viel Wissen erworben, dass er einen Überschuss an Licht hat.

     

    Die Weisheit, das ist die Welt der ewigen göttlichen Formen, die aus der Liebe gewoben wurden. Die Liebe ist das Wesen selbst und die Weisheit stellt die Formen der Harmonie dar, die sich in Musik und Dichtung ergießen.

     

    Die Weisheit ist eine Welt, in der seit Menschengedenken alles enthalten ist, was Gott, die erhabenen Geister und die Menschen auf Erden geschaffen haben. Aus diesem Grund ist diese Welt auch für uns zugänglich. Dieser Welt entspringt das wahre, wesentliche Wissen. Und wenn dieses Wissen die drei Welten -- die göttliche, die geistige und die menschliche -- durchwandert und in ihnen Früchte trägt, dann wird es für uns real.

     

    Nachdem die Weisheit in der menschlichen Seele aufgegangen ist, bringt sie alles in der menschlichen Vernunft in Ordnung. Alle Ideen werden klar, bestimmt und kommen in volle Harmonie. Der menschliche Verstand öffnet sich und er sieht, dass diese große göttliche Welt schön ist, dass in ihr Harmonie und Ordnung herrscht, und dass, wenn die Weisheit regiert, gegen die Ordnung nicht verstoßen wird. Vor dem Menschen eröffnet sich ein unendlich weites Arbeitsfeld. Und dann beginnt er, zu erbauen. Denn es ist wahr, dass nur die göttliche Weisheit den Geist des Menschen befriedigt. Aber der Weg der Weisheit ist am schwierigsten. Er ist der Weg der Meister. Nur der vollkommene Mensch, nur der Meister kann die Weisheit bekunden.

     

    In das göttliche Reich zu treten, das hängt von dem Wissen und der Weisheit des Menschen ab, und nicht von seiner Liebe. In das göttliche Reich kann man nicht mithilfe eines Segens treten. Ins göttliche Reich zu treten und dort einen ehrenhaften Platz zu bekommen, das hängt von der Weisheit des Menschen ab.

     

    Die Weisheit ist das höchste Gut im Himmel. Sie ist der größte und unvergänglichste Reichtum, der dem menschlichen Geist zur Verfügung steht. Ist der Mensch weise, verfügt er über den größten Segen Gottes.

     

    Wenn ein Mensch Weisheit besitzt, dann ist er klug, stark und sein Licht geht immer auf. Ein Mensch ohne Weisheit ist noch kein wahrer Mensch. Und wenn man über den Menschen spricht, dann versteht man darunter ein Wesen der Wahrheit. Der Mensch wird Sohn der Weisheit genannt. Es steht in der Heiligen Schrift: {\glqq […] spielend auf dem weiten Rund seiner Erde, und ich hatte meine Wonne an den Menschenkindern.\grqq}(Spr 8,31) Das sind die vernünftigen Menschenkinder, in denen die Weisheit ihre Wonne hat.

     

    Gott hat das Weltall durch die Weisheit geschaffen. Er hat es wegen der Söhne der Weisheit geschaffen. Gott ist auf ewig in ihnen; sie verstehen seine Weisheit und lobpreisen ihn. Denn die Herrlichkeit Gottes offenbart sich nur durch das Gesetz der Weisheit.

     

    Deshalb kann nur der Weise preisen. Der weise Mensch hat alles, was er weiß, versucht und geprüft. Im weisen Menschen gibt es ein unwiderstehliches Streben nach der Liebe. Er hat den Wunsch, auch das kleinste Lebewesen, das ihm begegnet, zu lieben und ihm einen Gefallen zu tun. Denn der Weise schätzt sowohl die großen als auch die kleinen Dinge.

     

    Der Weise lebt ohne Gesetz. Der Dumme soll mit dem Gesetz und nach einem Gesetz leben. Wenn der Weise nach einem Gesetz lebt, dann ist er unglücklich; wenn der Dumme nicht nach einem Gesetz lebt, dann ist er auch unglücklich. Der Weise lebt nach jenem lebendigen Gesetz, das Gott in seine Seele geschrieben hat. Er befindet sich außerhalb der Bedingungen des Lebens in der Zeit.

     

    Du, der du nach dem Licht strebst, höre die Worte der Weisheit: Willst du die göttliche Weisheit und die Geheimnisse der lebendigen Natur erlernen, dann gibt es keinen anderen Weg als das Leiden, das sage ich dir. Solange du sitzen bleibst, murrst und haderst, bist du fern der Weisheit. Wenn du aufstehst, dann bist du der Weisheit nah. Solange du philosophierst, bist du fern der Weisheit, deinem Meister.

     

    Hörst du mit dem Philosophieren auf, dann stehst du in der Nähe der Weisheit, dann bist du zu Füssen deines Meisters. Wenn du den Sinn des Lebens verlierst, suche das, was leuchtet. Lerne bei demjenigen, der das Licht bringt.

     

    Merke dir: Die Tugend lebt nur in dem, bei dem es nie dunkel wird. Befreunde dich mit dem, der nie dunkel wird.

     

    Strebe nach dem Licht und vergiss nicht: Das Wissen kommt nicht nur aus einer Quelle und das Licht geht nicht nur durch ein Fenster hinein. Unzählig sind die Fenster des Lichtes.

     

    Verleihe deiner Vernunft Weisheit, dann kommt das Licht und das Wissen leistet dir Hilfe.

     

    Nur der helle Weg der Weisheit führt zur Wahrheit.

  7. Die Liebe

     

    Die Liebe ist eine Welt, in der der göttliche Geist lebt. Die größte Welt, die die Weisen aller Zeiten kennen und von der Christus spricht, ist die Welt der Liebe.

     

    Und wenn wir sagen, dass Gott Liebe ist, dann verstehen wir darunter das Wesen, aus dem alles hervorgeht. Aus der Quelle der Liebe gehen alle Welten hervor und werden während aller Ewigkeiten daraus hervorgehen.

     

    Alles auf der Welt lebt in der Liebe und durch die Liebe. Alles, was wir sehen -- Galaxien, Sonnen, Planeten -- ist eine Offenbarung der Liebe. Der gesamte Kosmos in seiner Ganzheit, die ganze physische Welt ist offenbarte, materialisierte Liebe. Das ist Gottes großer Körper.

     

    Die Liebe ist mit allen organischen Lebewesen verbunden. Es gibt kein Lebewesen, keine lebendige Materie, die nicht auf die eine oder andere Weise auf die Liebe angewiesen und nicht eng mit ihr verbunden ist.

     

    Gott, der Liebe ist, ist nicht nur außerhalb von uns, im Weltall, sondern auch in uns.

     

    Die Liebe umschließt alles. Sie selbst ist unendlich und alles außerhalb von ihr ist endlich.

     

    Und deshalb sagen wir:

     

    Ewig ist nur die Liebe; aus ihr geht das Leben hervor. Die Liebe ist das, was das vollständige Leben bringt.

     

    Das Gute, welches die Frucht der Liebe ist, ist darin enthalten.

     

    Die Liebe beinhaltet auch die Weisheit, denn sie spiegelt die Formen wider, durch welche die göttliche Liebe zum Ausdruck kommt.

     

    Die Wahrheit ist auch in der Liebe mit einbezogen, sie ist die reinste Gestalt der Liebe.

     

    Die Gerechtigkeit ist auch in der Liebe mit einbezogen.

     

    Deshalb zieht die absolute göttliche Liebe absolute Gerechtigkeit nach sich. Wo es keine Gerechtigkeit gibt, gibt es auch keine Liebe. Die physische Seite der Liebe ist die Gerechtigkeit: Damit sich die Liebe auf Erden äußert, muss die Gerechtigkeit unbedingt existieren. Die Liebe ist langmütig und gütig (Kor. 13,4), aber die absolute Liebe verlangt absolute Gerechtigkeit. Und nur der Mensch, der in der Gerechtigkeit erleuchtet ist, kann die göttliche Liebe aufnehmen. Christus ist die in der Gerechtigkeit geäußerte Liebe, die nur diejenigen erhellt, die ihn lieben. Die Liebe ist nur für die großen, starken Seelen. Ungeheure Energie steckt im Menschen der Liebe. Merkt euch: Die Liebe ist nicht für kranke Menschen. Die Liebe ist nur für gesunde Menschen. Die kranken, toten Menschen lieben nicht. Nur die lebendigen Menschen, die vom göttlichen Geist erfüllt sind, nur ihre Herzen schwingen in Liebe. Irrt euch nicht: Die kranken, geistig toten Menschen sind von der Liebe nicht erleuchtet.

     

    Und wenn ihr jemanden sagen hört: {\glqq Ich bin ein Mensch der kühlen Vernunft, ich kann nicht lieben, ich kann mich nicht mit solchen Kleinigkeiten beschäftigen\grqq} -- dann wisst, dass dieser Mensch ein Narr ist. Denn das Weiseste, das Größte auf der Welt ist die Liebe. Das weiseste Wesen, über das man sagt, dass es Liebe ist, liebt. Derjenige, der die Welten geschaffen hat, der alles gemacht hat, der alles mit Leben erfüllt hat, der alles geopfert hat, liebt, und dieser Pygmäe mit seiner {\glqq kühlen Vernunft\grqq} kann nicht lieben! Christus ist auf die Erde gekommen, um die Liebe zu äußern. Die Menschen der {\glqq kühlen Vernunft\grqq} könnten aber nicht lieben!

     

    Bereist den ganzen Himmel, das ganze Weltall, durchquert alle Welten, alle werden euch sagen, dass Gott Liebe ist. Und wenn ihr einen Engel fragen würdet: {\glqq Liebt uns Gott?\grqq} -- dann würde er euch sagen: {\glqq Verlangt von mir eher mein ganzes Bewusstsein, alles, was ich während der Zeiten erworben habe, zu verlieren, als dass ich euch auf die Frage antworte, ob euch Gott liebe!\grqq}

     

    Und zwar kann sich Gott nicht untreu werden. Wenn wir annehmen, dass Gott sich untreu wird, dann bedeutet das anzunehmen, dass es eine äußere Kraft gibt, die ihn begrenzt. Und das ist undenkbar. Die Liebe ist unveränderlich. Sie erleuchtet uns immer.

     

    Erinnert euch an die Worte der Heiligen Schrift: {\glqq Denn also hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen eingeborenen Sohn gab, auf dass jeder, der an ihn glaubt, nicht verloren gehe, sondern ewiges Leben habe.\grqq}(Joh 3,16) Also hat Gott, indem er die Welt geliebt hat, das Schönste, das Erhabenste von sich, seinen einzigen Sohn, geopfert, um jene Seelen zu erheben, die an die Liebe glauben.

     

    Und in Wirklichkeit kann man nur an eines, an die Liebe glauben. Jeder andere Glaube ist ein Irrtum.

     

    Die Liebe steht über allen Nationalitäten. Die Liebe steht über allen Religionen.

     

    Die Liebe selbst schafft die Religionen. In der göttlichen Welt gibt es keine Religionen, dort existiert nur die Liebe. Die Atmosphäre der göttlichen Welt ist Liebe, dort atmet alles Liebe. Aber weil die Liebe sich auf der Erde nicht äußern kann, deshalb entstehen Religionen.

     

    Wenn ihr aber den Willen Gottes erfüllen möchtet, dann müsst ihr unbedingt die Religionen durch die Liebe ersetzen. Dann wird jeder, der sie liebt, ein Priester und Diener in ihrem Tempel sein.

     

    Das Große am Leben ist, Gott als Liebe zu erkennen. Die Schönheit im Leben besteht in unserer Beziehung zum Gott der Liebe.

     

    Die Liebe beinhaltet alle Bedingungen, alle Methoden, alle Möglichkeiten, durch die die menschliche Seele sich in ihrer Fülle entwickeln kann. Nur sie kann die versteckten Möglichkeiten in ihr erwecken. Die Wissenschaft und die Kunst können der menschlichen Seele keinen Anreiz zum Erwachen geben. Sie sind nur vorübergehende Beschäftigungen. Die einzige wahre Angelegenheit auf der Welt ist die Wissenschaft der Liebe. Sie ist das große Objekt der Erkenntnis für die Seele.

     

    Beginnt der Mensch mit der Liebe als große und mächtige Kraft, dann erwachen seine Seele und sein Geist und er kommt in ein wirkliches Verhältnis mit der physischen, geistigen und göttlichen Welt. Nur durch die Liebe kann man die Beziehungen, die zwischen diesen Welten existieren und den Sinn des gesamten Lebens begreifen.

     

    Aber vergesst eines nicht: Im Leben des Menschen gibt es nur zehn Möglichkeiten, mit der Liebe zu beginnen. Alle zehn Jahre entsteht die Möglichkeit, dass diese mächtige Kraft aktiviert wird. Der Rest des Lebens ist für Übung bestimmt. Ergreift der Mensch eine dieser Möglichkeiten, einen von diesen Strahlen der großen Sonne, die das ganze Weltall erhellt, dann beginnt alles Erhabene und Edle in seiner Seele zu knospen, zu blühen und zu reifen. Die Früchte der Seele reifen nur unter den Strahlen dieser Sonne.

     

    Wenn der erste Strahl der Liebe aufleuchtet, werdet ihr so eine unbeschreibliche Wonne, so ein Licht, so einen mächtigen Impuls in eurer Vernunft, so ein Streben in eurem Willen fühlen, dass alle Hindernisse auf der Welt beginnen werden, sich aufzulösen.

     

    Ein paar Augenblicke, die man in der göttlichen Liebe erlebt, wiegen mehr als Tausende von Jahren eines gewöhnlichen Menschenlebens, das man unter den größten Vergnügungen und Genüssen verbracht hat.

     

    Indem wir lieben, suchen wir Gott. Wir müssen Gott lieben, damit wir ihn wahrnehmen und erfahren können. Und wenn wir ihn wahrnehmen, dann erfahren wir auch seine Weisheit.

     

    In der Heiligen Schrift steht: {\glqq Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben aus deinem ganzen Herzen und aus deiner ganzen Seele und aus deinem ganzen Verstande und aus deiner ganzen Kraft. Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst.\grqq}(Mk 12,30--31) Das ist das einzige Gesetz, das sich in den drei Welten manifestiert.

     

    Liebst du Gott, dann bist du in der göttlichen Welt.

     

    Liebst du dich selbst und deine Seele, dann bist du in der geistigen Welt.

     

    Liebst du deinen Nächsten, dann bist du in der physischen Welt.

     

    Wenn der Mensch diese Gesetze anwendet, dann gibt es auf der Welt keine Kraft, die ihm widersteht, keinen Gedanken, der ihm nicht gehorcht und seinem Ideal nicht dient.

     

    Merkt euch aber eine große Wahrheit: Nur Gott liebt, weil Gott Liebe ist. Es gibt keinen Menschen, der von sich aus lieben kann. Der Mensch kann nur ein Mittler der Liebe sein, aber von sich aus kann er nicht lieben. Von jemandem geliebt sein zu wollen, bedeutet, dass man von Gott geliebt sein will. Um seine Liebe zu dir auf der Erde zu äußern, muss Gott einen Menschen als Mittler wählen und durch ihn sich dir gegenüber äußern. Wenn es nur eine Person auf Erden gibt, die dich liebt, reicht das.

     

    Die Liebe im göttlichen Sinne ist eine vernünftige Äußerung zwischen zwei erhabenen Seelen, die sowohl geistig als auch dem Herzen und ihrem Bestreben nach auf dem gleichen Niveau stehen, also Seelen, die gleich edelmütig, gleich geistig erhaben sind. Nur zwei solche Seelen können sich verständigen. Und dann ist die Liebe zwischen diesen zwei Seelen wie Musik. Denn nur zwei Virtuosen können zusammenspielen.

     

    Ihr fragt oft: Wer liebt uns? In der Anwesenheit des Menschen, der euch auf göttliche Weise liebt, wird jegliche Trauer, die ihr habt, und jegliche Enttäuschung, die ihr erlebt, augenblicklich verschwinden. Ihr werdet erleichtert und erhellt.

     

    Die Liebe kennzeichnet sich durch folgendes Gefühl: Wenn ein Mensch jemanden liebt, hat er Mitleid mit ihm und verhält sich ihm gegenüber so, wie er sich zu sich selbst verhält. Äußert sich dieses Gefühl nicht, dann äußert sich die Liebe nicht wirklich. Der Liebe entspringt auch das Gefühl der Vergebung; nur die Liebe verzeiht.

     

    Die wahre Liebe ist stärker als der Tod. Wer liebt, der stirbt nicht. Die Liebe bringt die Unsterblichkeit. Die Menschen sterben an fehlender Liebe.

     

    Wenn eine Mutter eine starke und unerschütterliche Liebe zu ihren Kindern hat, kann der Tod sie ihr nicht wegnehmen. Nicht nur der Tod, sondern auch keine Kraft auf der Erde ist imstande, zwei Lebewesen, die die Liebe vereint hat, zu trennen. Die Liebe bildet die beständigsten Verbindungen im Leben. Und wenn zwei Seelen eine solch solide Einheit durch die Kraft der Liebe bilden, dann bilden sie eine doppelt so mächtige und helle Seele mit doppeltem Bewusstsein. Wenn diese zwei Seelen weitere zwei Seelen treffen, die auf diese Weise vereint sind, verbinden sie sich mit ihnen und bilden eine noch mächtigere Seele. So geht dieser göttliche Prozess der Liebe weiter, der einzig und allein imstande ist, beständige, unzertrennliche Verbindungen zwischen den Seelen herzustellen. Auf diese Weise vereinen sich alle Seelen in der göttlichen Liebe zu einem so mächtigen, beständigen Ganzen, dass keine Kraft auf der Erde imstande ist, ihre festen Bande zu durchtrennen. In diesem Ganzen lebt jede Seele in den anderen Seelen und die Seelen leben in ihr. So verwirklichen sich die Einheit in der Vielheit und die Vielheit in der Einheit. Die Rettung des Menschen hängt ausschließlich von der Liebe ab. Und wenn die Liebe sich im Menschen äußert, kann er sich, auch wenn er gefallen ist, sofort über die Umstände erheben.

     

    Das Glück des Menschen hängt auch von ihr ab. Im Glück fühlt der Mensch dank der Liebe, die ihn besucht hat, eine Erweiterung und Fülle. Dann hört der Mensch die Stimmen aller Lebewesen und fühlt den Puls des gesamten Lebens.

     

    Denn die Liebe ist eine kollektive Äußerung aller vernünftigen Wesen, die ihre Entwicklung abgeschlossen haben und eins mit Gott geworden sind. Die Liebe eines dieser Wesen ist die kollektive Liebe von allen. Und wenn die Liebe eines Lebewesens nicht die kollektive Äußerung aller vernünftigen Wesen ist, dann ist sie keine Liebe.

     

    Aus diesem Grund äußert sich die hohe ideelle Liebe in der Liebe zu allen Menschen, ohne dass sie ihren Ursprung ahnen. Die Menschen zu lieben, auch wenn sie dich hassen und böse gesinnt sind, ihnen ständig zu dienen, ohne dass sie etwas davon wissen, das bedeutet ideelle Liebe, das bedeutet Gott zu dienen. Denn das ist eines der Hauptmerkmale der göttlichen Liebe; sie kommt auf uns zu unabhängig davon, ob wir sündhaft sind oder nicht.

     

    Eine magische Kraft steckt in der Liebe. Sie ist der Schlüssel, mit dem alles Verschlossene geöffnet wird. Die Liebe hat ihren heiligen Namen, also das verlorene magische Wort, nach dem die Kabbalisten aller Zeiten suchen. Dieser heilige Name, das ist der magische Schlüssel des unsterblichen Lebens. Durch ihn transformieren sich alle negativen Energien in positive. Mit ihm kann man alles machen. Deshalb sagt man, dass für die Liebe alles möglich sei.

     

    Die einzige Kraft, die magisch das ganze Wesen des Menschen umwandeln kann, ist die Liebe. Und sie soll überall in ihn eindringen, in die kleinsten Spalten seiner Seele, um ihn zu verwandeln. Die Liebe soll den menschlichen Geist erfüllen. Sie soll sich vollständig, vollkommen und grenzenlos in der menschlichen Seele äußern. Sie soll auch dem Wesen und dem Inhalt nach im Herzen ewig sein. Sie soll auch im Verstand als herzinnige Kraft wirken.

     

    Es gibt vier Äußerungen der Liebe im Menschen. Sie wirkt als ein Streben im Herzen, als ein Gefühl in der Seele, als eine Kraft im Verstand und als ein Prinzip im Geist. Und das ist der ganze Zyklus der Entwicklung vom Anbeginn bis zum Ende.

     

    Die Liebe als ein Streben bewegt sich zum Zentrum der Erde; das sind die Wurzeln der Liebe.

     

    Die Liebe als ein Gefühl bewegt sich zur Sonne; das sind die Äste.

     

    Die Liebe als eine Kraft äußert sich nur bei den Genies und Heiligen. Sie äußert sich bei all denjenigen, die sich für eine göttliche Idee opfern. Die Selbstaufopferung gehört zur Liebe als eine Kraft. Nur ein Mensch, der eine Vernunft besitzt, kann die Liebe als eine Kraft verwirklichen.

     

    Die Liebe als ein Prinzip kommt jetzt in die Welt. Sie umfasst alles. Bis zur Liebe als eine Kraft gibt es sowohl Anziehung als auch Abneigung und Gegensätze. In der Liebe als ein Prinzip verschwinden alle Gegensätze.

     

    Der Mensch soll durch alle Stufen der Liebe gehen. Er soll durch die Liebe als ein Streben, also in ihre Wurzeln gehen; er soll durch die Liebe als ein Gefühl, also durch ihre Äste gehen; er soll durch die Liebe als eine Kraft, also durch ihre Blüten gehen; und in die Liebe als ein Prinzip eingehen, um die göttliche Frucht der Liebe zu kosten.

     

    Bevor die Liebe nicht in die Welt kommt, verwandelt sie sich nicht. Sie ist ein großes Feuer, das das Leben bringt. Aber es gibt keine mächtigere Kraft als die Liebe für diejenigen, die disharmonisch zu ihr stehen. Für sie beginnen dann höllische Qualen. Das Feuer der Liebe kommt jetzt als eine große Welle in die Welt. Es schmilzt alles, was die hohen Schwingungen der Liebe nicht ertragen kann.

     

    Wenn man die Liebe nicht richtig aufnimmt, verwandeln sich ihre süßen Säfte unter der Wirkung einer besonderen Art von Gärung in eine besondere Sorte Wein. Mit diesem Wein betrinken sich die Menschen, wenn in ihnen das Streben der Liebe keimt, und begehen Tausende von Sünden und Verbrechen. Aber du, der du denkst, unterscheide diesen Wein der menschlichen Liebe, der später gemacht wird, von den süßen Säften der Liebe!

     

    Lass dich mutig in die Wurzeln der Liebe hinab!

     

    Breite dich in ihren Ästen aus!

     

    Blühe als eine Blüte der Liebe!

     

    Reife als eine Frucht der Liebe!

     

    Und wenn du in die Welt, in der ihre Früchte reifen, hineingehst, dann singe das Lied vom Menschen, der den ganzen Kreis der Liebe von den Wurzeln bis zur Frucht umkreist hat. Höre dieses Lied!

     

    Gott ist Liebe,

     

    ewige, grenzenlose Liebe,

     

    voll von Leben --

     

    das Leben des sanften göttlichen Geistes,

     

    Geist der Heiligkeit,

     

    Geist der Sanftheit,

     

    Geist des völligen Friedens und der Freude

     

    für jede Seele.

     

    Und dann hörst du die Antwort der liebenden Seelen:

     

    Wir gehen diesen Weg

     

    des Lichtes,

     

    in dem die göttliche Liebe

     

    herrscht.

  8. Die Wahrheit

     

    Wir haben zwei Begriffe von Gott. Wenn wir von ihm ausgehen, verstehen wir ihn als etwas, was sich in sich selbst begrenzt. Und wenn wir mit unserer Entwicklung beginnen, indem wir von dem Begrenzten hinausgehen und zu dem gehen, was ohne Anfang und Ende ist, dann verstehen wir Gott als unendlich und ewig.

     

    Die Wahrheit, die aus dem Unendlichen hervorgegangen ist, hat die Dinge begrenzt. Sie ist es, die das Grenzenlose offenbart hat.

     

    Gott als Wahrheit zieht uns zu sich und Christus zeigt den wahren Weg unserer inneren Hingabe zu Gott. Und genau deshalb ist die Wahrheit ein Hinweis auf das Unendliche und Ewige, das im Verhältnis zum Begrenzten steht.

     

    Es ist gesagt worden: {\glqq Das Haupt deines Wortes ist die Wahrheit.\grqq}(Vgl. Ps 119,160) Und wir wissen, dass alle Bewegungen vom Kopf ausgehen und wieder zu ihm zurückkehren. Das Haupt zeigt die Richtung an. Und wenn wir sagen, dass jemand einen Kopf hat, dann verstehen wir darunter, dass er eine Richtung und ein Ziel hat, nach denen er strebt. Nur ein Mensch, der die Wahrheit besitzt, kennt die Richtung seines Lebens.

     

    Im Weltall bewegt sich alles. Die Erde bewegt sich um die Sonne, die Sonne bewegt sich um eine andere Sonne; es verläuft eine Bewegung in der Bewegung. Aber die Hauptrichtung dieser Bewegungen wird von der Wahrheit gegeben. Aber nicht nur die Himmelskörper bewegen sich. Alle Wünsche, Gefühle und Gedanken bilden Milliarden von Welten und Systemen, die sich zum großen Ziel der Wahrheit bewegen.

     

    Der Mensch soll den Weg in seiner Bewegung in jeder Hinsicht kennen. Und er darf keinesfalls diesen Drang aufhalten. An der Wahrheit wird in keinem Augenblick Zweifel zugelassen. Alles in ihr ist streng bestimmt. Jeder Zweifel ist schicksalhaft, denn sogar die kleinste Bewegung des einzelnen Menschen ist so sehr mit anderen Bewegungen verbunden, dass auch bei dem kleinsten Zweifel eine Katastrophe ihn ereilen kann, was zu einer Kreuzung der Wege im Weltall führt.

     

    Alle Lebewesen, die nicht gemäß der Wahrheit leben, haben den Wunsch, sich ziellos zu bewegen. Und deshalb hat die Natur sie begrenzt. Doch die Wahrheit versteht nur eine Bewegung in einer bestimmten Richtung, einer Richtung, in der sich alles im Weltall vom Begrenzten zum Unbegrenzten und Ewigen bewegt.

     

    {\glqq Die Wahrheit wird euch freimachen.\grqq}(Joh 8,32) Es ist ein Streben und eine Sehnsucht der Menschenseele, frei zu sein. Das ist ein großer Impuls, aber nicht für den einfachen Menschen, sondern für den Menschen, in dem das Bewusstsein erweckt worden ist. Die Freiheit ist ein großer Impuls im Menschen, bei dem das Göttliche erwacht. Die Wahrheit impliziert das Höchste im Menschen.

     

    {\glqq Du liebst die Wahrheit im Menschen.\grqq} Das ganze Leben des Menschen beruht auf der Wahrheit, die die Freiheit bringt. Wenn man über die Freiheit im absoluten Sinne des Wortes spricht, dann versteht man darunter den Geist des Menschen, das Höchste in ihm, und nicht die Vernunft. Durch die Wahrheit können wir aus dem Rahmen des Lebens in der Zeit, des Todes, herausgehen und in die ewige Freiheit eingehen.

     

    Man sagt, die Wahrheit sei abstrakt. Nein, die Wahrheit ist das Reale, das die Grundlage unseres Lebens darstellt. Sie ist eine Welt von unbeschreiblicher Schönheit, die ihre Farben, Töne und Musik hat. Sie ist eine Welt, die existiert und die immer existieren wird. In dieser Welt sind die Dinge streng mathematisch bestimmt. Es gibt nichts Unvorhergesehenes, nichts Zufälliges.

     

    Die Wahrheit ist von den persönlichen Ansichten der Menschen unabhängig. Egal ob ihr auf die eine oder andere Weise an sie denkt, ob ihr euch der Wahrheit nähert oder euch von ihr entfernt, ihr ändert damit ihre Gesetzmäßigkeiten nicht.

     

    Die Liebe strebt immer nach der Wahrheit. Die Wahrheit ist ein Objekt der Liebe. Ohne die Wahrheit als Objekt kann sich die Liebe nicht offenbaren.

     

    Die Schönheit ist auch eine Offenbarung der Wahrheit. So wie die Schönheit in Bezug auf den Menschen ist, so ist die Wahrheit in Bezug auf die göttliche Welt. Die Wahrheit ist ihr Licht. Da die Wahrheit zur Welt der Unsterblichkeit gehört, ist sie für die sündigen Menschen unzugänglich. Zu den sündigen Menschen über die Wahrheit zu sprechen ist das Gleiche, als wenn ein Mathematiker zu einem unwissenden Menschen über die höheren mathematischen Probleme spricht.

     

    Die Liebe ist gegenüber den Fehlern der Menschen nachsichtig. Die Wahrheit aber ist streng und unerbittlich. Die Wahrheit duldet die Unwissenheit, die Schwäche und die Unreinheit nicht. Darin besteht ihre vollkommene Schönheit. Deshalb sollte der Schwache zur Liebe gehen. Wer unwissend ist, sollte zur Weisheit gehen. Wer leidtragend ist, sollte zur Gerechtigkeit gehen, und wer vollkommen sein will, der sollte zur Wahrheit gehen.

     

    Glaubt ihr, dass die Wahrheit bei den Reichen ist? Nein, sie ist nicht da. Glaubt ihr, dass sie bei den Armen ist? Nein, sie ist nicht dort. Glaubt ihr, dass sie bei den Wissenschaftlern, bei den Philosophen, bei den Gläubigen, bei den Okkultisten ist? Nein, sie ist nicht bei ihnen. Nirgendwo ist die Wahrheit. Denn diese Welt ist eine Welt der Leiden und des Todes, eine Welt der ständigen Veränderungen. Und in eine solche Welt kann die Wahrheit nicht kommen, sie kann zu ihr nicht vordringen.

     

    Die Wahrheit spricht mit den Sonnen. Die Weisheit spricht mit den Planeten. Und die Liebe ist so nachsichtig, dass sie auch mit den kleinsten, unbedeutendsten Lebewesen spricht.

     

    Weil die Wahrheit mit den Sonnen spricht, ist ihr Ziel erhaben und fern. Deshalb können die Sterblichen nicht über die Wahrheit sprechen. Sie können eine Tatsache als Wahrheit anführen, aber über die Wahrheit selbst können sie nicht sprechen.

     

    Verleihe deiner Seele die Wahrheit und du wirst die Freiheit, nach der du suchst, erlangen.

     

    Liebe die Wahrheit! Und wenn du so mittellos bist, dass du keinen einzigen Groschen in deiner Tasche hast, wisse, dass es etwas gibt, das über der Mittellosigkeit steht; das ist die Wahrheit. Es gibt etwas, was über jeglichem Reichtum steht; das ist die Wahrheit. Es gibt etwas, was über jeglicher Macht steht; das ist die Wahrheit.

  9. Die Seele

     

    Die Trennung der menschlichen Seele von Gott stellt einen der größten Momente im Dasein dar. Diese Trennung ist in der Welt der Engel unter der Bezeichnung Tagesanbruch der menschlichen Seele bekannt.

     

    Die Seele entspringt ihrer Urquelle als ein göttlicher Strahl und tritt in das unendliche Universum ein, um die Arbeit, die ihr bevorsteht, zu verrichten.

     

    Die Seele ist ewig. Sie ist genauso ewig, wie Gott es ist. Aber während Gott absolut unveränderlich ist, ändert sich die Seele ständig, indem sie sich auf diese Weise entwickelt und neue Fähigkeiten erwirbt.

     

    Die menschlichen Seelen leben und bewegen sich in Gott. Sie existieren in ihm in der Ewigkeit, obwohl sie sich in unterschiedlichen Augenblicken geäußert haben. Sie existieren zusammen, obwohl sie nicht gleichzeitig aus Gott hervorgegangen sind; sie leben ein und dasselbe Leben, obwohl sie sich unterscheiden. Und sie unterscheiden sich, weil jede Seele einen Zustand des göttlichen Bewusstseins darstellt.

     

    Die Seelen, das sind verschiedene Zustände, in denen sich das göttliche Bewusstsein in Zeit und Raum äußert. Deshalb sagen wir: Es gibt nur eine große göttliche Seele und alle anderen Seelen sind ihre Ausdrucksformen. Alles auf der Welt kann verschwinden, aber die Seelen niemals. Sie können nicht verschwinden, weil auch die göttliche Seele, das göttliche Bewusstsein nicht vergehen kann.

     

    Die Menschen kennen die Seele heutzutage nicht. Sie werden sich nicht als Seelen bewusst, sondern als Persönlichkeiten. Die Persönlichkeit, das ist der physische Mensch, und nicht das wahre Selbst -- die Seele. Die Menschen kennen auch die Persönlichkeiten der anderen, aber nicht deren Seelen, die eigentlich ihre wahren Nächsten sind.

     

    Aber wenn die Menschen die Idee, dass sie lebendige, vernünftige Seelen sind, in ihrem Bewusstsein verweigern, wenn sie sich immer noch als Persönlichkeiten, als Vernunft und Herz, als Mann und Frau bewusst werden, dann erreichen sie nichts. All diese Formen des Bewusstseins sind schon erprobt worden.

     

    Wenn die Menschen aber in ihrem Bewusstsein anerkennen, dass sie lebendige, vernünftige Seelen sind, dann verleihen sie ihrem Leben etwas Neues und geben ihm eine neue Richtung, weil es in der heutigen Entwicklung des Menschen keinen höheren Zustand gibt als den Zustand der Seele. Er bringt alle Bedingungen mit sich, alle Möglichkeiten der göttlichen Liebe.

     

    Nur in der Seele kann sich Gott in seiner Vollständigkeit äußern. Die Liebe kann sich nur durch die Seele vollkommen ausdrücken. Äußert ihr die Liebe nur durch euer Herz, wird sie nur zur Hälfte ausgedrückt sein. Wenn ihr sie durch euren Verstand äußert, wird sie wieder nur zur Hälfte ausgedrückt sein. Und alle Schwächen auf der Welt ergeben sich aus den Hälften.

     

    Bis jetzt hat die menschliche Seele Knospen getrieben, sie hat den Zeitpunkt erreicht, eine Knospe zu werden. Aber in unserer Epoche beginnt diese Knospe, sich zu öffnen. Dieses Öffnen der Knospe -- der Seele -- ist einer der größten Augenblicke im Weltall und nennt sich Aufblühen der menschlichen Seele. Und alle erhabenen Wesen in der göttlichen Welt erwarten in heller Erregung das Aufblühen der menschlichen Seele. Sie wissen, dass in ihr alle Äußerungen Gottes eingeschrieben sind, und dass in ihr all dies eingegeben ist, was vor ihnen geschehen ist, was jetzt geschieht und was in Zukunft geschehen wird. Sie wissen, dass die menschliche Seele ein heiliges Buch ist, in das Gott auf eine besondere Weise, die ihnen unbekannt ist, die ganze Genesis aufgeschrieben hat.

     

    Deshalb erwarten sie mit solch einer heiligen Erregung das Aufblühen der menschlichen Seele. Die Blüte, in der die menschliche Seele aufblüht, wird in ihrer ganzen Schönheit aufleuchten, und Gott haucht ihr sein Licht und seine Liebe ein.

     

    Und der menschlichen Seele wohnt eine solche Schönheit inne, wie in keinem anderen Lebewesen auf der Welt. Diese Schönheit lässt sich mit nichts vergleichen. Wenn Gott selbst die Form der menschlichen Seele erblickt, erfreut auch er sich.

     

    Wenn die menschliche Seele aufblüht, dann werden alle Engel, alle Diener Gottes kommen. Sie erwarten seit Menschengedenken ihr Aufblühen, um von ihrem Nektar zu kosten. Und mit ihrem Kommen bringen sie die neue Kultur, die ich Kultur der Liebe nenne.

     

    Als Christus auf die Erde herabstieg, kam er, um den Menschenseelen zu helfen. Denn jede Seele, die auf die Erde gekommen ist, hat eine wesentliche Aufgabe, die sie selbst lösen soll.

     

    Auf der Welt gibt es vernünftige Seelen, die sich erheben und bewusst leben wollen. Ihretwegen kommen die großen Meister auf die Erde; auch alle liebenden und leuchtenden Seelen, die auf der Welt arbeiten, helfen ihnen. Denn nur Seelen, die lieben und leuchten, können den anderen Seelen helfen. Sie haben ihre Prüfungen auf der Erde abgeschlossen. In ihnen ist das göttliche Bewusstsein erweckt worden. Deshalb wollen sie die Erde nicht verlassen. Sie sagen: {\glqq Jetzt leben wir auf der Erde in all den Umständen, wir leben so, wie der Herr es will. Wir begreifen jetzt, wie man leben soll.\grqq}

     

    Für die menschliche Seele, die sich erheben will, gibt es nichts Unmögliches. Sie ist dank ihrer Beziehung zu den anderen Seelen, die ihre wahren Nächsten sind, stark.

     

    Und je größer die Zahl der Seelen ist, mit denen die menschliche Seele verbunden ist, desto stärker und unverwundbarer ist sie. Der Erfolg der Seele hängt von der Zahl der Seelen ab, mit denen sie verbunden ist. Das Bewusstsein jener Seelen, die am irdischen Leben einer Seele teilhaben, ist ständig auf die Liebe konzentriert und deshalb helfen sie ihr uneigennützig und selbstlos. Deshalb besteht die Kunst des irdischen Lebens darin, dass der Mensch, solange er in dieser kleinen Form auf Erden ist, Kontakt mit den Seelen der anderen Menschen knüpft. Darin steckt der Schlüssel zum Erfolg. Wenn nur eine Seele dich liebt, dann ist sie imstande, dir in den Schwierigkeiten des Lebens zu helfen. Und wenn viele Seelen ihre Liebe auf einen Menschen richten, kann er alles werden: Dichter, Künstler, Musiker, Wissenschaftler. Eine große Kraft ist die Liebe.

     

    Der Weg jeder Seele ist streng bestimmt und keiner ist imstande, sie davon abzubringen. Es ist unmöglich, dass eine Seele eine andere von ihrem Weg abbringt, denn Gott wacht aufmerksam über die Seelen und lenkt ihre Bewegung im unendlichen Weltall. Jede Seele selbst ist ein kleines Weltall, das seinen eigenen Weg im großen All geht. Aber eine große Eigenschaft wohnt der Seele inne, kleiner zu werden, unendlich klein zu werden und sich zu erweitern, weit wie das All zu werden.

     

    Von Gott kommend, verhalten sich die Seelen in der Weise zueinander, wie sich die Töne zueinander verhalten. In ihrem Verhalten zueinander bilden die Seelen harmonische Gruppen.

     

    Sie bilden einzelne Systeme, die sich spiralförmig im unendlichen Weltraum bewegen. Bei ihrer Involutionsbewegung steigen sie in Gruppen herab, aber bleiben der Dichte nach in unterschiedlichen Kreisen, denn nicht alle können diesen Widerstand überwinden. Nur ein Teil von ihnen erreicht die dichteste Materie. So sind die Seelen in einer Art Kette verbunden, die durch verschiedene Bereiche geht. Bei der Evolution erheben sich die Seelen laut des gleichen Gesetzes; die verschiedenen Seelen erheben sich in unterschiedlich feinstoffliche Regionen.

     

    In der Liebe zur menschlichen Seele besteht die wahre Moral. Aber wer mit der menschlichen Seele umgehen will, der soll einen großen Verstand haben. Er soll die tiefgründigen Prozesse verstehen, die darin vorgehen.

     

    Eine Tiefe hat die menschliche Seele, eine Tiefe und eine Unermesslichkeit. Denn die menschliche Seele lebt außerhalb unserer Welt, in einer mehrdimensionalen Welt. Sie hat auf der Erde nur eine kleine Projektionsfläche. Sie erscheint nur vorübergehend als Gast des Verstandes und des Herzens. Und wenn die Seele den Menschen besucht, wird er großartig, inspiriert und edelmütig. Wenn die Seele sich zurückzieht, wird er wieder ein gewöhnlicher Mensch.

     

    Alle großen Gedanken entspringen der Quelle der Seele. Die Seele ihrerseits schöpft aus einer anderen Quelle -- dem menschlichen Geist. Der menschliche Geist schöpft aus einer noch größeren Quelle -- dem göttlichen Geist. Und der göttliche Geist schöpft aus der größten Quelle -- dem absoluten, unbekannten Geist des Seins, von dem keiner etwas weiß.

     

    Also merke dir:

     

    Du bist eine Seele und kein Körper!

     

    Du bist eine Seele, die einst im göttlichen Geist, in der Liebe empfangen worden ist.

     

    Jetzt ist deine Seele schon eine Knospe, die auf das Erblühen wartet. Konzentriere dein Bewusstsein auf sie, denn das ist einer der größten Augenblicke in deinem Leben! Dann wirst du dich für die große Sonne öffnen, die die ganze göttliche Welt beleuchtet.

  10. Das Leben

     

    Die Quelle des Lebens ist Liebe. Die Liebe bringt die Fülle des Lebens.

     

    Das Leben wird erst wirklich, wenn der Mensch die Liebe erkennt.

     

    Wenn der Mensch die Liebe nicht begreift, kann er auch das Leben nicht begreifen. Wenn er das Leben nicht begreift, kann er auch die Zeit, in der es als ein unaufhörlicher Prozess verläuft, nicht begreifen. Und wenn der Mensch die Zeit nicht begreift, verliert er den musikalischen Rhythmus des Lebens und gerät in eine Reihe disharmonischer Zustände, die ihn unglücklich machen.

     

    Das Größte außerhalb der Liebe ist das Leben. Das Leben ist die Frucht der Liebe. Aber die Liebe und das Leben sind nicht ein und dasselbe.

     

    Im Leben verlaufen ständig zwei Prozesse: Der eine ist der Prozess der Bildung, der andere der Prozess der Zerstörung. In der Liebe existieren diese zwei Prozesse nicht. Sie ist etwas Reines und Einheitliches. Im Leben gibt es aber eine Differenzierung.

     

    Das Leben ohne Liebe hat keinerlei Sinn. Ein solches Leben ist eine Reihe von Leiden, Niederlagen und sich Wiederaufrichten.

     

    Das Leben kann sich ohne Liebe nicht offenbaren. Ein Leben ohne Liebe gibt es nicht. Der erste Weg, auf den sich das Leben macht, ist die Liebe.

     

    Um zu zeigen, dass man lebt, soll man lieben. Der Sinn des Lebens besteht darin, zu lieben und geliebt zu werden.

     

    Das Leben stellt die Bemühung des Geistes dar, sich in der äußeren Welt, in der Peripherie zu offenbaren. Wenn der Geist sich in der Peripherie offenbart und mit seiner Arbeit beginnt, dann sagen wir, dass das Leben sich in seinem elementaren Zustand als Leben in der Zeit zeigt. Das Leben in der Zeit ist aber nur ein Schatten des Lebens oder die kleinste Projektion des gesamten Lebens. Das ewige Leben enthält unendliche Möglichkeiten. Es bringt alle Bedingungen zum vernünftigen Wachstum mit sich. Und unter Leben versteht man die allgemeine Weltseele, die sich in der ganzen lebendigen Natur äußert. Unsere Seelen sind Bestandteile dieser großen Seele.

     

    Damit sich das große Prinzip des Lebens äußert, soll das Leben irgendeine Form annehmen, die seinem Streben und seiner Bewegung entspricht. Das Streben, das ist der vernünftige innere Drang und die Bewegung sein physischer Ausdruck.

     

    Das Leben äußert sich aber nicht nur in einer Form, es äußert sich in unendlich vielen Formen. Wenn sich mehrere Formen verbinden und eine größere Form bilden, sagen wir, dass das Leben vernünftig organisiert ist. Dann sind alle Formen bestrebt, diese höhere Form zum Ausdruck zu bringen.

     

    Das Leben hört niemals auf, es dauert ewig. Die äußeren Formen zerfallen, doch das Leben dauert ewig. Nichts ist imstande, es zu zerstören. Das Leben ist stärker als der Tod. Es ist frei, nicht fassbar und unaufhörlich. Es hört nicht auf. Es fließt nach innen und nach außen. Denn der Mensch kann sich mit seinem Umfeld nicht verbinden, wenn das Leben nicht hinein- und herausfließt.

     

    Das innere Leben ist vollkommen. Die Vergnügungen, die Leidenschaften, die falschen Gedanken und Gefühle schränken die natürlichen Ausdrücke des Lebens ein.

     

    Das Leben kann nur gut sein. Ein schlechtes Leben gibt es nicht. Und wenn man sagt, dass das Leben sich verbessern sollte, ist das eine falsche Idee. Das Leben an sich ist weder gut noch schlecht. Im Leben kann es Beimischungen geben, aber es wird weder besser noch schlechter. Das Leben kommt von Gott und geht zu ihm zurück. Deswegen ist es seinem Wesen nach absolut rein. Die Veränderungen aber, die man im Leben vornimmt, bringen die schlechten Folgen mit sich. Und dann spricht man von weltlichem, geistlichem, zeitlichem und ewigem Leben. Aber das Leben selbst ist weder weltlich noch geistlich. Wenn das Tierische dem Menschen innewohnt, wird das Leben weltlich, und wenn das Vernünftige ihm innewohnt, wird es geistig.

     

    Denn das Leben des Menschen unterscheidet sich vom Leben der anderen Lebewesen durch seine Vernunft. Das Wort Leben impliziert Vernunft. Wo es Vernunft gibt, so wenig sie sich äußern mag, dort gibt es auch Leben.

     

    Das vernünftige Leben ist das Leben der Unsterblichkeit, das Leben ohne Leiden und Qualen. Genau dieses Leben ist ein Teil der menschlichen Seele. In ihm erscheint alles zur rechten Zeit. In diesem Leben gibt es keine Beklemmungen, sondern ständige Arbeit.

     

    Das Leben selbst ist eins. Das physische Leben, das geistige Leben und das göttliche Leben sind drei große Offenbarungen des gesamten, einheitlichen Lebens. Sie unterscheiden sich in ihrem Ursprung, in ihren Objekten und in ihren Zielen.

     

    Das physische Leben wandelt und ändert sich ständig. Es ist ein Leben an der Wasseroberfläche auf den Meereswellen. Das geistige Leben ändert sich, ohne sich zu wandeln. Es ist das Leben des Meeresgrundes im Inneren des Meeres. Und das göttliche Leben wandelt sich nicht und ändert sich nicht. Aber all diese Erscheinungen des Lebens sind eng miteinander verbunden. Sie sind Teile eines Ganzen, des gesamten grenzenlosen Lebens.

     

    Um das Leben zu begreifen und sich selbst und den anderen nützlich zu sein, soll man mit dem physischen Leben beginnen und allmählich zum geistigen und dann zum göttlichen Leben übergehen.

     

    Wer das physische Leben nicht liebt, kann kein Verhältnis zum Licht haben. Denn im physischen Leben ist die Energie des Lichtes in den Pflanzen und Früchten gebunden. Auch die Hygiene des physischen Lebens beginnt mit der richtigen Nutzung des Lichtes, das in den Pflanzen und Früchten gespeichert ist. Anders gesagt, die Hygiene beginnt mit der richtigen Ernährung. Und die Ernährung ist eine Einführung in das physische Leben; genauso wie die Musik in das geistige Leben und das Gebet in das göttliche Leben.

     

    Das Leben ist ein Schatz, den man bewahren soll. Bewahre es mithilfe der Weisheit und möge das wahre Wissen, das daraus hervorgeht, sein Schutz sein. Lass es frei aus der großen Quelle, aus der Liebe hervor strömen. Beleuchte es durch die Wahrheit, die Welt der absoluten Vernunft. Beleuchte es durch die Wahrheit, die dem Leben Freiheit in all seinen Richtungen gewährt.

     

    Denn auch das Leben hat seinen Tagesanbruch, seinen Sonnenaufgang und seinen Mittag.

     

    Der Tagesanbruch des Lebens, das ist die Liebe.

     

    Der Sonnenaufgang des Lebens, das ist die Weisheit.

     

    Der Mittag des Lebens, das ist die Wahrheit.

     

    Brich auf in den Tag des Lebens! Bilde eine Knospe! Steh auf, stell dich auf deine Beine und fühle, dass du mit allen Lebewesen auf der Erde und im Himmel verbunden bist.

     

    Gehe im Leben auf! Blühe und trage Früchte!

     

    Erreiche den Mittag des Lebens! Reife heran!

     

    Wenn du den Mittag deines Lebens erreichst, dann wirst du seinen großen Sinn, seine süßen Früchte kosten.

  11. Vorwort

     

    Das vorliegende Buch ist von Georgi Radev (1900 -- 1940) zusammengestellt und 1939 veröffentlicht worden. Es beinhaltet thematische Auszüge aus den Vorträgen des Meisters Beinsa Douno (Peter Danov) und ist der erste Versuch dieser Art, die Grundprinzipien und Kategorien seiner Lehre vorzustellen. Das Buch liegt in russischer, deutscher, englischer und französischer Sprache vor.

     

    Wir vermitteln das Wort des Meisters allen Brüdern und Schwestern, deren Seelen von der Liebe berührt sind, deren Verstand vom Wissen erleuchtet ist und deren Geist sich vollkommener Freiheit erfreut.

     

    Denn nur derjenige, sagt der Meister, dessen Seele von der Liebe berührt ist, lebt.

     

    Nur derjenige, dessen Verstand vom Wissen erleuchtet ist, bringt Licht.

     

    Und nur denjenigen, dessen Geist sich der vollkommenen Freiheit erfreut, kann man einen wahren Menschen und Bruder der Menschheit nennen.

     

    Bei der Übersetzung dieses Buches haben wir versucht, jene bildhaft-poetische Sprache des Meisters Beinsa Douno ins Deutsche zu übertragen und ihren Wortlaut möglichst genau wiederzugeben, um die Lebendigkeit seiner Worte und deren ursprünglichen Sinn zu erhalten.

     

    Alle Bibelzitate stammen aus der Elberfelder Bibel.(1)

     

     

    Zusammenstellung: Georgi Radev

     

    Aus dem Bulgarischen: Angela Angelova

     

    Redaktion: Florian Pusl

     

    Buchcover: Iliana Popova

     

    Verlag Bjalo Bratstvo

     

    ISBN 978-954-744-195-8

     

    (1.) Elberfelder Bibel, Christliche Verl.-Ges., Dillenburg, 2011.

  12. Du weißt

     

    “Und er sagte mir: „Menschlicher Sohn, können diese Knochen lebendig werden? Und ich sagte: „Gott, du weißt.“ Iesekiil 37:3

     

    Können diese Knochen wieder lebendig werden?” Ihr könnt euch fragen, was für ein Geheimnis in diesem Satz versteckt ist. Ihr werdet euch sagen: „Wir kennen diese Knochen, wie viel Mal haben wir sie gekocht, wie viel haben wir sie am Friedhof gesehen – das ist ein Knochen.“ Aber ihr habt diese Knochen, über die ich euch sprechen werde, niemals gesehen. Das, was ihr denkt, dass ihr in der Welt seht, ist so wahr wie den Zustand, wenn der Mensch zum Beispiel träumt, dass er reich ist, und als er erwacht, sieht, dass er keinen Reichtum hat. Gott fragt den Propheten: „Können diese Knochen lebendig werden?“ Die Knochen stellen in diesem Sinne ein gemeines Leben dar, ein Leben in einem potenziellen Zustand; in dem religiösen Sinn bedeuten die toten Knochen ein Leben ohne Bewegung. Ihr werdet fragen, gibt es ein Leben ohne Bewegung; in dem metaphysischen Sinne bedeutet das ein bewusstloses Leben. Jeder Knochen hat ein individuelles Leben, und wenn jemand ihn rückt und bewegt, wird er sagen: „Gott sei Dank, dass jemand kommt, der mich rückt.“ Die Knochen sind das israelische Volk, geteilt durch das schlechte Leben, und sie sind tot, weil es keine Einheit unter den einzelnen Persönlichkeiten in ihm gibt. Die Knochen stellen den Menschen nach seinem Tod dar. Sie sind die einzige Sache, die unverändert bleibt; nach den Okkultisten ist das neue Leben in ihnen versteckt, und wenn der Mensch wieder zur Erde kommt, wird er das nehmen, was in ihnen versteckt ist – deshalb bewahren wir die Knochen unserer Nächsten. Einige sagen: „Es ist mir egal, was nach meinem Tod übrig bleiben wird“, aber der Mensch ist nichts außer seinen Knochen.

     

    Jetzt muss der Mensch lernen, philosophisch denken, er muss alles wie etwas Unvermeidliches, Notwendiges behandeln, und nicht als reinen Zufall. Aus der Geometrie ist es z.B. bekannt, dass der kürzeste Abstand zwischen zwei Punkten die gerade Linie ist, die eine Bewegung in einer Richtung darstellt; sie ist eine Gesamtheit von vielen Punkten, d.h. von vielen Bewegungen, die sie bilden. Also, unser Gedanke kann sich nur in einer geraden Linie bewegen. Wenn wir uns vorstellten, dass wir in einem Punkt leben, und unser Gedanke bewegt sich immer auf eine gerade Linie, würden wir dann keine Ahnung von der Welt haben, der Mensch würde sagen, dass nichts außer der geraden Linie existiert; deshalb gibt es Lebewesen auf der Erde, die nur von einem Ding eine Ahnung haben. Aber wenn der Punkt sich bewegt, bildet er eine gerade Linie, die lebendig ist, und wenn er eines Tages seine Richtung nach seiner Senkrechte zu ändern beschließt, wird er eine Fläche bilden, die Fläche ist von Millionen geraden Linien gebildet. Also, es gibt andere Lebewesen, die verstehen, dass die Welt sich nicht nur in einer Richtung bewegt – in der Länge, sie bewegt sich auch in der Breite; solche Vorstellungen hat die Schnecke zum Beispiel, für die es nur zwei Dimensionen gibt. Natürlich ist die Fläche auch lebendig, weil alles in der Natur lebendig ist; und wenn sie sich bewegt, wird sie eine andere Dimension – die Höhe finden, und so wird sie einen Würfel bilden. Ihr seid Lebewesen mit drei Dimensionen, und die Philosophen denken, dass nichts außer diesen drei Dimensionen existiert, aber es gibt Lebewesen, die sich in höheren Dimensionen bewegen. Wenn der Würfel sich in einer anderen vierten Richtung bewegt, wird auch die ganze Welt sich bewegen, und ein Tessarakt wird entstehen; diese vierte Senkrechte bewegt sich in einer Richtung, die wir uns nicht vorstellen können.

     

    Also, der Mensch ist wie einen toten Knochen, bevor er die Dinge verstehen kann, d.h. er ist ein Lebewesen von einer Dimension. Gott fragt: „Können diese Lebewesen sich ändern und Lebewesen von zwei und drei Dimensionen bilden?“ Und Gott hat gesagt: „Prophezeie!“ – nur wenn der Mensch zu sprechen beginnt, beginnt er die Dinge zu verstehen. Der erste Mensch hatte keine Knochen, und der gegenwärtige Mensch ist ein Lebewesen mit Knochen. Jeder Mensch ist ein Knochen. Unter dem Wort Knochen versteht man etwas, was wesentlich und unveränderlich im Menschen ist, etwas, das man in Bewegung setzen kann, organisieren kann. Moses sagte, dass Gott ursprünglich den Menschen aus Erde gemacht hatte – damals konnte der Mensch sich nur in einer Linie bewegen; als der Mensch mit Knochen gemacht worden war, wurde ihm die Fähigkeit gegeben, dass er sich in drei Dimensionen bewegt, aber er war damals schon tot; erst nachdem Gott ihm in die Nase geatmet hatte, begann der Mensch zu denken, deshalb atmen wir heute durch die Nase und nur dann denken wir. Zum Beispiel denkt eine Frau, dass ihr Mann sie nicht liebt, das bedeutet, dass sie in einer geraden Linie geht; in diesem Fall muss sie stehen bleiben und eine Fläche in ihren Gedanken bilden – nur dann wird sie sich mit ihrem Mann verständigen. Sonst werden die Frau und der Mann in einer geraden Linie gehen und werden sich nicht treffen. Als Moses den Gott sehen wollte, sagte Er ihm: „Du kannst mein Gesicht nicht sehen, aber du wirst nur einen Teil von Meiner Kleidung sehen, sonst wirst du verbrennen“; das bedeutet philosophisch: weil der Mensch in der Welt lebt, kann er die Dinge nicht verstehen, deshalb sieht er nur einen Teil von ihr.

     

    Also, die Knochen müssen getötet werden, damit sie ihren Zustand ändern. Diese Knochen waren tot, aber nur Gott weiß, ob sie ein höheres Leben erwerben können. Wenn man ihnen zu sprechen beginnt, beginnen sie sich zu versammeln, Muskeln und Nerven zu bilden, aber sie können noch nicht denken; damit sie zu denken beginnen, muss ein Geist aus den vier Winden kommen, aus den vier Seiten, d.h. eine vierte Dimension muss existieren. Bis der Mensch in drei Dimensionen lebt, kann er nicht vestehen, was ein geistiges Leben bedeutet; die gegenwärtigen Leute denken, dass die Welt mit dem Tod zu Ende geht, so denkt der Frosch, die Schnecke und der Mensch. Wenn ich den Weinberg graben gehe, wenn ich ein, zwei Tage arbeite und die Arbeit beendet ist, bedeutet das nicht, dass das Leben zu Ende ist. Die Welt ist zu Ende, das bedeutet, dass das Leben zu Ende ist; das sind Gedanken einer Schnecke, eines toten Knochens – das ist die gegenwärtige Philosophie. Wenn diese Knochen zu bewegen beginnen, sagen sie: „Unsere Arbeit ist zu Ende“, d.h. unsere Lage als Knochen im Feld ist zu Ende; aber sie beginnen dann, sich bewusst zu bewegen.

     

    Die gegenwärtigen Leute sind dem Held der folgenden Anekdote ähnlich: ein Bulgare, der Stojan hieß, ging zur Stadt, einen Esel zu verkaufen. Die Stadt war fern, deshalb blieb er an einem Ort stehen, um sich auszuruhen, band den Halfter des Esels an seiner Hand und schlief ein. Ungehorsame Kinder sahen, dass er schlief, banden den Halfter vom Kopf des Esels los und nahmen das Tier. Als der Bulgare mit dem Halfter in der Hand erwachte und sah, dass der Esel nicht da war, sagte er sich: „Wenn ich Stojan bin, habe ich den Esel verloren; wenn ich Stojan nicht bin, habe ich den Halfter gewonnen.“ Das Leben ist der Esel, aber wenn ich nicht bin, ist das ein Halfter. Der Halfter bedeutet, dass der Mensch mit einem Gedanken lebt, in dem es kein Dasein gibt.

     

    Gott sagt: „Diese Knochen werden lebendig werden.“ Wenn der Prophet spricht, ist das der Geist von Christus. Manchmal habt ihr auch einen solchen Zustand der Erstarrung erleben können, wenn der Mensch denkt, fühlt, aber er kann kein Zeichen geben, dass er lebendig ist. Das Bewusstsein kann außer der Welt existieren, aber wenn du bewegst, d.h. dass du lebst. Wenn der Mensch morgens erwacht, bewegt er und beginnt zu leben, und wenn er wahllos und zerstreut spricht, ist er ein toter Knochen. Das ist eine kleine Analogie: unsere Gedanken können wahllos wie diese Knochen sein, wir können weinen und sagen: „Welcher Sinn hat das Leben?“ – der Mensch ist in der Lage des Propheten, welchem die Gedanken wie tote Knochen sind. Und Gott sagt: „Sohn der Menschheit, können deine Gedanken im Feld leben?“ Dann beginnt der Mensch nach dem Sinn des Lebens zu denken und antwortet: „Du weißt, Gott!“ Wenn der Mensch denkt, dass Gott weißt, sagt Er ihm dann: „Sprich!“ Als Gott Moses zum Pharao schickte, wollte er nicht sprechen, weil er stotterte; dann wurde Gott zornig und sagte, dass sein Bruder Aaron kommen muss; Und damit Aaron Moses zu sprechen zwang, überließ er ihm seine Stelle. Jeder ist Moses und Aaron, d.h. Seele und Geist – so wird der Mensch sich selbst retten. Manchmal ist die Seele entmutigt; z.B. eine Magd ist von einem Burschen enttäuscht, sie verzweifelt, vernachlässigt alles, wird finster und sagt: „Mein Leben ist zu Ende.“ Jeder von uns ist eine betrügte Magd oder ein betrügter Bursche – das ist der Sündenfall. Als der Teufel kam, waren die Leute von ihm hingerissen, und dann blieb der Mensch weder mit dem Teufel, noch mit dem Gott. Gott fragt den Propheten: „Können diese toten Gedanken, Wünsche und Handlungen lebendig werden?“ Der Prophet sagt: Du weißt, Gott.“ Und nachdem der Geist gekommen war, wurden die Knochen große Streitkräfte.

     

    Nun, die Dinge müssen Eigenschaften in ihnen haben, um sich festlegen zu können.

     

    Die gegenwärtigen Physiker sagen, dass die Elektrizität zwei Ströme hat – durch die Luft und durch die Erde: wenn es eine Bewegung von oben gibt, muss eine Bewegung von unten existieren. Also, im Menschen, der keine Knochen hat, kann der Göttliche Gedanke nicht arbeiten. Und weil diese Kraft ein Leben in einem versteckten Zustand ist, muss diese Bewegung aus den Knochen gehen. Der menschliche Gedanke gehört zu den dreidimensionalen Dingen nicht; die Gefühle gehören zur vierten Dimension, die Gedanken – zur fünften, und das Bewusstsein – zur sechsten. Eines Tages, wenn wir unter den Engeln sind, werden sie uns diese Dimensionen lehren. Wir leben in drei Welten, und nach den Kabbalisten gibt es zehn Welte insgesamt – der Mensch lebt in der dritten Welt, und Gott – in der zehnten; das ist ein großer philosopischer Gedanke. Nachdem wir Millionen Jahre gelebt hatten, kamen wir erst zur dritten Welt, und noch viele Jahre sind notwendig, damit wir zur zehnten Welt kommen.

     

    Der Reiz der Welt besteht darin, dass sie grenzenlos ist, und der Tag wird nicht kommen, wenn der Mensch sagen wird, dass er alles weiß. Aus diesem Gesichtspunkt hat alles ein Bewusstsein; zum Beispiel hat ein Stein ein Bewusstsein eines Steins; eine Blume, eine Schnecke, ein Mensch, ein Engel – alles lebt mit seinem Bewusstsein. Der Mensch versteht das, aber versuchen wir, Umgang z.B. mit einem Baum zu halten; für uns ist er ein Baum, aber er hat sein eigenes Leben – er schweigt, spricht nicht, aber weiß alles, weil er es gelernt hat, wenn er oben am Himmel war. Deshalb weisen die Bäume nach oben – wenn man oben steigt, wird man dann alles lernen. Die gegenwärtigen Gelehrten untersuchen einen Apfel, aus welchen chemischen Elementen er besteht, aber er hat etwas, das sie nicht entdecken können. Das Leben besteht nich nur aus diesen Elementen, sondern es gibt etwas Anderes, was man lernen muss. Zum Beispiel früher dachte man, dass die Elektrizität nur durch Drähten transportiert werden kann, und heute weiß man, dass das ohne sie möglich ist.

     

    Es gibt zwei Welten – eine physische und eine Geistige Welt; der Mensch ist sowohl im Geistigen, als auch im physischen Leben. Die Leute gehen von oben nach unten. Heute denkt man, dass die Kultur sich von unten nach oben bewegt, aber ich bestreite das und sage, dass der Apfel sich nicht nur von den Säften ernährt, sondern von der Sonne. Zum Beispiel im Laufe einiger Jahre wächst ein Baum nach dem Gewicht bis zu zwanzig Kilogramm, und er hat all das nicht aus der Erde genommen, sondern von oben. Wir nehmen alles von oben. d. h. von innen, aus einer Welt, die mehr breiter als die Außenwelt ist. Wir können sie mit einem Kegel mit der Spitze nach unten vergleichen – die Spitze ist die Außenwelt, und die Grundfläche ist die innere Welt; wenn der Mensch an der Spitze ist, wird er sagen, dass die innere Welt kleiner ist, und es ist eigentlich nicht so.

     

    Wer beschlossen hat, philosophisch die religiösen Fragen zu erlernen, muss sehr ruhig sein. In der Zeit eines der türkischen Sultan gab es viele Dummköpfe; eines Tages wollte er erfahren, wer von allen der größte Dummkopf ist und befahl, dass man das Gebäude anzündet, in dem sie waren. Erschrocken vor dem Brand flohen alle Dummköpfe und nur zwei blieben drinnen. Als einer von ihnen sah, dass der Brand größer wird, wandte er sich an seinen Kameraden und fragte ihn, was sie machen sollen und der andere antwortete ihm: „Wie bist du nicht zu faul zum Sprechen?“

     

    Wenn der Mensch sterben muss, wird er sterben, unabhängig davon, wo er sich befindet. Zum Beispiel wollte ein reicher Franzose seinen Sohn von der Front befreien, und es gelang ihm, mit viel Geld ihn zum Hinterland zu schicken, aber dort, obwohl sein Sohn vor den Kugeln geschützt war, wurde er mit einer Granate getötet, die in der Nähe gefallen war.... Oft haben die Leute Angst vor Seuchen. Der Mensch muss vor nichts Angst haben, weil er vor Angst sterben kann. Zum Beispiel ging die Pest eines Tages nach Bagdad; ein Mann begegnete ihr und fragte, wohin sie geht. „Ich gehe nach Bagdad, tausend Menschen zu nehmen.“ Die Pest kam, und zwanzigtausend Menschen starben in Bagdad. Als sie zurückkam, begegnete derselbe Mann ihr wieder und fragte, wie viel Menschen sie genommen hatte. „Zwanzigtausend“ – antwortete sie. „Und warum hast du mir gesagt, dass du nur tausend nehmen wirst?“ „Die anderen neunzehntausend starben vor Angst.“

     

    Der Mensch muss vorsichtig in seinem Leben sein. Ein Fahrgast kaufte eine Fahrkarte in Gorna Orjachovitza, aber er hatte keine dreißig Münzen, um sie nachzuzahlen; er bat einen Anwalten, ihm Geld zu geben, aber dieser lehnte ab und sah, wie der Reisende gezwungen war, zu Fuß zu gehen. Derselbe Anwalt war eines Tages in London und als er zurückkommen wollte, bemerkte er, dass dreißig Münzen ihm nicht reichen, und er konnte eine Fahrkarte nicht kaufen – ihm war mit demselben bezahlt. Das zeigt, dass du dasselbe bekommst, was du machst. In diesem Fall ist der Mensch ein trockener Knochen, und er muss sein Geld großzügig ausgeben und jedem helfen, der in Not ist. Und heute sammeln einige Leute Reichtürmer, neben diesem Töten der Menschen; der Gott stellt das in Rechnung und sagt, dass das Geld lebendig werden müssen. Unter dem Geld versteht man alles, womit man helfen kann – Kenntnisse, Gefühle, Wünsche. Unsere Gedanken und Gefühle müssen auch lebendig werden; deshalb sagt Gott jedem: “Sprich zu dir, sprich zu deinen toten Gedanken, Wünsche und Handlungen!“ – so wird in ihnen allmählich eine Bewegung, ein Leben bemerkt werden. Gibt es eine Mutter, die ihr Kind trägt und nicht leidet? Sie leidet, aber ein neues Leben bildet sich in ihr. Wenn der Geist kommt, wird der Mensch dann verstehen, warum er hier, auf der Erde ist, und er wird sehen, wie schön ist, dass er lebt, leidet und stirbt, dass er aus dieser Welt geht und in einer anderen lebt, wo die Menschen sich unter ihnen verstehen werden. Wir, die gegenwärtigen Menschen sind von der ersten, zweiten und dritten Dimension, weil es in uns keine ständige, sondern nur vorübergehende Liebe gibt. Die Liebe in uns muss unsere Seele beleben, unser Herz und unseren Geist kräftigen. So sagt Christus: „Wenn ich mit dem Gott bin, werde ich mich auch in der Hölle gut fühlen, aber wenn ich ohne Ihn im Paradies bin, warum ist er mir?“

     

    Soll Gott mit uns sein; und Er ist in uns und mit uns. Wenn Gott uns sagt: „Sprich!“, wir müssen sprechen. Wir wollen die Welt verbessern, indem wir uns verbessern, aber nur das Vernünftige Leben verbessert den Menschen. Jeder Gedanke, sogar der gute, wenn er nicht vernünftig verwendet werden kann, ist ein schlechter Gedanke und umgekehrt. In der gegenwärtigen Wissenschaft gibt es viele solche Beispiele: zum Beispiel ist das Kohlenstoffdioxid, das den Menschen den Atem nimmt, für die Pflanzen angenehm und notwendig, es gibt ihnen Kohlenstoff als Nahrung, und Sauerstoff wird abgesondert. So ist ein Ding für uns schädlich, für andere nützlich. Gib deine Sünden den Pflanzen, und nimm das Reine von ihnen. Also, man muss sich nicht beschweren. So ist auch in der Schrift geschrieben: Gib deine Sünden dem Gott“; wenn Gott unsere Sünden nimmt, fragt Er: „Können diese Knochen lebendig werden?“

     

    Also, jeder muss sich selbst sagen: „Gott sagt – wir sollen alle Gedanken und Wünsche, unser Geld großzügig für unsere Nächsten ausgeben.“

     

    Ein Vortrag von Meister Beinsa Douno, gehalten am 1 Oktober 1916, Sofia

  13. Die Versuchung

     

    “Und der Versucher trat zu ihm und sprach: Bist du Gottes Sohn, so sprich, dass diese Steine Brot werden... Da verließ ihn der Teufel; und siehe, da traten die Engel zu ihm und dienten ihm.” Matthaeus 4:3-11

     

    Ich werde über die Verse vom dritten bis zum elften sprechen, wo über die Versuchung gesprochen wird.

     

    Viele von euch haben dieses Kapitel gelesen und über die drei Versuchungen nachgedacht. Auf den ersten Blick scheint es, dass die Versuchungen, die der Teufel anbietet, sehr einfach sind. Aber diese drei Versuchungen kann man dreifach verstehen, d.h. im Evangelium ist das Fallen nicht gegeben. Die große Wahrheit, versteckt in den drei Veruchungen, ist Änigma.Warum schlug der Teufel nähmlich Jesus vor, dass er die Steine ins Brot verwandelt. Das sind drei psychologische Momente im Leben jedes Menschen. Alles, was Jesus in den Versuchungen erlebt hat, wird jeder von euch auch erleben; einige sind zu diesem Stadium nicht gekommen, aber der Tag wird eintreten, und sie werden durch es gehen. Deshalb müsst ihr die Schwierigkeiten begreifen, die ihr dann treffen werdet.

     

    Denkt nicht, dass es leicht ist, eine Unsterblichkeit zu bekommen; wer eine solche Lehre predigt, predigt die Wahrheit nicht. Wenn wir über die Unsterblichkeit, über die Erfüllung des Gottes Willen sprechen, verstehen wir etwas Anderes. Also, wir müssen diese drei großen Fallen in jeder Seele verstehen.

     

    Der Teufel sagt Jesus: “Bist du Gottes Sohn, so sprich, dass diese Steine Brot werden.” Das Wort „wenn“ setzt eine Bedingung voraus: “Bist du Gottes Sohn....“ Gab es etwas Falsches, wenn Jesus die Steine ins Mehl verwandeln konnte? Es gab etwas Verführerisches für den Teufel in dem, dass er den Prozess sehen konnte, wie Jesus einen Stein in eine Pflanze verwandelt. Aber Jesus, der sehr gut Gottes Befehle verstand, wusste, dass jedes Ding seinen Zweck hat, d.h. die Steine haben auch ihren Zweck. Jetzt werde ich nicht über die esoterische Seite sprechen; eines Tages, wenn ihr zum Zustand kommt, rein im Verstand und Herzen zu sein, nur dann wird man euch diese Wahrheit enthüllen. Jede eure Prüfung beweist, wie ihr rein seid...

     

    Wisst ihr, was es mit Jesus geschehen wäre, wenn er dieser Versuchung erliegt hätte? Der Teufel kommt im Augenblick, wenn Jesus schwach ist, und sagt: „Da ist der Fall – wenn du Gottes Sohn bist, kannst du diese Kenntnisse und Gesetze anwenden.“ Aber Jesus antwortet ihm: "Der Mensch lebt nicht vom Brot allein, sondern von einem jeglichen Wort, das durch den Mund Gottes geht.” Diese Steine sind sündhafte Geister, verkommene Menschen, in ihnen ist der Teufel versteckt; wenn Jesus versucht hätte, die Steine in Brote zu verwandeln, wisst ihr, was bedeutet, dass man einen schlechten Geist ins Brot verwandelt? Jesus sagt: „Wenn ein Mensch Gottes Wort annimmt...“, das hat eine praktische Bedeutung, jeder von euch bemüht sich, die Steine in Brote zu verwandeln. Einige sagen: „Warum wächst das Brot nicht, damit wir nicht brauchen, es zu bereiten?“ In Deutschland und England versucht man, eine Methode zu entdecken, mit der man die anorganischen Stoffe in organische verwandeln kann, aber wenn die gegenwärtige Wissenschaft in solcher Abweichung geraten wäre, hätten wir die größte Unsittlichkeit gehabt. Das, was die gegenwärtigen Menschen rettet, ist die Arbeit, und wenn man die Steine in Brote verwandeln könnte, würdet ihr alle tafeln. Ich weiß, dass die Leute die Steine in Brote oft verwandeln wollen; ihr trefft zum Beispiel einen bösen Menschen, verdorben im Verstand und im Herzen, und sagt: „Warum können wir diesen Stein ins Brot nicht verwandeln?“ Aber wenn ihr ihn verwandelt... In dieser Weise bessert der Mensch sich nicht. Einige sagen: „Wir sollen diesen sittenlosen Menschen verheiraten, um ihn zu bessern“ – das ist nicht erlaubt. Jesus sagt: „Ihr seid lebendige Steine“, aber es gibt auch tote Steine. Also, eine Magd, die die Gesetze begreift, muss nie einen Sünder heiraten, oder eine verderbte Frau muss nie einen guten Mann finden. Was wird sich daraus ergeben? In der Welt werden Verbrecher geboren. Das ist die erste Lehre, die der Teufel Jesus predigt – dass er diese Steine ins Brot verwandelt – d.h. zum Vergnügen. Jesus sagt, dass die Leute sich nur dann bessern, wenn ihr Herz das Wort Gottes annimmt.

     

    Nun sagen einige mir: “Du kommst die Welt verbessern, du wirst Anhänger haben.” Ja, solche verdorbenen Anhänger werden kommen, aber die Welt wird sich in dieser Weise nicht bessern. Die Welt wird sich mit jedem Wort bessern, das vom Mund Gottes kommt. Und wenn die menschliche Seele es annimmt, wird sie lebendig sein.

     

    Natürlich betrifft dieses Prinzip eine andere Seite – z.B. das Essen, das bisher ein der gemeinsten Prinzipien in der Welt ist. Das Essen ist ein wichtiger Prozess im Leben. Und wisst ihr, wie viel heimliche Kräfte in den Steinen verborgen sind, wisst ihr, was in diesen kleinen Fläschchen geschlossen ist? Jesus sagt: „Wer aus dem Mund Gottes gehen kann, hat recht, diese kleinen Fläschchen zu öffnen.“ Oft höre ich, dass man sagt: „Warum hat Gott mir solche Kraft nicht gegeben, dass ich die Welt verbessere?“ Das ist wie jene Königin, die seinem Mann gesagt hat: „Lass mich drei Tage regieren, damit ich die Welt verbessere.“ Sie herrschte drei Tage und wisst ihr, was sie zuerst gemacht hatte? Zuerst hatte sie ihren Mann erhängt. Diese, die die Schrift deuten, sagen, dass der Teufel mit der ersten Versuchung Jesus erprobt, ob er vor Hunger erschreckt. Aber Jesus sagt: „Mir ist es egal, ob die Steine Brot werden oder nicht, Ich habe eine Nahrung, die Mir immer von oben gegeben wird.“

     

    Weiter führt der Teufel Ihn zur Zinne des Tempels und sagt ihm: “Bist du Gottes Sohn, so laß dich hinab.“ Auf den ersten Blick ist das eine sehr flagrante Versuchung, aber in ihr ist etwas Anderes versteckt – dieser Tempel ist der Mensch, der am höchsten Ort in seinem Kopf steht und denkt, wie die Göttlichen Dinge geordnet sind. Und der Teufel sagt ihm: „Geh zu deinen Staatsangehörigen hinunter und beginn wie sie zu leben, geh und trink, wie sie trinken; weil du Kenntnisse und Kraft hast, hab keine Angst, dass du fallen wirst, mach es und wiss, dass deine Tugend dadurch nicht verletzt werden wird.“ Jesus antwortet ihm: "Du sollst Gott, deinen HERRN, nicht versuchen, weil Ich nicht brauche, diese Staatsangehörigen zu kennen." Ob ein Vater, der zehn Kinder hat, sie erlernen muss? Der Vater kann seinen Sohn kennen, die Mutter kann ihre Tochter kennen, wenn sie auf demselben Weg gehen. Diese Versuchung hat eine Beziehung zu den gegenwärtigen Christen – dass der Mensch in die Wüste flieht und sich dort ausruht, bedeutet, ein bisschen ins Leben zu gehen, und nicht wie einen Polizist zu stehen.

     

    Also, ihr seid immer am Flügel des Tempels – die zweite Versuchung ist, dass wir den Gott in uns versuchen. Das ist der Übergang von einem Zustand in einen anderen, von einer Kirche in eine andere, von einer Lehre in eine andere. Wenn du hinunter gehst, wirst du deine Kräfte benutzen. Im Prinzip der zweiten Veruchung geht der Teufel den Menschen an, aber im entgegengesetzten Sinn. Euch ist es nicht erlaubt, dass ihr wie David tut; bevor Gott ihn König machte, gab er ihm eine Macht und was machte David? Eines Tages war er an der Zinne des Tempels, sah eine schöne Frau und ging hinunter; aber ein Prophet kam dann und sagte ihm: „Du bist die Ursache, dass man gegen diese Lehre verstoßt, und es gibt keine Ordnung mehr.“ Und es war so, sein Sohn trieb Unzucht mit seiner Frau, mit seinen Schwestern. Ja, David kam aus der Zinne des Tempels hinunter, um zu zeigen, dass er Sohn Gottes ist, aber er musste dann fliehen. Nun werden viele von euch hinuntergehen, aber sie werden wie David sein: wenn du eine Frau bist, wird dein Mann Unzucht treiben; wenn du ein Mann bist, wird deine Frau Unzucht treiben – das wird das Ergebnis sein, wenn ihr vom Dach dieses Tempels hinuntergeht. Deshalb sagt Jesus: „Du sollst Gott, deinen Herrn, nicht versuchen, weil Ich alle Dinge besitze und brauche nicht, hinunter zu gehen.”

     

    Endlich kommt die stärkste Versuchung, die eine direkte Beziehung zu diesem tückischen Geist hat. Der Teufel führt Jesus auf einen sehr hohen Berg, zeigt Ihm alle Reiche der Welt und ihre Herrlichkeit und sagt Ihm: “Das alles will ich dir geben, so du niederfällst und mich anbetest.” Dann antwortet Jesus: „Hebe dich weg von mir Satan! Ich kann nicht kommen und brauche nicht, in deine Reiche zu gehen.“

    Welche Beziehung hat die dritte Versuchung mit dem öffentlichen Leben? Als eine Frau oder ein Mann durch die erste oder die zweite Versuchung übergegangen sind, wird ein Fürst kommen, wird sagen, dass sie sauber und unschuldig sind, und wird zu ihnen sprechen: „Wenn du mich liebst, werde ich dir meinen ganzen Reichtum geben“; dann entscheiden alle Verwandte: „Er ist reich, hat ein Vermögen, ruft schnell den Pfarrer!“ und sie verbeugen sich. Wie viel Amerikanerinnen solche Fürste geheiratet haben, aber dann sind sie unglücklich gewesen; der Teufel verspricht, aber er gibt nicht, er ist ein Zuhälter. Jesus sagt: „Geh weg, geh zu deinem Königreich, zu deinem Reichtum, Ich brauche deine Kenntnisse nicht, Ich habe genug in mir, was Gott mir gegeben hat.“ Es gibt heute Burschen, die von der dritten Versuchung ergriffen werden – z.B. heiratet der Bursche, aber er verkauft sich eigentlich für das Geld, das die Magd in der Bank hat. Ich habe ein Buch gelesen, mit dem Titel „Über die Liebe“, geschrieben von einem Obersten, in dem er schreibt, wie man eine reiche Magd betrügen kann. Und Jesus sagt: „Hebe dich weg, du sollst anbeten Gott, deinen HERRN, und ihm allein dienen."

     

    Wisst ihr, was die Verbeugung bedeutet? Dass du verbeugst, das bedeutet, dass du etwas in dir annimmst, zurückkehrst, dich beschränkst, einen Sklaven wirst, deine Freiheit verlierst. Und wenn ihr euch vor einem solchen Geist verbeugt, verliert ihr eure Freiheit. Jesus sagt: „Hebe dich weg!“

     

    Jetzt schreibt man in den Zeitungen, dass irgendwelche Magd soundso viel Geld hat, und ihr fragt, ob diese Ehen dann erfolgreich sind – das ist eine Unsittlichkeit in der gegenwärtigen Gesellschaft, Unsittlichkeit überall. Die ganze Welt ist in dieser dritten Versuchung geraten, es gibt keinen Menschen, der sich nicht verbeugt hat. Es ist gut, dass ihr euch verbeugt, aber wisst ihr, welches Ergebnis daraus sein wird? Wenn eine Frau sich vor einem solchen Mann verbeugt, wird sie eine Kupplerin mit ihm; infolgedessen wird sie entehrt sein und wird dann ihr ganzes Leben lang ihre Tage beweinen. Heute verkaufen Mütter und Väter ihre Töcher für Geld – diesen verderbten Jugendlichen gibt man dazu noch Geld! Ich sage: „Es ist besser, dass eure Tochter unverheiratet sind, als ihr sie gebt und euch vor einem solchen Geist verbeugt. Ihr sagt: “Vor 2000 Jahre hat der Teufel sehr verführt.“; ich will wissen, was der Teufel heute in euren Häusern, Herzen, in eurer Seele macht. Ja, ihr seid seine Freunde geworden, ihr kauft euch frei, maskiert euch, aber ihr müsst ein für allemal sagen: „Geh weg, lass meine Seele in Ruhe!“

     

    Und dann ist es gesagt, dass Gottes Engel Jesus dienen kamen. Wenn ihr durch diese drei Versuchungen gegangen seid, werdet die Engel kommen, euch von der vierten retten. Wenn ein Bursche einer Magd einen Reichtum, Ruhm und Ehre anbietet, und sie lehnt ab, beschliesst er sie zu töten; und der Teufel hat beschlossen, Jesus zu töten. Ihr sagt über die Magd: „Aber er wird sie töten!“ Lass er sie töten, es ist besser, dass sie stirbt, als Unzucht zu treiben. In diesem Fall ist der Tod ein Vorteil – dass wir für eine Idee, für einen Göttlichen Gedanken sterben, das ist ein Privileg. Natürlich will ich nicht, dass ihr entmutigt.

     

    Also, wenn jemand diese Beziehungen nicht abbrechen will, werden wir sagen: “Geh weg, geh zu deinem Königreich!” Das ist ein Göttliches Gesetz – beim Gott müssen nur diese bleiben, die ein reines und heiliges Leben leben können. Die gegenwärtigen Menschen sagen: „Wenn wir so leben, was werden wir?“ Und was seid ihr nun, ob diese Menschen, die jetzt im Krieg sterben, wegen der Lehre von Jesus sterben? Das ist die falsche Philosophie der gegenwärtigen Gesellschaft. Wenn wir die Lehre von Jesus annehmen, werden wir Familien und eine Gesellschaft haben, die tausendmal guter sein werden, und wir werden eine Musik schaffen, schöner als diese heute, eine Gesellschaftsordnung bilden, tausendmal guter als diese jetzt. Jemand wird sagen: „Dann werden wir in den Wäldern leben.“ Die Tiere leben in den Wäldern, weil sie sich früher vor dem Teufel verbeugt haben, und wenn ihr euch vor ihm verbeugt, werdet ihr auch vierbeinig. Das ist die Theorie von Darvin – wenn ein Ochse seine Sünden bedauert und der Lehre des Teufels nicht zuhört, kann er einen Menschen werden. Damals war der Mensch im Paradies ein schönes Geschöpf, aber als er auf den Gott nicht hörte, gab Er ihm ein Bärenfell.

     

    Nun haben die Zeitgenossen ein bisschen Schuld. Wenn wir Christen werden, denken wir, dass wir das Christentum begreifen, beginnen in die Kirche zu gehen, große Predigte zu hören, aber ob wir dadurch Christen werden, ist noch fraglich. Es gibt etwas Wesentlicheres. Einer von den Schülern von Sokrates, nachdem er lange Zeit gehört hatte, dass man demütig werden muss, begann mit zerrissenen Hosen zu gehen, und Sokrates sagte ihm: „Dein Stolz ist durch deine zerrissenen Hosen gezeigt.“ Ich schäme mich mehr vor Menschen mit zerrissenen Hosen, als vor Menschen mit Zylindern. Zieht euch schön an, aber wenn ihr euch anzieht, dankt Gott und lebt so, wie Er will. Seht jenen Vogel, mit welchen Kleidern er ist – für sie hat Gott zweihunderttausend Lewa gegeben; wenn Gott so den Vogel anzieht, wie viel mehr er euch anziehen wird.

     

    Der Teufel sprach zu Jesus: “Bist du Gottes Sohn, so sprich, dass diese Steine Brot werden. Lass dich hinab!” Vor Jahren ist eine fromme Frau in Sliven auf einem Dach gestiegen, und um den Leuten zu zeigen, dass Gott existiert, hat sie gesagt: „Im Namen Vaters und Sohns und Heiligen Geistes“ und stürzte sich hinunter. Ihr ist wirklich nichts geschehen, aber hat sie die Menschen überzeugt, dass Gott existiert? Man sagte, dass sie verrückt ist. Der Teufel kommt und sagt euch: „Ich werde dir alles geben“, aber ihr kommt nach Jahren zurück wie den verlorenen Sohn mit zerrissenen Hosen. Heute seid ihr auch mit zerrissenen moralischen Hosen. Verlasst dieses Stadium, um in jenes Leben zurückzukommen, in dem ihr vorher gelebt habt; und ihr werdet sagen: „Wir sind nicht würdig, uns weder Deine Söhne noch Deine Töchter zu nennen.“ Das ist die Handlung, die jeder von euch machen muss.

     

    Im Weg des Christentums gibt es eine Gefahr: die zweite Versuchung ist wie einen Pflug in den Menschen eingeschlagen, und sie beginnen zu denken, dass sie die Welt verbessern werden, dass sie neue Ideen geben werden; bei dritter Versuchung wird der Mensch Händler, wird „klug“. Der Vater sagt zu seinem Sohn: „Sohn, du musst einen klugen Mann sein, seh, jener hat gestohlen und hat ein Haus gebaut, sei wie ihn“ – das ist die dritte Versuchung, vor der ihr euch verbeugt.

     

    Das Gericht ist nicht nur auf der Erde, aber Gott wird euch auch urteilen. Und dieser, der eine andere Lehre predigt, ist sie vom Teufel. Die gegenwärtigen Leute müssen sich mit der Lehre trennen, die ihren Verstand und ihre Herze vernichtet hat. Wir müssen sie zerstören. Und wenn jemand stirbt, soll er für Gott sterben und eine Kraft zum Erheben der Welt werden.

     

    Also, das sind drei große Versuchungen, auf die ihr euch stoßen werdet. Einige von euch sind in der ersten Versuchung, andere in der zweiten, dritte in der dritten. Halt sie aus, damit ihr die vierte aushalt, danach kommt die Auferstehung, dann wird Gott euch eine Kraft geben. Und wenn ihr euer Leben für den Ruhm Gottes opfert, so wird Gott euch zu neuem Leben erwachen. Deshalb müssen wir Gott lieben, niemand anderen.

     

    Habt keine Beziehungen mit verdorbenen Menschen. Ich habe ein reiches Fräulein- Amerikanerin gekannt, das einen sittenlosen Mann geheiratet hat, um ihn zu verbessern, aber erfolglos. Versucht nicht, ein solcher Mann wird euch schlagen und quälen.

     

    Gott segne euch mit guten Männern und Frauen, mit guten Söhnen und Töchtern! Gott behüte euch vor bösen Söhnen und Töchtern! Nieder mit den bösen Männern und Frauen, nieder mit den bösen Söhnen und Töchtern! Hoch die guten Söhne und Töchter! Das ist das Wort Gottes, das wir einhalten müssen.

     

    Ein Vortrag von Meister Beinsa Douno, gehalten am 20 Juni 1915, Sofia

  14.  Achttausend Jahre

     

    8 000 x 365 Tage = 2 920 000 Tage

    8000 x 12 Monate = 96 000 Monate

    96 000 x 4 Wochen = 384 000 Wochen

    384 000 x 7 Tage = 2 688 000 Tage

    2 688 000 x 24 Stunden = 64 512 000 Stunden

    64 512 000 x 60 Minuten = 3 870 720 000 Minuten

    3 870 720 000 x 60 Sekunden = 232 243 200 000 Sekunden

     

    Die längste Periode seit der Schöpfung der Erde ist die erste Periode – das Heruntergehen des Menschen aus dem Himmel auf die Erde, das nach den Säugetieren geschah. Zuerst sind die Pflanzen gekommen. Die erste Periode ist 75 000 Jahre.

     

    Unter Adam verstehen wir den weißen Menschen, den geistigen Menschen, und der geistige Adam ist aus der Zeit nach Christus. Alle früheren Rassen haben über die Weiße Rasse gewusst und sie als einen Messias erwartet. Die älteste Rasse in der physischen Welt ist die Weiße Rasse; alle anderen sind älter in der Geistigen Welt, und jünger in der physischen Welt. Nach der Weißen Rasse kommt die Sechste Rasse – die leuchtende Rasse, die Rasse der Söhne des Gottes. Die Natur und die Klimabedingungen werden sich für sie ändern. Jetzt haben die bösen Gedanken und Wünsche der Leute eine dunkle Zone um die Erde gebildet.

     

    Gott hat den Menschen in die Astralwelt getaucht (Dasein, Kapitel 6).

     

    Jakov – ein Dieb und Lügner......Und Gott sagte ihm: “Du wirst Jakov nicht heißen.”

     

    Der physische Körper ist in Millionen Jahren gebildet und ist schon beendet. Nun bildet sich der Astralkörper.

     

    Berechnung: 8 000 x 12 x 4 x 7 x 52 x 365 x 24 x 60 x 60 = die Zahl der Jahre seit der Schöpfung der Welt. Bei jeder Aufschichtung ist in den Schichten der Erde festgestellt, wie lange jede Periode gedauert hat.

     

    Wenn man zur Hölle geht, wird man tausende Kilogramm schwerer fühlen. Nur die Helden gehen zur Hölle – so ist auch in der griechischen Mythologie beschrieben. In der Hölle gibt es auch wertvolle Dinge – es gibt eine Bevölkerung, die dort lebt, und sie hat das Bewusstsein, dass dieser Ort ihr gehört. Wer dorthin geht, muss die Form dieser Bevölkerung nehmen. Die Hölle ist wie einen Müll, gesammelt seit zwanzig und mehr Jahren, der schon verfault; wer den Müll schätzt, wird einen Nutzen ziehen, und wer ihn nicht schätzt, wird sagen, dass das ein unnötiger Müll ist.

     

    Im Zentrum der Erde ist die größte Hölle. In hundert Kilometern von ihm entfernt existiert ein harter Gürtel, auf dem eine andere Bevölkerung lebt; in noch hundert Kilometern gibt es einen anderen Gürtel usw. In hundert Kilometern im Durchmesser um Unsere Erde existiert ein harter, heller Gürtel, durch den das Sonnenlicht und andere Lichter gehen; auf diesem Gürtel gibt es eine Bevölkerung – die Astralwelt. Um ihn existiert ein anderer Gürtel von hundert Kilometern usw. Um die Erde gibt es sieben Außengürtel, d.h. sieben Himmel, und drinnen in ihr gibt es sieben andere Gürtel; im Zentrum der Erde ist das Feuer – die Hölle.

     

    Die gegangenen Verstorbenen können in der Astralwelt sein, aber sie leben in der physischen Welt und kommen zu Seancen, sprechen über ihre Weltangelegenheiten – wo ist ihr Geld, wo sind ihre Dokumente, Streite und andere. Das ist so, weil sie ein solches Bewusstsein und solche Kenntnisse in geistiger Beziehung haben. Wir, die im geistigen Feld sind und unseren Astralkörper bilden, werden mit einem Bewusstsein in die Astralwelt hineingehen.

     

    Dieser, der die Herzen der Menschen zum Guten anregt, heißt Gott. Und dieser Gott lehrt ständig jeden Menschen durch Seinen Sohn Jesus Christus viele gute und vollkommene Sachen. Und wer Ihm folgt, ist selig.

     

     

    Ein Vortrag von Meister Beinsa Douno, gehalten am 7 Februar 1915, Burgas

  15. Im Anfang war

     

    Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und das Wort war Gott.“ (Joh 1,1)

     

    Das ist die härteste Nuss und die philosophischste Frage im Christentum. Tausende von Streitigkeiten gab es über diesen Vers und selbstverständlich deutet ihn jeder der unterschiedlichen Philosophen, Priester und Gläubigen auf seine Weise. Auch in der orthodoxen Kirche gab es Streitigkeiten über das Wort, man hat seinetwegen gekämpft; mit Schlägereien ist jedoch die Frage nicht zu lösen.

    Was sollen wir im gewöhnlichen Sinne unter den Worten „Im Anfang war das Wort“ verstehen? Was ist das für ein Anfang“ oder ist dieser Anfang? Wenn die heutigen Philosophen eine bestimmte philosophische Frage erörtern möchten, gehen sie von gewissen Prämissen aus – machen etwas zum Prinzip und erklären damit eine bestimmte Sache. Zum Beispiel erklärte ein schwarzer Prediger die Schöpfung des Menschen folgendermaßen: „Gott hat sich einen ganzen Tag abgemüht, um den Menschen aus Lehm zu schaffen, hat ihn an den Zaun gehängt und dort drei Tage trocknen lassen.“ Einige der Zuhörer fragten ihn jedoch: „Worauf aber stützt sich dieser Zaun?“ „Das ist nicht eure Sache“, antwortete ihnen der Prediger. Auch die heutigen Philosophen haben einen Zaun, an dem sie das Wort und den Menschen trocknen lassen, alle Fragen lösen und sagen: „Der Mensch wurde aus feuchtem Lehm geschaffen und an einem Zaun getrocknet.“ Wenn ihr sie aber nach dem Zaun fragt, sagen sie: „Das zu wissen ist nicht eure Sache.“ Doch dieser Zaun versperrt uns den Weg und sobald wir bei ihm angekommen sind, bleiben wir stehen und müssen ihn umgehen. Ähnlich sprach auch ein evangelischer Prediger über den Propheten Jonas, als er meinte: „Der Wal quälte sich eine ganze Stunde ab und hatte seine liebe Not, bis es ihm gelang, Jonas zu verschlingen.“ Genauso quälen auch wir uns stundenlang, um die Frage zu lösen, doch sie ist noch immer nicht gelöst.

    Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und Gott war das Wort.“ Hier geht es hauptsächlich um das Wort. Was ist unter dem Begriff Wort zu verstehen? Das ist jener vernünftige Akt Gottes, der sich in bestimmten, von uns wahrnehmbaren, Vibrationen äußert. Wenn also die Dinge sichtbar, spürbar und für den menschlichen Verstand begreifbar werden – wenn sie eine Form haben und für uns verständlich sind – das nennen wir Wort. Zum Beispiel sprecht ihr einen Begriff aus – das ist ein Wort. Aus wie vielen Elementen, aus wie vielen Buchstaben besteht das Wort Liebe? Aus fünf. Wenn ihr diese Elemente trennen könntet, würdet ihr verstehen, woraus die Liebe in Bezug auf die Menschen besteht, d.h. nicht in ihrem ursprünglichen Sinn, sondern in ihrer Erscheinungsform. Diejenigen, die die Frage nach dem wahren Wesen dessen, was wir Wort oder was wir Gott nennen, lösen möchten, werden in einen Widerspruch geraten. Man kann nie etwas bestimmen, das keine Form hat. Gott ist etwas ohne Form, also können wir ihn nicht definieren. Sagt, was Gott ist! Um ihn definieren zu können, müsst ihr ihm gewisse Grenzen setzen, ihm eine gewisse Form geben, ihm aus menschlicher Sicht eine Position und einen bestimmten Platz zuweisen. Diejenigen, die über Gott und das Wort schreiben, glauben die Frage geklärt zu haben. Sie erklären sie zwar, aber genau wie der evangelische oder der schwarze Prediger – entweder am Zaun oder im Maul des Wals. Doch das ist keine Erklärung.

    Es heißt: „Im Anfang.“ Darunter verstehe ich jenen vernünftigen Akt, als alle von Gott erschaffenen Wesen sich dessen bewusst geworden sind, dass Er erschafft und begannen, mit Ihm gemeinsam zu arbeiten. Ich werde mich einer Analogie bedienen: Stellt euch vor, eine Mutter bringt ihr Kind zur Welt und sagt: „Das Leben meines Kindes hat begonnen.“ Ihr Kind steht am Anfang des Lebens, doch der Anfang seines vernünftigen Lebens begann noch nicht. Was für ein Anfang ist das? Geschrei und Weinen, und keiner versteht, was das Kind sagen will. Im Evangelium ist von einem vernünftigen Anfang die Rede. Erst wenn das Kind 21 Jahre alt wird und nachzudenken beginnt, können wir behaupten, dass dies der Anfang des vernünftigen Lebens ist, d. h. wenn es zu einem wirklichen Gedankenaustausch zwischen Mutter und Kind kommen kann. Also versteht man unter „Im Anfang war das Wort“ den Anfang, an dem wir begonnen haben, Gott zu verstehen, anstatt weiter nur von Ihm herumzuplärren. Jahrhunderte lang haben die Menschen geweint und dies oder jenes verlangt. Um meine Worte in einer wissenschaftlichen Form auszudrücken, möchte ich zeigen, dass dies alle Lebensstadien sind, die das Menschenkind durchlaufen hat. So ging dieser Anfang durch Millionen Formen, beginnend bei den kleinsten. Und da das Kind ständig weinte, musste ihm Gott laufend neue Kleider nähen, d.h. es in einen Vogel, in ein Säugetier usw. verwandeln. Wenn aber der Zeitpunkt gekommen ist, wo dieses eigensinnige Kind den Anfang versteht, bedeutet das, dass das Wort in es eingegangen ist. Deshalb sagt der Evangelist: „Der Anfang wird im Buch des Himmels als eine vernünftige Form der Ordnung vermerkt.“ Jeder Mensch beginnt mit Unordnung, beginnt als feuchter Lehm, den man oben am Zaun trocknen lässt. Doch wenn ihr vom Zaun heruntersteigt und euch auf eigene Füße stellt, wird im Himmel über euch geschrieben: „Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und das Wort war Gott“ – und dieser Anfang befindet sich bereits im Kopf des Menschen.

    Ich werde mit einer anderen Analogie erklären, wann dieser Anfang beginnt. Stellt euch vor, ihr geht stromaufwärts und erreicht die Quelle eines Flusses. Ihr sagt dann, der Anfang des Flusses sei diese Quelle und bleibt dort stehen. Ja, das ist der Anfang, kein Philosoph kann das bestreiten. Hier ist der sichtbare Anfang, aber es gibt auch andere Anfänge, die wir nicht kennen. Dieses Wasser könnte vom Ozean stammen, es könnte in Form von Wasserdampf durch den Wolken gewandert und als Regen herab gefallen sein, es könnte sich durch die Erdschichten bewegt und die Quelle erreicht haben usw. Wir vereinfachen also, wenn wir sagen, dass dieser Fluss mit dieser Quelle beginnt. „Im Anfang war das Wort“ bedeutet jener vernünftige Anfang der gesamten Menschheit, als dieses Wort die Form angenommen hat, deren Existenz wir jetzt sehen. Natürlich seid ihr heute weit von diesem Anfang entfernt, Millionen von Jahren sind vergangen und alles hat sich getrübt.

    Nun mache ich einen anderen Vergleich. Wenn ihr den Brief an die Galater lest, werdet ihr sehen, dass man dort über die Früchte der Liebe spricht. Nehmt eine Frucht und nehmt an, sie habe nur einen einzigen Fruchtkern. Falls ihr ihn irgendwann einpflanzt, wird das der Anfang seiner Entwicklung sein. Fragt ihr den Baum, wo er seinen Anfang nimmt, wird er euch antworten: „Von dem und dem Moment an – seit der Pflanzung des Kernes.“ Wenn man euch also fragt, was ihr in der Vergangenheit gewesen seid, könnt ihr sagen, dass ihr ein Kern wart, den Gott in den Boden gepflanzt hat, damit ihr aufgeht, euch verzweigt, aufblüht und Früchte ansetzt, die reif werden. Unser vernünftiges Leben ist ein Baum. Und dieser vernünftige Anfang wurde jetzt in unseren Kopf eingepflanzt. Der Körper wiederum zeigt, wie viele Millionen von Jahren der Mensch unter der Einwirkung der Anziehungskraft der Erde von diesem Anfang an abwärts geflossen ist. Der Kopf ist ein Sinnbild des ursprünglichen Anfangs, als der Mensch gepflanzt wurde.

    Nun, ich werde jetzt nicht lang und breit über die tiefen Ursachen von etwas reden, was für viele zu kompliziert sein wird. Auf den ursprünglichen Zustand der Welt einzugehen und die Kräfte, die gewirkt haben, auf jene ursprüngliche Intelligenz, die am Werk war, usw. – das ist etwas Abstraktes, worüber auch die größten Philosophen geschwiegen haben. Als man den großen ägyptischen Meister Hermes danach fragte, presste er nur seine Lippen zusammen. Was wollte er damit sagen? Das bedeutet, dass der Mensch seinen Körper verlassen und selbst die Dinge an Ort und Stelle erforschen muss. Und wenn man sagt, dass jemand schweigt, deute ich dieses Schweigen so: „Geh hinaus, geh an Ort und Stelle und forsche.“ Fragt mich jemand zum Beispiel, wo die Quellen des Flusses Maritza sind, erkläre ich es ihm, aber er kann es nicht verstehen. Schließlich sage ich ihm, er soll schweigen, um zu verstehen. Das wollte auch Hermes sagen.

    Mancher wird fragen, wie das möglich sei. Das zeigt, dass ihr noch nicht für diesen Ort bereit seid. Ihr seid noch Kinder, die ihre hiesigen Häuschen bauen und sich mit Spielsachen und Puppen beschäftigen. Es müssen noch Millionen von Jahren vergehen, bis ihr die Stufe erreicht, wo ihr über diese tiefe Frage nachdenken werdet. Diejenigen, die mich verstehen, werden die Lippen zusammenpressen und ich werde ihnen sagen: „Kommt mit mir, um dorthin zu gehen.“ Auf diese Weise habe ich die Frage philosophisch bereits erklärt. Sobald sie die Lippen zusammenpressen, ist das keine theoretische, sondern schon eine praktische Lösung der Frage. Und wenn mich die Menschen fragen, was der Anfang war, was das Wort im ersten Moment der weit entfernten Vergangenheit war, fordere ich sie auf, mir zu folgen. „Das können wir nicht.“ Dann spielt mit eurem Spielzeug auf der Erde – egal ob ihr Häuser baut, heiratet, oder Händler werdet, ob ihr Kriege führt. Erst nachdem ihr diesen ganzen Entwicklungsprozess durchlaufen habt, nachdem ihr erwachsen und klüger geworden seid und „Weg mit den Puppen!“ gerufen habt, erst dann wird sich ein Meister finden, der die Lippen zusammenpresst und sagt: „Kommt mit mir.“

    Diejenigen, die dem Weg Christi folgen wollen, müssen eine bestimmte Auffassung von der Wahrheit haben. Denkt nicht, dass sie sehr leicht zu erwerben sei, denkt nicht, dass der Weg, den ihr jetzt eingeschlagen habt, leicht ist. Nein, es gibt Schwierigkeiten. Ich sage nicht, dass er äußerst schwierig ist, aber es gibt große Hindernisse. Wer sich entscheidet, diesen Weg einzuschlagen, muss dazu bereit sein. Auch die Natur errichtet stets große Hindernisse vor uns – kleine Balken, die wir ständig benutzen müssen, bis wir uns auf den weiten Weg vorbereiten. Die Frage besteht nicht nur darin, dass sich der Mensch auf den Weg macht, sondern er muss auch ankommen. Ihr aber geht ein, zwei, drei Tage, woraufhin ihr meint, dass aus dieser Sache nichts wird, und umkehrt. Und wenn euch die Leute fragen, was für Nachrichten ihr mitbringt, sagt ihr: „Lasst sein, das ist Unsinn!“ Erst nachdem ihr zu dieser ewigen Quelle gegangen seid, wo das menschliche Leben begann und wo das Wort ursprünglich war, erst dann werdet ihr verstehen, wie die damalige Form der Menschheit aussah, was die Menschensöhne darstellten. Das, was wir das Ebenbild Gottes nennen, ist für die Menschen auf der Erde eine Karikatur.

    Wenn ich mir die Menschen ansehe, die nun behaupten, nach dem Ebenbilde Gottes geschaffen zu sein, kann ich nur lachen, denn vor mir stehen Menschen-Karikaturen, deren Gedanken, Verstand und Herzen total verdorben sind. Das Bild, von dem man behauptet, es sei das Ebenbild Gottes, ist verdorben, ist nicht so, wie es einmal war. Und als das Wort, durch das alle Dinge entstanden sind, sah, dass sich das, was es nach dem Bilde Gottes geschaffen hatte, in eine Karikatur verwandelt hat, schickte es Christus aus der unsichtbaren in die sichtbare Welt, um den Verirrten zu sagen: „Hört auf mit den Lügen! Das, was ihr jetzt habt, ist nicht das Ebenbild! Es ist euer Bild!“ Man wird einwenden: „Am Anfang wurde ich doch von Gott geschaffen, ich wurde von ihm geboren.“ Wie aber wurdest du von Gott geboren? Dieser Anfang war in sich klar und rein, doch nun befinden sich in euch gewisse Beimischungen.

    Um also den tiefen Sinn der Lehre, die Christus gepredigt hat, verstehen zu können, müssen wir uns reinigen. Das Wort reinigen bedeutet in einem anderen Sinne leichter werden, was wiederum ein Prozess der Organisation ist, d.h. ein vernünftiger Vorgang bei unserem Körperbau. Das Körperliche geht aus dem Gesetz hervor, dass es in der Natur ein gewisses Aufeinanderprallen zwischen den Kräften gibt. In uns existiert eine gewisse Kraft, ein gewisses Bestreben, uns Gott zu nähern, aber gleichzeitig existiert auch ein anderes Prinzip, das uns zur Erde zieht. Also ist unser Kopf mit dem Himmel verbunden und zieht uns nach oben, während uns der Körper nach unten, zur Erde zieht. Auf diese Weise sind wir gekreuzigt. Und wie kann man gekreuzigt denken? Nachdem wir gestorben sind, muss ein Nikodemus kommen, der die Nägel herauszieht, uns vom Kreuz abnimmt und in das Leichentuch hüllt. Und nachdem wir leichter geworden sind, erheben wir uns nach oben. Das ist die Auferstehung. Die Auferstehung ist ein Akt, bei dem wir uns auf den Weg begeben, um die Dinge an ihrem Platz zu sehen, um zum Wort, zu Gott zurückzukehren.

    Nun wollt ihr, dass ich euch von Gott erzähle. Was soll ich euch erzählen, wenn ihr noch am Kreuz hängt und noch nicht leichter geworden seid? Ihr bittet: „Erzählen Sie von der Liebe.“ Was soll ich euch darüber erzählen, wenn ihr gekreuzigt seid und Schmerzen habt? Das Einzige, was ich einem gekreuzigten Menschen sagen kann, ist zu dulden und zu leiden, und ein Held im Leiden zu sein. Ich kann ihm nur diesen Trost geben. Das ist die Freiheit der Menschen – sie müssen durch den Leidensprozess gehen. Christus selbst hat das Beispiel dafür gegeben.

    Christus hat also den Anfang für das Wort in unser Gehirn gelegt. Das Wort ist eine Offenbarung Gottes in der geistigen Welt, und mit ihm sind die Engel gemeint. Das heißt, anfangs bewegten sich die Engel in Gott und Er sich in ihnen. Und wenn der Evangelist sagt: „Und das Wort wurde Fleisch und wohnte unter uns“(Joh 1,14), so meinte er damit, dass das Wort von den Engeln nach unten kam, eine andere Form annahm und in den Menschen herabstieg. Wenn wir über das Wort sprechen, das im Anfang bei Gott und Gott war, meinen wir damit all jene Wesen, die eine vom Menschen unterschiedliche Evolution haben. Sie sind etwas Großes, Söhne des Gedankens, der Vernunft – das sind sie. Das bedeutet nicht, dass sie die gleiche Form wie wir haben, sondern dass sie vernünftige Wesen sind. Christus verkörperte sich auf unserer Erde, um dieses Wort in artikulierter Rede zu predigen. Unsere Rede ist eine Übersetzung des Wortes. Auch früher schon habe ich über die richtige Übersetzung der Wörter gesprochen. Wenn uns jemand zum Beispiel fragt, wie die Übersetzung von den Wörtern "Fluss", "Quelle", "Licht" und "Wärme" lautet, werden wir sagen: Das Licht ist die Übersetzung von Wahrheit, die Wärme ist die Übersetzung von Liebe. Zwischen den Wörtern gibt es gewisse Wechselbeziehungen. So wie das Licht die äußeren Gegenstände beleuchtet, so beleuchtet die Wahrheit den menschlichen Verstand von innen. So wie die Wärme den Pflanzen beim Wachsen hilft, so bringt auch die Liebe, wenn sie in uns eindringt, jene Gefühle in Bewegung, die den Menschen zum Wachsen und Erheben anregen. Wer also die ursprüngliche Form des Wortes kennen will, muss die richtige Übersetzung finden.

    Natürlich hat der Begriff Wort auf Bulgarisch die eine Bedeutung und in der griechischen Sprache, in der diese Phrase des Evangeliums zuerst geschrieben wurde, eine etwas andere. Auf Griechisch fängt dieses Wort mit dem Buchstaben λ an (λόγος, logos), und auf Bulgarisch fängt es mit dem Buchstaben „c“ an (–слово, slowo). Diese Tatsache deutet gleichzeitig darauf hin, dass sich das griechische und das bulgarische Volk nicht auf ein und demselben Platz, auf ein und derselben Ebene befinden. Als das Wort „logos“ auf Griechisch geschrieben wurde, besaßen die Hellenen ein Streben nach oben zu den Engeln, und unser Buchstabe C ist das Symbol des Halbmondes, was bedeutet, dass wir uns auf der Rückseite der astralen Welt befinden, und da wir kein Licht haben, nehmen wir das vom Mond widergespiegelte. Wir können also sagen, dass die Slawen in Bezug auf das Wort ein Volk sind, das absteigt, dass sie die tiefste Stelle erreicht haben, zu der man herabsteigen konnte, und dass sie jetzt mit ihrer neuen Evolution beginnen. Das ist der Grund, weshalb ich euch das Wort nicht erklären kann und ihr es nicht verstehen könnt. Denn in eurem Gehirn, in eurem Verstand scheinen immer noch der Mond und die Bilder, die Figuren, alles bei euch liegt noch im Dunkeln. Wenn aber das Tageslicht kommt oder wenn Christus in einer neuen Form erscheint, dann wird für euch alles hell und klar werden.

    Unter Wort verstehe ich also jenen vernünftigen Anfang, der die Gedanken, die Wünsche und die Taten in uns schafft. Und jetzt müssen wir zu diesem Anfang zurückkehren. Alle Gegensätze im individuellen Leben und unter den Völkern werden erst verschwinden, wenn wir zu ihm zurückkehren. Und das gelingt dadurch, dass wir leichter werden. Wenn mich ein Fluss, der von der Quelle hinunter zum Meer fließt, fragt, was er tun soll, um zu seinem Anfang zurückzukehren, werde ich ihm antworten: Verdunste, werde leichter, erhebe dich in die Luft, damit dich die Winde wieder zur Quelle, zum Kopf zurücktragen, aus dem du entsprungen bist. Auch euch sage ich, ihr sollt dasselbe Gesetz anwenden. Dieses Gesetz ist die Selbstlosigkeit. Deshalb sagt Christus: „Wenn jemand mir nachkommen4 will, verleugne er sich selbst und nehme sein Kreuz auf und folge mir nach!“(Mk 8,34) Wir müssen uns von der Materie, von den Häusern, den Kindern, von den Dingen lossagen, an die wir wie mit Tausenden von Stricken gebunden sind.

    Ihr sagt, ihr wollt zum Herrn gehen. Niemals werdet ihr zu Ihm gelangen, wenn ihr die Seile, mit denen ihr gebunden seid, nicht zerschneidet. Priester und Popen predigen über den Himmel, doch alle sind gebunden. Schweigt! Ihr belügt die Welt. Ihr lernt vom Mond und seht die Dinge in seinem Licht. Wenn die Sonne in eurem Verstand aufgeht, dann werdet ihr eine andere Vorstellung von der Welt und vom Leben haben, ihr werdet sehen, wie falsch eure Auffassungen waren. Deshalb bedeutet Selbstlosigkeit ein Leichterwerden.

    Manche meinen, dass sie sich nicht lossagen wollen. Gut, aber sie steigen die Schräge hinunter und gelangen zu den Ozeanen. Es gibt keinen anderen Weg – entweder nach oben steigen oder nach unten rutschen. Damit wir uns aber erheben können, damit wir leichter werden, muss uns die Sonne bescheinen. Der Mond kann uns nicht verdunsten lassen, im Gegenteil – oft ist er der Grund für eine Verdichtung des Dunstes. Dieselbe Analogie über die Sonne und den Mond finden wir im ersten Kapitel der Genesis, wo es heißt, dass Gott diese zwei Prinzipien geschaffen hat und dass sie die ganze Wahrheit enthalten – der Mond ist ein Prozess des Hinabsteigens zur Erde und die Sonne ist ein Prozess des Hinaufsteigens zu Gott. Der Sonnenuntergang bedeutet ebenfalls Herabsteigen und der Sonnenaufgang – den Prozess einer neuen Evolution. Deshalb erzählt euch der Mond alle achtundzwanzig Tage die Geschichte eures Untergangs. Wenn ihr euch fragt, warum ihr gefallen seid, warum ihr nicht denken könnt, warum ihr keinen Willen habt, wird es euch der Mond sagen. Alle seine Phasen erzählen euch über die Ursache eures Untergangs. Und dann wird jemand fragen, wie er sich erheben und zu Gott kommen kann. Steht morgens auf, wenn die Sonne aufgeht, betrachtet Gott und ihr werdet den Weg finden. Einige meinen, dass sie ununterbrochen an Gott denken müssen. Nein, ihr könnt zwar einen Gedanken mit euch herumtragen, aber wahrscheinlich benötigt er bestimmte Bedingungen, um wirksam zu werden. Die Keime eurer Rettung sind gesetzt, aber erst wenn sie zu wirken beginnen, werdet ihr euch erheben.

    Man sagt, Christus sei gekommen, um die Welt zu retten. Inwiefern wird er sie retten? Als Christus kam, tauten unter der Eiskruste alle Keime auf, die Millionen von Jahren in einem sozusagen potenziellen, gefrorenen Zustand waren, und traten aus dieser Eiszeit heraus. Jetzt werde ich mich nicht darüber auslassen, dass die Erde einmal eine Eiszeit durchlaufen hat. Auch im geistigen Leben gibt es oft so eine Eiszeit. Wenn der Mond in eurem Verstand scheint, sage ich, dass ihr in der Eiszeit seid – eure großen vorsintflutlichen Tiere sind ausgestorben, die Pflanzenwelt ist verschwunden und ihr habt nur ein minimales Leben – so viel, wie euch der Mond gibt. Falls ihr mich fragt, was ihr machen sollt, antworte ich euch: Die Sonne muss euch bescheinen, Christus muss in eurer Seele aufgehen, an eurem Horizont erscheinen und mit seinen Strahlen der Wahrheit auf euch einwirken.

    Nun könnt ihr mir sagen, dass Christus kommen wird. Ja, er kommt unbedingt. Aber wo werdet ihr sein, wenn er kommt – am Äquator oder am Nordpol, in dem gemäßigten Gürtel oder am Südpol? Ihr müsst eure Position in Betracht ziehen und einschätzen, wie die Strahlen Christi in eure Seele fallen werden – ob senkrecht oder schräg. Wir alle müssen zu der Stelle gelangen, wo uns Gott trifft, d. h. auf göttlichen Boden. Seid ihr Hellseher, so erkennt ihr, dass es auch eine andere Erde gibt. Wenn ich anfangen würde, euch die Ansichten der Okkultisten über die Erde, über die Bewegung der Sphären zu erklären, würdet ihr sagen, es sei besser, wenn ihr all das nicht wüsstet, weil ihr in einen großen Widerspruch geraten würdet. Ich sage euch, warum. Als die Gelehrten das Radium entdeckten, erschraken sie und begannen zu behaupten, alle bisherigen Theorien und Anschauungen würden in die Brüche gehen, man müsse sie gründlich umgestalten, deswegen wäre es besser, wenn sich die Wissenschaft nicht mit diesem Element beschäftige. Ich aber sage: Wenn das Radium Christi kommt, müsst ihr eure Auffassungen und euer Leben von Grund auf, durchgreifend umgestalten.

    Johannes wendet sich in dem zitierten Vers also an diejenigen, die verstehen. Das ist die tiefste Frage im Evangelium. Diejenigen, für die es geschrieben wurde, verstanden es. Eines Tages werdet auch ihr anfangen zu verstehen. Wenn ihr meint, euer Verstand sei verwirrt, gebe ich euch den Trost: Noch bescheint euch der Mond. Wenn euch die Sonne beleuchtet, wird diese Frage für euch klar sein. Ihr braucht nur aufrichtig zu sein und an dem Ort stehen, an den Gott euch gestellt hat. Nach diesen Gesetzen werden die Bedingungen für euer Wachstum unbedingt kommen, man muss nur warten. Diejenigen aber, für die Gott erstrahlt ist, müssen selbstlos sein, leichter werden, nicht nach unten abrutschen oder im philosophischen Sinne gesagt: Eure Gedanken müssen einen Inhalt haben. Außerdem müssen sie auch ein Ziel haben, das ihr anstrebt.

    Ein Christ, der seine Pflicht erfüllen will, muss wissen, warum alles geschehen ist. Zum Beispiel kommen Kinder zur Welt. Warum? Ihr sagt, dass der Herr es so angeordnet hat. Wisst ihr wirklich, ob der Herr es so angeordnet hat? Auch die Säufer könnten sagen: „Der Herr hat den Wein gegeben, damit wir trinken.“ Hat wirklich Gott ihn geschaffen oder haben wir ihn gemacht? Gott hat die Weintraube geschaffen, aber der Wein ist unsere Erfindung. Auf dieselbe Weise nehmt ihr Mehl und knetet einen Brotlaib daraus, aber hat Gott bestimmt, dass ihr das tut? Nein, das ist eure Erfindung. Ihr stellt zwei Steine auf, die das Korn mahlen. Hat aber Gott bestimmt, dass der Weizen zu Mehl gemahlen wird? Nein, das ist euer Wille, weil ihr die Weizenkörner in eurem Magen nicht verdauen könnt. Wenn also die heutigen Menschen sagen, dies oder jenes sei Wahrheit, müsst ihr sie fragen: „Ist das die Wahrheit Gottes oder die eurige?“ „Aber ich predige doch Christus.“ Du predigst deinen Christus. „Ich predige doch Gott.“ Du predigst deinen Gott, belüge mich nicht! Ich sage: Weder lasse ich mich belügen noch lüge ich. Jeder Mensch predigt seinen Christus, seinen Gott. Wenn sich ein Mädchen in einen jungen Mann verliebt, ist er für sie ein Engel, sie würde für ihn sterben, aber wenn sie heiraten, fängt sie an zu behaupten, er sei ein Teufel und sie stürbe schon seinetwegen. Wer hat dann Recht? Im Leben sagen wir auch, dass wir für unseren Christus sterben würden, aber wenn wir den Herrn heiraten und sehen, dass Er nicht so ist, wie wir erwartet haben, wollen wir Ihn nicht mehr und behaupten, er sei der Falsche. Wenn wir also sagen, „im Anfang war das Wort“, welches Wort verstehen wir dann darunter: das Wort nach unserer Auffassung oder das ursprüngliche Wort, das die Grundlage aller Menschen ist? Jenen Anfang, auf den wir uns alle stützen, in einem Organismus vereint und ein und denselben Saft schöpfend, oder irgendeinen anderen, falschen Anfang?

    Jeder von euch muss zuallererst diese Frage lösen und wissen, in welchem Anfang er sich befindet. Ihr werdet meinen: Das weiß ich doch. Stets höre ich das – der Mann sagt „ich“, die Frau sagt „ich“, alle sagen „ich“, „es gibt keinen wie mich“, „ich bin groß“. Ich betrachte ihn und sehe, dass er nur ein 5 cm großes Ästchen am Baum ist, manch einer sogar nur ein Blatt. Bald kommt der Herbst, du fällst ab, gelangst zu den Wurzeln dieses Baums und dann begreifst du, dass es einen anderen Anfang gibt – der eine ist oben und der andere ist unten.

    Jeder von euch sollte also wissen, wo sich dieser Anfang befindet – in der Wurzel, im Stamm, in den großen oder in den kleinen Zweigen, in den Blättern, in der grünen oder in der reifen Frucht, oder in deren Kern. Falls ihr meint, dass er im Kern der reifen Frucht ist, dann sage ich euch: Du bist bereits ein Mensch, der sich auf den Weg machen und prüfen muss, wo der ursprüngliche Anfang liegt, über den Johannes sprach. Falls ihr sagt, ihr seid in den Blättern, habt ihr noch viele Millionen von Jahren zu warten. „Ich bin doch in der grünen Frucht.“ Wieder wirst du warten, bis du völlig reif wirst. „Ich habe doch schon angesetzt.“ Gut, aber es könnte ein Gewitter kommen, welches du nicht überstehst und hopp, vom Baum – hinunter auf die Erde. Der Kern jedoch hat noch kein Leben in sich und nach diesem Gesetz musst du verfaulen, erneut die Entwicklung durch die Wurzeln und den Stamm durchlaufen, wieder nach oben wachsen und ein neues Leben beginnen. Wenn wir Zeit hätten, würde ich auf die Frage nach dem Fallen der Frucht eingehen. Viele fordern mich auf: „Erzähle uns, wo wir einst waren.“ Ich weiß, wo und was ihr wart, ich könnte darüber sprechen, aber wer weiß, was ihr mir entgegnen werdet? Jemand würde sagen: „Wenn das Wahrheit ist, dann ist es eine große Lüge.“ Und wenn man das einem Außenstehenden erzählt, wird er sagen: „Das ist eine große Lüge.“ Die Lüge aber ist der Schatten der Wahrheit. Du kannst solange lügen, wie du die Wahrheit kennst, d.h., um jemanden zu belügen, musst du ihn über eine gekannte Wahrheit belügen. Die Lüge ist eine Gefährtin der Wahrheit – wo es Wahrheit gibt, gibt es auch Lüge und umgekehrt.

    Lasst mich wieder auf die Frage zurückkommen: Wie sollen wir dieses vernünftige Prinzip bei uns anwenden? Jemand meint, es handele sich um eine Kraft, die wirkt. Was versteht ihr darunter? In den Köpfen der heutigen Gelehrten ist das so unbestimmt. Man sagt, es sei eine Kraft, die aufbaut, aber wie baut sie auf? Man sagt: durch Anziehung und Zusammenschluss, aber auf welche Weise? Zwei Menschen fassen sich bei den Händen und fühlen sich zueinander hingezogen; der Magnet zieht Eisenspäne an. Nun gut, aber die Anziehungskraft muss in einem gewissen Verhältnis zueinander stehen. Es ist die innere Kraft, die unsere Gedanken und Gefühle zum vernünftigen Anfang hinziehen muss. Um zu begreifen, ob wir von diesem vernünftigen Anfang angezogen werden, ob wir von der Erde befreit sind, müssen wir spüren, wann die Widersprüche in uns verschwinden. Das ist ein Merkmal dafür, dass wir auf dem richtigen Weg zum Anfang sind. Solange es ein Ringen gibt, stehen wir zwischen beiden Prinzipien und ähneln dem Wanderer, der die Orientierung nach den vier Himmelsrichtungen verloren hat. Anstatt nach Osten zu gehen, geht er nach Westen und kann sich nur orientieren, wenn die Sonne aufgegangen ist.

    Man sagt: Das Ende ist nah. Welches Ende ist nah? Stirbt der Schüler etwa nach dem Gymnasialabschluss? Nein, das ist das Ende seiner Schulzeit und der Anfang seines Eintritts in die Welt. Und wisst ihr, was das Wort „Ende“ ursprünglich bedeutete? Ein mutiger, kluger und geschickter Mensch, der zu arbeiten weiß und alles ertragen kann. Auch jetzt, wenn die Menschen sagen, „das Ende ist gekommen“, bedeutet dies, dass die Arbeit beendet ist. Ist der Stoff, den ihr webt, beendet, nehmt ihr ihn vom Webstuhl und beginnt zuzuschneiden, d.h., das Ende des Webens ist der Anfang eures Bekleidens. Nachdem ihr euch angekleidet habt und euch die Leute wegen des schönen Kleidungsstücks loben, solltet ihr nicht stolz sein, denn nicht ihr habt es genäht. Seid nicht stolz, sondern bedankt euch bei dem Schneider, dem es gelungen ist, das Kleidungsstück zuzuschneiden und zu nähen. Es gibt Menschen, die, nachdem man sie auf diese Weise gelobt hat, denken, das beziehe sich auf sie. Nein, das Lob ist für den Schneider und sie sind nur seine Werbung. Ist euer Kleid schlecht genäht, verschandelt, werdet ihr gleich sagen, ihr wollt nicht mehr zu diesem Schneider gehen. Man wendet sich zum Beispiel an jemanden mit den Worten: „Sie haben edle Gedanken“, und er fängt an sich einzubilden, er sei etwas Großes und wird überheblich. Warte, das sind nicht deine Gedanken! Danke demjenigen, der sie dir eingegeben hat und dich dabei nicht betrog.

    Wenn euer Verstand in Aufruhr ist, wisst ihr dann, was ihr tut? Natürlich nicht. Vorerst herrschen in eurem Verstand unklare Ideen. Christus sei ein Prinzip, meint ihr. Ein Prinzip bedeutet ein Ursprung, ein Haupt, eine Quelle. Wenn ihr zu dieser Quelle geht, könnt ihr bereits reines Wasser kosten. Wenn wir aus der Quelle Christi schöpfen und von diesem Wasser des Lebens trinken, so werden sich unsere Gedanken und Wünsche unbedingt herauskristallisieren. Das wird außerdem zu einem weiteren Ergebnis führen: Der Aufbau unseres Körpers wird von nun an richtig vonstattengehen, Leiden und Schmerzen werden verschwinden, wir werden richtige Auffassungen haben, den Menschen nützliche Dinge sagen und den Durst der Durstigen stillen können. Christus sprach zu jener Frau: „Das Wasser, das ich ihm geben werde, wird in ihm eine Quelle Wassers werden, das ins ewige Leben quillt.“(Joh 4,14) Auch ihr kommt jeden Morgen hierher, um aus diesem Brunnen zu trinken. Gut so, aber ich, der ich es liebe, die Wahrheit zu sprechen, der ich weder lügen mag noch belogen werden will – ich möchte, dass ihr euch ein Rohr von dieser wasserreichen Quelle, aus der ich schöpfe, bis zu eurem Hof legt und wenn die Zeit herangekommen ist, sollt ihr den Wasserhahn öffnen und trinken. Ich rede zu jenen von euch, die Schüler von Christus sein wollen und wenigstens ein ein Zentimeter langes Röhrchen von dieser Quelle aus verlegt haben. Und wenn die Welt in einen Belagerungszustand gerät und die Menschen dürsten, wird euch euer Rohr zu trinken geben und ihr werdet keinen Durst verspüren. Die Quelle wird in eurer Seele sein – das ist der Anfang und auch das Ende. Wisst ihr aber, was ein Ende ist? Wenn ihr aus der Quelle einen kleinen Wasserhahn in euer Haus leitet – das ist das Ende der Dinge.

    Also müssen wir die Gedanken und Wünsche, die wir haben, als uns gegeben betrachten. Von uns wird nur verlangt, sie zu benutzen. Jeder Gedanke kommt und geht, ihr könnt ihn nicht festhalten. Und denkt nicht, dass ihr auch die Wünsche festhalten könnt! Nein, so wie die Nahrung durch uns hindurchgeht, so kommen und gehen nach demselben Gesetz die geistigen Gedanken. Sie sind Formen, die gewisse Lebenssäfte beinhalten. Benutzt die Säfte, die in ihnen enthalten sind, den Blütenstaub aber verstreut im Raum, der sich von neuem anfüllen wird. Lasst ihr die Säfte lange Zeit in einer Flasche, so werden sie verderben und der Herr wird euch dafür verantwortlich machen. Einige möchten reich an Gedanken werden, aber man kann leicht hineingreifen und sie berauben. Wie das Geld, erkennen auch die Gedanken keinen Herrn an, sondern sie kennen nur denjenigen, der sie besitzt. Irgendein Mensch kann in eurem Kopf wühlen und eure Gedanken wegschnappen, er kann in euer Herz greifen und eure Wünsche wegschnappen. Zum Beispiel verliert ein Mädchen sein Herz und beginnt dahinzusiechen oder jemandem werden die Gedanken weggeschnappt und er wird verrückt. Warum? Weil sie das grundlegende Gesetz nicht verstehen, dass jeder Gedanke und jeder Wunsch von der unsichtbaren Welt zu uns geschickt sind, damit wir sie benutzen, worauf wir sie wieder in die Welt entlassen. Wenn es Bewegung, wenn es einen Austausch der Gedanken und Wünsche gibt, dann gibt es auch eine Bereicherung. Im Austausch für die Gedanken und Wünsche, die wir weiterschicken, werden wir die entsprechenden Lebenssäfte bekommen. Deswegen sagt Christus: „Ich bin das Leben.“(Joh 14,6) Das Wesentliche für uns ist das Leben. Also müssen wir alle unsere Gedanken und Wünsche einspannen, um das Leben zu erwerben. Und nachdem wir es erworben haben, werden wir freie Bürger sein und uns auf den Weg zu diesem Anfang machen – zur ewigen Quelle, wo wir unseren Durst löschen müssen.

    Wenn jemand stirbt, sagt man: „Er ist ins Jenseits gegangen.“ Ist der Kern reif, kommt er ins Jenseits, ist er aber nicht reif, fällt er neben den Stamm, dicht bei der Wurzel und kommt nicht ins Jenseits. Manch einer hält sich für reif. Wenn man wirklich reif ist, kommt der Herr, nimmt die Frucht und bringt sie an einen guten Ort. Also sollte sich jeder fragen, ob sein Kern reif ist.

    Nun sagt ihr aber: „Ich glaube an Christus.“ Gut. – „Er wird mich erlösen.“ Das ist auch gut, aber ihr werdet lange Zeit zu Füßen des Baumstamms fallen, ehe der Kern in euch reif wird. Erst nachdem er reif geworden ist, werdet ihr geistige Freiheit erlangen. Dieser kleine Keim ist der einzige Reichtum, den der Mensch von der Erde mit in den Himmel nimmt. Dort aber pflanzt ihn der Mensch wieder ein für ein neues Leben, denn im Himmel gibt es dieselbe Schule und auch dort wird gearbeitet. Und wenn man euch dort eine hohe Wissenschaft predigt, wie wollt ihr sie verstehen, wenn ihr keine Fähigkeiten habt, wenn ihr auf der Erde nicht gelernt habt, eure Gedanken und Wünsche zu steuern? Wenn ihr die Lehre Christi verstehen und in der Lage des Räubers sein wollt, der rechts von ihm gekreuzigt wurde, und zu dem Christus sagte: „Heute wirst du mit mir im Paradies sein“(Lk 23,43), dann müsst ihr arbeiten. Einige meinen vielleicht, dass auch sie gekreuzigt seien. Ja, aber auf welcher Seite? Wenn ihr euch links von Christus befindet, bedauere ich euch – trotz eurer Leiden werdet ihr nicht in den Himmel kommen. Wenn ihr rechts gekreuzigt seid, dann freue ich mich – eure Erlösung ist gekommen. Alle, die rechts gekreuzigt sind – Lehrer, Priester, Philosophen, Könige – werden erlöst. Seid ihr aber links gekreuzigt, dann kommt ihr wieder in diese Welt zurück, um an euch zu arbeiten. So lautet das Gesetz Gottes.

    Der Anfang, das ist die rechte Seite, das ist Christus. Das bedeutet nach dem Gesetz Gottes zu handeln, es im Leben anzuwenden und keinen zwiespältigen Verstand zu haben. Einige, die mir zuhören, fragen sich: „Worauf soll ich hören? Darauf, was die Kirche sagt, oder darauf, was dieser Mensch predigt?“ In diesem Fall hast du, mein Freund, zwei Köpfe. Wenn wir – die Kirche und ich – die Wahrheit Gottes predigen und lehren, kann es keinen Widerspruch geben und die Ergebnisse werden immer dieselben sein. Mit anderen Worten: Wenn wir nach dem Gesetz Gottes handeln, wird der von einem Priester gepflanzte Apfel auf dieselbe Weise wachsen wie der von mir gepflanzte. Nur die Ergebnisse unserer Taten müssen betrachtet werden. Warum zweifelt ihr – ihr habt eine Kerze, mit der ihr sehen könnt, ob wir die Wahrheit sprechen. Jemand begegnete mir und fragte mich, ob ich schwarz oder weiß sei. „Du hast doch eine Kerze, sieh hin!“ „Aber ich sehe nichts.“ Dann stehst du im Dunkeln. Ich kenne dich und sehe, wer du bist. Du bist zum Beispiel evangelisch und meinst, dein Glaube sei der richtige. Wie kannst du dann die Wahrheit nicht erkennen? Mein Freund, du bist ein Mensch, der sich selbst und auch die anderen betrügt. Die Wahrheit hat nur ein Gesicht und das ist Harmonie, Selbstlosigkeit, Tugend, Weisheit, Gerechtigkeit. Erwerbt ihr dieses Gesicht, dann habt ihr sicheren Frieden, Ruhe und Kraft. Dann kann die Welt in Aufruhr geraten, das Meer stürmisch sein, ihr aber werdet still, ruhig und frei sein wie die Vögel, die sich auf ihren Flügeln erheben. Wenn euer rechter oder linker Flügel verkrüppelt ist, stürzt ihr kopfüber zur Erde hinab. Und die Erde wird sagen: „Wer nur einen Flügel hat, der bleibt bei mir.“ Sünder sind Vögel mit nur einem Flügel. Die Teufel sagen: „Wir brauchen Menschen mit nur einem Flügel!“, Christus aber sagt: „Ich brauche Menschen mit zwei Flügeln!“ Wir haben zwei Arme – einen rechten und einen linken – und würden wir die Gesetze der Materieverdünnung beherrschen, könnten wir mit ihnen fliegen, uns erheben, wären frei, unseren Körper zu verlassen, wann immer wir möchten. Vorerst habt ihr Angst vor dem Tod und meint: „Die Teufel sind schlechte Geister, sie werden uns daran hindern.“ Was könnten sie euch antun, nachdem auch sie demselben Gesetz unterliegen? Wenn wir beide Flügel beherrschen und Christus in uns ist, brauchen wir nichts zu befürchten. Die Angst in uns zeigt, dass wir nicht mit Gott sind. In der Schrift steht: „Die vollkommene Liebe treibt die Furcht aus.“(Joh 4,18) Wenn du Angst hast, ist die Liebe nicht in dir.

    Ihr fragt jetzt, wie Christus uns retten wird. Seltsame Leute seid ihr! Sobald ihr das Weizenkorn sät, kommt eure Rettung und es wird keine Hungerjahre geben. Ihr wollt Engel sein. Wie könntet ihr solche werden, wenn ihr zuvor nicht gesät wurdet und gesprossen seid? Engel fliegen wie Vögel, ihr aber seid Pflanzen. Wie solltet ihr euch dann so schnell verwandeln? Wisst ihr, wie viele Formen ihr durchlaufen müsst? Unter dem Wort Formen verstehe ich die Kräfte, die ihr beherrschen müsst. Um eine Form verändern zu können, müsst ihr die Gesetze der in ihr wirkenden Kräfte kennen, weil sie euch einschränken. Euch wurden bestimmte Grenzen gesetzt. Ihr müsst, beispielsweise, dreimal täglich essen, sonst verliert ihr euer Wohlbefinden. Wenn ihr nicht trinkt, geschieht dasselbe. Jemand sagt: „Ich bin stark.“ Du bist nur innerhalb von drei Tagen stark. „Ich bin Patriot.“ Wenn ich dich drei Tage lang hungrig halte, beginnst du anders zu denken und um Brot zu betteln. Wir müssen lebendiges Brot erwerben, wir dürfen es nicht nur von der Erde nehmen. Die Erde ist für uns ein Wucherer. Alle Wucherer und alle schlechten Geister sind in solche Ämter eingesetzt und sagen: „Wir geben dir Brot, aber du wirst uns so und so viel zahlen!“ Ihr jedoch müsst klug werden. Wenn sich zehn kluge Menschen finden, fesseln sie diesen Teufel und sagen: „Dieser Weizen wurde uns von dem himmlischen Vater geschickt.“ Folglich müsst ihr einen reinen Verstand und ein reines Herz haben, um das wahrnehmen zu können, was euch von oben geschickt wird.

    Im Anfang war das Wort und Gott war das Wort.“ Fragen wir uns also, ob dieser Anfang in uns ist, ob wir in Gott sind und Gott in uns ist. Ich sage nicht, dass ihr nicht in Gott seid. Ich behaupte sogar mit Sicherheit, dass ihr in Gott existiert, lebt und euch bewegt, aber Gott ist nicht in allen von euch. Denn der Mensch kann eine vertrocknete Wurzel sein und obwohl die Säfte des Baums fließen, können sie nicht eindringen. Was nützt euch Christus, wenn ihr eine dürre Wurzel seid? Nicht nur wir müssen in Gott sein, sondern auch Gott muss in unserem Verstand und in unserem Herzen sein.

    Was habt ihr nun von dem heutigen Vortrag verstanden? Merkt euch Folgendes, was für euch aus rein praktischer Sicht wichtig ist: Ihr müsst je ein dünnes Rohr von dieser Quelle in euren Hof verlegen und von jetzt an weder mich noch die Pfarrer bemühen. Ihr meint, unsere Pfarrer predigen nicht. Sie sind schließlich nicht eure Lastträger. Baut euch einen Brunnen und trinkt. Ihr meint, die Pfarrer seien schlecht, weil sie euch kein Wasser geben. Leitet euch selbst Wasser von der Quelle nach Hause und möge diese östliche Frage1 damit geklärt sein. Nachdem ihr Wasser aus dieser Quelle zu euch geleitet habt, werden alle Streitigkeiten verschwinden. Der englische Gelehrte Drawmond hat einmal gesagt, dass es drei Elemente gibt, mit denen wir uns ständig ernähren: Die ersten zwei sind Luft und Wasser, die uns der Herr umsonst geschenkt hat, und das dritte Element ist die Nahrung, für die wir ständig arbeiten müssen. Wenn wir für den Erwerb nur eines dieser Elemente Sklaven geworden sind, in welchem Zustand wären wir, wenn wir auch die anderen zwei Elemente auf dieselbe schwierige Weise erwerben müssten? Unsere Lage wäre dreimal so schwierig. Eines Tages, wenn wir klüger geworden sind, wird uns der Herr auch das dritte Element schenken und dann werden wir freie Bürger sein. Jetzt sind wir im dritten Stadium unserer Entwicklung.

    Christus löst die Frage und sagt: „Ich bin das lebendige Brot.“(Joh 6,51) Wenn er als lebendiges Brot in uns eingeht, werden wir alle – Männer, Frauen, Kinder, Pfarrer, Lehrer – frei und dann werden wir uns mit wichtigeren Dingen beschäftigen, so wie es von Gott bestimmt wurde. Aber jetzt treiben wir nur Biertischpolitik – wer hat mehr, wer hat weniger. Jetzt beruht alles, einschließlich Kriege, auf dem Brot und wenn jemand das ihm notwendige Brot besitzt, will er auch das Brot der anderen nehmen, um noch mehr zu haben. Christus sagt: „Ich bin das lebendige Brot, ich löse die Frage, ich werde eine Quelle sein.“ Eine Quelle wovon? Von Freiheit, von einem vernünftigen Leben, von einer vernünftigen Heldentat, von einer Umwandlung der Welt. Das ist der Anfang. Also, wenn ihr mit Jesus Christus arbeiten wollt, solltet ihr euch mit diesem Anfang verbinden. Und danach werdet ihr alle Güter haben, die Kraft Christi wird auch eure Kraft sein und alle Menschen auf dieser Welt, die sich rechts von Christus befinden, werden eure Freunde sein. Dann werdet ihr euch vereinen und mit einer brennenden Kerze eure Brüder suchen. Vom Herrn werdet ihr einen Rat erhalten, was ihr mit euren links stehenden Brüdern tun sollt. Ihr kommt zur Erde zurück, um ihnen zu helfen, bis wir alle – sowohl diejenigen, die sich rechts befinden als auch diejenigen, die sich links befinden – in den Himmel zurückkehren, um mit Christus eins zu sein. Das ist der Anfang, das ist das Wort, das ist Gott, über den ich heute Morgen vor euch predige. Und dieses lebendige Wort, das die Welt aufbaut, erhebt und umwandelt, befindet sich in euch – es ist der lebendige Christus.

     

    Ein Vortrag, gehalten am 8. November 1914, Sofia

    1Östliche Frage – ein Problem der internationalen Politik, das seinen Anfang von der Eroberung Konstantinopels durch die Türken 1453 nimmt, teilweise mit dem Sieg der christlichen Länder über die Türkei während des Balkankriegs 1913 und erst mit dem Abschluss des Waffenstillstands zwischen der Entente und der Türkei zum Ende des I. Weltkriegs (30.10.1918) endet. Hier steht „die östliche Frage“ im übertragenen Sinn für „ein ewiges Problem“.

     

  16. Projekt: Übersetzung der Vorträge von Meister Petar Danov auf Deutsch

     

    (http://de.petardanov.com/)

     

    Dieses Projekt hat zum Ziel, die Vorträge von Meister Petar Danov zu sammeln, systematisch zu ordnen, neue Übersetzungen auf Deutsch zu schaffen, zu korrigieren, redigieren und im Internet und im Buchformat zu publizieren und zu verbreiten. In den folgenden sieben Punken finden Sie einen Musterplan zur Realisierung des Projektes.

    1. Bildung von Übersetzungsteams, bestehend aus Bulgaren und deutschen Muttersprachlern.
       
    2. Sammeln, Systematisieren aller vorhandenen Vorträge, unabhängig von der Qualität der Übersetzung.
       
    3. Schaffen neuer Übersetzungen.
       
    4. Qualitätsbestimmung der Übersetzung mit Tags und durch Kommentare - Übersetzung, erste Korrektur, zweite Korrektur, gute Übersetzung
       
    5. Korrigieren und Redigieren der Übersetzungen von einem oder mehreren Muttersprachlern
       
    6. Fertigstellung der Übersetzung - druckreifer Text
       
    7. Publizieren und Verbreiten der Vorträge im Internet und im Buchformat.1

    Neue Übersetzungen sollen möglichst genau das bulgarische Original wiedergeben. Wenn es nicht möglich ist, einen passenden Ausdruck zu finden, soll nach einem Ausdruck gesucht werden, der sinngemäß das bulgarische Original wiedergibt, sodass keine der Sprachen leiden muss. Alle Bibelzitate sollen, soweit das möglich ist, korrekt zitiert werden. Momentan verwenden wir die Elberfelder Bibel, die unter dieser Webseite zu finden ist - www.bibleserver.com

     

    Dieses Projekt soll auf eine freie und ehrenamtliche Basis realisiert werden. Deshalb sollen alle künftigen Projektmitarbeiter und Übersetzer bereit sein, auf eine ehrenamtliche Basis zu arbeiten. Jeder kann sich frei registrieren und alle Beiträge im Forum beliebig verändern. Deshalb sind alle Benutzer des Forums herzlich eingeladen, sich am Projekt zu beteiligen.

     

    [1] Die Reihenfolge der Schritte ist nicht streng festgelegt und kann, wenn erforderlich, beliebig modifiziert werden.

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  17. Die Furcht

     

    "Und fürchtet euch nicht vor denen, die den Leib töten und die Seele nicht können töten; fürchtet euch aber viel mehr vor dem, der Leib und Seele verderben kann in der Hölle". (Mt. 10:28)

     

    Die Furcht ist ein Gefühl, das die Seele bedrückt. Es existiert nicht nur bei den Menschen, sondern auch bei den Tieren; es ist ein im lebendigen Organismus angelegtes Gefühl, das eine bestimmte Mission auszuführen hat. Furcht bedeutet, dass in der Umgebung, in der wir leben oder in den Bedingungen, unter denen wir existieren, bestimmte Elemente vorhanden sind, die unserem Leben schaden oder entgegenwirken können. Die Funktion dieses Gefühls ist einfach, uns vor Allem zu beschützen, was uns schaden kann. Wann, zu welchem Zeitpunkt ist die Furcht bei den Menschen aufgetaucht? Der allgemein akzeptierten Auffassung nach ist die Furcht mit dem Sündenfall entstanden. Ursprünglich kannte der Mensch nicht die Furcht. Und tatsächlich - die Furcht kann sich zweifach äußern. Zum einen äußerlich und zum anderen innerlich. Wenn ein Kind zum ersten Mal einen Fehler macht, entsteht sofort das Angstgefühl in seiner Seele. Bei wem bleibt schon die Seele ruhig und unberührt, wenn man einen kleinen Fehler gemacht hat? Dieses Angstgefühl entsteht sofort in ihr. In die Seele dringen also bestimmte Elemente ein, die sie bedrohen. Ich kann es mir gut vorstellen, dass diejenigen unter euch, die ein Haus mit einem Nadelholzboden haben, leicht es mit der Angst bekommen, wenn sie daran denken, wie schnell es in Flammen aufgehen und vollständig ausbrennen kann. Es gibt also ein bestimmtes Element, das in eurem Fußboden enthalten ist; Stoffe, die leicht endzündlich sind und schnell Feuer fangen können nehmen diese Eigenschaften auf, so dass euer ganzes Haus den Flammen zu Opfer fallen kann. Indem dieses Gefühl in der organischen Welt Tausende von Jahren gewirkt hat, hat es die Menschen und die Tiere zu Sklaven der Angst gemacht. Jedoch hat die Angst auch eine gute Seite: ihr ist zu verdanken, dass die Wachsamkeit ins Leben gerufen wurde. Viele Tiere bekamen infolge der Angst lange Beine. Ein Tier, das lange Beine hat, ist immer ängstlich. Das könnt ihr als Tatsache betrachten. Die Hinterbeine des Hasen sind sehr lang und die Vorderbeine kurz; wären auch die Vorderbeine lang, würden sie ihm beim Laufen viel nützlicher sein.

     

    Nun, ich möchte auf eine ausführliche Erzählung über die Rolle der Angst in der Evolutionsgeschichte verzichten. Die modernen Gelehrten meinen, dass die Entstehung der Religion in der Angst zu suchen ist. Diese Auffassung ist falsch, weil die Religion auch vor der Erscheinung der Angst existiert hat. Christus wendet sich an Seine Jünger, da Er weiß, dass sie sich in dieser Angstsituation befinden, dass sie Angst um ihr Haus, um ihren Leib haben, und Er sagt zu ihnen: "Fürchtet euch nicht vor denen, die den Leib töten und die Seele nicht verderben können". Warum? Wenn ihr ein gewisses Kapital auf der Bank angelegt habt und irgendein Mensch euer Haus in Brand setzt, werdet ihr euch keine Sorgen machen, weil ihr ein neues und besseres Haus bauen werdet. Also, solange ihr das Kapital eurer Seele woanders angelegt habt, braucht ihr keine Angst zu haben.

     

    Nun möchte ich auf den zweiten Teil des Verses eingehen. Fürchtet euch vor demjenigen, der sowohl den Leib als auch die Seele töten kann. Über den zweiten Teil des Verses wurden lange Diskussionen geführt - wer kann dieser zweite sein, vor dem wir uns fürchten sollten. Manche sagen, dass derjenige, vor dem wir uns zu fürchten hätten, der Teufel sei. Ich muss euch sagen, dass derjenige, vor dem wir uns zu fürchten haben, Gott ist, und zwar in dem Sinne, dass wir uns hüten sollten, Ihn zu verletzen, und das heißt, fromm sein. müsste ich das Göttliche Gesetz des Lebens interpretieren, würde ich euch nicht zu sagen brauchen, vor wem ihr euch fürchten oder nicht fürchten sollt, sondern ich würde euch sagen, wie ihr dem Göttlichen Gesetz nachzugehen habt. Das ist die Negation der Angst. Die negative Form der Angst tritt ein, wenn wir gesündigt haben: wer den Willen Gottes erfüllt, braucht sich nicht zu fürchten, derjenige aber, der ihn nicht erfüllt, wird immer Angst in seinem Herzen empfinden und wird sich nie ruhig und frei fühlen. In dem von mir vorgelesenen Kapitel will Christus Seinen Jüngern versichern, dass es gewisse Gesetze in der Welt gibt, die das Menschenleben regeln: "Nun aber sind auch eure Haare auf dem Haupte", sagt Er zu Seinen Jüngern, "alle gezählt". Kein einziges Haar könnt ihr ohne weiteres verlieren. Wenn ich das Gesetz Gottes ausführe, werde ich in Seiner Obhut bleiben wie die Vögel. Bei den heutigen Christen macht sich eine falsch verstandene Auffassung über unsere Beziehung zu Gott und zur Religion bemerkbar, in deren Folge auch viele Leiden in der menschlichen Seele entstehen. Manche meinen zum Beispiel, dass Religion heißt, einfach in die Kirche zu gehen, eine Kerze anzuzünden, sich zu bekreuzigen. Wenn sie diese Dinge getan haben, denken sie, sie wären religiös. Die Religion aber ist etwas viel Tiefsinnigeres. Der tiefste Sinn der Religion besteht darin, Liebe zu Gott zu haben. Wenn wir uns dieses Grundgesetzes bewußt sind, wären wir auch dazu bereit, noch Tausende von Sachen im Namen Gottes zu verrichten. Wie können wir aber Liebe zu Gott empfinden, wenn wir Ihn nicht sehen? Christus sagt: "Euer Vater ist im Himmel". Ich schaue hin und sehe, dass Er nicht da ist und sage zu mir: wenn ich meinen Körper verlasse, gehe ich zu diesem Ort. Christus richtet an Seine Jünger die folgenden Worte: "Fürchtet euch nicht vor denen, die auf der Erde sind und töten". Welche sind diejenigen, die töten? Wenn ihr den ersten Spruch durchlest, werdet ihr feststellen, dass es in der Macht der bösen Geister steht, zu töten, aber diese Macht erfaßt nicht die guten Leute, sondern die bösen. Der Christ von heute sagt: "Ich will über meine Brüder regieren". Ihr seht, dass Christus keine Macht den Aposteln gab, über die Menschen zu regieren, sondern über die bösen Geister. Jeder von uns soll über diese regieren. Derjenige, der dieses Gesetz nicht begreift, wird immer wieder Fehler machen, er wird hinterhältig von diesen Geistern an verschiedensten Orten überfallen. Die Menschen verfügen über manche Methoden, den etwas Geistern anzudrohen; die Geister aber fürchten sich nicht davor; sie haben keine Angst, weder vor dem Rohrstock, noch vor den Worten. Um über einen bösen Geist regieren zu können, darf man selbst dessen Schwächen nicht haben. Hast du diese, egal ob du Gelehrter, Philosoph, Minister bist, wirst du deren Sklave sein - sie werden Intrigen schmieden, Zaren stürzen, sie können alles tun. Wenn du ihre Schwächen nicht hast, bist du ihr Herr. Deswegen befiehlt auch Christus den Geistern. Er war rein, und wenn Er ihnen sagte: "Kommt heraus!", antworteten sie: "Jawohl!". Jene, die die Krankheiten erregen und sie dann heilen, sind wiederum die bösen Geister. Ihr sagt "merkwürdig", nicht wahr? Das Gesetz ist aber so. Wenn ihr euch bei jemandem Geld borgt, müsst ihr es nachher auch zurückgeben. Wenn ihr einen anderen verletzt habt, ihr müsst doch auch seine ärztliche Behandlung bezahlen? Der Teufel richtet das Unheil an und ihr ruft nach Gott, eure Angelegenheiten zu regeln. Gott packt den Teufel an die Hörner und sagt zu ihm: "Du hast diesem Menschen das Haus zerstört, gehe und bring wieder alles in Ordnung!" Und der Teufel muss sich anstrengen. Danach sagt Er zu ihm: "Wenn es dir nichts ausmacht, zerstöre wieder dieses Haus". Nun warum reagiert Gott nicht auf euer Gebet. Ich sage es euch. Weil ihr Sünder seid: wenn diese Arbeiter zu euch kommen, könnt ihr sie nicht kontrollieren und sie laufen weg. Wenn Gott sie zu euch schickt, so ist es notwendig, dass ihr Macht ausübt, ihnen befehlt, dass ihr hinter ihnen her mit der Peitsche seid. Sonst, laßt ihr sie frei, werden alle weglaufen und euer Haus bleibt ungebaut. Ihr dürft nie die Schwächen haben, die diese Geister haben. Manche sagen: "Ohne Schwächen können wir nicht sein". Wenn ihr es nicht könnt, werden sie euch töten, euch den Körper, das Geld wegnehmen, sie werden euch ins Gefängnis bringen - irgendjemand anders soll den Weg zu Ende gehen. Nun kommt Christus und sagt: "Ich sage euch, vor wem ihr euch fürchten sollt." Er sagt: "Übertretet nicht das Gesetz Gottes". Der zweite Teil dieser Auslegung meint die Ausführung des Gesetzes Gottes, damit eure Körper und Seelen frei sind".

     

    Jeder von uns muss eine kleine Inventur in seinem Herzen und in seinem Verstand machen, um festzustellen, was für Schwächen da sind. Wenn ihr gerne ein bißchen lügt, so sind alle Lügengeister in eurer Nähe, sie sind bei euch zu Besuch, ihr zieht sie an. Wenn ihr schadenfroh zu sein pflegt, sind alle Geister, die gerne schadenfroh sind, auch um euch herum. Und wäret ihr Hellseher, so könntet ihr sehen, dass sich in euren Häusern ganze Horden von denen gibt, die nichts anderes tun, als essen und trinken. Wenn ihr haßt, so essen und trinken alle Geister des Haßes auf eure Kosten. Deswegen sterben auch die Menschen. Wenn sie zu euch kommen und einen oder etwa zwei Tage bei euch bleiben, fangt ihr selbstverständlich an, euch zu beklagen: "Hier tut mir der Kopf weh, die Augen tun mir weh, die Hände, die Beine, der Magen, das Herz, die Lunge tun mir weh". Klar, dass sie weh tun! Diese bösen Geister schöpfen ja Säfte von euch und lassen eure Augen wie durch einen Schleier sehen, ihr fangt an, blind, taub zu werden, eure Hände und Beine erkranken auch und eines Tages werden sie euch anpacken und ins Grab bringen. Und wenn ihr zu Gott in zerlumpten Kleidern geht, wird Er euch fragen: "Na, Söhnchen, hast du alles aufgegessen, was Ich dir gegeben habe?" - "Vater, verzeihe, wir haben gegessen, getrunken, Unzucht getrieben, wir werden es in Zukunft nicht mehr tun". Und da Gott gut ist, sagt Er: "Wenn ihr die Lektion lernen wollt, werde ich euch wieder Kredit geben". Deswegen sagt auch Christus: "Ich werde euch sagen, vor wem ihr euch fürchten sollt". Diese Angst, diese Furcht ist die Vernunft. Wenn sich beim Menschen das negative Gefühl mit dem positiven vereinigt, das Gefühl der Vorsicht mit der Fähigkeit, zu überlegen, dann entsteht bei ihm die Vernunft. Die Angst ist das negative Element der Vernunft. Christus will also sagen: "Trennt diese zwei Elemente nicht voneinander, weil, trennt ihr sie, das heißt, trennt ihr euren Verstand von dem Gefühl der Angst, so dass sie sich nicht gegenseitig konrollieren, verliert ihr sowieso euren Körper wie auch eure Seele". Was ist die Hölle? Ihr werdet sehen, dass sie aus jenen eingeschränkten Entwicklungsbedingungen besteht, unter denen ihr ein Leben voller Leiden verbringen werdet, so dass in euch als Einziges nur noch ein Bewußtsein übrig bleibt. Und wißt ihr, in welcher Situation sich ein Mensch befindet, der gestorben ist? Eines Tages bekommt ihr dieses Gefühl etwas deutlicher zu spüren. Wenn der Verstorbene nur noch als Knochen existiert, kommt seine Seele ab und zu vorbei und sagt: "Wie schön waren sie einmal!" Und sie weint: "Nur dieser Reichtum ist mir übrig geblieben, der ganze Putz ist weg". Die Ziegelsteine und die Platten sind da und nach einiger Zeit werden diese Knochen ihren ursprünglichen Tempel wiederherstellen und aus diesem Grund fragt Gott den Propheten: "Du Menschenkind, meinst du wohl, dass diese Gebeine wieder lebendig werden?" Der Prophet antwortet: "Herr, mein Gott, du weißt es!" Gott sagt: "Weissage dann über den Geist, dass er kommt und sie wieder lebendig macht" (Hesekiel: 37). Einmal machte Edison einen kleinen Scherz mit einigen seiner Freunde: er ließ zwei Skelette sich automatisch bewegen, ihre Beine und Arme hatte er mit Draht verbunden, einen Plattenspieler daran installiert und in die Augenhöhlen zwei elektrischen Lämpchen gebracht; dann ließ er diese beiden Automaten sprechen: "Einst waren wir wie ihr - wir aßen und tranken, schaut uns jetzt an, wie wir aussehen!" Alle bekamen es mit der Angst zu tun und liefen fluchtartig davon. Lange musste sie Edison davon überzeugen, dass es sich nur um einen von ihm selbst gemachten Scherz gehandelt habe. Bei der heutigen anormalen Lebensweise wird sich jeder Mensch selbst in einem Skelett wiederfinden, nicht zur Arbeit, zum Denken und zum Handeln fähig. Und deswegen richtet auch Christus die folgenden Worte an Seine Jünger: "Fürchtet euch nicht". Damit wir dieses Gefühl, die Angst, regulieren können, müssen wir uns absolut auf das Gesetz Gottes verlassen, auf das Bewußtsein in uns, dass wir mit Gott verbunden sind. Manchmal entsteht in uns der Gedanke: "Wir wollen Gott den Herrn, wir wollen Jesus Christus sehen". Ihr seht Ihn jeden Tag. Immer, wenn in euch die Gefühle Liebe und Zuneigung entstehen, ist Er da und ihr fühlt Ihn; ihr braucht nur eure geistigen Augen weit offen zu halten, um Ihn sehen zu können; jetzt seht ihr nur die Äußerlichkeit der Dinge, deren wahres Wesen aber nicht. Jeden Tag tritt jeder von euch in Berührung zu Gott, wenn ihr leidet und wenn ihr liebt. Wenn man leidet und sich in der Lage eines Kranken befindet, heilt ihn Gott, indem Er ihm die Wunden verbindet, dabei entstehen aber Schmerzen und der Kranke beschwert sich. Gott gibt eine Erklärung über die Ursachen dieser Schmerzen: "Weil du Meine Gesetze nicht erfüllt hast, musst du leiden, aber sei geduldig, Ich werde dich wieder gesund machen". - "Diese Schmerzen sind aber unerträglich". - "Ja, aber als Ich dir sagte, das Gesetz nicht zu übertreten, hast du nicht auf Mich gehört". - "Es braucht aber seine Zeit". - "Du wirst es lernen". Von nun an sollt ihr den Versuch machen - das haben bereits die alten Christen getan - aus eurem Körper herauszugehen. Euer Verstand spricht: "Es wird prächtig sein, hinausgehen zu können". Ja, es ist prächtig, aber dazu brauchst du Kenntnisse. Als allererstes solltest du dich von den gesamten Schwächen dieser Geister befreien, die um uns herum sind und wenn du herauskommst, sagst du zu ihnen: "Niemand darf sich meinem Körper nähern, sonst wird die Peitsche tanzen!" Und wenn die Geister wissen, dass du Schwächen hast, sobald du weg bist und dein Körper allein bleibt, stehlen sie ihn sofort. Deswegen sind auch die heutigen Menschen von Gott fest an ihren physischen Körper gebunden worden, weil, gehen sie aus ihm heraus, wäre es noch schlimmer für sie - ihre Evolution würde aufhören. Christus richtet Seine Worte an diejenigen Seiner Jünger, die Ihm folgen wollen, um diese Geheimnisse des Reichs Gottes zu erfahren. Und ich denke mir, der Schlüssel zum langen Leben ist hier zu suchen. Ich möchte euch eine Tatsache mitteilen. Schaut euch die Leute an, die sich quälen und ärgern, die in ihrem Leben viele stürmische Zeiten erlebt haben. Ihr Leben ist von kurzer Dauer; jene dagegen, die ruhig und wie man so sagt "gemütlich" sind und sich nicht ärgern, sich nicht selbst plagen, die leben lange. Und deswegen macht Herbert Spencer an einer Stelle die folgende Äußerung: "Wenn sich die äußeren natürlichen Kräfte mit den inneren Prozessen des menschlichen Organismus ausgleichen, werden wir ein ewiges Leben in der physischen Welt haben". Welche sind diese äußeren Kräfte? Das sind diese schädlichen Elemente. Wenn wir ausgeglichen sind, wenn wir anfangen zu verstehen, was wir wünschen, was wir wollen, und wenn wir gelernt haben, gegen die schädlichen Elemente zu reagieren, sie zu unterwerfen verstehen, dann können wir so lange auf der Erde leben, wie wir es wünschen - 100, 500, 1000 Jahre lang; und wir können auch gehen, wenn wir wollen - es wird nur von uns selbst abhängen. Nachdem wir ein paar Jahrtausende gelebt haben, werden wir sagen: "Wir haben zur Genüge gelebt, jetzt wollen wir auf einen langen Spaziergang durch die andere Welt losgehen". Dann werden uns die Verwandten und Freunde so begleiten, wie wenn man einen jetzt zum Bahnhof bringen würde, wenn er verreist. So wird das Scheiden aussehen. Wir fühlen uns dann frei, wir kaufen uns ein Ticket und wir verreisen, und unsere Freunde werden dabei nicht hinterher gehen und sagen: "Der Arme, der Tod hat ihn aus dem Leben gerissen". - "Nein", werden wir sagen, "ich gehe nur spazieren, ich gehe nur meines Vaters Haus besuchen, kann sein, dass ich eines Tages zurückkehre". Und sie werden uns "gute Reise" wünschen. Die christliche Lehre ist eine Wissenschaft, die diese Reise vorzubereiten hat, wobei ihr einen langen Weg zu gehen habt. Denkt aber bloß nicht, dass der Ort, wo ihr hin geht, ganz nah ist; er ist sehr nah und gleichzeitig sehr weit von hier. 'Nah' und 'fern' ist relativ. Wenn ihr euch mit einer mittelhohen Geschwindigkeit bewegt, würdet ihr 250 Jahre gebrauchen, um die Sonne zu erreichen; wenn ihr euch aber mit der Geschwindigkeit des Sonnenlichtes bewegt, werdet ihr innerhalb von 8-9 Minuten dort sein. In 9 Minuten könnt ihr nicht einmal bis zum Zar-Boris- Park kommen. Von hier aus bis zum Zar-Boris-Park brauche ich 20 Minuten, und das Sonnenlicht legt innerhalb von 9 Minuten 92 bis 93 Millionen Meilen zurück. Wenn wir über Raum sprechen, so wird er nach der Geschwindigkeit gemessen, mit der man sich bewegt. Wollten wir den nächsten Stern Alpha Centauris besuchen, wißt ihr, wieviele Jahre wir dazu brauchen würden? 34 Millionen Jahre mit der Zugsgeschwindigkeit, und mit der Geschwindigkeit des Lichtes - drei Jahre. Und wenn ihr mit der Lichtgeschwindigkeit, sagen wir, zum nächsten, mit unserem Universum verbundenen Universum wollt, bräuchtet ihr 90 Millionen Jahre. Es kommt nämlich darauf an, wohin ihr wollt. Wenn ihr zur Sonne wollt und ihr bewegt euch mit der Geschwindigkeit eines Zuges, dann müsstet ihr, auf die Frage eurer Freunde, wann ihr wieder zurückzuerwarten seid, sagen: "250 Jahre hin und 250 Jahre zurück macht 500 Jahre, und wenn man 250 Jahre da bleibt, sind wir in insgesamt 750 Jahren wieder zurück." Fragt ihr einen danach, der zu Alpha Centauris will, in wievielen Jahren er zurück ist, wird er euch sagen: "34 Millionen Jahre hin, 34 Millionen Jahre zurück und genauso lange da bleiben - ich komme also in 100 Millionen Jahren zurück."

     

    Das ist ein abstraktes Philosophieren, das nur einem Engelsverstand zugänglich ist; ihr könnt euch nicht vorstellen, was Raum bedeutet - 34 Millionen Jahre; ihr benötigt den Verstand eines Engels, um die Größe Gottes in diesem Gedanken zu begreifen vermögen. Und Christus sagt zu Seinen Jüngern: "Fürchtet nicht"; Er richtet Seine Augen nach oben und fügt hinzu: "Fürchtet nicht um diese kleinen Häuser, die ihr besitzt, quält euch nicht wegen dieser unbedeutenden Dinge, denn euer Vater hat euch für große Sachen bestimmt." Bemüht euch, eure Seele rein und hell zu erhalten; wenn ihr sie als Kapital habt, könnt ihr diese Entfernungen bewältigen. Eines Tages, wenn ihr euch auf dem Weg zum Himmel macht, werdet ihr euren Körper nicht dorthin mitnehmen - ihr geht nur mit eurer Seele hin; den Körper werdet ihr auf der Erde lassen, weil er von dort her kommt. Er ist ein Fuhrwerk, das provisorisch aus irdischen Elementen gemacht worden ist und solange ihr euch im Reich dieser Elemente befindet, bleibt ihr in diesem Fuhrwerk; wenn ihr aber einen Gebirgsort erreicht habt, und von dort an einen Gebirgspfad laufen müsst, werdet ihr das Fuhrwerk verlassen und weiter zu Fuß euren Weg fortsetzen. Darum sagt auch Christus: "Fürchtet euch nicht, wenn ihr beim Gebirgspfad ankommt, dass eure Seele verloren geht und eure Evolution aufgehalten wird."

     

    Ihr wollt Herren werden; werdet keine Herren eurer Brüder. Das größte Verbrechen der heutigen Menschen ist, übereinander herrschen zu wollen. Ihr dürft nicht den Menschen befehlen; den bösen Geistern dürft und müsst ihr befehlen. Ich will, dass ihr einem bösen Geist befehlt und ihn belehrt, ich will aber nicht, dass ihr Menschen befehlt. Das sagt Christus. Manchmal wollt ihr wissen, wer größer und wer kleiner, wer älter und wer jünger gewesen ist. Aber, dass du größer oder kleiner, älter oder jünger bist, was spielt das für eine Rolle? Es kann sein, dass Gott dich eher oder aber später geschickt hat. Ein Mensch mag ganz hinten oder aber ganz vorn gewesen sein, was spielt das für eine Rolle? Einmal wird dich Gott nach oben, ein anderes Mal - nach hinten setzen, einmal auf die Wirbelsäule, ein anderes Mal - auf die Füße, es ist auch vollkommen egal. Diese Dinge sind nicht wesentlich. Kraft zu haben bedeutet, das Gefühl zu haben, Herr böser Geister zu sein, ihnen zu sagen, dass sie auf dich hören, dies oder jenes zu tun. "Ich will meiner Frau Angst einjagen, indem ich sie verprügle". Nun, heute prügelst du, morgen prügelst du wieder, sie wird dir aber weglaufen und du wirst zu ihr gehen und sie bitten, dass sie zurückkommt. Die Kraft des Menschen ist in seinem Inneren, darauf hat er zu achten. Jeder von euch muss sich das Ziel setzen, diese Geister unter Kontrolle zu bekommen. Es ist mir bekannt, dass viele von bösen Geistern geplagt werden; viele gehen zu Christus, um sich helfen zu lassen. Wie wird Er ihnen aber helfen können? Er bindet diese fest und sie binden sie los. Solchen Menschen ist nicht zu helfen. Wenn Christus bei euch ist, wird Er sich etwa mit euren Füchsen und Wölfen befassen? Spannt diese zur Arbeit ein. Dieser Gedanke ist vielleicht etwas allegorisch, ich möchte ihn euch aber als eine Art Hinweis mitgeben. Ihr könnt nicht Herr eures eigenen Lebens werden, bevor ihr nicht gelernt habt, diese Geister zu regieren.

     

    Es gibt sieben Schritte, die ihr tun müsst, um über die bösen Geister herrschen zu können. Die bösen Geister fürchten das Licht. Das Erste, das ihr zu tun habt, ist, euch an Gott zu wenden. Was bedeutet 'sich wenden'? Ihr seid jetzt Gott mit dem Rücken zugewandt; in eurer Welt herrscht Dunkelheit. Macht kehrt, wendet euch mit dem Gesicht zu Gott. Ohne dieses wird nichts gelingen. Wenn ihr ein Kleidungsstück abklopft, um den Staub los zu werden, wendet ihr es auch um, nicht wahr? Also ihr sollt auch euer Herz und euren Verstand umwenden und den Staub von ihrem Inneren abschütteln. Das Wenden bedeutet zweierlei - ein Wenden der Sonne zu und ein Umwenden des Kleidungsstückes, um den Staub abzuschütteln.

     

    Als zweiter notwendiger Schritt ist die Buße zu betrachten - das Durchsehen und das Begleichen der Rechnung. Du musst ein Schild an deiner Ladentür aufhängen: "Ich stelle alle Zahlungen ein, weder gebe noch nehme ich - ich ziehe die Jahresbilanz". Du ziehst Bilanz, rechnest aus: soviel ist zu nehemen, soviel - zu geben; zum Schluss stellst du fest, dass du zehntausend Lewa Schulden hast. Es bleibt dir nichts anderes übrig, als zu deinen Gläubigern zu gehen, und sie um einiges zu bitten - das ist eine Buße. Du holst deine Kladden: "Freunde, ich bin ein ehrlicher Mensch, ich selbst weiß nicht, wie es geschah, aber ich habe zehntausend Lewa verloren, verzeiht, entschuldigt, ich bitte um noch ein bisschen Kredit." Wenn du nicht bittest, wirst du eingesperrt. Wenn man deine Rechnung durchsieht und sich davon überzeugt, dass du ehrlich bist, wird man sagen: "Wir haben mit dir so oft zu tun gehabt, wir wollen dir verzeihen und dir aufs neue Kredit gewähren".

     

    Vergebung und Erlösung sind zwei miteinander eng zusammenhängende Sachen. Das, was wir beim Christentum Erlösung nennen, tritt ein, wenn wir die zwei Schritte des Wendens und der Buße Christus gegenüber durchgemacht haben. Er sagt: "Ich gebe dir einen neuen Kredit und ich schicke dich in die Welt, erneut zu arbeiten". Du machst den Laden wieder auf: Da funktioniert alles wieder normal: jemand fängt an, zu geben und zu "nehmen".

     

    Der vierte Schritt stellt eine Wiedergeburt dar. Die Wiedergeburt werde ich mit einem anderen Beispiel aus der Landwirtschaft veranschaulichen. Ein Landwirt hat einen Garten, er zerstört ihn und bepflanzt ihn danach aufs neue; wenn die neuen Äpfel aufzukeimen beginnen, bedeutet es Wiedergeburt; durch sie entsteht die Hoffnung, dass der neue Garten wieder Früchte bringt. Auch beim Christentum, wenn dieser Prozess vollzogen ist, geschieht eine innere Wiedergeburt - das Neue in uns hat begonnen, nach oben zu keimen. Die Wiedergeburt ist ein Prozess des Blühens und des Fruchtansetzens. Es gibt Buße, Vergebung, Erlösung und eine neue Geburt - die fünfte. Durch die Neugeburt befreit sich der Mensch von dem Karma-Gesetz der Ursachen und der Folgen: ihr seid dann freie Bürger, Herren, keiner kann über euch herrschen. Nur in diesem fünften Schritt könnt ihr über die bösen Geister herrschen; nur, wenn ihr an der Stelle von Christus seid, könnt ihr diesen Geistern befehlen. Dann werdet ihr Christi Schüler sein. Und das ist eine Angelegenheit vom hohen Rang. Er hat Seinen Jüngern die Macht über die bösen Geister gegeben und Er hat sie die Menschen heilen und zu einem neuen Leben erwecken lassen. Wie kann diese Macht verliehen werden, wenn der Mensch sich noch kaum gewendet und seine Rechnung nicht zu Ende durchgesehen hat? Es ist ihm noch nicht vergeben worden, er ist noch nicht wiedergeboren, und er will über die Welt regieren! Es geht nicht. Ihr wollt den bösen Geistern befehlen. Es geht nicht. Ihr müsst diese vier Schritte durchgemacht haben und dann seid ihr absolute Herren eurer eigenen Lage. Jetzt sitzt ihr und überlegt, aber innerlich fürchtet ihr euch, ob ihr diese Tugend besitzt oder nicht. Es gibt zwei Extreme im Christentum: manche zeigen sich mehr demütig, als sie in Wirklichkeit sind, andere dagegen fühlen sich als größere Sünder, als sie es in Wirklichkeit sind. Das Eine wie das Andere ist extrem. Sagt es ehrlich: "Ich habe in der Kasse zehntausend Lewa", und nicht, wenn du zehntausend hast, du hättest fünftausend - das wäre eine Lüge. Du hast zehntausend Lewa, sagst aber, du hättest fünfzehntausend - du hast gelogen. Wenn du zehntausend Lewa hast, so schreib auf die Rechnung eben zehntausend - nicht mehr und nicht weniger. Wir müsen immer die Wahrheit sagen, so, wie wir sie in uns kennen. Wir müssen klar, eindeutig, positiv sprechen. Dann sind unsere äußeren Beziehungen zu den Menschen gut. Warum? Weil diese Geister, die euch leiten, im Himmel leben; wenn die Rechnung mit deinem Geist stimmt, wird er die Rechnungen mit den anderen Geistern regeln und sie können euch nicht hassen. Sie können behaupten: "Ich bringe dich um"; ihr antwortet ihnen gelassen: "Du kannst es nicht, weil du festgebunden bist". Jemand sagt: "Ich werde das tun". - "Du kannst es nicht, probier es nur". Einmal sagte einer zu mir: "Wenn ich meinen Revolver heraushole, werde ich es dir zeigen". - "Los, hol ihn raus. Man zieht ein Messer nicht einfach so heraus". Dafür muss man eine Erlaubnis von oben bekommen. Wenn deine Härte von oben auf die Probe gestellt wird, um herauszufinden, ob du Geduld und Selbstaufopferung aussühnen kannst, wird man dich möglicherweise verschiedenen Prüfungen unterziehen, und du musst sie erdulden; gibt es aber keine Erlaubnis von oben, dann kann die ganze Welt gegen dich sein, ohne dir etwas antun zu können. Ein Engländer geht eine viertausend Sterling - Wette mit einem anderen ein, der 40 Hunde der Rasse Buldogge besaß und sagte: "Es gibt keine anderen Hunde, die schrecklicher als meine Hunde sind, man kann kaum in ihre Nähe kommen". Also geht der erste Engländer die Wette ein und zieht einen Kreis um sich herum, und der andere ließ die Hunde auf ihn loslaufen, sie liefen aber nur um den Kreis herum und konnten nicht durch. Zum Schluss pfiff jener Engländer auf eine besondere Art und die Hunde liefen fluchtartig durch die Menschenmenge weg. Womit hat er ihnen Angst eingejagt? Er besaß eine besondere innere Kraft. Er hat sie weder mit einer Flinte noch mit einem Stock gejagt. Er hatte eine gewisse Kraft, von der er Gebrauch gemacht hat, deshalb flohen sie davon. Ich frage jetzt, wo eure Kraft steckt. Eines Tages kann ein böser Geist sagen: "Wenn ich meine Hunde nur loslasse". - "Laß sie los, ich werde einen Kreis machen und wenn ich pfeife, verschwinden sie blitzschnell". In dieser Göttlichen Pfeife ist die Kraft verborgen, und wer sie hat, ist jederzeit frei und mächtig.

     

    Nun habt ihr jetzt das Verfahren, das euch lehrt, wie ihr über die bösen Geister herrschen und wie ihr deren Schwächen meiden könnt. Wenn ihr Angst habt, so sind alle Geister der Angst um euch herum. Deshalb werft all die Schwächen von euch weg. "Aber", sagt ihr, "ich tue dieses nicht mehr, ich werde nie wieder rauchen", am nächsten Tag aber schon raucht ihr wieder. Tut es, ohne vorher etwas gesagt zu haben: "Ich habe beschlossen, zu pflanzen" - Gepflanzt hast du aber noch nichts. Pflanze mal erst etwas an und ruf dann deine Freunde zu dir und sag ihnen: "Kommt, Freunde, seht, was ich hier getan habe". Sie werden sich freuen. Ihr sagt: "Ich habe beschlossen, gut zu sein, kommt und seht, wie mein Plan aussieht; ich werde dieses, ich werde jenes tun". Nichts wirst du tun. Ich habe bereits Millionen von Plänen erlebt - die ganze Hölle ist voller Pläne. Wenn ihr vorhabt, etwas zu tun, erzählt nichts darüber, sagt nur: "Gott, komm mir zu Hilfe". Und wenn euer Garten aufgewachsen ist und angefangen hat, Früchte zu tragen, versammelt all eure Freunde und sagt zu ihnen: "Eßt, trinkt und seid fröhlich". Dann wird euch Gott segnen. Das ist das Christentum. Und wenn Christus zu euch sagt: "Fürchtet euch nicht vor denen, die den Leib, sondern vor denen, die den Geist töten", will Er damit sagen, dass das, was sie wegnehmen, kann man, wie der Spruch lautet, auch zu Ostern wegnehmen. Eines Tages ist die Frist abgelaufen und dir wird etwas weggenommen. Du bist Fuhrmann, dir wird das Fuhrwerk weggenommen und du wirst sagen: "Ich wurde aus meinem Haus vertrieben". Warum sollte man dich auch nicht vertreiben? Sei dankbar, dass man die Güte gehabt hat, dich so viele Jahre zu dulden. Die Geister sind Herren dieser Elemente, die sie in der Erde haben; diese gehören ihnen. Deswegen besagt die heilige Schrift, dass wir auf dieser Welt "Fremdlinge" sind, dass diese Erde, auf der wir leben, uns nicht gehört. Gott hat uns hierher geschickt, damit wir sie mit Gewalt erobern. Und ihr wollt sie auch erobern, Herren sein, ihr müsst aber euch gedulden und zuerst die Geister, danach die äußeren Elemente erobern, weil jedes Element seinen eigenen Herrn hat. Ihr könnt keine Herren des Wassers sein, wenn ihr nicht die Geister des Wassers erobert; ihr könnt keine Herren der Luft sein, wenn ihr nicht die Geister der Luft erobert; ihr könnt auch nicht Herren des Feuers sein, solange ihr nicht die Geister des Feuers erobert habt, usw. Folglich gibt uns Christus ein Gesetz, nach dem wir zu handeln haben; die erste Bedingung ist, rein zu sein und nur dann sich Ihm zuzuwenden. Nun, weil Christus in diese Welt kommt, wie wird Er euch vorfinden? Selbstverständlich findet Er manche reich, andere dagegen arm. Es steht geschrieben: "Und wenn jemand aus diesem Grund Gold, Silber, Edelsteine, Holz, Heu, Stroh, vorfindet, wird die Sache jedem klar; weil der Tag wird sie ans Licht bringen. Da das Feuer aufdecken kann, wird das Feuer bei jedem zeigen, wie beständig sein Werk ist: wer sein Werk stabil aufgebaut hat, dem wird es auch erhalten und er wird einen Lohn empfangen; wenn einem das Werk verbrennt, wird er mit Schäden davonkommen, er selbst wird aber erlöst werden, jedoch so, wie man durch das Feuer erlöst wird". Und ein jeder, der die Unschuld mißachtet und die Furcht vor Gott dem Herrn nicht in sich trägt, "den sollten wir dem Satan überlassen, damit sein Fleisch verdirbt und sein Geist errettet wird am Tage des Herrn Jesus". Wenn ihr im Laufe von soviel Jahren Erfahrung gesammelt, gelitten und die Fahne der Wahrheit hoch gehalten habt, vor denen aber, die den Leib töten, euch nicht gefürchtet habt, euch aber geopfert habt für den Triumph des Reichs Gottes, dann wird Gott euch aufs neue erheben, Er wird euch zum Leben erwecken. Und deswegen sagt Christus: "Fürchtet euch nicht vor denen, die den Leib töten": wenn sie euren Leib töten, bleibt eure Seele frei und das ist das Wertvolle am Leben. Jeder andere, euch von der Wahrheit ablenkende Weg, wird für euren Leib wie auch für eure Seele tödlich sein. Weil die Ängstlichen, die Kleinmütigen das Reich Gottes nicht ererben werden. In der rechten Sache Gottes, in der rechten Sache der Menschheit, in der rechten Sache des Volkes, in der rechten Sache der Gesellschaft, in der rechten Sache des Hauses, in der rechten Sache der individuellen Seele darf weder Furcht, noch Angst, noch Zögern, noch Kleinmut, noch Abkehr von dem großen Grundprinzip des Lebens sein. Das Rechte bleibt jederzeit recht. Liebe und Angst sind Dinge, die im menschlichen Geist, im Geist des richtigen Menschen unvereinbar sind. Dort, wo die Liebe ist, fehlt die Angst; und dort, wo die Angst ist, fehlt die Liebe. Die Liebe ist ein Zeichen der Vollkommenheit, der Harmonie zwischen allen Kräften, Gefühlen und Fähigkeiten des menschlichen Geistes; und die Angst ist ein Zeichen der Abwesenheit, Zerstörung dieser inneren Harmonie des geistigen Friedens.

     

    Mit diesen letzten Worten weise ich auf das Erhabene, Edelmütige, Gute im Menschen hin. Ich meine nicht jene Frechheit, Grobheit, Hartherzigkeit, jene Gefühlslosigkeit, die oft für Tapferkeit und Furchtlosigkeit gehalten werden. Das Ideal des Heldentums besteht darin, wenn man dich für eine gerechte Sache an den Schandpfahl stellt, großmütig alle Leiden, alle Schande, alle Schmähungen und alle Schadenfreude und Anschuldigungen deiner Umgebung, ja der ganzen Welt zu ertragen, um Deiner Mutter sagen zu können: "Für Dich, Die Du mich in diese Göttliche Welt geboren hast, opfere ich alles. In Deiner Liebe finde ich die letzte Stütze meiner Seele. Die Angst vor der Welt, vor denjenigen, die meinen Leib töten, hat sich bereits überlebt. Ich fürchte mich nicht, weil ich Dich kenne. Ob Du mir Tod oder Leben gibst, ich werde beide mit derselben Dankbarkeit entgegennehmen. Mit Dir gibt es auch im Tod einen Sinn; ohne Dich gibt es auch im Leben kein Ziel. Im Tod oder im Leben, sei Du immer der Helle Kranz meines Geistes".

     

    Ein Vortrag von Meister Beinsa Douno, gehalten am 19.10.1914 in Sofia

  18. Pharisäer und Zöllner

     

    "Es gingen zwei Menschen hinauf in den Tempel, um zu beten, der eine ein Pharisäer, der andere ein Zöllner."Lukas 18,10

     

    Sicherlich werdet ihr fragen, was daran so merkwürdig sei, dass zwei Menschen, ein Pharisäer und ein Zöllner in den Tempel eingetreten sind! Für Leute, die die Dinge verstehen, gibt es hier nichts Merkwürdiges, doch für Menschen, die sie nicht begreifen, ist alles merkwürdig. Für Menschen, die verstehen, hat alles einen Sinn, doch für jene, die nicht begreifen, ist alles sinnlos.

     

    Ich mache nun diese zwei Menschen, den Pharisäer und den Zöllner zum Gegenstand meines heutigen Vortrags. Diese beiden Personen sind wichtige Vertreter einer uralten Kultur. Lasst mich ihre charakteristischen Züge parallel vergleichen, damit ihr eine klare Vorstellung von ihrer Lebensweise und ihrem geistigen Charakter bekommt.

     

    Das Wort Pharisäer stammt vom hebräischen Wort parasch ab, welches "teilen"bedeutet. Außerdem gibt es ein arabisches Wort farsi, das aus derselben Wurzel stammt und etwas "in Form einwandfreies"bedeutet; zum Beispiel eine Sprache "farsi" zu können bedeutet, sie sehr gut zu beherrschen. Christus stellt in diesem Kapitel zwei Charaktertypen vor. Ein begabter Maler, der sich in der Menschenkunde auskennt, würde diese zwei Typen mit all ihren charakteristischen Zügen malen und es würde sich lohnen, dieses gelungene Bild in jedem Haus als Muster zu besitzen. Welche augenfälligen Züge hat der Pharisäer und welche der Zöllner? Es reicht nicht zu sagen: "Er ist ein Pharisäer"oder "er ist ein Zöllner", sondern wir müssen die äußeren Merkmale ihrer Gesichter, ihrer Hände, ihres Körperbaus sowie den Aufbau ihres Kopfes kennen. Ferner müssen wir zu den Besonderheiten ihrer geistigen Einstellungen gelangen. Nur so können wir uns, die für uns im Text eingeschlossene Idee, erklären und von ihr Gebrauch machen. Christus war ein großer Künstler, er gab diesen zwei Charakteren typische Züge und nach ihnen werde ich nun den Pharisäer und Zöllner beschreiben.

     

    Doch ihr werdet sagen: "Wie können Sie einen Menschen nur nach den paar Worten, die über ihn gesagt wurden, beschreiben?"Das ist eine Wissenschaft, das kann man. Es gibt gelehrte Menschen, die sich lange Zeit mit vergleichender Anatomie beschäftigt und den Aufbau der Tiere sehr gut studiert haben. Wenn man ihnen den kleinsten Teil eines vorsintflutlichen Tiers gibt, so könnten sie euch seine Größe beschreiben, alle seine Knochen vergleichen, seine Muskeln und Sehnen rekonstruieren und auf diese Weise die verschwundene Form wiederherstellen. Wenn ihr einem erfahrenen Botaniker auch nur ein Blatt von einer Pflanze gebt, so wäre er wohl imstande euch den ganzen Baum zu beschreiben. Auf der Grundlage desselben Gesetzes bemühe ich mich, euch den Pharisäer und den Zöllner einigermaßen zu beschreiben und zu zeigen, wie sie sind.

     

    Ihr aber meint: "Was haben diese beiden, die vor zweitausend Jahren lebten, gemeinsam?"In der Welt leben zwei Typen von Menschen - Zöllner und Pharisäer. Von ihnen stammen viele andere ab, aber sie bleiben die Grundtypen. Ihr könnt zum einen oder zum anderen Typ gehören - egal ob ihr Priester seid oder nicht, ob ihr Adlige seid oder nicht, ob ihr Gelehrte seid oder nicht, ob ihr Philosophen, Männer oder Frauen seid. Diese zwei Charaktere verflechten sich und sind im Leben aller Menschen zu beobachten. Sie bleiben für immer die Charaktertypen in der Menschheitsgeschichte. Die Kunst Christi bestand gerade darin, dass es ihm mit sehr wenigen Worten gelang, sie so anschaulich zu beschreiben und darzustellen.

     

    Die äußere Gestalt des Pharisäers ist dem Anschein nach ganz anständig. Er ist gut aussehend, stattlich, schlank und von hoher Figur - 175 -180 cm, d. h. höher als üblich. Seine Hände und Finger sind länglich, sein Daumen ist lang und symmetrisch, was von konstituierten Ansichten, von Wille und Intelligenz zeugt. Der Zeigefinger hat die gleiche Länge wie der Ringfinger und das bedeutet, dass er eine Idee, sobald sie in ihm aufkommt, maximal in die Tat umsetzt. Sein Verdauungssystem funktioniert gut, im Essen und Trinken ist er mäßig; er hat die Schwächen des Schlemmers und des Weintrinkers nicht, sondern einen feinen Geschmack. Seine Taille ist schmal. Was das Alter betrifft, hat er die vier Jahrzehnte hinter sich und ist ins fünfte eingetreten, d.h. er ist 45 Jahre alt. Seine Schultern sind ein bisschen rundlich, das Gesicht ist wenig länglich und birnenförmig, mit einem entwickelten Nervensystem. Der Unterkiefer ist gleichmäßig geformt und mit einem länglichen und zugespitzten Kinn versehen - das Zeichen eines flexiblen und schnell begreifenden Menschen; der Mund ist weder groß noch klein; die Lippen sind weder dick noch dünn; die Ränder der Mundwinkel sind etwas gehoben mit einem Lächeln der Verachtung - "die Menschen sind eine Masse"; doch er drückt seine Verachtung niemals aus. Die Augen sind aschgrau; die Augenbrauen bogenförmig, etwas gebeugt wie die Äste eines alten Baumes - ein Mensch, der lange lebt und Erfahrung im Leben hat. Die Stirn ist schön, ziemlich hoch, springt über die Nasenwurzel hervor - das Zeichen eines Menschen mit starker Individualität, mit einem aufmerksamen und praktischen Verstand. Die Schläfen sind mittelmäßig entwickelt. Die Ohren sind gleichmäßig geformt und am Kopf anliegend - ein Merkmal materieller Ordnung. Die Haare des Bartes sind etwas spärlich und rötlich - das zeugt von Impuls und Trotz. Der Kopf ist rundlich, der Kopfumfang über den Ohren 56-60 cm; mit stark entwickelter und erhobener Scheitelgegend - das Zeichen eines Menschen mit großer Selbstbeherrschung, Selbstachtung, mit großem Stolz, hohen Ansprüchen und Ruhmsucht. Dieser Mensch besitzt ein religiöses, aber einseitig entwickeltes Gefühl; er kennt die Barmherzigkeit, aber nur sich selbst und seinen Nächsten gegenüber. Das Gesicht ist bleich, weißlich, mit einer griechisch-römischen Nase. Das ist ein Mensch mit ästhetischem Geschmack, aber ohne Poesie und Liebe zur Natur, zum Erhabenen und Idealen. Das ist ein Mensch mit starkem Glauben, aber es ist ein Glaube nur an den eigenen Verstand, und auch mit einer großen Zuversicht, aber einer Zuversicht nur auf die eigene Kraft. Er hat eine Religion, aber er achtet und ehrt in dieser Religion nur sich selbst. Wenn wir seinen Tempel betreten, finden wir an erster Stelle nicht die Gestalt von Jesus Christus sondern sein eigenes Bild und anstelle der Gottesmutter, des Johannes des Täufers und anderer Heiliger befinden sich dort seine Ahnen und Urahnen, denen er Weihrauch abbrennt und an die er Gebete richtet - "ruhmreich und groß ist unser Stamm."Das ist ein intelligenter Mensch, der Lebenserfahrungen sammelt, der mit der hebräischen Kabbala und den Prinzipien der damaligen Zivilisation vertraut ist und wenn er in unserer Zeit lebte, würde er als angesehener Schriftsteller, Philosoph, Künstler, Staatsmann und geistliches Oberhaupt gelten.

     

    Warum stellt Christus diesen Typ dar? Was ist schlecht an seinem Gebet? Beim Pharisäer bemerkt man eine Philosophie, deren Zeit vorüber ist - ein Mensch, der nur mit der Vergangenheit lebt und die Gegenwart und Zukunft versäumt: ein Mensch, der wie ein Mädchen oder ein junger Mann in sein eigenes Porträt verliebt ist und, wo immer er auch hingeht, nur dafür Augen hat. Es ist merkwürdig, wenn man in seine eigene Gestalt verliebt ist!

     

    Einmal beobachtete ich einen bulgarischen Schriftsteller. Er saß in der Öffentlichkeit, neben ihm war ein Spiegel. Er steckte sich eine Zigarette an, drehte sich dann dem Spiegel zu und betrachtete sich dort, als wolle er zu sich sagen: "Ich bin schön, ich beeindrucke die Menschen."Er wird immer wieder rauchen und vor dem Spiegel posieren. Wenn der Spiegel eines Tages zerbricht, wird auch sein Glück zerbrechen.

     

    Der Pharisäer ähnelt diesem in sich verliebten Typ. Und seht nur, wie interessant seine Worte sind, wenn er sich an Gott wendet: "Gott, ich danke Dir, dass ich nicht wie die anderen Menschen bin, sondern etwas Besseres."Jedoch ist seine Philosophie gerade hier falsch, weil Gott alle Menschen geschaffen hat. "Ich bin nicht wie die anderen Menschen." Und was bist du dann? Bist du ein Engel? Nein. Du bist aus demselben Brei gemacht, und in deinen Adern fließt dasselbe Blut. Er möchte sowohl sich selbst als auch Gott betrügen. Das ist die erste Lüge, die er benutzt. Und Gott sagt zu ihm: "Du sprichst nicht die Wahrheit."

     

    Die Behauptung des Pharisäers ist negativ: Er vergleicht sich nicht mit höheren Wesen, mit den Engeln, sondern mit niederen Typen, mit Verbrechern, dass er nicht wie sie sei. Nehmen wir einmal an, ich würde mich mit den Tieren vergleichen und sagen: "Gott sei Dank, dass ich nicht wie diese Ochsen, Esel, Köter, Eidechsen und Schlangen bin."Wie könnte ich mich mit ihnen vergleichen? Das ist eine Schwäche, die man bei allen Menschen antrifft. Vor Jahren gab es eine gewisse Strömung unter den Gymnasiasten und Studenten in Bulgarien, die sich beim Studium des Lebens großer Schriftsteller, zum Beispiel Shakespeares, deren Mängel zueigen machten, weil sie ihre positiven Eigenschaften nicht besaßen, nach dem Motto: "Mal sehen, vielleicht habe ich die auch?". Und sobald sie diese Mängel bei sich selbst fanden, meinten sie: "Auch ich bin genial wie Shakespeare."Sie untersuchten den Charakter von Schiller, suchten nach einem exzentrischen Zug von ihm, und wenn sie diesen in sich selbst fanden, meinten sie: "Auch ich bin wie Schiller."Indem sie eine ganze Reihe von Schriftstellern studierten, sagten sie: "Wir sind bewunderungswerte Menschen."Ja, bewunderungswert, aber im negativem Sinne; bewunderungswerte Menschen, denen ein Groschen fehlt. Ich bevorzuge einen Menschen, der gar keinen Groschen hat, weil er weder etwas zu nehmen noch etwas zu geben hat.

     

    Auch der Pharisäer macht einen Vergleich und sagt: "Danke dir, Gott, dass ich nicht ein Räuber wie der andere bin."Gott sagt zu ihm: "Wenn ich dich an seinen Platz gestellt hätte, was würdest du dann sein?"Als einst ein Engel vom Himmel sah, wie ein Mensch einen Fehler beging, wandte er sich an Gott und sagte zu ihm: "Wie kannst du diese niedrige Kreatur dulden? Wenn ich an deiner Stelle wäre, würde ich die Erde von ihr befreien."Gott schickte den Engel auf die Erde, damit er sich dort inkarniere, und ließ ihn in die gleiche Lage kommen. Und der Engel sündigte zweimal mehr als jener Mensch, den er so scharf verurteilt hatte. Also darf der Mensch von dem Platz aus, auf den er gestellt wurde, nicht die anderen für ihre Taten tadeln, denn an ihrer Stelle würde er genauso handeln.

     

    Zu mir sind viele Menschen gekommen und begannen mit: "Wir sind nicht so schlechte Menschen, wir sind wohlerzogen, weil wir aus einem vornehmen Geschlecht stammen." Ich bezweifle eure Worte nicht, ich glaube tief in meiner Seele an das, was ihr mir sagt. Wir alle stammen aus einem vornehmen Geschlecht - darauf bestehe ich. Aber meine und eure Ahnen und Urahnen sind nicht so edel gewesen wie wir denken; viele von ihnen waren große Taugenichtse, Verbrecher, Übertäter und Gauner. Das Zeugnis, welches Gott ihnen gegeben hat, tragen wir, ihr und ich, mit uns. Die Dinge können äußerlich einigermaßen gut aussehen, aber im Innern haben sie keinen entsprechenden Inhalt. Dass unsere Ahnen und Urahnen nicht so rein gewesen sind wie wir annehmen, davon zeugen jene schlechten Eigenschaften, die wir von ihnen geerbt haben und die wir mindestens zweimal pro Tag zeigen. Wenn deine Großeltern und Eltern rein und gut wie Engel gewesen sind, woher stammen dann diese Züge und schlechten Auftritte in deinem Leben? Wenn ihr einer Flüssigkeit einige bittere Tropfen oder Gift beimischt, so wird sich dies bemerkbar machen und man erkennt, dass dem Guten etwas Böses beigefügt wurde.

     

    Also können wir jene Menschen, die eine Philosophie des Pharisäers haben, konservativ nennen, sozusagen von der konservativen Partei. Das sind Leute mit einer hohen Meinung von sich selbst. Eine hohe Meinung von sich selbst zu haben, ist nicht schlecht, aber nur, wenn sie gerechtfertigt ist und keine bittere Substanz beinhaltet. Der größte Konservator und Regulator in der Natur ist der Stickstoff, der jedes Brennen, jedes Leben erstickt. Der Stickstoff ist das älteste, das am meisten ausgeglichene Element in der Natur. Wenn aber die Natur nur aus ihm bestehen würde, wäre alles tot. Trotzdem verdankt ihm die organische Natur sehr viel...

     

    Der Pharisäer wendet sich nicht an Gott, damit dieser ihm hilft, einige Unebenheiten seines Charakters auszugleichen - nicht im Geringsten. Er dankt nur dafür, dass er nicht wie die anderen Menschen ist: Verleumder, Räuber, Mörder, Ehebrecher. Gerade als Schriftgelehrter und Philosoph müsste er bei den Ursachen verweilen, die Verleumdung, Raub, Mord und Ehebruch hervorrufen. Wenn wir auf Leute treffen, die auf einer niedrigeren Stufe stehen als wir, dürfen wir sie laut Christuslehre nicht in unseren Seelen verurteilen, sondern müssen daraus lernen, müssen die Ursachen ermitteln, die zu dieser miserablen Lage geführt haben. Und sollten wir sie auch in uns finden, müssen wir sie ausrotten. Weil derjenige, der die großen Gesetze des Lebens festgelegt hat, sagt: "Richtet nicht, damit ihr nicht gerichtet werdet."Diese Worte haben einen tieferen Sinn und wer sie begriffen hat, der hat das große Gesetz des menschlichen Wohls verstanden. Die gegenwärtigen Zoologen erforschen die Tiere und haben der Welt viel Wertvolles gegeben, aber noch niemand hat die tiefen Ursachen ergründet, die die Tierarten schufen. Warum zum Beispiel manche Tiere Hörner haben und andere nicht; warum manche kriechen und andere auf vier Beinen gehen; warum manche Fleisch fressen und andere grasen; warum ihnen eine menschliche Intelligenz vorenthalten blieb. Dabei gibt es dafür tiefe und grundlegende Ursachen und es ist nicht so willkürlich, wie manche denken. Wenn die Menschen diese tiefen Gründe begreifen, gelangen sie zu jener vernünftigen Philosophie, auf der sich die künftige Gesellschaft aufbauen wird - "die Morgenröte der neuen Zivilisation."

     

    Die ganze gegenwärtige Zivilisation beruht auf den Auffassungen des Pharisäers - sie ist eine pharisäische Zivilisation. Diese Zivilisation, wo sich die Menschen durch Form, Äußeres und Benehmen voneinander unterscheiden, entstand in der fernen Vergangenheit Ägyptens, Indiens, Babyloniens, Chinas, Persiens, Judäas, Griechenlands und Roms. Heute besteht sie auch in Europa, gehüllt in einen schönen christlichen Mantel. Ich sage nicht, dass diese Zivilisation in ihren Grundlagen etwas Schlechtes ist. Aber ich sage, dass die Form immer einen gewissen Inhalt haben muss; sonst bleibt sie eine bloße Schale, wo nur Parasiten leben können. Man sagt: "Er hat wunderbare Augen."Na und? "Sie sind schön."Worin besteht ihre Schönheit? "Nun, sie glänzen, sind angenehm."Worin genau sind sie angenehm? - Die Nase von jemandem sei schön, regelmäßig. Worin besteht ihre Schönheit? Sein Mund sei schön, richtig geformt. In welcher Beziehung? Die Menschen haben über bestimmte Dinge Ansichten, die wir nicht ausdrücken können, und zwar, dass es gewisse geheime Kräfte in den schwarzen oder blauen, in den aschgrauen, grünlichen oder braunen Augen gibt. Wenn ein Mensch etwas mit schwarzen Augen betrachtet, verursacht er einen gewissen Gedanken; wenn er mit braunen Augen blickt, verursacht er eine gewisse Stimmung usw. Menschen mit blauen Augen sind kühl. Sie sind rein wie ein klarer Himmel, doch kühl und kalt. Solche Menschen sind nicht für die Erde geschaffen. In ihnen ist der Glaube vorhanden, doch wurden sie vorzeitig geboren. Vielleicht sind sie Menschen, die erst jetzt hierher kommen. Ich spreche von jenen blauen Augen, die ein Ausdruck des Himmels sind. Der Überlieferung nach soll Christus solche Augen gehabt haben.

     

    Da behauptet man von jemandem: "Sein Mund ist schön wie eine Rose."Was ist der Mund? Er ist ein Ausdruck des menschlichen Herzens - ob der Mensch ein weiches oder hartes Herzen hat, - der Mund zeigt, inwieweit der Mensch intensiv und offenherzig ist. Bei Leuten, die einen guten Appetit haben, bemerkt man, dass die Lippen dicklich sind. Das ist ein physiologisches Gesetz. Es strömt mehr Blut zu, deshalb sind sie dicklich und rot. Wenn diese Menschen vom Essen kosten, sagen sie: "Hm, das schmeckt gut"und ihr Gesicht erleuchtet ein feines, kaum wahrnehmbares Lächeln. Es verkündet, dass in ihren Seelen diese Stimmung herrscht.

     

    Wenn wir einen Menschen mit schöner Nase betrachten, ist sie ein Ausdruck der menschlichen Intelligenz und des menschlichen Verstandes. Ob die Nase gerade oder krumm ist, ob sie vom römischen oder griechischen Typ ist - das hat einen tieferen Sinn. Das Äußere des Gesichts ist nicht bedeutungslos, außerdem ist es auch ein Ausdruck des äußeren Lebens des Menschen. Wenn wir uns in ein menschliches Gesicht vertiefen und sehen, dass es asymmetrisch ist, dass eine seiner Augenbrauen nicht wie die andere ist - die eine mehr entwickelt und die andere vorspringender - so zeugt das von einer gewissen Unausgeglichenheit. Wenn ihr eine Gerade zieht, könnt ihr euch vergewissern, ob eure Nase richtig steht. Die Nase ist ein Barometer, ein Wärmezähler, der anzeigt, in welchem Zustand sich euer Verstand befindet. Wenn Lokomotivführer eine Lok fahren, gibt es ein Gerät, das den Druck im Dampfkessel angibt. Nach seinen Angaben wirft man entweder mehr Kohle für mehr Dampf ein oder man lässt, wenn zuviel davon ist, Dampf ab. Habt ihr mal versucht, wie Maschinisten, nachzuprüfen, in welchem Zustand sich euer Dampf - euer Herz - befindet? Dafür hat euch Gott mit einer Nase versehen. Stellt euch vor den Spiegel und fragt euren Verstand. Er wird euch erzählen, wie es um euer Herz bestellt ist.

     

    Wenn man eure Augen betrachtet, sieht man in welchem Zustand sich eure Seele befindet. Das Einzige, was niemals lügen und heucheln kann, sind die Augen. Deshalb verschließt der Mensch, wenn er lügen will, die Augen oder verdeckt sie mit der Hand. Dem Kind ist bewusst, dass die Mutter seine Lüge erkennen wird, wenn sie es ansieht und es verdeckt deshalb die Augen mit der Hand.

     

    Während der Pharisäer betete, sah ihn Christus an und sagte ihm: "Deine Seele ist getrübt, deine Urahnen haben kein so reines Leben gelebt, wie du es dir vorstellst. Du meinst, dass du nicht wie die anderen Menschen bist, aber in der Vergangenheit bist du es gewesen und auch jetzt bist du nicht weit von ihrem Niveau entfernt."Wie man diese Tatsache auch auslegt - ob nach der Lehre der indischen Philosophen von der Reinkarnation oder nach der Lehre der ägyptischen Weisen von der Transmigration, oder nach der Lehre der Kabbalisten und Okkultisten von der Emanation (d.h. vom Ausströmen/Ausstrahlen) und von der Vervollkommnung des Geistes, oder nach der modernen genetischen Lehre - das ist einerlei. Diese Lehren und Theorien sind nur Hilfsmittel, damit wir uns einiges besser erklären können, damit für uns die Ereignisse im menschlichen Leben klarer und verständlicher werden. Jedoch bleibt das Grundprinzip, das allen Dingen zugrunde liegt, immer ein und dasselbe, unabhängig davon, wie wir seine Ausdrucksweisen erklären und auslegen. Das große Gesetz der Ursachen und Folgen, der Taten und Vergeltungen, lügt niemals. Es sagt immer die absolute Wahrheit. Wenn du gut bist, steht im Buch des Lebens geschrieben, dass du gut bist. Wenn du schlecht bist, steht im Buch des Lebens, dass du schlecht bist. Wenn du die Wahrheit sprichst, ist im Buch des Lebens verzeichnet, dass du die Wahrheit gesprochen hast. Wenn du lügst, steht geschrieben, dass du gelogen hast. Wenn du deinen Nächsten hilfst, wenn du dich für dein Volk aufopferst, wenn du zum Wohle der Menschheit arbeitest und Gott mit Liebe dienst, so ist all das im Buch des Lebens verzeichnet. Wenn du deine Nächsten bedrängst, dein Volk verrätst, die Entwicklung der Menschheit behinderst und Gott untreu bist, so steht auch das im selben Buch. Das Gesetz schreibt erbarmungslos seine Aussagen über die menschlichen Handlungen: auf die Stirn, auf die Nase, auf den Mund, ins Gesicht, auf den Kopf, auf die Hände, auf die Finger und auf alle anderen Teile des menschlichen Körpers - jeder Knochen ist ein Zeugnis für oder gegen uns.

     

    Und diese Geschichte des menschlichen Lebens lesen wir jeden Tag. Auf ihren früheren Seiten steht das Leben aller unseren Vorfahren: über manche von ihnen steht geschrieben, dass sie furchtbare Verbrecher, Diebe und Räuber gewesen sind. Wenn wir die Seiten durchblättern und die Linie verfolgen, von der Abraham, Isaak, Jakob, David, Salomo und viele andere abstammen, finden wir dort ihre Handlungen vollständig ausgedruckt. Von Abraham lesen wir, dass er ein gerechter, sehr kluger, weitherziger Mensch war, ein Mensch mit großem Glauben und erhabenem Geist. Er war mit der tiefen Weisheit der göttlichen Verordnungen für die große Zukunft der Menschheit vertraut. Von Jakob lesen wir, dass er ursprünglich ein doppelzüngiger, listiger und selbstsüchtiger Mensch war, dem es durch Lüge und Betrug gelang, seinem Bruder das Erstgeburtsrecht zu nehmen. Und erst um sein dreiunddreißigstes Lebensjahr herum tritt eine Wende in ihm ein: Nachdem er seinem Onkel Laban für seine zwei Töchter vierzehn Jahre lang gedient hat, vollzieht sich in ihm eine Wende zum Guten. Von David wissen wir, dass er ein tapferer, entschlossener Mensch mit einem ausgezeichneten angeborenen und poetischen Verstand war, doch er hatte eine besondere Schwäche für schöne Frauen. Durch Betrug eignete er sich die Frau von Uria an. Von diesem Tag an begannen seine Heimsuchungen. Und der mutige Prophet Nathan hat nicht gezögert, ihm die Wahrheit ins Gesicht zu sagen und ihm die schlechten Folgen aufzuzeigen, die dieses Gesetz über ihn in sein Buch für die Nachkommenschaft schreiben wird. Von Salomo wird behauptet, dass er einen ausgezeichneten philosophischen Verstand, ein gutes, aber verdorbenes Herz mit außerordentlich starken Gefühlen und Leidenschaften, eine große Ruhmsucht und einen schwachen Willen besaß. Er soll ein erstklassiger Epikureer im Essen und Trinken und in den Vergnügungen mit Weibern gewesen sein.

     

    Christus war das bekannt. Er wusste, wie sein Stamm gelebt hatte und als ihm die Menschen sagten: "Guter Meister,"widerspricht er ihnen: "Warum nennt ihr mich gut? Niemand ist gut außer Gott, dem Einen."Er will damit sagen: "Die Familie, aus der ich stamme, ist nicht so edelmütig, wie ihr meint. Denn Gott hat ein anderes Maß, das sich euch entzieht. Er verlangt in jeder Hinsicht vollständige Reinheit. Viele aus dieser Familie haben nicht so gelebt, wie es dem wahren Gott, dessen Willen ich erfülle, recht gewesen wäre."Eben deshalb wandte er sich an den Pharisäer und sagte ihm: "Du belügst sowohl dich selbst als auch die Leute und Gott. Viele deiner Vorfahren haben Verbrechen begangen und deshalb hast du kein Recht zu sagen: 'Ich bin nicht wie jene'. Und weil keine Demut in deiner Seele herrscht, kann dein Gebet nicht angenommen werden und auch du kannst nicht freigesprochen werden. Ihr, Pharisäer, habt das Gesetz Gottes entstellt, indem ihr die Heuchelei als Schleier darauf gelegt habt. Hört auf, euch als jemand auszugeben, der ihr nicht seid, denn Gott ist nicht ein Mensch, der sich vom Äußeren irreführen lässt; er sieht euer Herz und nach ihm urteilt er über euch."

     

    Jetzt betrachte ich den anderen Typ, den Zöllner. Da haben wir einen Menschen von mittlerer Größe, dicklich; die Beine ziemlich kurz, die Arme - dick, die Finger auch dicklich und spitz; das Gesicht - rund; das Verdauungssystem - ausgezeichnet entwickelt, er mag das reichliche Essen und Trinken. "Mir steht einen langen Weg bevor und ich muss Nahrung haben"- so philosophiert er und deshalb wird er Steuereinnehmer: von hier erbettelt er etwas, von dort nimmt und entwendet er etwas - so füllt er seinen Sack. "Du handelst wie ich, also entschuldige, vielleicht hältst du es für Diebstahl, aber ich brauche das. Wenn du es mir nicht geben willst, dann nehme ich es mir mit Gewalt oder ich stehle es."Wie gesagt: Der Zöllner hat ein rundliches Gesicht, dicke Augenbrauen, ein breites Unterkinn - was er auch unternimmt, beendet er mit Erfolg. Er ist im Alter von 40 bis 45 Jahre. Er hat einen Bart mit schwarzen buschigen Haaren, auch Schnauzer dazu - das Zeichen großer Hitze; die Nase ist entwickelt, ziemlich kurz, dick, mit breiten Nasenflügeln - das Zeichen eines guten Atmungssystems. Das ist ein Mensch der Gefühle, impulsiv wie ein Kind, immer kann er seine Freude äußern. Nach einem halben Liter Wein kann er springen und sich freuen; wenn er ausgenüchtert ist, beginnt er zu klagen, dass seine Frau krank sei. Die Schläfen sind stark entwickelt; die Ohren sind ziemlich groß, fast wie die von Tolstoj, eben wie die eines Menschen, der sowohl stiehlt, nimmt aber auch gibt. "Mein Vater und meine Mutter haben die andern bestohlen, nun beschenke ich sie, ich erweise ihnen Wohltaten, damit Gott uns unsere Sünden vergibt."Seine Augen sind braun oder weinfarben - das Zeichen einer natürlichen Weichheit und Gutmütigkeit, die nur auf ihre Zeit wartet, um sich zu äußern. Der Kopf ist gleichmäßig entwickelt wie dieser des Sokrates. Er besitzt ein ausgezeichnet entwickeltes Gefühl für Haus und Gesellschaft, auch ein stark entwickeltes religiöses Gefühl, empfindet Barmherzigkeit, hat eine richtige Auffassung vom Leben, einen ausgezeichneten Verstand, dem Sophistik fremd ist, ein stark entwickeltes Gewissen, das ihm seine Fehler zeigt, und er schämt sich nicht sie zu beichten - sowohl vor Gott als auch vor den Menschen und vor sich selbst. Er hat keine übertriebene Ansicht von seinem Edelmut. Zwar hat er eine Religion, aber in ihr waltet die Gestalt des "guten"Gottes und nicht seine eigene. Immer ist er überzeugt, dass ihn dieser gute Gott ans Licht bringt. Ihm glaubt er mehr als sich selbst. Seine Philosophie ist richtig: Er vergleicht sich nicht mit unter ihm stehenden Dieben und Gaunern, sondern sagt: "Gott, wenn ich dich, die Engel und die Heiligen betrachte, was bin ich dagegen? Ich muss mich höher erheben und dir ähnlich werden. Ich bin ein Sünder; aus meinen Urahnen, Ahnen und mir sind keine Menschen geworden; ich fresse und trinke, bin wie ein Schwein geworden. Vergib mir, dass ich das Wohl, das du mir gegeben hast, nicht nutzen kann."

     

    Und was sagt Christus? Dieser Mensch, der seine Fehler einsieht, hat ein erhabenes Ideal. Eines Tages wird er den Pharisäer übertreffen. Wie kann das sein? Die reichen Menschen verlassen sich nur auf ihre Renten oder auf ihr Einkommen, sie arbeiten nichts, sondern reden nur leere Worte über die Politik und über das öffentliche Leben. Andere, die morgens früh aufstehen, zehn Stunden pro Tag arbeiten, erleiden einen Misserfolg nach dem anderen im Leben, aber sie bleiben konsequent und erwerben nach Jahren Kenntnisse und werden zu angesehenen Menschen.

     

    Nun, mit Verlaub, unter euch gibt es beide Typen. Aber weil Christus beide entgegengesetzten Pole beschreibt, sage ich euch: nehmt das Gute von dem einen und vom anderen Charakter zugleich und schafft den gemeinsamen, edelmütigen, pharisäischen und zöllnerischen Charakter. Schafft den dritten Typus, den des Christen, des neuen Menschen. Das ist mein Gedanke.

     

    Ihr meint: "Bin ich so sündig in meinem Leben, dass ich ein Pharisäer sein kann? Du beleidigst mich."Ich sage euch eine Wahrheit. Wenn ein Unglück in eurem Leben geschieht, sagt ihr: "Gott, warum kam dieses Unglück? Es gibt andere, die größere Sünder sind als ich."Seid ihr dann nicht wie der Pharisäer, ein Mensch, der mit Gott streitet? Gott wird euch sagen: "Du bist sehr gerecht, aber weißt du, wie viele Scheußlichkeiten deine Ahnen angerichtet haben, denen du mal ein Partner warst? Hier hast du einen Wechsel, unterschrieben vor vielen Jahren, du musst ihn begleichen."- "Ich erinnere mich aber an nichts." - "Das bedeutet gar nichts. In meinem Buch ist der Wechsel notiert. Das Buch lügt nicht."

     

    Kommt ein Unglück über euch, dann dankt mit den Worten: "Es ist gering."Dann werdet ihr wie der Zöllner sein. Und Christus wird euch sagen: "Ihr kommt in das Haus des Vaters."

     

    Manchmal verurteilt ihr die Pharisäer: "Sie sind heuchlerische Menschen."Ihr verurteilt diese Menschen, aber wisst ihr, dass ihr die Pharisäer von heute seid? Zieht eine Lehre aus dem Charakter dieses Pharisäers, um seine schlechten Züge nicht zu bekommen, oder, wenn ihr diese besitzt, um sie auszurotten, damit ihr nicht den Weg des negativen Lebens begeht. Was einmal deine Großeltern und Eltern alles besessen haben, das nützt euch nichts.

     

    Ihr kennt das Märchen von den Gänsen, die jemand zur Stadt trieb. Die Gänse sagten dem Wanderer:

     

    "Wie unverschämt ist dieser Herr! Er treibt uns wie einen Schwarm. Er weiß nicht, dass unsere Urahnen einst Rom befreit haben."

     

    "Und ihr - was habt ihr getan?", fragte der Wanderer.

     

    "Nichts."

     

    "Dann habt ihr verdient, in den Kochtopf zu kommen."

     

    Euer Großvater und euer Vater sind große, edle Menschen gewesen, aber ihr - was seid ihr? Wenn du keinen edlen Charakter hast - erwirb ihn! Dein Großvater und dein Vater haben dir vielleicht ein gewisses Vermögen hinterlassen, doch du kannst es ruinieren und verlieren.

     

    Selbst wenn wir an die Religion denken, auch da gibt es religiöse Pharisäer: "Ich bin von der orthodoxen Kirche", "ich bin von der evangelischen Kirche", "ich bin von der katholischen Kirche", "ich bin ein Freidenker". - "Es freut mich, dass du orthodox, evangelisch, katholisch oder frei denkend bist, aber hast du die edelmütigen Züge von Jesus?" - "Ich habe sie nicht." - "Dann bist du weder ein Orthodoxer noch ein Evangelischer - du bist gar keiner. Erwirb diese Züge, damit du einer wirst."- "Aber ich bin ein Freidenker." - "Hast du die edelmütigen Züge der ehrlichen, frei denkenden Menschen? Unter einem Freidenker verstehe ich einen Menschen, der ein Freund der Wahrheit ist. Wenn du das nicht bist, dann bist du ein erstklassiger Lügner."

     

    Oftmals sagen die Leute: "Du bist ein ausgezeichneter Mensch."In der Gesellschaft von heute versammeln sich Menschen zu dritt, zu viert an einem Ort und beginnen mit Edelmut und Auszeichnungen zu prahlen. Zu dem einen sagen sie: "Wir haben dein Werk gelesen und sind begeistert!"Sobald er sie aber verlassen hat, beginnen sie: "Er ist ein erstklassiger Dummkopf."Geht der zweite, reden sie genauso über ihn. Geht der dritte, dann trifft es auch ihn. Und ist endlich ein einziger übrig geblieben, so sagt er natürlich nichts Schlechtes über sich. Lasst euch nicht davon irreführen, was die Menschen reden, weil sie über euch viel Unangenehmes sagen können. Niemand sagt die Wahrheit. Eure Feinde werden euch sagen: "Du bist ein Gauner, ein Lügner, ein Taugenichts."Sie sagen eher die Wahrheit, als einer, der euch mit "du bist edelmütig"schmeichelt. Du kannst gut sein, aber so sehr auch wiederum nicht. Denk ja nicht, dass du ausgezeichnet bist. Manchmal gehst du aufrecht, fuchtelst mit der Hand und dem Stock herum, als ob du eine große Aufgabe des Archimedes gelöst hättest; du denkst, es gäbe keinen anderen wie dich. Wenn du ein Zöllner bist, sagst du: "Ich werde über die Welt regieren."Christus meint dazu: "Höre, vor vielen Jahren haben deine Ahnen und Urahnen regiert und ich erinnere mich, was dort in meinem Buch geschrieben steht: dass sie Verbrechen begangen haben. Du kannst auch auf diesen Weg geraten, sei nicht selbstgefällig!"

     

    Deshalb dürfen wir, in welcher Lage wir uns auch befinden, nur den Herrgott als Ideal haben. In dieser Welt werden wir auf viele Bitterkeiten stoßen. Wir können einen Freund treffen, der uns liebt und uns so manches sagt, was wahr ist. Ich sage nicht, dass wir alle verdächtigen sollen, Lügner zu sein, nein. Aber wenn euch hundert Menschen loben, sagen euch nur drei unter ihnen die Wahrheit; die andern werden euch die Wahrheit entweder sehr grob oder sehr schmeichelhaft sagen - das sind die zwei Extreme. Dort liegt nicht die Wahrheit sondern im folgenden Mittelweg: indem ihr vom Pharisäer die guten Züge, seinen ausgezeichneten Verstand, seine Auffassung und Ordnung übernehmt und vom Zöllner - seine Barmherzigkeit, die tiefe Religiosität, das innere Bewusstsein, seinen Fehler zu erkennen und das Bestreben, sein Leben zu berichtigen.

     

    Es gibt diese Zöllner und Pharisäer auch in den Familien: der Mann ist ein Pharisäer, die Frau - ein Zöllner. Der Mann, von gehobener Herkunft, reich, schlank, schön - ein "edelmütiger Mensch", wie er im Buche steht, und die Frau aus einer einfachen Familie, ihr Vater und ihr Großvater sind einfache, ungebildete Menschen. Er betrachtet sie und meint: "Weißt du überhaupt, aus welcher Lage ich dich herausgeholt habe?"und sie duckt sich. Es gibt keinen Ausweg für sie - sie wird sich fügen und kochen. Jedes Fingerzucken des Pharisäers, dass sie nicht gut gekocht habe, bringt sie zum Weinen und sie muss sich anhören: "So eine einfältige, schlecht erzogene Frau will ich nicht; so einen Zöllner dulde ich nicht in meinem Haus."

     

    Irgendwo anders ist die Frau ein Pharisäer und der Mann ein Zöllner. Sie stammt aus einer reichen Familie, ihr Vater hat ihren Mann, der bei ihm Lehrling war, in eine hohe Stellung erhoben. "Weißt du nicht mehr, mit welcher Gunst ich dich geheiratet habe? Du weißt dich nicht zu kleiden, wie du die Krawatte umbinden und dir die Nase putzen sollst". Widerliche Formalisten sind diese Pharisäer, wenn sie etwas aufzählen.

     

    Jetzt müssen alle beide, sowohl der eine als auch der andere, ihr Leben berichtigen. Als Christus sagte, dass der Zöllner mehr als der Pharisäer gerechtfertigt sei, so meinte er damit, dass, obwohl auch der Zöllner nicht ganz im Recht sei, er jedoch in seinen Gedanken über das Leben und über die Gottesordnung eine bessere Auffassung als der Pharisäer vertrete. Christus meinte, dass sich dieser Zöllner eines Tages auf einer viel höheren Stufe als der Pharisäer befinden wird. Wenn ihr nicht demütig und sanft werden wollt, so wird euch Gott demütigen, weil er die Stolzen erniedrigt und die Demütigen erhebt. Stolz und Demut sind die Synonyme dieser zwei Menschentypen, des Pharisäers und des Zöllners.

     

    Ihr wisst nicht, was in der Zukunft passieren wird. Alle eure edelmütigen Züge und alle eure Ahnen und Urahnen können euch nicht retten. Vor Jahren ging in England, - wenn ich mich nicht irre, in London, - einer der reichsten und angesehenen Engländer in seine Schatzkammer um seine Schätze zu betrachten, und machte ganz zufällig die Tür hinter sich zu, wobei er den Schlüssel außen stecken ließ. Nachdem er seinen ganzen Schatz angeschaut und sich an ihm erfreut hatte, wollte er hinausgehen, doch ihm wurde klar, dass er eingesperrt war. Er saß dort ein, zwei, drei Tage fest, um ihn herum Gold, ein riesiger Reichtum, aber er konnte weder heraus noch jemanden herbeirufen. Schließlich war er gezwungen, an diesem Ort seinen Geist aufzugeben; dabei hinterließ er folgenden Zettel: "Wenn mir jemand auch nur ein Stück Brot gegeben hätte, hätte ich ihm die Hälfte meines Schatzes überlassen".

     

    Sollte es euch eines Tages passieren, wie dieser Reiche in den Kellergewölben eurer edelmütigen Ahnen und Urahnen eingeschlossen zu sein, kann euch ein Stückchen Brot retten. Deshalb sagt Christus: "Das Brot kann euch retten, und nicht diese Sachen, um die ihr kämpft". Und wisst ihr, dass viele Menschen so sterben, in sich verschlossen? Verzweifelte Menschen begehen Selbstmord. Und wer nimmt sich das Leben? Nicht Zöllner begehen Selbstmord, sondern immer nur Pharisäer. Dichter, Künstler und Staatsmänner sagen: "Uns wusste die Welt nicht zu schätzen, sie konnte unsere Schriften, Werke und Bilder nicht würdigen", und begehen Selbstmord. Immer wieder sind es die Pharisäer, diese edelmütigen Denker mit den gleichmäßig geformten Gesichtern und roten Bärten, die allgemein Selbstmord begehen.

     

    Die Pharisäer in Bulgarien haben keine roten Bärte, hier ist die Rede von den jüdischen Pharisäern, diese beschreibe ich. Unsere hätte ich anders beschrieben. Auch die bulgarischen sind ihnen ähnlich, doch sie unterscheiden sich in etwas von ihnen. Da es aber nicht um die bulgarischen sondern um jüdische Pharisäer geht, so folgert selbst über die bulgarischen und sucht diese Typen. Wie sollt ihr sie suchen? Das Ziel meines Vortrags ist, dass ihr das Gehörte in der Praxis, in eurem Leben anwendet.

     

    Die heutigen Menschen predigen, dass der Mensch, um Erfolg zu haben, einen starken Willen haben muss. Der Wille hat eine dreifache Dimension - erstens kann er Eigenwilligkeit sein; zweitens ein Wille, der sich nur auf unsere Interessen und auf die Interessen unseres Volkes bezieht und drittens ein Wille, der nicht nur auf die Interessen unserer Gesellschaft und unseres Volkes gerichtet ist, sondern auch auf die Interessen des Menschen und Gottes. Dieser letzte Wille, der in sich alle unseren Verpflichtungen dieser Welt gegenüber umfasst; ein so starker Wille, dass es keine Kraft gibt, die uns von unserer Pflicht ablenken kann - das ist ein guter Wille. Ein Wille, für den Ruhm Gottes und der Menschheit, für dein Volk, dein Haus und auch für die Entwicklung deines Charakters zu arbeiten - das ist ein richtiger Wille. Manche sagen: "Du musst einen edelmütigen Verstand haben". Ein Verstand, mit dem man seine Beziehung zu Gott begreift, ein Verstand, der damit beschäftigt ist, im Leben erhabene Gedanken in die Tat umzusetzen - das ist ein edler Verstand. Ihr habt alle Voraussetzungen dafür. - "Aber meine Nase ist nicht so, wie ich sie mir wünsche". - Sie entwickelt sich noch. Seht mal jene kleinen Vögelchen in ihren Nestern, die noch keine Federn haben, wie sie auf ihre Mutter warten und wenn sie auftaucht, sperren sie ihre Schnäbelchen auf und piepsen: "tschirrrk!", und hopp, ihre Mutter stopft ein Würmchen ins Schnäbelchen. Zwanzig Mal am Tag: "tschirrrk!" und wieder sperren sie die Schnäbelchen auf. Je mehr diese Vögelchen mit "tschirrrk!" bitten, desto mehr Würmchen fallen in ihre Schnäbel. Nun beginnen ihnen Flügel zu wachsen und schließlich fliegen sie auf.

     

    Demselben Gesetz müsst auch ihr folgen - den Mund aufmachen, d.h. beten. Wenn ihr ihn nicht öffnet, seid ihr Pharisäer, und Christus wird euch sagen: "Die Welt, das Gottesreich und die Zukunft sind nicht für euch". Das wollte Christus sagen. Es gibt Menschen, die ihren Mund nicht gern öffnen, sie schweigen nur. Ich verstehe, dass man schweigt, die Frage ist nur wann. Wenn man zornig ist, wenn man einen Menschen beleidigen will oder wenn man ihn beneidet. Aber wenn man heiter ist, wenn ein tröstendes Wort gesagt werden muss, dann öffnet den Mund und sprecht es aus. Öffnet ihr den Mund, wenn ihr die Kinder erzieht? Das ist die Frage, die vor euch steht. Ihr erzieht eure Kinder, wie die Pharisäer: Sie sollen das Geschirr nicht berühren, um sich nicht schmutzig zu machen, sie sollen noch nicht einmal ihre Hände ins Wasser tauchen - ihre Mutter wird das Geschirr abwaschen. Der Vater soll ihnen neue Schuhe, Uhren und Uhrketten kaufen. Der Vater wird zum Diener dieses Pharisäers. Wenn der Vater am Abend heimkommt, verziehen sie ihre Gesichter: "Wir wollen schon bald dies, wollen jenes", und er gibt nach. Warum sagte Christus: "Wehe euch, Schriftgelehrten und Pharisäern". Zu Hause, bei unseren Kindern und auch in den Kirchen äußern wir diese Züge der Pharisäer und wundern uns, warum die Zeit des Gottesreiches nicht anbricht. Obendrein machen wir noch Vorwürfe: "Schlechte Welt, schlechte Gesellschaft, unmögliche Geistliche, schlechte Lehrer, schlechte Regierende". Wir aber sind - Heilige! Auch du bist so wie jene, die du tadelst. Hör auf damit und lass das, denn deine Mutter ist bei dir und wenn du "tschirrrk!" sagst, hopp, bekommst du Nahrung.

     

    All das scheint euch lächerlich vorzukommen, doch das sind große Wahrheiten, Kleinigkeiten, aus deren Beispiel wir eine Lehre ziehen müssen. Im Vergleich zum himmlischen Leben sind wir arme Schlucker und Gott schickt uns immer wieder die Mutter mit diesen Würmern. Begrüß deine Mutter, weil sie dir Nahrung bringt. Wie viele Orte hat sie durchwandert, bis sie einen Wurm gefunden hat! Wie können wir Gott danken, der jeden Tag an uns denkt und uns Nahrung liefert? Jeden Morgen sollten auch wir "tschirrrk!" sagen, d.h. zu ihm beten. Wisst ihr, was dieses "tschirrrk!" bedeutet? Es hat einen tiefen Sinn. Was beinhaltet dieses "tschirrrk!"? Wenn ihr das wüsstet, würdet ihr die Worte kennen, mit denen der Himmel spricht. Ein sehr kurzes Wort, aber inhaltsreich. Ihr seid im Tempel; Christus wendet sich an euch und fragt euch: "Wie betet ihr, wie dieser Pharisäer oder wie der Zöllner? Wie geht ihr in die Welt und beginnt eure Arbeit, wie der Pharisäer oder wie der Zöllner? Auch ihr seid aus dem gleichen Schlamm gemacht". Christus will uns damit sagen, dass wir keine Pharisäer sein sollen. Mir brummt der Kopf von diesen Pharisäern. Wenn es etwas in der Welt gibt, was stört, so sind es diese Pharisäer. - "Aber da gibt es jemanden, der hat diese Züge". - Das weiß ich, aber was soll ich tun? Warte mal, lass mich erst einmal mich selbst reinigen und dann die Menschen. Warte, lass mich meine eigenen Läuse beseitigen und dann die der anderen. Denn sonst wird jener, der weniger Läuse hat als ich, von meinen Läusen befallen, wenn ich zu ihm gehe. - "Aber er muss umerzogen werden". - Warte mal, lass mich zuerst einmal mich selbst erziehen. - "Aber ihr müsst predigen". - Wenn ich zu früh zu predigen anfange, werde ich die Menschen irreführen. - "Tritt heraus und sage das und das". - Was soll ich sagen? Soll ich die Menschen belügen? Wenn du heraustrittst, musst du die große Wahrheit sowohl mit Worten als auch mit deinem Leben ausdrücken. Das hat Christus gemeint. Wenn wir zu lernen anfangen, müssen wir gleichzeitig mit Worten und mit unserem Leben arbeiten.

     

    Mir gefallen jene gegenwärtigen Lehrer sehr, die, wenn sie ein Fach unterrichten, Physik oder Chemie, sofort mit Experimenten beginnen: Sauerstoff erhält man so, jenes entsteht so. Man betritt die Tischlerei - der Meister unterrichtet Theorie und Praxis. Man betritt die Schneiderwerkstatt - dort geschieht das Gleiche. Christus sagt den Christen: "Tretet ein und nehmt euere Messlatte und die Schere". Einige müssen mit der Nadel beginnen und erst dann bekommen sie die Schere. Was für eine Schere ist das? Das ist eure Zunge. Wenn ihr zuschneidet und zu nähen beginnt, gibt es keine schönere Schere als eure Zunge. Wenn ihr drauflos schneidet ohne nachzudenken, ist eure Schere fehl am Platz. "Müssen wir nicht reden?" Man muss, doch am rechten Platz. Denn wenn ihr nicht am rechten Platz redet, wenn ihr drauflos schneidet, ohne nachzudenken, verpfuscht ihr den Stoff.

     

    Das alles sage ich nicht zur Entmutigung. Ich will nicht sagen, dass ihr geborene Pharisäer seid, sondern, dass ihr die Anlage zum Pharisäer habt. Alle haben sie. Und es ist gut, dass ihr sie bis zu einem gewissen Grade besitzt. Wenn ihr aber sagt: "Gott, ich danke dir, dass ich nicht wie die anderen bin", dann ist der Pharisäer in euch stark und ihr könnt euch nur schwer von ihm befreien. Er lebt im Hinterkopf, im Scheitel, in den Ohren, im Kopf, in der Nase, im Augeninnern. Wo findet ihr diesen Pharisäer? In allen euren Gesichtszügen und Handlungen.

     

    Also, jetzt fragt uns Christus: "Wie schicken wir unser Gebet richtig an Gott?" Dieses Gebet begreift er im weiten Sinne - zugunsten des gesellschaftlichen Lebens. Manche denken, dass man ein echtes Gebet nur in einer Kirche verrichten kann. Überprüft, ob dieses Gebet, das ihr in der Kirche verrichtet, eine gewisse Beziehung zum Familienleben hat, ob es euch helfen kann? Und diese Kirche müsst ihr erst einmal finden. Wo ist sie? Der Lehrer bringt den Schülern zuerst bestimmte Elemente bei und lässt sie dann selbständig die Aufgabe lösen, die Verhältnisse eines bestimmten Gesetzes finden. An einer Stelle in den Apostelbriefen wurde gesagt: "Ihr seid Gottes Tempel". Wenn wir Gottes Tempel sind, wie müssen wir dann, wenn wir in unser geheimes Kämmerchen vor Gott gehen, dort eintreten? Wenn wir es wie Pharisäer tun, sagt uns Christus: "Ihr habt euer Ziel nicht erreicht". Wenn wir es wie der Zöllner tun und unsere Fehler eingestehen und versprechen, sie zu berichtigen, dann werden wir Erfolg haben und Christus Antwort hören: "Du bist freigesprochen, du hast eine Zukunft."

     

    Vielleicht findet der Lehrer im Heft viele Fehler, doch der Schüler darf nicht sagen: "Wie kleinlich er ist - nur drei Fehler!" Der Lehrer kann das Heft beschmutzen, kann 4-5 Wörter durchstreichen und der Schüler meint dann: "Er hat mein Heft verpfuscht". Ja, aber wenn du vollkommen sein willst, musst du ihm dankbar sein, dass er dich auch auf diese Fehler hingewiesen hat, weil sich aus diesen drei Fehlern viele weitere ergeben können. Berichtige sie, lass sie nicht so stehen, weil der Fehler wie eine Laus ist: wenn du nur eine zurücklässt, kann sie sich in einer Woche tausendmal vermehren. Ein Fehler genügt um den Menschen an den Pranger zu stellen. Es genügt laut demselben Gesetz eine Tugend, um euch in den Himmel zu erheben und euch unter die Engel zu bringen. Schafft die Bedingungen und wenn eine Tat falsch ist, wird sie euch erniedrigen; wenn sie tugendhaft ist, wird sie euch erheben. Folglich berücksichtigt sowohl eine einzige Tugend als auch einen einzigen Fehler. Wenn einem, der ein lasterhaftes Leben geführt hat, eine einzige Tugend verblieben ist, dann ist sie jenes dünne, ins stürmische Meer des Lebens geworfene Seil, mit dessen Hilfe er, wenn er es packt, das Festland erreichen kann. Entsprechend ist der letzte Fehler, der übrig bleibt, sehr schlecht und kann den Menschen ebenso zugrunde richten wie die letzte Tugend sehr stark ist und den Menschen retten kann. Sie sind es, die unser Leben verändern können. Das ist ein Gesetz. Deshalb sagte Christus: "Seid nicht nachlässig."

     

    Der Pharisäer hatte edelmütigere Züge als der Zöllner; er stand in vieler Hinsicht höher als dieser, aber er hatte einen letzten Fehler - den Stolz, der ihn in die Hölle bringen konnte. Der Zöllner war ein großer Sünder, aber ihm war eine letzte Tugend geblieben - die Demut, und er sagte: "Ich werde für meine Rettung arbeiten". Dafür hat ihn Gott gesegnet, denn der Zöllner hatte die Hoffnung sich in Zukunft zu verbessern.

     

    Heute Morgen frage ich euch: Wo seid ihr - bei eurem letzten Fehler oder bei eurer letzten Tugend? Wenn ihr bei eurem letzten Fehler seid, bemitleide ich euch: Passt auf, ihr befindet euch an einer gefährlichen Stelle im Leben. Wenn ihr bei eurer letzten Tugend seid, befindet ihr euch an einer zuverlässigen Stelle und wohl euch! - ihr seid auf einem sicheren Felsen. Haltet euch an dieser letzten Tugend fest und Christus wird mit euch gehen.

     

    Ein Vortrag, gehalten vom Meister am 5. Oktober nach dem Julianischen Kalender 1914 in Sofia

  19. Die Bedingungen für das ewige Leben

     

    "Das ist aber das ewige Leben, dass sie dich, der du allein wahrer Gott bist, und den du gesandt hast, Jesus Christus, erkennen (Joh. 17:3)

     

    Wenn der junge bulgarische Bursche, rein wie der Tau, zum ersten Mal seinem Ideal in der Welt begegnet, hält er inne und sagt zu sich: "Ich habe sie gefunden, sie ist es. Jetzt kann ich wie Archimedes das relative Gewicht der Körper bestimmen, angeben, wie viel Silber, wie viel Kupfer, wie viel Gold in dieser Zarenkrone erhalten sind. Jetzt kann ich wie Newton sagen, warum die Äpfel reif werden und auf den Boden fallen, warum die Felsenbrocken von der Höhe herunterrollen, warum die Gebirgsquellen nach unten laufen, springen, rauschen und in aller Eile fließen, warum sich die Himmelskörper im Weltraum bewegen und um ihre zentralen Heimstätten kreisen. Jetzt offenbaren mir mein Verstand, mein Herz dieses große Geheimnis der Bewegung im Leben; ich kann euch sagen, was das ewige Leben darstellt; ich kann euch seine Eigenschaften, Merkmale, Voraussetzungen und Elemente nennen. Ich habe sie gefunden, ich habe den Stein der Weisen gefunden, ich habe das kostbare Lebenselixier erworben. Ich kann mutig wie der Löwe, geduldig wie der Ochse, fliegend wie der Adler, vernünftig wie der Mensch sein. Und es ist recht gesagt worden: "Den Unmündigen hast Du es offenbart." - Dieser junge Mann ist nicht weit entfernt von der Wahrheit. Er hat die ursprüngliche Sprache begriffen, die Sprache, in der Gott gesprochen hat. Seine Schlussfolgerungen und Ansichten zeugen davon, dass er das Original versteht, aus dem er seine Inspiration schöpft. Er spricht, denkt, empfindet, handelt richtig: grammatikalisch wie logisch und philosophisch. In seiner Seele herrscht Frieden und Eintracht, es gibt keinen Streit um das Wort "ewig" - ob es vor oder nach dem Wort 'Leben' gesetzt werden soll. "Das ist die äußere Hülle der Dinge", sagt er. "Für mich ist es wichtig, dass es in meinem Verstand, in meinem Herzen ist, dass es tief in meine Seele eingedrungen ist und meinen Geist mit seinem Göttlichen Feuer stärkt".

     

    Richtig ist seine Antwort. Vor Jahren war es richtig, dass der Kutscher in der Kutsche vorne saß, und der Herr hinten; in der moderneren Zeit hat sich die Regel geändert: der Herr sitzt vorne und der Kutscher hinten. Vorne oder hinten - es ist egal, es ist nur wichtig, dass sich die Zügel in erfahrenen Händen befinden, dass die Pferde stark sind, die Kutsche heil, der Kutscher schnell von Begriff, sein Herr klug und gut - dann ist das Ziel erreicht. Jemand wird wohl sagen: "Was wollen Sie damit sagen?" - "Nichts mehr als das. Mit einem Wort, dass der Herr und der Kutscher auf seinen Plätzen sein müssen -"Und noch etwas?" - Könnt ihr wie dieser junge Bursche sagen: "Ich habe sie und ihn gefunden!" Das ist die für euch wichtige Frage. Wenn ihr eine Antwort darauf findet, werden die Welt und das Leben ein ganz neues Aussehen gewinnen. Aber kommen wir zu unserem Thema zurück. Als Christus diese Worte über das "ewige Leben" in Anwesenheit Seiner Jünger geäußert hat, hat Er ihnen ein "ewiges Gesetz" des Lebens offenbart; in diesem Gesetz sind schon zwei seiner wesentlichen Bestandteile abgesteckt und festgelegt, die im irdischen wie im ewigen, im vernünftigen wie im übersinnlichen Leben enthalten sind. Nun, Menschen, die den tiefen Sinn der ursprünglichen Sprache nicht verstehen, können diese oder jene Übersetzung machen, die Worte verstellen, aber es gibt gewisse Gesetze, die den menschlichen Gedanken regeln und die keine willkürliche Verstellung zulassen. Solange der Mensch nicht gelernt hat, richtig zu denken, wird er Fehler machen, und er wird sie mit einer Reihe von Leiden sühnen. Die geschriebenen Dinge, die im großen Buch des Lebens stehen, sind für die vernünftigen Leute; sie sind nicht für die niedrigeren Wesen bestimmt, die dieses Gesetz nicht verstehen. Wenn nun jemand "ewiges Leben" oder "Leben ewig" liest, wird fragen, was wir unter dem Wort 'ewig' verstehen können. Dieses Wort hat einen äußeren und einen inneren Sinn. Unter `ewigem Leben' versteht man bei uns langes, grenzenloses Leben ohne Unterbrechung. Auf Englisch heißt es 'eternal', aber die Wurzel dieses Worts stammt aus dem Sanskrit und bedeutet 'Erde', und 'Erde' bedeutet auf Sanskrit ein Wesen, das empfängt und gebiert. Oft wird das 'ewige' Leben mit dem Existieren des Menschen verwechselt; aber ein Mensch kann existieren, ohne zu leben. Die Metaphysiker streiten über diesen Gegenstand, aber, wenn wir uns schon auf dem Gebiet der Experimentalphilosophie befinden, wo wir die Göttlichen Gesetze überprüfen, müssen unsere Schlussfolgerungen auf der Wahrheit beruhen und die Ergebnisse stimmen.

     

    Im Leben des Menschen gibt es drei Grundelemente, die sich niemals ändern; drei Grundprinzipien, auf denen sein jetziges Leben beruht. Sie sind in der Grammatik, in der Logik und in der Mathematik präsent. Zum Beispiel, wenn die Kinder sich mit der Satzlehre vertraut machen, sagen sie, dass die Sätze ein Subjekt, ein Prädikat und eine Bindung haben. Er kann auch Attribute, Objekte usw. haben, aber die Basis stellen diese drei Wörter dar, die einen Gedanken ergeben. Hätte ich euch gefragt, was 'Subjekt' ist, hättet ihr geantwortet: "Das Wort, das den Gegenstand bezeichnet, wovon die Rede im Satz ist." "Und ein Prädikat?" - "Das Wort, das zeigt, was über den Gegenstand gesagt wird." Gut. Wenn ein Lehrer euch die Aufgabe stellen würde, das vorgelesene Zitat grammatikalisch zu analysieren, zu sagen, welche die wichtigsten Wörter in ihm sind, so würden alle die Wörter 'Gott' und 'Jesus Christus' nennen. Aber der Grundgedanke hier heißt 'ewiges Leben' und 'Jesus Christus' ist eine Ergänzung dieses Gedankens. Gott und Jesus Christus sind die beiden Prinzipien, die den Anfang des ewigen Lebens ergeben, oder die zwei Pfeiler, die es stützen. In der Sprache der Logik ausgedrückt, ist 'Gott' die große Prämisse, 'Jesus Christus' ist die kleine Prämisse, und 'ewiges Leben' - die Schlussfolgerung. Wollen wir diesen Gedanken etwas deutlicher machen. Die Worte 'ewiges Leben' meinen die vernünftige Seelenwanderung; das Wort 'Gott' - die Keime des Geistes, die Voraussetzungen, die Kräfte, die Gesetze in der Natur, auf denen baut und sich stützt diese majestätische Ordnung der Dinge, und 'Jesus Christus' - das vernünftige Prinzip, das von dem Einzigen Gott ausgeht und das alle Lebewesen lenkt und erhält. Nun könnt ihr auch denken, dass, wenn ihr 'ewiges Leben' sagt, begreift und wißt, was ein ewiges Leben eigentlich ist. Aber welches ist das Grundelement der Erkenntnis? Wir erkennen nur jene Dinge, die wir ausprobieren, die wir tun können. Jedes Ding, das wir nicht ausprobieren und das wir nicht selbst tun können, erkennen wir nicht. Von solchen Dingen, welchen Charakters sie auch sind, haben wir nichts anderes als eine Vorstellung und wir können nur Vermutungen anstellen. Wenn man euch einen Stoff gibt, werdet ihr sagen: "Ich weiß, wie er zustandegekommen ist", aber, lässt man euch ihn selbst machen - den Schuß fertigspinnen, die Kette setzen - werdet ihr sagen: "Ich kann es nicht".

     

    Die Wissenschaft lehrt, dass für die Existenz eines Lebewesens bestimmte Bedingungen und eine bestimmte Umgebung erforderlich sind. Zum Beispiel ist die Umgebung des Fisches das Wasser. Was ist unter dem Wort 'Umgebung' zu verstehen? 'Umgebung', 'Grundlage', 'Boden' sind Dinge, die viele Berührungspunkte haben. Im Bulgarischen und in anderen Sprachen gibt es kein Wort, das auf einen wesentlichen Unterschied zwischen diesen drei Wörtern hinweist. Das erste Element des 'ewigen Lebens' ist jenes Element, in dem die Seele so untertaucht, wie der Fisch - dieses Element nennen wir Umgebung. Wenn wir mit dem Errichten eines Hauses beginnen, bezeichnen wir diese Umgebung Grundlage - auf der Grundlage bauen wir Wände und wir setzen ein Dach auf. Wenn wir eine Pflanze säen, bezeichnen wir diese Umgebung als Boden - im Boden säen wir die unterschiedlichsten Samen. Zunächst müssen wir für jedes Ding die Umgebung erkennen. Was ist 'die Umgebung' bem 'ewigen Leben'? Gott. Es gibt aber noch zwei Übergangselemente oder Bedingungen. Manche verwechseln 'Bedingungen' mit 'Umgebung'. Zwischen den beiden besteht ein Unterschied. Damit ein Zug von Sofia nach Varna kommt, braucht er gewisse Bedingungen; das sind: Gleise, Kohle und Wasser. Und wenn wir es auf den Menschen beziehen, welche sind dann die Bedingungen seines Lebens? 'Die Umgebung', in der der Mensch lebt, ist die Luft. Der Mensch ist darin eingetaucht. Die Luft ist aber nicht das einzige Element, das der Mensch, die Fische und die Vögel brauchen, um zu existieren; es ist ein weiteres Element erforderlich - die Nahrung; wir sind aber nicht in die Nahrung eingetaucht: dieses Element ist ein Übergangselement, es kommt von außen, geht in uns hinein und kommt aus uns heraus, indem es seine Folgen hinterlässt. Das dritte Element für den Menschen, das Element, wo der Fisch eingetaucht ist - das Wasser - das ist die Umgebung des Fisches, für den Menschen stellt es aber nur eine Bedingung dar. Wenn wir den Menschen dort eintauchen, wo der Fisch sich befindet, wird er sterben. Folglich ist das Wasser für den Menschen eine Bedingung seiner Existenz. Nehmen wir die Luft, die für den Menschen eine Umgebung ist - berauben wir ihn der Luft, so stirbt er - für den Fisch aber ist die Luft nur eine Bedingung. Diese Bedingung befindet sich im Wasser selbst, und wenn sie durch die Kiemen eines beliebigen Fisches geht, geht diese Luft in ihr Atmungssystem über und reinigt das Blut. Das Wasser ist eine Umgebung für den Fisch. Die Luft ist eine Umgebung für den Menschen.

     

    Aber die Umgebung ist nur ein Drittel der Wahrheit. Wo entstehen die falschen Begriffe? Wenn wir zum Vergleich ein Beispiel nehmen, müssen wir wissen, wie viel Wahrheit dahinter steckt. Wir müssen immer ehrlich sein und nicht nur unsere Schlussfolgerungen müssen richtig sein, sondern gleichzeitig auch die kleine und die große Prämisse müssen stimmen. Die eine Prämisse kann richtig sein, aber, ist die andere falsch, wird auch eure Schlussfolgerung nicht richtig sein. Und wenn die Mathematiker und die Ingenieure die nötigen Ausrechnungen und Pläne machen, so erwägen sie genau alle Umstände, um eventuelle Fehler auszuschließen. Demselben Prinzip nach solltet ihr auch die Dinge in euch selber aufbauen, wenn ihr euren Charakter aufbauen wollt - euren Verstand und euer Herz. Ihr müsst auch wissen, wie ihr ihn aufbauen sollt - ihr müsst wissen, was eine Umgebung, was eine Bedingung, was ein Element ist. Weil es auch Elemente gibt. Die Elemente beziehen sich auf den Unterhalt des Lebens, und die Bedingungen - auf die Existenz des Lebens. Die Felder, die Gärten, die Weinberge usw. stellen zum Beispiel die Lebensbedingungen dar, aus denen die Elemente des Lebens - der Weizen, das Obst usw. hervorgehen. Das Licht ist ein für das Leben notwendiges Element aber es ist das vierte Element - die Luft, die Nahrung und das Wasser sind die ersten drei Elemente. Wenn der Fisch sagen könnte: "Mir genügt das Wasser", weil er im Wasser seine gesamte Nahrung findet, und wenn der Mensch auch im Wasser leben wollte, so würde er in Widerspruch mit den Grundgesetzen geraten, die sein Leben regeln, weil er nicht ins Wasser gehen und drin, wie der Fisch, leben könnte. Gerade aus diesen falschen Auffassungen gehen auch die Fehler in allen modernen philosophischen und religiösen Lehren hervor. In ihnen gibt es viele Dogmen, die nur halbe Wahrheiten enthalten.

     

    Kommen wir zum Wort 'ewig' zurück. Es bezieht sich auf die geistige Welt, es meint Bausteine, aus denen man das unsterbliche Leben aufbauen könnte. Das Wort 'Leben' meint das organische Leben in der Materie, das wächst und sich entwickelt und nicht ununterbrochen ewig sein kann: seine Form kann verändert werden, und diese Veränderung nennen wir Tod. Die Vorstellungen von dem 'Tod' aber können unterschiedlich sein. Sterben bedeutet für den Menschen nicht im geringsten, dass er sein Bewusstsein verliert, sondern, dass er jene Bedingungen verlieren kann, unter denen sich das Leben äußert. Das Bewusstsein kann so werden, wie der Mensch wird, wenn er stirbt - es bleiben seine Knochen. Das Bewusstsein - das ist die geistige Wirbelsäule des Menschen. Das heißt, auf dieser Wirbelsäule, der Wirbelsäule des Menschen ähnlich, beruht die Funktion des ganzen Nervensystems und der Glieder, die zusammen mit den anderen Sinnen und Fähigkeiten wirken. Wenn wir über Gott sprechen, so ist Er die oberste Macht oder die notwendige Umgebung, in die der Mensch geistig eingetaucht ist. Wollen wir diese Analogie erklären. Wenn wir sagen, dass das menschliche Auge das Licht braucht, so heißt das, dass die Augenzellen in das Licht eingetaucht sind und dass es für ihre Auferhaltung notwendig ist. Die menschliche Seele muss auch eingetaucht sein. Habt ihr sie nicht eingetaucht, so seid ihr außerhalb eurer Umgebung, ihr werdet im Keim leben, so wie viele Weizenkörner sich 5-6 Jahrtausende in den ägyptischen Pyramiden und Grabstätten im Trockenen erhalten und auf Bedingungen gewartet haben, um gesät zu werden und danach hervorzusprießen. Solche Weizenkörner sind neulich herausgeholt und gesät worden und sie haben sich ausgezeichnet entwickelt. Auch die menschliche Seele, einem Körnchen gleich, verweilte in der Göttlichen Getreidekammer und wartete auf die drei notwendigen Elemente, die in den Bedingungen, in den Kräften und in den Gesetzen enthalten sind, damit sie aufs neue ihr Leben beginnen kann. Im christlichen Sinne gesagt, müssen wir die Bedingungen finden, unter denen wir in Gott eintauchen und in Gott leben können. Die Bestrebung eines jeden bewusst lebenden Menschen muss darauf gerichtet sein, dieses Ziel zu erreichen. Ihr lebt, ihr existiert, aber dieses Leben und Existieren ist ein glattes Vegetieren. Eure Existenz besteht nur aus einem Element und ihr werden von der Göttlichen Wesenheit, die euch wie Weizenkörnchen und kleine fruchtbringende Samen geschaffen hat, Grenzen gesetzt. Ihr könnt eurem Dasein nicht entfliehen, ihr könnt euch selbst nicht vernichten: euer Dasein liegt außerhalb der Zeit und des Raumes. Die Menschenseele hat in diesem Zustand Milliarden von Jahren in der Tiefe des Göttlichen Bewusstseins verbracht, ihr damaliges Leben ist aber von einer ganz anderen Art gewesen: sie war nichts Individuelles, sie kannte nicht das Einzelleben des individuellen Geistes; sie hat in der Betrachtung der Göttlichen Seligkeit gelebt - in einem dämmernden Zustand. Aber mit ihrem Erwachen jetzt kommt sie zur Erde, um den inneren Sinn auch dieses Lebens, des individuellen Lebens, zu erfahren, selbst ein eigenes unsterbliches Leben zu erlangen und Bürgerin des Himmels mit bestimmten Rechten und Pflichten zu werden. Dieser innere Drang ist eine Bedingung, die uns auch von Gott auferlegt worden ist. Nun möchten manche einen Körper erlangen und gleichzeitig wie Gott leben. Jedoch wie Gott zu leben ist widersprüchlich, weil, um wie Gott zu leben, brauchst du gar nicht aus Ihm hinauszugehen. Welches Bedürfnis hat dieses Göttliche Bewusstsein, sich zu trennen, nach einem anderen Leben zu suchen? Das bedeutet, dass die menschliche Seele immer in Gott existiert hat, und dass ihr ewiges Streben immer da gewesen ist, nach Ihm zu suchen in allen Seinen Äußerungen und Ihn nachzuahmen.

     

    Kommen wir aber zu der wissenschaftlichen Seite des Gegenstandes zurück - die Beherrschung dieser drei Grundtatsachen: Umgebung, Bedingungen und Elemente der Existenz. In der Kirche ist diese Idee als "Dreifaltigkeit" Gottes verkörpert. Was bedeutet dieses Wort? Drei verschiedene Personen, die einen gemeinsamen Gedanken, einen Willen haben - Vater, Sohn und Heiliger Geist. Sie sind auch in der Grammatik vorhanden: Subjekt, Prädikat und Bindung; in der Logik heißt es: große Prämisse, kleine Prämisse und Schlussfolgerung. Die Umgebung für alle Wesen und für unsere Seele ist Gott; das Element, das das Leben in sich hat, ist Christus, und die Bedingungen, die zur Manifestitation des Lebens verhelfen, verweilen im Heiligen Geist. Wenn ihr die Ordnung der Dinge verändert, müsst ihr gleichzeitig auch die Gesetze verändern, die die Form der Dinge regeln. Ihr könntet in das Wasser tauchen, aber, um darin zu leben, müsstet ihr auch eure menschliche Form in eine Form, die dem Fisch eigen ist, umwandeln. Das wäre ein Degradieren des Lebens, weil ihr die Bedingung - in diesem Fall das Wasser - zur Umgebung gemacht habt. Und eine Erhöhung des Lebens gibt es dann, wenn man die Umgebung zur Bedingung macht. Im ersten wie im zweiten Fall ist die Form des Wesens notwendigerweise zu verändern. Wir können die Form eines Fisches nur verändern, wenn wir seine Umgebung verändern. Wenn wir ihn aber nach und nach aus dem Wasser holen und ihn der Luft aussetzen, wird er zum Vogel, er wird sich an die Luft anpassen. Dann wird das Wasser zu einer Bedingung seines Lebens werden, so wie für ihn es die Nahrung und das Licht Lebensbedingungen sind. Wenn Christus sagt: "Dich, Den allein wahren Gott zu erkennen, das ist ein ewiges Leben", was wollte Er mit 'allein wahren Gott' sagen? Das ist jene Oberste Kraft, Die Sich stets in uns bewegt, Die das Leben in Sich trägt, die Bedingungen schafft, durch die wir Sie erkennen können. Ein Wesen, das in eine bestimmte Umgebung getaucht ist, kann diese Umgebung nicht erkennen; zum Beispiel kann der Fisch das Wasser nicht erkennen, in das er getaucht ist. Manche wollen Gott erkennen; wenn ihr in Gott eingetaucht seid, werdet ihr Ihn nicht erkennen, weil ihr mitten drin in Ihm seid; so lebt ihr nur in Ihm, ohne dass ihr Ihn erkennt. Ihr müsst aber aus Ihm hinaus und Ihn zur Bedingung eurer Existenz machen, wenn ihr Ihn erkennen wollt. Nehmen wir an, ihr sprecht zu einer eurer Zellen, die in euch lebt. Die menschlichen Zellen sind vernünftige Wesen, sie besitzen eine gewisse Art von Intelligenz. Sie sind wie die Vögel und die Fische. Mag sein, dass ihr es merkwürdig findet, aber es ist so. Ihr könnt versuchen, zu diesen Zellen zu sprechen - sie werden euch verstehen. Und wenn ihr zu ihnen in ihrer Sprache sprecht, werden sie ihrem Dienst vorzüglich nachgehen. Ihr könnt sie aber auch einschüchtern; sie werden sich ducken. Wenn eine Zelle aber folgendes sagt: "Ich möchte wissen, was der Mensch ist", wird es dasselbe sein, wie wenn der Mensch sagen würde: "Ich möchte sehen, was Gott an sich ist"; dann muss Gott keine Umgebung sein, der Mensch muss aus Ihm hinausgehen. "Aber ist so was möglich?" Es ist möglich. Du musst nur deine Form ändern. "Ich kann es aber nicht!" Warte dann, bis du sie geändert hast. Das ist die ganze Philosophie. Auch die Zelle muss, um erkennen zu können, was der Mensch ist, durch Milliarden von Bedingungen gehen, durch das gesamte Gewebe, sich im Magen, im Herz, in den Lungen, im Gehirn usw. aufhalten; erst danach kann sie innehalten und sagen: "Ich habe meine Meinung über den Menschen gebildet, ich weiß schon, was der Mensch darstellt." Und jetzt, nachdem wir, die Philosophen dieser Welt, überall gewesen sind, bleiben wir stehen und sagen: "Komm, ich will dir sagen, wie Gott ist, Er ist allmächtig, hast du es jetzt begriffen?" - "Ich habe es begriffen." Nichts hast du begriffen. Nur, wenn du aus diesem Umfeld heraus bist, nur wenn du durch die Tür gehst, die man "Tod" nennt, nachdem du "stirbst", erst dann wirst du erkennen, was Gott ist. Deswegen "sterben" auch die Menschen. Und wenn in einer Seele der Wunsch entsteht, Gott zu erkennen, muss sie "sterben", indem sie sich sagt: "Ich muss sterben, um Gott zu erkennen" - das ist die treffendste Definition der Gotteserkenntnis. Diejenigen, die das Evangelium geschrieben haben, sind sehr weise Menschen gewesen. Manche denken, die Evangelisten seien wie die Fischer gewesen, einfach, ungebildet, und dass Jesus Christus einfach und ungebildet gewesen sei. Es ist aber überhaupt nicht so gewesen. Christus war auf der himmlischen Schule, Er hatte es nicht nötig, auf der Erde zu lernen. Ich muss gerade über diese oberflächliche Schlussfolgerung staunen, dass einer, der nie eine Ausbildung genossen hat, die Welt wenden und die Menschen zu Gott führen konnte. Die Materialisten, die Pantheisten sagen: "Ihr Christen seid sehr große Dummköpfe, ihr habt keine Logik - ihr vertraut einem Menschen, der einfach, ungebildet gewesen ist, ihr hofft, dass er euch zu Gott führt. Wir - wenn wir unsere Überlegungen anstellen - ziehen alle Dinge in Erwägung". Bei einer Predigt in der Kirche darüber, dass Christus mit fünf Broten und zwei Fischen fünftausend Menschen satt gemacht hat, um seinem Publikum das Begreifen dieses Wunders leichter zu machen, sagte einer: "Ihr denkt nicht etwa, diese Brote seien ganz normal gewesen, nein, sie waren groß wie Hügel". Ein Schäfer, nachdem er das gehört hatte, pfiff auf seine Art vor sich hin und sagte zu ihm: "Warum erzählst du so was? Ich staune nicht darüber, dass die Brote so groß waren, sondern darüber, wie groß der Rachen dieses Ofens gewesen sein muss, in dem diese Brote gebacken worden waren". Das ist unsere Unlogik, unser oberflächliches Urteilen. Das erste, das ein Christ tun muss, ist, sich von allen falschen Schlussfolgerungen, falschen Gedanken, falschen Wünschen zu befreien. Und er kann es tun. Ein Logiker kann sich sofort davon befreien. Und ein Schüler kann zum Beispiel überprüfen, inwieweit dieser Vorschlag richtig ist: "Ein Mensch ist ein Wesen, das zwei Beine hat; jedes zweibeinige Wesen ist ein Mensch; deshalb ist auch das Huhn, das zweibeinig ist, ein Mensch." Die Schlussfolgerung ist zwar sehr richtig, aber die zwei Beine sind nicht gerade dasjenige, das den Menschen kennzeichnet - er kann auch auf vier Beinen gehen; und dasjenige, das den Menschen kennzeichnen kann, ist sein Verstand, sein Herz, seine Seele. Das sind drei Elemente. Die Beine oder die Hände sind nichts anderes als ein Ausgang, ein äußerliches physisches Produkt für die menschliche Tätigkeit. Wenn der Mensch tätig sein muss, braucht er Hände und Beine. Die Bedingungen werden sie schaffen. Ihr werdet bestimmt fragen, was für welche sie sein sollten. Sie werden der Umgebung entsprechen müssen. Wir sagen, dass sich bestimmte Organe nicht verändern lassen, solange das Wesen in einer und derselben Umgebung lebt. Wenn wir den Fisch als Beispiel nehmen, werden wir sagen, dass die Flossen, mit denen er schwimmt, für ihn im Wasser notwendig sind, und dass sie nicht verändert zu werden brauchen; wenn aber der Fisch aus dem Wasser herauskommt, falls er es tun könnte, und will ein Mensch werden, so müssen sich seine Flossen in Hände und Füsse verwandeln. Wir, die in die geistige Welt wollen, wir sind wie die Fische, die in dieselbe Umgebung getaucht sind. Wenn wir die Bedingungen kennenlernen wollen, unter denen die Engel leben, so werden die letzteren zu uns das sagen, was wir dem Fische sagen würden, wenn er das Wasser verlassen und in unsere Umgebung will, wenn er denken und handeln will: "Du musst zuerst deine Kiemen verändern, eine Lunge bilden und atmen lernen." Der Fisch, der anderen Fischen beibringt, Lungen zu bilden, wird der gebildeteste Fisch sein. Auch ich empfehle euch diesen Weg - bildet Lungen für das Jenseits, weil, besitzt ihr sie nicht, könnt ihr auch nicht hineintreten. Ihr müsst vorbereitet sein, weil sich euer Leben kontinuierlich nach oben erhebt, nachdem ihr die Erde verlassen habt.

     

    Nun wollen wir uns mit dem Wort "Erkenntnis" befassen. In unserer schriftlichen Sprache bestehen die Wörter aus bestimmten Zeichen - den Buchstaben, mit deren Hilfe sie geschrieben werden. Als Beispiel nehmen wir das bulgarische Wort 'Erkenntnis'- 'ïîçíàâàíå'. Zunächst haben wir es mit zwei Strichen zu tun, die von oben nach unten gezogen werden, bekommen diese noch einen Strich oben, entsteht der Buchstabe Ï. Wollen wir den Buchstaben O schreiben, so machen wir einen Kreis und stellen diesen neben das Ï - so entsteht ÏÎ. Für den Buchstaben Ç brauchen wir die beiden Hälften des Buchstaben O, die eine stellen wir oben, die andere unten. Um den Buchstaben Í zustandezubringen, brauchen wir die senkrechten Striche des Ï-s und deswegen setzen wir seinen oberen Strich in ihre Mitte. Als nächstes haben wir das A zu schreiben: dazu brauchen wir zwei sich oben berührende Striche und durch deren Mitte ziehen wir wieder einen Strich. Für den Buchstaben B brauchen wir eine gerade Linie, an die wir das Zeichen des Ç-s ankleben usw. Aber jener, der diese Zeichen geschaffen hat, hat eine bestimmte Idee gehabt. Ich stelle meine Überlegungen in Analogie zu den Pflanzen, den Blumen, an: Die Blume, wenn sie wächst, steht wie ein nach oben geöffneter Becher, bis sie ihren Keim empfängt; wenn sie in sich die Frucht schon trägt, beginnt sie sich nach unten zu biegen und bleibt schließlich hängen - sie bildet den Buchstaben Ï. Und ich meine, in der Erkenntnis ist der Becher Gott zugewandt, damit Er ihm etwas hineingießt; nachdem der Becher es empfangen hat, will er es in seinem Inneren ausprobieren - er macht seine Erfahrung, das heißt, im organischen Sinne ist es so zu verstehen, dass diese Blüte schon befruchtet wurde, und dass die Frucht reifen muss. Folglich könnt ihr keine Erkenntnis erwerben, bevor ihr nicht etwas empfangen habt. Sonst seid ihr nur eine nach oben gewandte leere Seele. Wenn sich die Seele nach unten wendet, sagen wir, dass Gott etwas in uns hineingelegt hat. Möglicherweise fällt diese Frucht vorzeitig, aber dann kann sie den Prozess der Entwicklung und des Reifens wiederholen, weil es ohne Mühe keinen Erfolg gibt. Das O, die Null, sagt man, sei nichts, in der Mathematik aber hat sie die Macht, zehnmal zu vergrößern und zu vermindern, wenn man sie vor oder hinter eine Ziffer setzt. Wenn wir zum Beispiel nach der 1 eine Null setzen, ergibt sich eine 10 Mal größere Zahl, und wenn wir sie vor die 1 setzen - eine 10 Mal kleinere Zahl. Also ist auch das Nichts ein Etwas. Wie kommt es denn, dass das, was nichts enthält, die Dinge vergrößern und vermindern kann? Nach meinem Begriff existieren im Nichts die Zeit und der Raum als zwei Elemente unserer organischen Entwicklung, im Raum wirken das Licht und die Wärme. Also wenn wir hinter dem Ï eine Null setzen, zeigt das, dass es Bedingungen für die Entwicklung der Blüte gibt. Wir haben aber mit dem Baum zu tun, der ein Doppelleben führt - oben im Stamm und in den Ästen und unten in den Wurzeln. Wir sagen, dass der Fisch in das Wasser, und der Mensch - in die Luft eingetaucht ist. Das stimmt nur zur Hälfte. Es gibt andere Elemente, mit deren Beseitigung auch das Leben aufhört. Die Obstbäume haben zwei Umgebungen - den Boden für die Wurzeln und die Atmosphäre für die Äste und die Blüten. Dann meint 'die Erkenntnis' das Erkennen des Bodens als eine Umgebung für die Äste, und für die Wurzeln - als Bedingung für Nahrungsanschaffung der Äste, der Blätter und der Blüten. Angenommen ihr seid unten in den Wurzeln bei eurer Reise diesen Baum entlang - der Baum des Lebens - da gibt es ein doppeltes Leben, ein materielles in den Baumwurzeln und ein geistiges in den Ästen. Sie sind dem Subjekt und dem Prädikat ähnlich. Die Welt der Geister, der Engel, die manche Astralwelt nennen, stellt die Verbindung zwischen der menschlichen (physischen, materiellen) Welt und der rein geistigen oder Göttlichen Welt dar. Derjenige, Der spricht, ist Gott - Er stellt das Prädikat dar und ist eine Quelle von Wissen, Kraft und Leben; der Mensch ist das Subjekt, der Boden, der die Lebenssäfte zubereitet, und das Hilfsverb 'ist' - das sind die Geister, die Engel, die die physische Welt mit der geistigen verbinden und die die Gesetze der harmonischen Wirkung dieser zwei Welten anwenden. Ihr könnt ein Subjekt, ein Prädikat haben, habt ihr aber diese Verbindung nicht, so habt ihr auch keinen Satz. Die Engel gerade bringen in uns die Erkenntnis von Gott, ohne die wir kein Leben in uns haben können. Ich möchte einen Vergleich machen. Angenommen ihr geht im Winter nachts nach draußen, ihr zittert und laßt euch vom Mond bescheinen. Man fragt euch: "Warum sitzt ihr hier?" - "Wir sonnen uns." - "Aber es gibt keine Sonne." - "Du bist ein blinder Mensch, du irrst dich, diese Sonne wird mich nach und nach erwärmen." Wenn ihr keine Vorstellung von Gott habt, so bedeutet das, dass zwischen Gott und euch eine gewisse Leere vorhanden ist, eine Schranke, die die Verbindung zwischen eurem und dem Göttlichen Leben verhindert. Nun, ich merke, dass es in meinen Ausführungen manches gibt, das eurem Verstand vielleicht nicht ganz zugänglich ist. Wißt ihr warum? Wenn ich von dieser Welt aus euch Sachen jener Welt zu erklären versuche, stoße ich auf einen leeren Zwischenraum. Wenn ich euch etwas über die Musik erzählen würde, würde ich sagen, dass ein Mensch mit seinem Ohr höchstens zwischen 32 bis 46 Tausend Schwingungen der Schallwellen empfangen kann. Handelt es sich um das Licht, so ist es als ein roter Strahl aufzufassen, der in unserem Auge von 428 Billionen Schwingungen in einer Sekunde erzeugt wird. Wenn wir weiter hinaufsteigen, so erreichen wir zwischen den roten und den violettfarbenen Strahlen 739 Billionen Schwingungen in der Sekunde. Wir können nur dann logisch denken, wenn wir im engen Kreis der Dinge bleiben, die wir auch begreifen können, das heißt, die wir prüfen können und zu verstehen versuchen. Wenn wir abrupt vom Schall zum Licht übergehen, können wir nicht immer logisch bleiben, weil es zwischen dem Schall und dem Licht gewisse Schwingungen gibt, die wir nicht berücksichtigt haben. Wir gehen vom Schall zum Licht über, dabei haben wir aber gewisse Bereiche nicht in Betracht gezogen, von denen wir keine Ahnung haben. Wir machen uns auf den Weg zu jener Welt mit 32 Tausend Schwingungen und erreichen 46 Tausend Schwingungen pro Sekunde - die unserem Hörorgan zugängliche Welt und sagen: "Wir kennen uns bis hierher aus", aber, wollen wir weiter gehen, tappen wir im Dunklen und sagen: "Das kennen wir nicht". Kommen wir zu den roten Strahlen, sagen wir: "Gott sei Dank, wir haben diese Wüste hinter uns." Diese Wüste erfasst aber einen unvorstellbar großen Raum zwischen zwei Grenzen von 46 Tausend und 428 Billionen Schwingungen pro Sekunde. All diejenigen Dinge, die die Menschen nicht begreifen, stellen für sie eine Wüste dar, in der nichts wächst, in der nichts ist. Als Christus von "dem ewigen Leben" gesprochen hat, war Er sehr behutsam. Er hat alle Lücken geschlossen, Er hat die Welten in eine Einheit vereinigt: die "geistige" - mit der Welt der Engel, die "Göttliche" - mit der Welt der Trinität, die "physische" - mit der Welt der Menschen - der Seelen. Deshalb sagt Er: "Ich bin der Weg von der Wahrheit zum Leben; Ich verbinde diese zwei Welten und ich führe sowohl zu der Welt der Engel als auch zu der Welt Gottes und der Wahrheit. So dass derjenige, der Mir folgt und diesen Weg geht, den Ich ihm zeige, das für seine Seele nötige Wohl - den Göttlichen Frieden - finden wird." Deshalb sagt Er noch folgendes: "Ich gebe euch Frieden, Meinen Frieden hinterlasse Ich euch." Und der Frieden ist ein Kind des Himmels. Er ist im Haus Gottes großgezogen worden. Aus dem Gesagten ziehen wir den folgenden Schluss: Der Weg - das ist die Bewegung des Geistes in der vernünftigen Anwendung der Gesetze in der Natur; das Leben - das ist die harmonische Organisation der Elemente und die Entfaltung der Kräfte in der Göttlichen Seele; die Wahrheit - das ist die Äußerung des Alleinigen Gottes, Der die Bedingungen schafft, unter denen der menschliche Geist und die menschliche Seele nach etwas Besserem und etwas Hellerem in dieser weiten Welt streben können.

     

    Wollen wir uns das "ewige Leben" als eine Quelle vorstellen, die einer Bergspitze des Göttlichen entspringt, das Wasser unter einem Felsen ist das Element, das das Leben trägt, der Fluss ist der Weg dieses Abstiegs nach unten zu einer niedrigeren Welt. Deshalb sagt Christus: "Ich bin aus der Wahrheit hergekommen - aus Gott, und ich bin in die materielle Welt hinabgestiegen, um den Menschen zu helfen, ihren Durst mit diesem lebendigen Wasser zu stillen." Deshalb sagt Er wieder an einer anderen Stelle: "Ich bin das Wasser des Lebens". Diese drei Dinge, von denen hier die Rede ist: ewiges Leben, Gott, Jesus Christus; Weg, Wahrheit und Leben sind untereinander verbunden. Wenn das Wasser nicht der Bergspitze entspringt und wenn es nicht auf diesem Weg fließt, im Flussbett, worüber Christus spricht, kann es auch nicht die zu erwartenden Wohltaten mitbringen. Aus rein christlicher Sicht müssen wir auch dieser Quelle ganz nahe sein. Der lebendige Christus ist Die Quelle. Man muss nur wissen, wie man das Wasser Dieser Quelle trinken soll. Ich will nicht sagen, dass ihr nicht wisst, wie man trinken soll, ihr trinkt aber 500 oder 1000 km weit von Der Quelle entfernt und sagt dabei, es sei euch bekannt, was für einer Christus sei. Ihr wisst aber nicht, welche anderen Elemente in dieses Wasser noch hineingekommen sind und es getrübt haben, so dass sie euren Geschmack verwirrt haben. Ihr müsst der Flussströmung entgegen gehen, der Weg ist ein bisschen lang, eure Füße werden voll Blasen sein, aber wenn ihr die Quelle erreicht haben, werdet ihr sagen: "Das nenne ich Wasser." Und diejenigen, die zur Quelle nicht gehen können, sie werden trübes Wasser trinken müssen; nun ja, trüb, aber ohne Wasser ist es noch schlimmer. Ich sage euch, obwohl ihr euch Blasen an den Füßen laufen werdet, geht zur Quelle und trinkt von Seinem reinen Wasser. Wenn ihr zurückkehrt, habt ihr einen klaren und frischen Verstand, ein gutes Herz und einen weiten Horizont. Es kostet viel Mühe, und man muss viel an sich selbst arbeiten, damit man die Lehre Christi anwenden kann, damit man jene günstigen Ergebnisse erlangt, die eines Tages den Menschen zum Mitbürger der Heiligen und der Engel im Himmelreich erheben werden.

     

    Ich kehre nun zu unserem Thema zurück. Wenn wir von ewigem Leben im Sinne von Unsterblichkeit sprechen, wird ein jeder sagen, dass ein solches Leben hier auf der Erde nicht möglich ist. Und tatsächlich - kann ein Mensch, wenn er stirbt, ein Leben erlangen? Die Schlussfolgerung ist richtig, aber nicht alle richtigen Schlussfolgerungen sind auch wahr, weil, woher sollten wir wissen, dass der Mensch tatsächlich verstorben ist? Wenn ein Mensch im Frühling, im Sommer und im Herbst nicht gearbeitet hat und sagt: "Ich werde im Winter arbeiten"; werde ich ihm sagen: Du hast keine Bedingungen zur Arbeit; wenn du im Frühling, im Sommer, im Herbst nicht reich geworden bist, wie willst du im Winter reich werden? Wenn du nicht da gearbeitet hast, wo es an der Zeit gewesen ist, wie wirst du ein ewiges Leben erreichen? Das ewige Leben kannst du jetzt, heute erreichen. Unter der Voraussetzung, dass du den Mut jenes bulgarischen Schäfers hast, dass du deinen Stock richtig zu tragen und damit umzugehen verstehst, damit gut schlagen kannst. Das Schlagen ist wissenschaftlich als die Bedingungen auszulegen, unter denen ihr reagieren könnt, wenn vor euch eine Schwierigkeit im Leben auftaucht. Ihr sagt oft: "Wie es Gott will". Gott sagt aber, dass man einem solchen Feigling die Schafe wegnehmen wird, dass er zum Sklaven wird und wie die Juden in Ägypten Ziegel machen soll. Und es stimmt auch, wir machen nur Ziegel und Häuser. Wir bauen, und bauen, wir bauen ein Haus, dann kommt Gott und jagt uns fort. Wir fangen wieder an: fünf, zehn, fünfzehn, zwanzig Jahre sparen wir, ein paar Jahre später nimmt Er es uns wieder weg. Warum diese nutzlose Arbeit? Ich will nicht sagen, dass wir aufhören sollen, zu arbeiten, aber wir sollen mit Verstand arbeiten, damit wir etwas verdienen, was uns gehören wird. Wenn ich auf diese Art und Weise predige, wird jemand sagen: "Du predigst aber gegen die Arbeit". Ich lehre, dass ihr arbeiten sollt. Jener, der gekommen ist, der Zöllner, nimmt euch den Besitz und das Herz weg und verkauft sie, er hat jedoch nie den Verstand des Menschen verkaufen können. Wieviele Herzen, wieviele Seelen sind verpfändet und verkauft worden! Und die Menschen sagen, sie seien Besitzer. Wir erleben viele, die nicht denken, nicht handeln können. Hassen können sie, aber lieben nicht. All diese Leute bilden mit ihrem verdorbenen Verstand und Herz ein Karma und man kann in die Zukunft hineinschauen, wie die gesamte Bevölkerung leidet und stöhnt unter der Last der Gesetze, die ihre Abgeordneten gemacht haben. Fragt doch eure Abgeordneten, fragt doch eure Gesetzgeber, was für Gesetze sie verabschiedet haben? Irgendeine Kammer kündigt an: "Ich mache solche Gesetze, dass es in Zukunft keinen Religionunterricht in den Schulen gibt"; eine andere meint: "Gott muss weg, das ist etwas Veraltetes, man braucht nicht in die Kirche zu gehen, es werden nur noch die neuen Ideen respektiert und wer dieses Gesetz nicht erfüllt, muss so und soviel Lewa Geldstrafe bezahlen". Ihr sagt: "Wir können nichts dagegen tun, wir haben solche Abgeordneten gewählt, damit sie Gesetze machen - wir müssen uns fügen". Ihr werdet aber noch sagen: "Dieses Gesetz, das verabschiedet wurde, ist ungerecht". Ihr müsst andere Abgeordnete finden, die, nachdem sie euer Recht nachgewiesen haben, ein neues Gesetz machen werden. Das, was in der Welt geschieht, geschieht auch in uns selbst.

     

    Christus sagt, dass ein Mensch, um ein ewiges Leben zu erreichen, zuerst richtig denken und handeln lernen muss. Ihr sagt euch jetzt: "Wir wissen es jetzt, wenn wir nach Hause zurückkommen, beginnen wir, das Gesetz richtig anzuwenden." Was werdet ihr anwenden? Wieder das alte Gesetz. Eine kleine Unannehmlichkeit bringt euch aus dem Gleichgewicht und ihr vergesst sofort das ewige Leben. Das Dienstmädchen hat das Essen anbrennen lassen, ihr fangt an, zu schreien und zu streiten, verliert bei dieser Essenzubereitung eueren ganzen Verstand und euer ganzes Herz. Wisst ihr, woran ihr mich erinnert? Oft haben kluge Leute über gewisse Dinge, die passiert sind, Geschichten geschrieben. So lief einmal ein Hund über eine Brücke und nachdem er sah, dass im Wasser ein anderer Hund einen Kochen trug, ließ er seinen eigenen los und stürzte sich in den Fluss, um dem anderen den Knochen wegzunehmen, wobei er seinen eigenen verlor. So lassen auch wir, denkt nur an das Sprichwort, den Spatzen aus der Hand losfliegen, um der Taube auf dem Dach nachzujagen. Lasst doch das Dienstmädchen euer Essen anbrennen - das soll euch nicht stören; wenn ihr ein ewiges Leben für euch vorbereitet, so habt die Geduld und die Selbstbeherrschung jenes Philosophen, der, nachdem er zwanzig Jahre lang an gewissen Mathematikproblemen gearbeitet und sich Notizen auf kleinen Zettelchen gemacht hatte, auf das Dienstmädchen nicht wütend wurde, als er, nach Hause zurückkehrend, sah, dass sie beim Aufräumen seines Zimmers alle Zettelchen ins Feuer geschmissen hatte. Ihr sollt einfach auf eure Zettelchen aufpassen. Jetzt nehmt ihr in die Hand all diese Zettelchen, die Gott vollgeschrieben hat und sagt: "Was sind das für Lumpen", und ihr schmeißt sie danach ins Feuer. Wenn Gott kommt und fragt: "Wo sind eure Zettelchen?", was werdet ihr dann antworten? - "Wir haben das Zimmer aufgeräumt". - "Ein anderes Mal darf das nicht passieren." Ihr dürft nicht auf diese Art und Weise euer Göttliches Zimmer sauber machen. Diese kleinen Zettel stellen die verschiedenen Zentren im Menschen dar, wo Gott viele und für euch sehr interessante Dinge aufgeschrieben hat. Alles muss in Ordnung gebracht werden. Es gibt viele Dinge, die um das Wissen, das Gott baut, herum verstreut sind: es liegen Ziegel, Sand, Steine herum; all diese Baustoffe werden beim Errichten eurer neuen Wohnung gebraucht. Ihr selbst habt dieses Baumaterial vorzubereiten. Deswegen sagt auch Christus: "Wenn ihr in euch den allein wahren Gott, Der baut, Der eine Umgebung, eine Bedingung, ein Element für euch ist, erkennt, werdet ihr das ewige Leben erlangen." Und nun gebe ich euch drei Dinge zum Überlegen auf - Umgebung, Bedingungen und Elemente. Diejenigen, die nicht darüber nachzudenken vermögen, sollen darüber nachdenken, worüber sie nachzudenken vermögen. Jene aber, die denken können, sollen überprüfen, ob sie in die Umgebung eingetaucht sind, die 'Gott' heißt, ob sie über die entsprechenden Bedingungen und Elemente verfügen, ob ihre Luft sauber, ihre Fenster geöffnet, ihre Augen, ihre Zunge auf ihrem Platz sind. Die Zunge ist nicht so klein, wie sie scheint - die kleine Zunge, diese Zunge, die erschafft und die in der Welt zerstören kann, wovon ein bisschen zu sehen ist, sie ist unsichtbar, aber was für ein Recke sie ist! Sie bricht Knochen; die Menschen treibt sie, aufeinander loszugehen und zu kämpfen. Wenn eure Zunge nicht auf ihrem Platz ist, so habt ihr ihre Schrauben ein bisschen fest zu machen, nachzuschauen, ob sie nicht verstimmt ist, weil, wenn Gott kommt, wird er überprüfen, ob alle Schrauben eurer Zunge auf ihrem Platz sind und ob eure Zunge so funktioniert, wie Er sie damals geschaffen hat. Irgendwo sind die Schrauben nicht in Ordnung - sie plaudert; her mit den Schrauben! Wie viele verlorene Schrauben ich nur kenne! Die verlorengegangenen Schrauben, die Ringe, alle Teile eurer Zunge, eures Verstandes, eures Herzens müsst ihr mitbringen, all dies muss auf seinen Platz kommen.

     

    Deswegen kommt auch Christus jetzt. Ihr habt das kleine Rad weggeworfen - das ist nicht richtig gewesen. Wieso? Die Wissenschaftler meinen, dass der Blinddarm nicht notwendig ist und dass er herausoperiert werden muss, damit der Mensch ihn los wird und darunter nicht zu leiden hat, falls er ihm weh tun sollte. Wie könnt ihr behaupten, dass er fehl am Platze ist? Es wird die Zeit kommen, wenn er zu funktionieren anfangen wird. Die Ärzte sagen: "Es liegt eine Blinddarmentzündung vor, wir operieren ihn heraus". Lieber sterbe ich, als dass ich ihn verlieren muss, weil die Krankheit woanders auftauchen wird. Es dürfen keine Glieder wegoperiert werden, weil es Gott so viele Millionen Jahre Zeit gekostet hat, diesen Blinddarm zu machen, und jetzt kommt ein dummer Arzt und befindet, dass dieser nicht nötig sei - Schnipp, raus, weg ist er! Der Mensch sei davon befreit! Mehrmahls rebelliert der Blinddarm und sagt: "Fleisch dürft ihr nicht essen, die Tiere dürfen nicht geschlachtet werden." Bohnen, Linsen, Hülsenfrüchte und dergleichen werden solche Schmerzen nicht verursachen. Wir aber sind der Meinung - "Raus mit dem Blinddarm, wir essen wieder Fleisch." Der Blinddarm aber hat Freunde im Herzen und im Verstand, wenn wir ihn unten wegoperieren, sterben gleichzeitig sein Freund im Herzen und sein Freund oben im Verstand mit. Deswegen sagt Christus: "Diese drei Elemente des Lebens: die Bedingungen, die Kräfte und die Gesetze, müsst ihr auf ihren Platz bringen." Das meint auch das Christentum und hier liegt der tiefe Sinn der Wissenschaft vom Leben. Ich will euch keine leere Philosophie geben, sondern ich will euch im Leben das überprüfen und probieren lassen, was ich euch sage. Wie wird sich die Welt bessern? Sie wird sich bessern, indem alle Schraubenmütter auf ihren Platz kommen und das Leben wie ein Uhrwerk zu funktionieren beginnt. Ich gebe euch ein Beispiel. Ein Mann kaufte sich eine Uhr, die sehr bald darauf stehenblieb: "Ich habe so viel Geld ausgegeben, ich habe sie kaum eine Woche getragen und sie ist stehengeblieben", so sagte sich der Mann; er ging zum Uhrmacher und ließ ihn seine Uhr reparieren, so dass sie wieder funktionieren sollte. "Wieviel Geld wirst du dafür verlangen?" Der Uhrmacher schaute auf die Uhr und sagt: "Zehn Groschen." - "Einverstanden." Der Uhrmacher blies auf das Uhrwerk, da kam eine Laus raus, die drin verklemmt war und die Uhr fing an, wieder normal zu laufen. "Wirst du wirklich von mir zehn Groschen für ein Pusten haben?" - "Ja". So wird auch Gott kommen - Er wird pusten und alles wird wieder funktionieren. Wie einfach ist das! Diese Tierchen sind schließlich für woanders bestimmt, sie gehören gar nicht in die Uhr.

     

    Die christliche Lehre ist diejenige Philosophie, die den menschlichen Geist von allen möglichen Parasiten befreien will, damit die Schraubenmütter der Zunge, des Verstandes und des Herzens zurechtgerückt werden - das ist die Erlösung. Und wenn alle Schraubenmütter und Schrauben auf ihrem Platz sind, wenn der Verstand und das Herz in Ordnung und auch auf ihren Plätzen sind, dann werden auch die Bedingungen geschaffen für das ewige Leben. Da wird die Auferstehung eine Sache sein, die realisierbar und möglich ist. Ich weiß, dass dieses Zurechtrücken der Schrauben eine schwierige und mühsame Arbeit ist, aber wenn sie erfolgreich beendet wird, wird auch die Menschheit ihr Jubiläum auf der Erde feiern. Kinder - Söhne und Töchter - werden das neue Lied des Lebens singen, ein Lied darüber, dass ihre Eltern die Schraubenmütter gefunden und zurechtgerückt haben, dass auch für sie selbst eine helle Zukunft näher kommt; die Völker werden jubeln, lobpreisen und den Guten Gott rühmen, dass ihre geistigen Häupte, ihre Geistlichen, Prediger, Lehrer, Zaren und Minister ihre eigenen Schraubenmütter gefunden und zurechtgerückt haben und dass auch für ihr Leben auf der Erde eine helle Zukunft gekommen ist. Sie alle werden ein Lied, und zwar ein großes Lied des Lebens singen, das ihre Herzen und Seelen zutiefst rühren wird. In diesem Lied wird die ganze Vergangenheit verkündet, die gesamte Zukunft wird darin münden und der Geist des neuen Lebens seinen Ausdruck finden. Aber, wird jemand fragen, was sind das für Schrauben? Was können sie verursachen? In diesen Schrauben ist der Weg abgesteckt, den man gehen muss. Sie vereinigen, sie lassen die losen Lebensteile wieder eins werden. Und wer sich ihre spiralförmigen Gewinde und die Hand, die sie zurechtrückt, genau anschaut, der wird den tiefen Sinn der großen Gesetze begreifen, die alles auf ein bestimmtes Ziel hin bewegen. Das sind Göttliche Kräfte, die dem Göttlichen Willen folgend, bald im Leben erscheinen und die verstreuten Elemente wieder auf ihren Platz bringen, die göttlichen Säfte der menschlichen Seele zuführen und die Seele in ihre wahre Umgebung stellen werden - die besten Bedingungen für ihre Entfaltung werden sie schaffen und die wahren Elemente des Lebens hineinführen. Dann wird unsere Seele saugen, so wie das Kind von der Brust seiner Mutter Milch saugt, eine gesunde, reine und saubere Milch. Dann werden in unserem Unterbewusstsein die Wurzeln des Göttlichen Bewusstseins erscheinen und daraus werden der Stamm, die Äste aufwachsen, sich die Blätter unseres Selbstbewusstseins entfalten, und aus den Zweigen des letzteren - die Knospen und die Blüten des Überbewusstseins, des Engelsbewusstseins, hervorsprießen.

     

    Wenn dieses geschieht, wird es ein Zeichen des geistigen Frühlings sein, die menschliche Seele wird sich im Bereich des Unsterblichen befinden, weit weg von den Todeskrallen, von der Sünde und der Kriminalität. Und wir können guten Glaubens und mit positivem Wissen den unschätzbaren Reichtum erwarten - die Frucht von dem Baum des ewigen Lebens, dessen Blätter im Dienste der Heilung menschlicher Fehler, und dessen Frucht - im Dienste der Aufrechterhaltung und der Unsterblichkeit der menschlichen Seele und ihrer Vereinigung mit Gott stehen. Und dieses große Ereignis steht an der Schwelle des heutigen Lebens.

     

    Ein Vortrag von Meister Beinsa Douno, gehalten am 12. Oktober 1914 in Sofia

  20. Wie viel mehr ist nun ein Mensch als ein Schaf!

     

    "Wie viel mehr ist nun ein Mensch als ein Schaf! Darum darf man wohl am Sabbat Gutes tun" (Mt 12,12)

     

    Wir haben den jüdischen Pharisäern zu verdanken, dass Christus durch ihre Herausforderung diese große Wahrheit äußerte; Er hätte sie sonst nicht gerade auf die Art und Weise ausgesprochen. Die Pharisäer, die extrem formalistisch denken und immer auf Kleinlichkeiten achten, die als Fachleute im Entdecken und Hervorheben fremder Fehler gelten, konnten es nicht fassen, wie es möglich war, dass man den Sabbat brach. Ihrer Meinung nach sollte nach dem Gesetz des Mose der Sabbat in Ruhe und Untätigkeit verbracht werden. Die Juden verstanden den Sabbat eigenartig - genauso wie die Bulgaren den Sonntag. Der Bulgare bringt seine Ochsen in den Stall, lässt den Pflug in der Scheune liegen, zieht sich die guten Sachen an und mit der Pelzmütze auf dem Kopf geht er in die Kneipe; kaum hat er die Kneipe betreten, bestellt er schon laut: "Gib mal einen halben Liter Wein von dem Besten her - heute haben wir Sonntag. Sechs Tage müssen wir arbeiten, am siebten wollen wir trinken und schön feiern". So ähnlich haben auch die Juden den Sabbat begriffen. Und Christus verurteilte sie, indem Er einen Vergleich anstellte: "Wenn euer einziges Schaf", sagte Er zu ihnen, "euch am Sabbat in eine Grube fällt, werdet ihr es doch ergreifen und ihm heraushelfen - selbstverständlich nicht aus Liebe zu dem Schaf, sondern damit euer Interesse nicht darunter leidet. Aber, wenn es darauf ankommt, einem Menschen, der Hilfe braucht, etwas Gutes zu tun, macht ihr daraus eine Geschichte - man bräuchte nicht ausgerechnet am Samstag seine Hand zu heilen. Christus fügt noch etwas hinzu, das sehr wichtig ist - "und wieviel besser ist nun ein Mensch als ein Schaf", das heißt, wieviel höher steht das vernünftige Wesen als das unvernünftige. Wenn ihr für euren Magen 4-5 Stunden pro Tag kocht, um ihn zu bewirten, weil er ja stets blöckt, und ihr denkt: "Ich will ihn nicht leiden lassen, ich muss ihm doch etwas zu essen geben". Und warum, wenn es sich gerade um das vernünftige Wesen, um den Menschen, handelt, um die Erhebung seiner Gedanken, seines Herzens, sagt ihr: "Samstags geht es nicht, der richtige Augenblick wird noch kommen, es ist genug Zeit da, es kann warten"? Christus stellt zwei Bedingungen, indem Er sagt: "Genauso wie ihr euch um euer Schaf kümmert, demselben Gesetz folgend, müsste ich mich auch um das Vernünftige kümmern. Und wie ihr euerem Schaf aus der Grube heraushelft, so bin ich auch auf die Erde gekommen, um diese vernünftigen Wesen zu befreien - ihnen aus der Grube herauszuhelfen".

     

    Jener Mensch hatte eine verdorrte Hand. Wißt ihr, was es bedeutet, wenn die Hand gelähmt ist? - Sein Wille war gelähmt und Christus sagte: "Ich werde seinen Willen wieder herstellen, damit er frei wirken kann, damit er seine Gedanken, sein Gefühl anwenden kann, weil er auf die Erde geschickt wurde, um zu arbeiten. Ob das am Montag, Dienstag, Mittwoch oder Samstag sein wird, spielt keine Rolle - wann es auch immer sei, Ich werde Meine Mission erfüllen". Und eine solche Arbeit, die das Göttliche Gesetz nicht verletzt, kann ein jeder verrichten, weil die Erholung nur für den Körper und nicht für den Geist bestimmt ist. Auf der Erde ruhen sich nur die Faulen aus, und sie ruhen sich jeden Tag aus. Die Fleißigen aber sagen: "Wenn Christus zu uns zurückkehrt, dann ruhen wir uns aus". So muss der wahre Christ die Arbeit begreifen.

     

    Es gibt ein Grundprinzip, das wir zu berücksichtigen haben; es gibt bestimmte Gesetze, die wir begreifen müssen. Und nicht nur sie begreifen, sondern sie in unserem Leben anwenden. Ohne diese Anwendung ist jede Lehre, jede Religion, welche sie auch sei, fruchtlos. Es reicht nicht aus, dass eine Pflanze hervorsprießt, aufwächst, sich entfaltet, aufblüht, Früchte ansetzt - diese Frucht muss auch reif werden. Nur wenn die Frucht reif geworden ist, ist auch das Ziel dieser Pflanze erreicht. Folglich, laut dieses Gesetzes, kann ein Mensch zur Welt gebracht werden, aufwachsen, sich entwickeln und eine Frucht ansetzen, aber, wird die Frucht in seinem Inneren nicht reif, bleibt sein Leben fruchtlos. Christus machte die Hand des Menschen frei - Er stellte seinen Willen wieder her.

     

    Wenn ihr das besagte Kapitel weiter lest, werdet ihr erfahren, dass man zu Jesus einen Besessenen, einen Blinden und einen Stummen brachte, und dass Er auch sie heilte. Diese Dinge hängen miteinander zusammen. Wer sind sie: der Besessene, der Blinde und der Stumme? Ihr könnt sagen, dass es diese Dinge nur zu Jesus Zeiten gegeben hat. Es gibt sie aber auch zu unserer Zeit. Ich möchte an dieser Stelle meine Ausführungen mit einem Beispiel unterbrechen, das den in diese Worte von Christus hineingelegten Sinn erklären soll. Es gibt eine Erzählung über den König Salomon, in der es heißt, dass er einen erfahrenen Geisterprinzen kommen ließ, damit dieser ihm beim Tempelbau hilft. Dieser Prinz aber, nachdem er ihm zeigte, wie man den Tempel bauen sollte, wollte auch seinen Thron ergattern. Als Salomon davon erfuhr, hielt er diesen Geist fest und steckte ihn dann in einen Krug, den er mit dem eigenen Siegel versiegelte und ins Meer warf. Nachdem der Prinz ungefähr zehn Jahre im Meer verbrachte, versprach er demjenigen, der den Krug aufmachen und ihn befreien würde, die schönste Frau der Welt zu geben. Keiner machte den Krug auf. Es vergingen hundert Jahre, er machte eine neue Versprechung: demjenigen, der den Krug aufmachen würde, um ihm herauszuhelfen, werde er nicht nur die schönste Frau, sondern auch die besten Kinder geben. Es erschien wieder keiner. Weitere 100, 200, 300 Jahre vergehen - wieder ein Versprechen: demjenigen, der den Krug aufmachen würde, werde er nicht nur die schönste Frau und die besten Kinder geben, sondern ihn selbst zum größten Gelehrten machen. Auch für dieses Glück fand sich da keiner. Er verspricht dann wieder etwas Anderes: demjenigen, der ihn erlöse, werde er nicht nur alle, vorherversprochenen Sachen geben, sondern ihn noch dazu zum König der Erde machen. Wieder erscheint keiner. Nach 500 Jahren sagte er: "Wer mich von nun an erlöst, den werde ich töten". Es vergeht einige Zeit, ein Fischer kommt fischen. Er wirft sein Netz, fängt den Krug auf und zieht ihn heraus. Er dachte, dass es im Krug einen großen Schatz gebe und begann, ihn zu entsiegeln. Als der Krug aufgemacht wurde, kam ein schwarzer Rauch daraus hoch und auf einmal erschien die Gestalt des Prinzen, der sagte: "Ich habe versprochen, denjenigen zu töten, der mich aus dem Krug befreit. Früher habe ich das und das versprochen, es erschien aber keiner; es ist dein Pech, niemand ist an deinem Los schuld". Der Fischer dachte: "Warum habe ich bloß diesen Krug entsiegelt!" Nach einer Weile sagte er aber zu dem Prinzen: "Ich kann es nicht glauben, dass du aus dem Krug herausgekommen bist. Du sollst mir zuerst beweisen, dass du aus dem Krug herausgekommen bist und dann kannst du mich töten". - "Ich war im Krug". - "Du warst nicht im Krug". - "Ich war im Krug". - "Warst du nicht". - "Ich war". - "Beweise es". Der Geist ging langsam wieder in den Krug hinein und als er ganz drin war, stopfte der Fischer den Krug sofort zu und sagte: "Wenn du mir die zuerst versprochenen Dinge gibst, lasse ich dich heraus".

     

    So ist das Leben. Ihr kommt zu dieser Welt, die einem Meer gleich ist, ihr werft euer Netz, fangt einen Fisch auf und ihr habt gewonnen. Wenn die günstigen Bedingungen, einen guten Fischfang zu haben, vorhanden sind, seid ihr nicht da; wenn die Verhältnisse Leiden und Unglück mit sich bringen, werft ihr euer Netz und zieht den Krug mit dem bösen Geist heraus. Euch wird bestimmt ein Gegensatz bei diesem Märchen auffallen. Obwohl es nur ein Märchen ist, so zeigt es, dass jedes Leben mit günstigen und ungünstigen Bedingungen konfrontiert wird. Wir müssen die Gesetze verstehen, damit wir die günstigen Bedingungen ausnutzen können. Wenn wir wie dieser eine Fischer in ungünstige Verhältnisse geraten, werden wir den Tod ernten.

     

    Kommen wir wieder zu den Worten Christi zurück, die Er gesagt hat, als man zu Ihm einen Besessenen, einen Blinden und einen Stummen gebracht hat. Der Besessene, der Blinde und der Stumme - all diese drei befinden sich in euch selbst. Hier gleicht ihr alle den Engeln, so schön und fromm seid ihr. Aber es kommt irgendein Besessener in euch und von da an gibt es nichts Anderes als Weinen und Zähneknirschen. Der Mann, die Kinder - sie alle laufen weg - "die Mutter ist besessen geworden". Ihr, die vernünftig seid, sollt die Hand ausstrecken, um den Besessenen zu heilen, indem ihr sagt: "Friede sei mit euch!"; so wie nur durch ein Wort Christi der Besessene aus dem Menschen vertrieben wurde, könnt ihr auch diese Worte aussprechen und den Kranken heilen. Wenn ihr eure Pferde in den Ställen zu füttern beginnt, da treten sie um sich herum los, ohne darauf zu achten, dass kleine Kinder in der Nähe sind; was sollt ihr tun? Ihr sagt wie der Bulgare "Pscht!" und zieht es am Zügel. Der Zügel - das ist das Gesetz. Jedes unvernünftige Wesen soll mit einem Zügel versehen sein. Dem vernünftigen Wesen aber ist die Rede gegeben worden, damit es sprechen kann. Also ihr sollt diesen Besessenen in euch auskurieren. Das Schaf da ist widerspenstig geworden, es ist besessen; ihr sollt es heilen. Es ist blind. Die Menschen sagen: "Wir aber sind nicht blind". Ich glaube, dass ihr es vielleicht nicht seid, es gibt aber viele, die es sind. Man hat eine Frau danach gefragt, die nicht lesen konnte, und sie hat geantwortet: "Ja, mein Sohn, ich bin blind, blind bin ich!" Könnt ihr nicht dieser Frau die Augen öffnen? Öffnet sie. Die Lehrer sind Menschen, die den Blinden die Augen öffnen; sie sind Wundertäter. Ihr schickt euren Sohn zu ihnen, in 10-15 Jahren schickt man ihn euch mit geöffneten Augen zurück. Und dem Tauben, dem sollt ihr auch die Ohren öffnen, so dass er hören und begreifen kann. Einem Menschen fällt das nicht schwer, weil er einen Verstand hat. Deshalb sagt Christus: "Wie viel mehr ist nun ein Mensch als ein Schaf!" Worin besteht das Leben eines Schafes? Es muss Gras weiden, um seinen Rücken mit ein bisschen Wolle zu bedecken und Milch zu geben. Dabei blöckt es manchmal euch zu. Ihr werdet sagen, was das Vernünftige an diesem Blöcken ist. Einige Zeitgenossen sind genauso wie die Schafe. Andauernd blöcken sie: ein Bruder beklagt sich über seinen Bruder, Diener beklagen sich über ihre Herren und Herren beklagen sich über ihre Diener; 365 Tage im Jahr singen sie alle ein und dasselbe Lied. Ist denn nicht ein solches Leben ein ständiges Blöcken? Christus sagt: "Wieviel höher steht der Mensch als ein Schaf", weil der Mensch denken kann. Seine Hand muss losgebunden sein; der Besessene in ihm muss geheilt werden; seine Blindheit muss weg und sein Gehör wiederhergestellt werden. Das will Christus mit diesen Worten sagen. Er spricht zu den Pharisäern: "Ihr versteht das Göttliche Grundgesetz nicht, und ich weiß, warum ihr Menschen mit gebundenen Händen bevorzieht: eure Interessen verlangen es, dass ihr gebrechliche Menschen haben wollt. Ihr sagt über den Blinden: "Es ist besser, dass er blind ist, so kann er unsere Verbrechen nicht sehen"; über den Tauben sagt ihr: "Es ist in unserem Interesse, dass er unwissend bleibt". Die Tatsache, dass es Menschen gibt, die die Aufklärung ablehnen, ist mit rein praktischen Gründen verbunden. Christus aber behauptet genau das Gegenteil: Er sagt, dass den Lahmen die Hände losgebunden werden sollen; die Besessenen, die Blinden und die Taubstummen sollen geheilt werden. Er will kluge Menschen haben, die den Willen Gottes verstehen und erfüllen können. Das bulgarische Wort 'Mann' (bulg. 'mash') verbirgt einen tiefen Sinn, es entstammt dem sanskritischen Wort 'manas', das 'Wesen, welches denkt' bedeutet; deshalb sagen auch die Leute: "Sei ein Mann", das heißt ein Wesen, das denkt, das überlegt, das den Willen hat, das zu tun, was gut ist. Das bedeutet, ein Mensch zu sein. Und seid fest davon überzeugt, dass es ein Gesetz gibt, das besagt: man kann nicht einen starken Willen haben, wenn man nicht Gutes tut. Manche behaupten: "Ich habe einen starken Willen". Wenn ich ein Rad von Vitoscha-Gebirge hinunterrolle, wird es hinunterrollen, aber es kann nicht nach oben zum Gipfel hinaufrollen. Von der Bergspitze an strömt ein Fluß mit Schwung herunter, er kann aber nicht bergauf zurückströmen. So ähnlich rollen und laufen die meisten Menschen herunter. Nur derjenige aber, der auf den Berg steigen kann, hat einen Willen; er kann bestimmte Hindernisse und Widerstände wegräumen und besiegen. Auch Christus wendet sich an die Juden und sagt: "Ihr sollt keine Schafe sein, ihr sollt nicht wie die Wesen sein, die nur herunterrollen, wie die Flüsse und die Steine, sondern ihr sollt Menschen sein, die hinauf zu Gott steigen, und folglich Seinen Willen erfüllen". Das wollte Er ihnen sagen. Sie verstanden Ihn. Auch im gegenwärtigen Leben kommen die Leute stets herunter, rollen bergab und fragen sich noch dazu, warum sie unglücklich sind. Ein jeder, der nach unten rollt, ist unglücklich. Glücklich ist man, wenn man anfängt, hinaufzusteigen. Solange man nicht begonnen hat, zu denken und zu überlegen, ist man unglücklich; beginnt man zu denken und zu überlegen, wird man glücklich und die früher unmöglichen Dinge des Lebens beginnen möglich zu werden.

     

    Der in diesen Worten von Christus hineingelegte Gedanke hat für uns eine große Bedeutung. Wenn Gott im ersten Kapitel der Genesis sagt, Er habe den Menschen nach Seinem Bild und Gleichnis gemacht, wollte Er zum Ausdruck bringen, dass der Mensch so denken und handeln sollte, wie Gott denkt und schöpft, so dass er einen Willen hat. Nach Gleichnis bedeutet, die Dinge zu vergleichen, das heißt zwischen Gutem und Bösem zu unterscheiden, Harmonie zu schaffen. Zu denken und zu handeln - das ist ein Göttliches Prinzip, das Gott in uns hineingelegt hat. Und jeder, der nicht denkt und nicht handelt, wie es ihm Gott gebietet, ist nicht das Ebenbild Gottes, er ist ein Schaf. Damit wollen wir nicht sagen, dass das Schaf schlecht ist, wir meinen nur, dass die Bestimmung des Schafes zu weiden und Milch und Wolle zu geben ist, während die Bestimmung des Menschen eine ganz andere ist; er ist geschaffen worden, um alle Wesen zu regieren, um die Atmosphäre und alle anderen Elemente zu regulieren, die Erde zu verwalten. Er soll ein guter Herr werden und er kann ein solcher nur dann werden, wenn er das versteht, was Gott in ihn hineingelegt hat.

     

    Nun man fragt oft: "Bist du ein Christ?" - "Was verstehst du unter dieser Bezeichnung?" - "Glaubst du an Christus?" - "Ich glaube an Ihn so wie ich daran glaube, dass der russische Zar einmal nach Bulgarien gekommen ist." - "Na und? Glaubt ihr, dass euer Schüler heute zur Schule gegangen ist?" - "Ich glaube es". Dieser Glaube aber soll ein bißchen weiter gehen; ich werde den Schüler folgendes fragen: "Hast du heute dem Lehrer aufmerksam zugehört?" - "Hab ich nicht". Ich werde zu ihm dann sagen: "Ich habe seinen Vortrag gehört und ich weiß über mehrere Dinge besser Bescheid als du". Dann werdet ihr sagen: "Du hast jenen Gedanken begriffen". Die Leute sagen: "Wir glauben, dass Christus gekommen ist, um die Welt zu erlösen". Gut, ihr predigt es immer wieder zweitausend Jahre lang; wie wird Er sie aber erlösen? - "Er hat Sein Blut vergossen, um die Menschen freizukaufen". Na gut, wenn ein bulgarischer Landwirt ein Paar Ochsen auf dem Markt kauft, was macht er mit ihnen? Er legt ihnen einen Halfter und ein Joch an, nimmt den Pflug und den Ochsenstachel und geht auf den Acker. Du glaubst an Christus, aber wenn du in der Situation eines Schafes bist und nicht tüchtig an die Arbeit gehst, dienst du etwa Christus? Du glaubst also, dass Er gekommen ist; sehr gut - hörst du aber auf Ihn? Nein. Ich rate dir, hinzugehen und Christus zuzuhören, wenn Er in Seiner Schule spricht, Seine Lehre zu begreifen und sie in deinem Leben anzuwenden. Von den Menschen verlange ich ja gar nicht, all das wegzuwerfen, was sie haben. Was ihr jetzt habt, ist, dass ihr immer noch die Grundschule besucht. 30-40 Jahre lang lernt ihr immer aus der Fibel und diese Fibel ist schon ganz zerfetzt. Nieder mit euren Fibeln, nehmt jetzt die Lesebücher. Ich kann es schon verstehen, wenn ein Mensch ein, zwei oder drei Jahre lang aus derselben Fibel lernt, aber 100 Jahre immer noch aus der Fibel zu buchstabieren, das verstehe ich nicht. "Die Lesebücher sollt ihr jetzt in die Hand nehmen!", sagt Christus. Und jenen, die die Lesebücher schon durch haben, sagt Er: "Nieder mit den Lesebüchern! Nehmt euch der Grammatik, der Mathematik, der Physik, der Chemie, des Religionsunterrichts an und geht voran. "Genug mit dem Blöken jetzt". - "Glaubst du, dass Christus gekommen ist!" Etwas mehr wird von euch verlangt. Hört zu, was Christus sagt, und lernt das, was Er mitgebracht hat. Nur dann werdet ihr den tiefen Sinn dieses Lebens erkennen. Und wenn ihr die Fähigkeit habt, zu denken, zu handeln und zu schaffen, habt ihr einen in euch verborgenen Vorteil, ihr habt Reichtümer, eine Fundgrube, die ihr fördern sollt - das sind euer Verstand, euer Willen. Ich frage euch jetzt: habt ihr an eurem Verstand und an eurem Willen gearbeitet oder bis jetzt nur über eurer Fibel herumgeblökt? Wenn Christus, Der kommt, in euren Häusern eine Kontrolle durchführt, wird Er absolut sicher feststellen können, ob ihr euch damit befaßt habt oder nicht. Ich meine nicht jene normalen Häuser, die ihr aufgebaut habt, sondern diese, in denen ihr jetzt wohnt und mit denen ihr hierher gekommen seid. Christus wird sehen, ob es in diesen kleinen Zellen, in diesen Räumen etwa einen vernünftigen menschlichen Gedanken und eine Handlung gibt oder es nur voll Schafskot ist. Das Letztere ist als Dünger auch nicht schlecht, aber es ist eine Sünde, wenn ein Mensch, den sein Vater zur Schule geschickt hat, dem er alle Bedingungen gegeben hat, ein vernünftiges Wesen zu werden, draußen bleibt und blökt. Und wenn die Engel herunterkommen und danach wieder in Den Himmel steigen, um einen Bericht über die Menschen zu erstatten, was sollen sie denn da oben sagen? - "Unten blöken sie alle immer noch". Dieses Blöken wird irgendwann zu Sprechen.

     

    Und nun, wenn Christus jetzt dieses Schaf vernünftig werden lässt, weil es die entsprechenden Bedingungen dazu gibt, stellt Er diese beiden Prinzipien nebeneinander und sagt, dass man die Wolle des Schafes fertigspinnen und daraus einen Stoff machen kann. Ein Schaf scheren kann ein jeder, aber seine Wolle muss man richtig bearbeiten können. Auch das Schafsfell aber, wenn man es nicht rechtzeitig schert, wird abfallen wie die Blätter der Bäume. Die Wolle muss man einsammeln, verarbeiten und daraus einen Stoff weben - unsere Gedanken und Wünsche sollen sich in Handlungen verwandeln und dann können die nackten Menschen angekleidet werden. Wann ist der Mensch eigentlich im Paradies nackt geworden? - Als er verdummte, als er ein Schaf wurde und zu blöken begann, als seine Hand lahm wurde, seine Frau der Versuchung nachgab und das keusche Leben verließ wegen des äußeren Glanzes, und er selbst diesem Beispiel folgte, so dass sie beide sich einem ausschweifenden Leben hingaben. Dann verdummten sie und verloren ihre Sehkraft, ihr rechtes Urteilsvermögen. Christus sagt jetzt: "Ich bin auf die Erde gekommen gerade dieses Menschen wegen, der nach Gottes Bild und Gleichnis geschaffen wurde, um seine Hände loszubinden, so dass er das Gesetz Gottes erfüllen kann. Ihr, die bis jetzt die Schweine auf dieser Welt geweidet habt, während man euch auch die Eicheln verboten hat, was erwartet ihr noch? - Etwa das Lied der Sänger: "Gott, gib Frieden der Seele deines Dieners?" Soll Gott eurer Seele unter den Eicheln dieser Welt etwa Frieden geben? Nein, nehmt euren Stock, euren Beutel mit und los zum väterlichen Haus, zur väterlichen Schule, die Der Herr für euch vorbereitet hat. Christus rät euch, die Fibel und das Lesebuch beiseite zu legen und die Grammatik in die Hand zu nehmen; das ist eine Wissenschaft, die Nutzen bringt; sie lehrt uns, wie wir richtig sprechen und lesen sollen. Von allen wird ein richtiges Denken, ein richtiges Urteilsvermögen, ein richtiges Fühlen und ein richtiges Handeln erfordert. dass unser Leben schön ist sowohl in seiner Form, als auch in seinem Inhalt und - wie es bereits vor zweitausend Jahren gesagt wurde: "Seid vollkommen wie Euer Himmlischer Vater vollkommen ist" - das ist der Spruch des neuen Lebens, nach dem wir streben sollen. Das ist ein Göttliches Gesetz, aber von uns wird erwartet, dass wir uns etwas mehr Mühe geben. Und ich rühme die weltlichen Menschen in einer Hinsicht: Schaut nun mal zu, wie eine Dame sich fertig macht, bevor sie zu einem bunten Abend oder Ball oder ins Theater geht - wieviel Mühe sie sich nur dabei im Zimmer gibt, in dem sie sich umzieht. Eine ganze Stunde lang dreht sie sich nach allen Seiten, studiert ihr Gesicht, ihre Nase, ihre Hände durch, bis sie sich davon überzeugt hat, dass alles in Ordnung ist. Ich finde das lobenswert. Aber ihr Christen, wieviele Male habt ihr vor eurem Spiegel gesessen, um euch euren Charakter anzusehen und ihn zu bessern? Ihr sagt: "Ich kann auch ohne einen Spiegel auskommen". Ihr braucht einen Spiegel. Nehmt euch ein Beispiel an dieser Weltdame. Ich bin für den Spiegel, aber für den Spiegel des Herzens und des Verstandes: wenn ihr euch in diesem Spiegel anseht, soll alles in Ordnung sein. Nur dann sollt ihr vor Gott erscheinen. Ihr dürft nicht denken, dass Gott euch so, wie ihr jetzt seid, aufnimmt, nein. Die Menschen von Welt verstehen dieses viel besser. Deswegen sagt auch Christus: "Die Söhne dieses Jahrhunderts sind klüger". Und nicht nur, dass wir sie nicht verurteilen dürfen, sondern wir sollen an ihrem guten Beispiel auch lernen. Ich empfehle die weltlichen Menschen in jeder Hinsicht, weil sie ein ausgezeichnetes Beispiel für Auffassung, Tatkraft sowie Vorbereitung geben. Wenn wir an ihnen ein Beispiel nehmen würden, um es in die geistige Welt anzuwenden, würden wir viel höher stehen als jetzt. Ihr sagt dazu: "Ihre Angelegenheiten sind dumm, wir brauchen dieses und jenes nicht". Na, was braucht ihr - etwa Den Himmel? Aber Der Himmel will keine dummen Menschen haben. Wenn ihr nicht schafft, ein Haus aus Stein aufzubauen, wie werdet ihr dann einen Charakter aufbauen können, der sehr viel Mühe abverlangt. Du hast keine tausend Lewa, um ein Haus aufzubauen, und du willst einen großartigen Charakter aufbauen! Und wenn Gott sagt, ihr sollt nicht so sehr die weltlichen Dinge beachten, so meint Er folgendes: " Wenn ihr ein, zwei oder drei Häuser aufgebaut habt, sagt Er: "Es ist schon genug, du bist ein Fachmann, nun will ich von dir, dass du dein Herzenshaus aufbaust. Und wenn du gelernt hast, wie du dein Herzenshaus aufbauen kannst, baue dann dein Verstandeshaus auf".

     

    Das gleiche Gesetz wirkt analog von unten nach oben. Deshalb sagt Christus: "Wieviel höher steht ein Mensch, der denkt, der seinen Charakter entwickeln kann, als ein Schaf, das stets weidet und blökt!" Die moderne Welt verlangt: "Brot, Brot!" - dieser Ruf ist von überall her zu hören. Schafe brauchen wir auch allerdings, weil sie uns Wolle geben: aber wenn die ganze Erde voll mit Schafen besiedelt wäre, würde es keine Harmonie mehr geben. Was ich darunter verstehe, ist, dass das vernünftige Element in uns die Überhand über das unvernünftige gewinnen muss, dass das Tierische durch das Menschliche zu ersetzen ist. Überall ist beim Streit zu hören: "Er ist ein Tier". Es ist nicht schlimm, wenn man ein Tier ist; aber es gibt etwas, was höher steht als das Tier. Für das Schaf ist es normal, ein Tier zu sein, nicht aber für den Menschen. Auch in der Heiligen Schrift steht: "lebendige Seele" und "lebensschaffender Geist", Der die Menschheit und deren berufene Schüler, damit sie Christus unterstützen, lehren, veredeln und retten will: Er will, dass Ihm kluge Menschen helfen - Menschen, die es gut verstehen, nach allen Regeln der Göttlichen Wissenschaft zu bauen, Menschen, in deren Verstand das Wohl des "Gottesreiches" im Vordergrund steht. Jetzt werden solche Leute gebraucht, die sich weder verführen, noch irreführen lassen von dem äußeren Schein der Dinge. Ich nehme an, dass einige Priester ihrem Dienst nicht so nachgehen, wie es sich gehört, aber ich verurteile sie nicht - es ist ihre Vorstellung davon; ich für mein Teil muss dem nachgehen, was ich zu tun habe. Wenn man sich nicht von der Stelle rührt und die anderen stets verurteilt, die eigenen Verpflichtungen aber vernachlässigt, was nützt das alles? Nichts, gar nichts. Es wird an jenen Fall erinnern, bei dem ein Lehrer seine Schüler bestrafen wollte, weil er ihnen die Lektion vorher nicht erteilt hatte. Wollen wir das Stadium des vernünftigen Daseins betreten, das als Ziel die Verbesserung aller Völker, der ganzen Menschheit hat. Wir müssen dabei die menschliche Seele, das Zuhause, die Gesellschaft, das Volk, die Menschheit berücksichtigen - all diese Kategorien sind von Christus beachtet worden; dies alles bildet ein Ganzes. Das Zuhause ist ein größeres Individuum; die Gesellschaft ist größer als das Zuhause; das Volk ist noch größer als die Gesellschaft, und die Menschheit ist größer als das Volk. Deswegen gehen wir von den kleinen Dingen aus und streben nach den größeren, das heißt - von der tierischen zu der vernünftigen Erscheinung. Christus, Der den Gedanken "Wieviel höher ist ein Mensch als das Schaf" euch präsentiert, meint, dass der Mensch viel mehr fähiger ist, zu bauen und sein Leben aufzubauen.

     

    Das Erste, das ihr zu tun habt, nachdem ihr nach Hause zurückgeht, ist, den Besessenen zu heilen zu beginnen; das Zweite, das ihr zu tun habt, ist, eurem Blinden die Augen zu öffnen; das Dritte - eurem Tauben die Ohren aufzumachen; das Vierte - demjenigen die Hand loszubinden, dem sie gebunden ist - euren Verstand zu betätigen. Das ist eine ernsthafte Aufgabe. Ihr habt die Regeln, jetzt müsst ihr die Lösung schaffen. Selbsverständlich können ein Tag, zwei oder drei Tage vergehen, aber wenn ihr darauf beharrt, werdet ihr sie lösen. Und während ihr an der Lösung arbeitet, werden die Ergebnisse zeigen, wie ihr zu arbeiten habt. Wenn der Lehrer immer wieder die Aufgabe für den Schüler lösen würde, würde dieser nie rechnen lernen. Der Lehrer stellt eine, dann zwei, drei, vier, fünf Aufgaben und sagt: "Das nächste Mal werdet ihr mir diese Aufgaben gelöst mitbringen". Und die ganze Welt um uns herum besteht nur aus Aufgaben, die uns Gott zu lösen aufgegeben hat. In dem Kapitel, das ich vorgelesen habe, sind viele Aufgaben von Christus gestellt worden. Ich habe hier nur auf eine von ihnen eingehend hingewiesen, die anderen Aufgaben sind viel schwieriger - sie gehen nach dem komplizierten Dreisatzverfahren auf. Jetzt gebe ich euch nur die Aufgabe mit den vier Grundrechnungsarten: Addieren, Subtrahieren, Multiplizieren und Dividieren auf. Wenn ihr beim Dreisatz seid, werdet ihr es nicht leicht haben, da es eine schwierige Sache ist, aber mit Hilfe der vier Grundrechnungsarten könnt ihr die Aufgabe sehr gut lösen. Manche von euch sagen: "Wir können nicht addieren". Ihr werdet es lernen. Zwei Äpfel und noch zwei dazu machen vier Äpfel. So wißt ihr nicht, mit wem ihr zusammenkommen sollt - der Mann weiß nicht, mit was für einer Frau er zusammenkommen sollte. Danach kommt das Subtrahieren: der Mann heiratet zunächst eine Frau, dann gefällt sie ihm nicht, er will sie verlassen - er weiß nicht, wie er subtrahieren soll. Es sei jetzt nicht die passende Zeit zu subtrahieren. Es werden ihm eine Menge Kinder geboren, er will sie wegjagen, weil sie nicht klug genug seien. Er soll sie lehren. Was für ein großes Gesetz steckt in diesen vier Regeln: zu wissen, wie man addiert, subtrahiert usw.! Es ist eine tiefgreifende Wissenschaft, mit der die Menschen seit Tausenden von Jahren konfrontiert sind. Wir kennen uns nur in der mechanischen Seite des Rechnens aus. Wenn wir anfangen, uns mit den Heiligen, mit den Engeln zu versammeln, wenn wir mit Gott eins werden, dann werden wir das wahre Addieren lernen. Ein Groschen und noch ein Groschen machen zusammen zwei Groschen; was ist aber, wenn es beim Addieren sowohl ein Plus wie auch ein Minus gibt? Einer sagt: "Ich kann addieren". Aber wie - mit plus oder mit minus? "Ich habe plus zweitausend Lewa", sagt dieser. Oh, du bist dann ein reicher Mann, du kannst über Geld verfügen und dazu noch anderen Menschen was Gutes tun. Das ist das Christi Grundgesetz. Dieses Schaf werdet ihr hinzutun und dann es abziehen; es wird euer Schlüssel zu den Einzelelementen sein. Wenn ihr einen Schäfer besucht, wird er euch das Grundgesetz des Addierens und des Subtrahierens beibringen: wenn er Milch verkäst, wird er einen Teil davon addieren, einen anderen dagegen abziehen. Weiß er, wie man das Überflüssige abzieht, wird er gewinnen, weiß er es nicht, wird er verlieren. Auch ihr, wenn ihr wißt, eure Milch zu verkäsen - die eine Milch zu addieren und die andere abzuziehen - auch ihr werdet sagen, wenn die Zeit zum Bilanzziehen gekommen ist: "Jetzt haben wir einen Gewinn". Habt ihr einen Verlust, so zeugt dieses davon, dass ihr jenes vernünftige Prinzip Christi nicht angewendet habt, dass ihr selbst Schafe seid, die nur geweidet und geblöckt haben während der ganzen Zeit. Das Schaf, sobald es einen Wolf gesehen hat, stampft mit dem Fuß und will ihm sagen: "Du sollst hier verschwinden, weißt du nicht, dass ich weide?" Er aber greift zu und frißt es auf. So klug ist es! Auch ihr, wenn ihr den Teufel erblickt, stampft nicht ihm mit dem Fuß entgegen - er erschrickt nicht. Er erschrickt nur vor Menschen, die einen Verstand und einen Willen haben und deren Hände losgebunden sind. Deswegen ist Christus gekommen, um die Hand des Menschen loszubinden und ihm Kraft zu geben, damit dieser gegen den Wolf - gegen den Teufel, mitkämpfen kann. Die Wölfe sind auch in ihrem Recht, durch die Welt zu ziehen, von ihren Zähnen Gebrauch zu machen; wir haben aber gleichfalls das Recht, gegen sie unseren Verstand und unseren Willen einzusetzen. Sie haben das Recht, zu fressen, wir aber haben das Recht, ihnen die Zähne zu ziehen; sie haben das Recht, von ihren Krallen Gebrauch zu machen, wir aber haben auch das Recht, diese auszuschneiden. Zieht die Zähne dieses Teufels und reißt ihm seine Krallen aus. Und habt ihr aus dem Teufel ein Schaf gemacht, das euch mit Wolle und Milch versorgt, fürchtet euch nicht, in einem nächsten Schritt könnt ihr aus ihm einen Ochsen machen, ihm einen Halfter einlegen und ihn ackern lassen. Und so sagte auch Christus in einem anderen Fall, dass der böse Geist, der den Menschen verlasse, sehr unruhig sei, und käme er wieder zurück, sei er um siebenmal schlechter als zuvor. All die dummen Leute werden auch siebenmal schlechter. Deshalb sagt auch Christus: "Ich bin gekommen, um den vernünftigen Menschen zu erlösen", also nicht der Tiere, sondern des Menschen wegen. Gerade diese tiefgreifende Erlösung der christlichen Lehre müssen wir in unserem Leben anwenden, durch unseren Verstand und durch unser Herz ein Vorbild sein; unser Zuhause muss ein idealer Garten sein - das alles ist die Aufgabe unseres Lebens.

     

    Deshalb, fangt an zu arbeiten und ein jeder soll in seinem Inneren arbeiten. Wenn der Bulgare von einem Freund besucht wird, nimmt er ihn bei der Hand und zeigt ihm, was er alles in seinem Haushalt hat, wie er alles eingerichtet hat und sein Freund lobt ihn und freut sich. Eines Tages kommt Gott vom Himmel herunter - wo werdet ihr Ihn umherführen? Eure Scheune, euer Speicher sind verfallen, die Kirche und die Schule genauso. Wenn Er jedes Ding hier in bester Ordnung findet, wird Er sagen: "Hier ist ein Mensch, der vernünftig gearbeitet hat". Das ist der Sinn, den Christus euch Menschen heute früh offenbart - "Wie viel mehr ist ein Mensch als ein Schaf".

     

    Ein Vortrag von Meister Beinsa Douno, gehalten am 28. September 1914 in Sofia

  21. Die Notwendigkeit, Gott zu erkennen

     

    "Das ist aber das ewige Leben, dass sie Dich, der Du allein wahrer Gott bist, und den Du gesandt hast, Jesus Christus, erkennen." (Joh 17,3)

     

    Das Leben ist das Natürlichste und das Stärkste, wonach die menschliche Seele strebt; es ist der Reichtum, den sie zu verdienen wünscht. Dieses Streben besteht nicht seit jetzt, sondern seit Tausenden und Millionen von Jahren, und es ist nicht nur dem Menschen eigen, sondern auch den anderen Säugetieren, den Vögeln, den Fischen und sogar den Pflanzen. Nur in den Methoden, das Leben zu erlangen, gibt es einen Unterschied bei diesen verschiedenartigen Geschöpfen.

     

    Wollen wir uns auf das menschliche Streben nach Leben konzentrieren - es betrifft uns, es ist wichtig für unsere Entwicklung. Ihr geht zum Beispiel auf eine Musikschule nicht nur, um zuzuhören, sondern auch um zu lernen. Man gibt euch eine Geige, man gibt euch einen Bogen, man zieht eurerer Geige Saiten auf und man bringt euch bei, wie ihr sie stimmen sollt; man teilt euch einen Lehrer zu, damit er euch die Grundregeln der Musik beibringt und ihr fangt an, euren Verstand zu trainieren, eure Hände, eure Finger. Und auf diese Art und Weise, im Laufe der Zeit, eignet ihr euch die Kunst des ausgezeichneten Violinspielers an. Demselben Gesetz nach will Gott uns die Methode, die Art und Weise, das Leben zu erlangen, beibringen. Der Mensch besaß einst ein ewiges Leben, aber er hat es verloren. Er hat es aus einem einfachen Grunde verloren und jetzt bemüht er sich, seinen Fehler zu korrigieren. Dieser Fehler von ihm hat den Tod verursacht. Erst nachdem der Mensch nach und nach die ständige Zerstörung seiner Seele, seines Verstandes, seines Herzens, seines Organismus, all dessen, das er baut, zu spüren begonnen hat, erst dann hat er begriffen, was er verloren hat.

     

    Im ersten Kapitel der Genesis heißt es, dass Gott den Menschen in das Paradies hineinversetzte und ihm sagte, alles dort zu bebauen und zu nutzen, allerdings verbot Er dem Menschen eins - einen bestimmten Baum zu berühren, den Baum der Erkenntnis des Guten und des Bösen. Der Mensch aber wollte einen kleinen Versuch des Ungehorsams machen und als erste machte diesen Versuch die Frau. Es heißt in diesem Kapitel, dass sich die Schlange um den Baum der Erkenntnis wand und ins Gespräch mit Eva kam, indem sie ihr die Frage stellte: "Wieso dürft ihr, die als Herren des Paradieses alle Paradiesbäume nutzt, diesen Baum nicht nutzen, der in sich ein großes Geheimnis verbirgt?" Die Frau fragte ihrerseits: "Welches Geheimnis?" - "Wenn ihr Früchte von diesem Baum esst, werdet ihr die Erkenntnis Gottes haben, ihr werdet wissen, warum ihr lebt, ihr werdet zwischen Gutem und Bösem unterscheiden, auf der Erde werdet ihr sehr stark sein, so wie Gott stark ist". Und in der Frau entsteht sodann Eitelkeit, und sie sagt zu sich: "Wie Gott werden - das ist mein sehnlichster Wunsch." Und sie pflückte von den verbotenen Früchten, schmeckte sie und ging zu ihrem Mann, den sie überredete und auch er aß davon. Und in Folge dessen, sagt die Schrift, wurden sie beide nackt - sie sahen sich nackt. Wann werden die Menschen nackt? Irgendein reicher Vater stirbt und hinterlässt seinem Sohn Geld, Güter und Wälder. Der Sohn lernt andere junge Leute kennen, befreundet sich mit ihnen und sie ziehen zusammen durch die Gegend; er vergnügt sich, gibt alles aus und verarmt, so dass er nichts anzuziehen hat. Er ist aber nicht von ungefähr nackt, sondern wegen zuviel Essen, Trinken und Faulenzen. Das bringt uns auf den Gedanken, dass Adam und Eva lange Zeit von diesem Baum gegessen haben. Danach begannen sie, das Paradies zu verpfänden und Gott sagte dann zu ihnen: "Was verpfändet ihr da, ist es etwa euer Besitztum? Macht, dass ihr schnell rauskommt! Von jetzt an werdet ihr mit Mühe und im Schweiße eures Angesichts euer Brot verdienen, damit ihr dieses große Gesetz erkennt - das Leben zu schätzen, das ich euch gebe." Man kann leicht verarmen. Ein amerikanischer Millionär, dessen Vater ihm etwa zwanzig Millionen Dollar Erbe hinerlassen hatte, zeigte eine Schwäche für Blumen und fing an, die verschiedensten Sorten aus allen Weltteilen zu sammeln; er entsandte sogar eine Sonderexpedition, um einige besonders selten vorkommende Blumen erhalten zu können. Ein paar Jahrzehnte später hatte er schon alles ausgegeben, was er besaß und als er starb, musste man ihn auf Gemeindekosten bestatten.

     

    Ihr werdet vielleicht die Frage stellen: "Wie kann man sein Leben verlieren?" Ich sage euch wie. Angenommen, ihr habt einen Sohn, der gesund und munter ist; der hat im Ausland seine Ausbildung bekommen. Plötzlich entsteht in ihm die Idee, groß, berühmt zu werden, das Sankt–Georgs–Kreuz zu erlangen, und er sagt: "Ich gehe des Ruhms wegen kämpfen" und geht. Eine Kugel trifft ihn, der Ruhm kommt ihm zu, er verliert aber dabei sein Leben. Adam und Eva haben sich ein solches Kreuz gewünscht und Gott hat sie auf das Schlachtfeld geschickt. Sie verlassen das Paradies, sie gehen die Welt erobern, verlieren aber dabei ihr ewiges Leben.

     

    Und nun kommen wir auf den Gedanken Christi zurück. Geld auszugeben, unser Leben zu verlieren - das verstehen wir, aber das Leben zu verdienen - das verstehen wir nicht. Christus ist gerade deswegen gekommen, um uns zu erklären, wie wir das verlorene Leben zurückgewinnen können. Genau diesen Gedanken möchte ich jetzt für euch weiterführen. Christus sagt: "Ich bin das Leben." Worin unterscheidet sich das Leben von den anderen Kräften? Es ist eine Kraft, die baut, erhebt, verbindet, vereinigt und der menschlichen Seele Freude und Heiterkeit spendet. Im letzten Vers des Kapitels, das ich euch vorgelesen habe, sind drei Wörter wichtig: 'Leben', 'Erkenntnis' und 'Gott'. Das Leben ist das von uns angestrebte Ziel, die Erkenntnis ist die Methode zum Erreichen dieses Ziels und Gott stellt die Umgebung bzw. die Verhältnisse dar, von denen wir dieses Leben schöpfen können. Diese Frage enthält einen doppelten Sinn. Ich kann für euch seine rein philosophische Seite interpretieren, ich kann euch seine biologische Herkunft sowie seine physiologische oder psychische Äußerung usw. erklären. Das alles wird euch aber nichts nützen. Es wäre dasselbe wie wenn ich einem Hungrigen kein Brot, sondern eine Erklärung geben würde, nämlich, wie es zubereitet, aus was für einem Mehl es gemacht worden ist, welche Frau den Teig geknetet und nachher gebacken hat, aus welchen Elementen es besteht und wie die Chemiker diese Elemente im Labor entdeckt haben usw. Der Mann sagt: "Ich bin hungrig, gib mir zu essen. Dass es eine Frau geknetet hat, will ich gar nicht wissen. Dass es aus diesen oder aus anderen Elementen besteht, will ich ebenso nicht wissen. Das Einzige, das mich jetzt interessiert, ist, satt zu werden, erst danach kann ich dir zuhören und mir über diese Dinge erzählen lassen." Dasselbe würden wir auch jetzt dem Philosophen sagen: "Wir wollen nicht wissen, aus welchen Elementen das Leben besteht, wie und woraus es gemacht und wie es entstanden ist; wir wollen uns satt essen, von dem ewigen Leben essen. Erst danach können wir mit Ihnen Diskussionen darüber führen und zwar so lange, wie Sie wollen; jetzt wollen wir diesen Tod los werden." Und ich glaube, das wäre die richtige Lösung dieses Problems.

     

    Wie könnt ihr das ewige Leben erlangen? Ihr habt ja noch gar nicht gelebt! Ihr meint zwar, dass ihr lebt, dieses Leben aber gehört euch nicht; es ist ein verpfändetes Leben; morgen wird derjenige erscheinen, dem ihr schuldet, er wird den Wechsel eurer Schuld zeigen, euch ins Gefängnis schicken und euch das Leben nehmen. Ihr werdet aufgebahrt und der Priester wird kommen, um euer Urteil zu bestätigen, indem er euch ein Totengebet vorliest, so dass Gott euer in Seinem Reich gedenkt, das heißt, mit euch gnädig ist. Danach werden die Sänger das für diese Fälle übliche Lied vorsingen und ihr werdet beerdigt. Was bedeutet es, einen Menschen zu beerdigen? Das heißt, ihn unten in dem finsteren Gefängnis einzuschließen, damit er seine Schuld zahlt. Jeder, der, anstatt dass er seine Schulden bezahlt, nach dem Sankt-Georgs-Kreuz trachtet, wird in die Erde gelegt, damit er zuerst seine Schuld zahlt, damit er lernt, sein Leben zu verdienen. Alle Menschen weinen, wenn ein Verwandter stirbt; das Weinen aber hilft nicht: derjenige, dem wir schulden, wird kein Erbarmen mit uns haben, soviel auch wir weinen, sondern er wird sagen: "Bezahle deine Schuld." Auch der Tod, wenn er kommt, wird sagen: "Ich will eure Tränen nicht haben, sondern ich will, dass ihr eure Schuld zahlt - ihr schuldet mir." So müssen wir das Grundgesetz des Lebens kennen, um uns von dem Tod zu befreien. Dieses möchte ich an einem Beispiel erläutern. Während die Bulgaren von den Türken unterjocht waren, zu der Zeit der Janitscharen, eroberte ein gewisser Türke, ein Räuber und Ringkämpfer, eine ganze Gegend und versetzte ihre gesamte Bevölkerung in Angst und Schrecken. Egal wen er auch erwischte, den schlug, prügelte, verletzte und tötete er. Er prahlte überall damit, dass er die ungläubigen Bulgaren immer wieder in Angst und Schrecken halte. Kein Einheimischer traute sich, die Stimme zu erheben, alle beteten zu Gott, er möge sie von diesem Übel erlösen. Alle Männer trugen die von dem türkischen Räuber hinterlassenen Narben. Jedoch wagte niemand, den Kopf zu erheben. Aus Angst trug ein jeder sein Joch. Eines Tages kam ein junger bulgarischer Schäfer an diesem Ort vorbei, adrett und beschuht, mit einem Hirtenstab in den Händen. Als er in einen Wald eintrat, erblickte ihn der türkische Räuber von weitem und rief ihm zu: "Hei, Ungläubiger, halt! Wer hat dir erlaubt, hier vorbeizukommen?" - "Ich bin Hirt, meine Herde führe ich hier über". - "Los, wirf diesen Stock weg." - "Aber ich bringe ihn dir als Geschenk - er ist voll Gold. Meine Großmutter hat mir erzählt, dass mein Großvater ihn aus dem Paradies mitgebracht hat. Dieser Stock hat mich nie enttäuscht, er hat mir den Weg immer geebnet." - "Schau mal diesen ungläubigen Dussel, was für ein dummes Zeug er da redet! Ich werde es dir schon zeigen, aus welchem Paradies der Stock gekommen ist - aus eurem oder aus unserem! Deinen Kopf werde ich darauf aufspießen." Der mutige Schäfer aber entzweit mit einem Hieb schon den Säbel des türkischen Ringkämpfers; beim zweiten Hieb hängt die rechte Hand des Räubers gebrochen herunter; der dritte Hieb bricht ihm das linke Bein in zwei Teile, und der Ringkämpfer stürzt auf die Erde hinab. "Habe ich dir nicht gesagt, dass mein Stock zu jeder Zeit recht spricht, und dass er aus dem Paradies kommt? Zunächst reichen dir diese drei Wörter, die du durch ihn gelernt hast. Gott vergilt immer gut. Wenn ich hier wieder vorbeikomme, so sagt mir mein Stock wieder Bescheid, dann werde ich dir wiederum drei Wörter sagen und dir den Kopf zerquetschen." - "Ich glaube an deinen Stock", antwortete der räuberische Ringkämpfer, "im Sinne seiner Wörter werde ich jetzt in meinem Leben handeln. Wie kann ich mich schon gegen einen solchen Stock wehren, wenn er aus dem Paradies kommt und immer recht spricht? Von nun an sei das ungläubige Volk frei - so will es Allah haben."

     

    Ich erzähle diese Geschichte, um eine Wahrheit in volkstümlicher Form besser veranschaulichen zu können. Dieser Türke ist nämlich der Tod. Das ungläubige Volk - das sind wir Menschen. Gibt es einen Ort irgendwo auf der Welt, den dieser Ringkämpfer nie heimgesucht hat? Gibt es irgendwo ein Zuhause, das er nie besucht hat? Was zeigen die Kreuze auf den Gräbern? Alles auf dieser Welt spricht von dem räuberischen Ringkämpfer; über seine 'Heldentaten' erzählen Väter und Mütter. Es gibt eine Menge dicker Bücher über seine Geschichte und über seine Macht. Alle singen ein und dasselbe Lied - unbesiegbar ist auf dieser Welt unser räuberischer Ringkämpfer. Und wenn jemand versucht zu sagen, dass es möglich ist, uns von ihm zu befreien, dann hört man sofort die Worte: "Bist du verrückt, bist du bei Sinnen? Das ist unmöglich, wir glauben es nicht. Das sind nur leere Worte, dumme Phrasen, Illusionen eines Jugendlichen." Aber es genügt, wenn dieser junge bulgarische Hirt mit seinem aus dem Paradies stammenden, immer die Wahrheit sagenden Stock in der Hand auftaucht und mit drei Schlägen - gegen das Messer, die rechte Hand und das linke Bein des Räubers die falsche Theorie widerlegt, dass der räuberische Ringkämpfer unbesiegbar sei. Um einen solchen gigantischen Kampf zu führen, müsste man aber Mut, müsste man Willen haben. Nun könnte jemand einwenden: "Ich sehe aber keinen besonders tiefen Sinn in diesem gewöhnlichen Beispiel." Ja, von Ihrem Standpunkt aus haben Sie recht, weil Sie sich keine Mühe geben, die Sachen in eine Ordnung zu bringen. Aber wenn hinter dieser Formel die folgende Wahrheit steckt, was würden Sie dann dazu sagen? Denn wenn gerade dieser junge Schäfer den vernünftigen, unverdorbenen Menschen darstellt, wenn seine Großmutter die Göttliche Liebe darstellt, die in unserer Seele immer wieder sagt, dass die Freiheit ein Menschenrecht ist; und wenn der Großvater die göttliche Weisheit darstellt, die den Stock, das heißt Die Gottesgesetze aus dem Paradies bringt und sie diesem vernünftigen Wesen überreicht, damit es seine Seele vor Unterwerfung schützt; und wenn das Messer das Symbol für die Naturkräfte ist, die im Widerspruch zum menschlichen Fortschritt stehen; und wenn die Hand den verdorbenen Menschenwillen, das linke Bein - das verdorbene Menschenherz, symbolisiert! Dann glauben wir also, dass, wenn man auf diese Kräfte auf eine bestimmte Art und Weise reagiert, die zerstörerischen Wirkungen beseitigen kann.

     

    Gerade in diesem Sinne sind auch die Worte zu verstehen: "Wer zuletzt siegt, der wird gerettet sein." Der Sieg ist die Bedingung, unter der man das Leben erhält. Und die Worte Christi: "Erst nachdem der Stärkere in das Haus des Starken eindringt und ihn festgebunden hat, kann er sein Haus ausrauben" beinhaltet dieselbe Idee. Deswegen brauchen wir jenes Wissen, das uns mit den Gesetzen dieses Prozesses vertraut machen kann, durch den man das Leben erhält. Wenn eine Frau einen Stoff weben will, muss sie vor allem die Wolle zu waschen und zu spinnen verstehen; sie muss ihren Webstuhl, ihre Webstuhlgeräte, den Webkamm und die Steppwatten vorbereiten und danach die Kettfäden anzetteln und sie auf den runden Webstuhlteil aufwickeln, sie spannen und erst dann mit dem Weben selbst nach den festgelegten Regeln dieser Kunst anfangen. Das Schiffchen muss man ununterbrochen bald nach links, bald nach rechts werfen, es muss die Fäden des Schusses tragen, die, nachdem sie mit den Kettfäden verflechtet werden, den gewünschten Stoff entstehen lassen.

     

    Der Maler, der ein wertvolles Gemälde schaffen möchte, muss mit den Gesetzen dieser Kunst vertraut sein; er muss die Farbenharmonie und seinen Pinsel beherrschen. Der Skulptor, der eine großartige Skulptur meißeln möchte, muss seinen Hammer beherrschen. Wer ein Haus baut, muss es zu konstruieren, aufzubauen und einzurichten wissen. Wenn ein Arzt angesehen und nützlich sein will, muss ganz genau die Heilmittel kennen, die die Kranken heilen. Ein Lehrer, der lehrt und erzieht, muss Grundkenntnisse über die menschliche Seele, über den menschlichen Verstand haben, und ihnen gemäß handeln.

     

    Nun muss auch der christliche Mensch, der nach dem ewigen Leben strebt, die Grundlagen dieses Lebens kennen und die Gesetze anwenden, nach denen man das Leben erlangt. Das Leben kann man mit einem Stoff vergleichen, den wir zunächst weben müssen und erst danach anziehen können. Es ist das erste Kleidungsstück, mit dem der menschliche Geist umhüllt weren muss. Wenn wir diesen Stoff abgetragen haben, werden wir äußerlich nackt. Dieses Nacktwerden nennt man moralischen Verfall.

     

    Christus sagt eindeutig: "Ein ewiges Leben bedeutet, Gott zu erkennen." "Ihn zu erkennen" - das ist das Geheimnnis des Erreichens des ewigen Lebens. Ihr werdet mir aber bestimmt die Frage stellen: "Kennen wir etwa Gott nicht?" Wenn ihr Ihn im Sinne Christi kennen würdet, würdet ihr nicht sterben. Aber, werdet ihr mir dann widersprechen, wer stirbt denn nicht? Nun ja, das ist es gerade, was die menschliche Behauptung widerlegt, dass man Gott kennt.

     

    Aber, werdet ihr sagen, Christus ist ja auch gestorben. Er ist nicht gestorben, sondern Er ist auferstanden und hat sich Seinen Liebsten gezeigt. Wenn ihr sterbt, werdet ihr auferstehen, um vor euren Nächsten zu erscheinen? Das ist die Frage, die für euch von Bedeutung ist.

     

    Mag sein, dass ihr eine Vorstellung habt, was für einen Gott der Philosoph, der Pantheist, der Materialist oder mancher Gottesdiener hat, sie wird aber in euch das ewige Leben nicht einführen - jenen ewigen Anfang, jenes ewige Wohl, nach dem wir alle streben und das unser Ziel darstellt. Ohne die richtige Vorstellung werdet ihr euch in der Lage eines Kranken befinden, der sich nachts in dem Mond sonnt und erwartet, dass es ihm wärmer wird; oder etwa in der Lage eines Hungrigen, der von weitem die schönen Brotlaibe beobachtet, oder des Durstigen, der sich von weitem einbildet, klares Wasser zu trinken und zu sich sagt: "Ich kenne es." Ich sage euch: das ist keine Erkenntnis, das ist eine Vorstellung von dem Außenschatten der Dinge. Wenn ihr die wahre "Erkenntnis Gottes" erreicht, wird das ewige Leben in eurer Seele vollzogen; dann werdet ihr dem Tod wie jener junge Schäfer entgegenkommen. Und die Inschrift auf eurem Grab wird nicht lauten: "Hier ruht der, den der Tod blutjung wegriss."

     

    Nun kommen wir wieder zum Gegenstand unseres Gesprächs zurück, damit ich diese These durch ein Gleichnis näher erklären kann. Jedes Lebewesen benötigt eine bestimmte Umgebung und Lebensbedingungen, die seine Existenz ermöglichen. Für die Pflanzen sind es der Boden, die Feuchtigkeit und das Licht; für die Fische ist es das Wasser, da sie außerhalb des Wassers nicht leben können; für die Vögel, die Säugetiere, den Menschen ist es die Luft, die sie zum Leben benötigen. Dieses Gleichnis ist richtig auch hinsichtlich der äußerlichen menschlichen Empfindungen. Das Medium des menschlichen Auges ist das Licht, des Ohres - der Schall, der Nase - der Geruch, die Blumen, die ständig die diesen Sinn mit Nährstoff versorgenden ätherischen Schwingungen ausscheiden. Das Medium des Geschmacks ist die Nahrung, all die organischen Stoffe und Säfte, die unermüdlich hineinströmen und Leben spenden. Wenn wir nun noch höher auf diese Leiter steigen, werden wir erkennen, wie dieses große Gesetz wirkt. Der Lebensraum unseres Herzens sind die Wünsche, der Lebensraum des menschlichen Verstands, in dem er leben und sich entfalten kann, das sind die Gedanken; ohne die Gedanken verkümmert der menschliche Verstand, ohne die Wünsche verkümmert das menschliche Herz genauso. Der Lebensraum des menschlichen Willens ist die Kraft, die Tatkraft und der Arbeitsdrang; ohne die Arbeit verkümmert der Wille. Nach demselben Gesetzt dieses Gleichnisses ist Gott das Medium der Menschenseele. Deshalb besagt auch die Schrift: "In Ihm leben wir, in Ihm bewegen wir uns und existieren wir", durch Ihn kann die Seele ihr ursprüngliches Leben zurückerhalten, das heißt, sich in Unsterblichkeit verhüllen. Gott stellt also ein inneres Medium dar, eine innere Voraussetzung, eine innere Kraft, aus der wir immer wieder schöpfen müssen. Und genauso wie zum Beispiel unsere Augen mit dem Licht, unsere Lunge mit der Luft, unser Magen mit dem Mund, damit ihm Nahrung zugeführt werden kann, verbunden sind, so sind auch unser Herz und unser Verstand zwei Mittel, durch welche die Seele das Leben empfangen kann. Das sind die Medien, die den Boden für das Göttliche Medium vorbereiten - das universale Göttliche Bewußtsein, in das unsere Seele getaucht ist. Es ist wahr, dass immer, wenn ein Lebewesen die Verbindung zu seinem Lebensraum verliert, sich dem Tod preisgibt, ganz egal, ob es eine Pflanze, ein Fisch, ein Vogel, ein Säugetier oder ein Mensch ist - das Gesetz hat immer die gleiche Wirkungskraft. Christus, der dieses Gesetz zutiefst erkannte, beharrte darauf, dass es notwendig ist, Gott zu erkennen oder - in der Sprache der Wissenschaft ausgedrückt - die Verbindung zu der eigenen Umgebung zu erhalten.

     

    Ihr werdet aber sagen: "Wir werden Ihn erkennen, wenn wir ins Jenseits gehen." Das Jenseits, das ist Gott. Die Menschen, die denken, sie gehen ins Jenseits, erst nachdem sie gestorben sind, sie erinnern an jenen Sohn eines Verbrechers, der bei seiner Festnahme zu sich sagte: "Ich gehe meinen Vater sehen." Werdet ihr etwa im Gefängnis euren Vater sehen? Ihr werdet an einem Ort sein, wo ihr euch bessern solltet. Im Jenseits werdet ihr nicht bei eurem Himmlischen Vater sein, denn bevor ihr dorthin geht, müsst ihr zuerst den Tod besiegen, aus dem Gefängnis entlassen werden, frei sein. Deshalb sagt Christus in dem hier interpretierten Kapitel des Evangeliums: "Ich bin die Tür", und an einer anderen Stelle sagt Er: "Derjenige, der durch Mich ein- und ausgeht, wird auch Weide finden."

     

    Nun sagt mir, seid ihr schon durch diese Tür ein- oder ausgegangen und wie habt ihr es geschafft? Wenn ich euch nach dem Haus eines eurer Freunde fragte, so würdet ihr sagen: "Die Außentür seines Hauses geht nach Westen und die Innentür - nach Norden oder nach Süden; ihr werdet auch beschreiben können, wie groß sie ist, welche Farbe sie hat und wie man sie zuschließt. Alle Kirchenväter sagen: "Christus ist eine Tür". Wenn Christus die Tür wäre, klärt uns bitte auf, woraus sie gemacht worden ist - aus Holz, aus Eisen, aus Gold oder etwa aus Silber; vielleicht aus Edelsteinen oder aber aus etwas ganz anderem; was hat sie für eine Angel und Pfosten?" "Na ja", werdet ihr darauf antworten, "es ist im übertragenen Sinne gemeint." Gut, legt mal dann den Begriff "Tür" aus, was soll Christus sein, in welchem Sinne stellt er eine Tür dar? Ihr werdet sagen: "Christus hat uns gerettet." Wie hat Er uns gerettet? "Er ist für uns gestorben". Kann denn ein Toter retten? "Er ist aber auferstanden." Wie ist Er auferstanden? "Durch das Göttliche Leben." Also war Christus mit Gott eins, er kannte Gott und durch diese Erkenntnis Gottes besiegte Er den Tod. Dadurch ist Er auferstanden und zu unseren Seelen gekommen. Jetzt ist Er bei uns. Zunächst war Er 33 Jahre lang zusammen mit uns eingesperrt und Er hat uns gezeigt, wie wir aus diesem Gefängnis herauskommen, wie wir den Tod und das Böse besiegen können. Christus ist jetzt draußen - in jener Welt beim Vater des Lichtes. Er kommt unseren Verstand, unsere Herzen besuchen und die Welt wird Ihn durch jene drei Schläge - gegen das Messer, die Hand und das Bein, sehen. Er wird alle falschen Lehren stürzen. Welche sind diese falschen Lehren? Das sind jene Elemente, Gedanken, Wünsche, Handlungen, die das menschliche Glück, den menschlichen Verstand, das menschliche Herz, die menschliche Seele, den menschlichen Geist zerstören und die Tod, Anarchie und Sklaventum überall herrschen lassen und unser Leben lahm legen. Und was ist die Lebenslehre? Das sind all die Elemente, die Glück, Wohl, Güte, Aufklärung spenden, die den menschlichen Geist, das menschliche Herz erheben und Wohlwollen und Liebe allem gegenüber hineinbringen - das ist der lebendige Christus. Und darum sagt Er: "Damit ihr diese Grundelemente besitzen könnt, die in euch ein ewiges Leben bringen, müsst ihr unbedingt Gott erkennen". In der Welt muss man kämpfen. Aber gegen wen? - Gegen den Tod. Jedoch ist diese Kunst richtig zu verstehen. Widrigenfalls werden uns die Fehler andauernd verfolgen. Ich erkläre es euch: eine Mutter, Bulgarin, schickt ihren Sohn, ich glaube nach Deutschland, damit er dort studiert. Diese Frau war ziemlich vermögend: jeden Monat schickte sie dem Sohn 3 bis 4 oder 5 000 Lewa, aber das war ihm zu wenig, das Geld reichte ihm nicht aus. Eines Tages schrieb er seiner Mutter, ihm weitere 1000 Lewa zu schicken. Sie schreibt ihm darauf: "Ich habe kein Geld, sieh zu, dass du irgendeinen kleinen Job findest"; der Sohn aber kündigt an: "Wenn du mir kein Geld schickst, bringe ich mich um"; dann schreibt sie ihm zutiefst entrüstet folgendes: "Bring dich um - ich werde auf dein Grab spucken; ich will keinen Sohn haben, der ein Feigling ist und nicht arbeiten will, der sich im Kampf des Lebens vor der Arbeit drückt und wie eine Memme leben will." Die Worte werden hier möglicherweise nicht genau zitiert, aber sie geben den Sinn haargenau wieder. Der Sohn kommt zu sich. Und dieses Telegramm ist heute eingerahmt - wenn diesbezüglich Fragen gestellt werden, antwortet er: "Es hat mich gerettet." Folglich hat man in der Welt mit manchen Elementen des Todes zu kämpfen. Und wie werdet ihr siegen? Es gibt nur einen Weg zum Sieg: indem ihr Gott erkennt, das heißt den Anfang des Lebens. Ihr werdet mich aber bestimmt wieder fragen: "Wie können wir diesen Anfang erreichen?" Das ist die leichteste Sache. Angenommen, ihr bekommt plötzlich keine Luft - Was macht ihr dann? Ihr macht den Mund auf und atmet. Ihr müsst durch die Nase Luft holen. Deswegen, um zu leben, müssen wir Erkenntnisse haben; um Erkenntnisse zu erwerben, brauchen wir einen frischen Verstand, der aufnahmefähig und mobil ist. Und so, wenn ihr stets durch euren Verstand die guten, erhabenen Gedanken empfangt, genauso wie ihr stets durch die Nase Luft holt, seid ihr auf dem besten Wege, dieses ewige Leben zu erreichen, nach dem ihr strebt. Wenn ihr jeden Tag das folgende kleine Experiment durchführt, um euren Willen abzuhärten, nämlich - die schlechten Gedanken und Wünsche wegzujagen und nur die guten Gedanken und Wünsche zu empfangen, werdet ihr in einem Jahr an euch selbst Wunder verrichten können: Es wird dann kein Hindernis geben, das sich nicht dieser eurer Willenskraft beugen würde. Selbstverständlich, wenn man nun Unsterblichkeit erreichen will, muss man einen starken Willen im wahrsten Sinne des Wortes haben. Ihr sagt aber: "Ich kann es nicht." - "Wer es nicht kann, wird dorthin gehen - ins Gefängnis." So steht es in dem Göttlichen Buch geschrieben. Wenn du "Ich kann es nicht" sagst, sagt Gott: "Sperrt ihn ein, ich werde ihm das Können beibringen." Es gibt keinen anderen Ausweg. Das ist unser Schicksal. Wollen wir mit Gott eins werden, mit Ihm leben, ein ewiges Leben erlangen, so müssen wir Ihm unbedingt dienen. Widrigenfalls muss man ebenso dienen, aber wem? Den Teufeln, den Fürsten dieser Welt, die uns dreimal am Tag einspannen werden. Da wird der Teufel eine Peitsche nehmen und sagen: "Los!" Willst du nicht für Gott arbeiten - knallt es! Schließlich wirst du denken: "Es gibt keinen anderen Ausweg - es muss gearbeitet werden!" Natürlich, weil es sonst den Stock und den Prügel gibt. Hältst du inne, knallt die Peitsche sofort wieder. Das sind die zwei Möglichkeiten. "Ich will Gott nicht dienen." - Wenn du Gott nicht dienen willst, bekommt du einen anderen Herrn. - "Ich will frei sein." - Du irrst dich: es gibt keine Freiheit auf dieser Welt; Freiheit hat nur derjenige, der mit Gott eins ist; derjenige, der ein bewusstes Leben führt, der ist frei. Manchmal sagt ihr: "Ich wurde zornig, ich habe ihm gezeigt, wo es langgeht!" Denkt ihr, dass ihr sehr klug gehandelt habt? Ihr habt einander übertreffen wollen! Wer war wem im Sprechen überlegen? Wen willst du überhaupt im Sprechen übertreffen? "Ich habe ihn verprügelt". Was hat man dir dafür bezahlt? Nichts. Kann sein, dass man morgen dich verprügelt. Was ist das für eine Freiheit: heute prügelst du, morgen wirst du geprügelt; heute erwürgst du jemanden, morgen wirst du erwürgt. Das ist keine Freiheit.

     

    Christus sagt: "Ihr müsst euch mit dem Grundprinzip der Erkenntnis vertraut machen." Ich will, dass ihr das anwendet, was ich euch jetzt sage. Ihr geht in eine Kirche, ihr steht auf, verschränkt die Arme, schließt die Augen, ihr seid vertieft in einem Gebet, das ihr an Gott richtet; ihr verlasst danach die Kirche - und schon ist all das vergessen. Die Leute draußen sagen: "Dieser Mensch geht in die Kirche, er ist fromm; er verlässt die Kirche und schon ist sein Leben anders geworden." Das bedeutet, dass ihr nicht den richtigen, den wahren Weg der Erlösung gefunden habt. Einige sagen dennoch: "Christus ist gekommen und hat uns gerettet." Christus rettet die Klugen und die Guten. Er rettet niemals die bösen und die dummen Menschen. Christus rettet die klugen und die guten, die gehorchen und Seiner Lehre folgen. An erster Stelle lehrt uns Christus, wie wir für uns arbeiten sollen. Er sagt: "Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben." Der Weg, das ist die Methode, die Wahrheit - euer Verstand, durch den ihr die Dinge kennenlernen und erkennen müsst, welche von ihnen gut und welche schlecht sind; das Leben - das ist eine Kunst, die euch weiterhilft, den Stoff anzufertigen und euch damit anzuziehen. Macht ein kleines Experiment mit euch selbst. Stellt euch mal vor, ihr seid krank, nervös, unpäßlich, eure Kinder sind nicht gut. Lasst die Kinder Kinder sein, macht euch keine Sorgen um sie, denkt mal an euch selber jetzt. Warum seid ihr nervös, warum seid ihr unpässlich - dafür gibt es tiefe Gründe. Wenn ihr mir sagt: "Ich habe Durst", so würde ich euch raten: "Trinkt euch satt", "Ich habe Hunger" - "Eßt euch satt." - "Aber wie kann ich trinken, wenn es kein Glas gibt." - "Knie vor diese Bergquelle nieder, hier ist das Element, das deinen Durst stillen kann". - "Ich will aber nicht knien." - "Du wirst knien, sonst wirst du durstig bleiben." - "Aber meine Hose, die habe ich gerade neu gekauft, sie wird doch dreckig." "Wenn du deine neue Hose erhalten willst, wirst du durstig bleiben. Es ist besser, wenn du niederkniest und dich dreckig machst, um das Wohltun des Wassers spüren zu können." - "Ich habe Hunger." - "Komm mit"; ich bringe dich in ein Zimmer. - "Hier ist ein bisschen Brot, setze dich auf den Boden und iss dich satt." - "Aber ich bin es nicht gewöhnt, auf diese Art und Weise zu essen, ich brauche ja eine Gabel, ein Messer, einen Teller."- "Da ist das Brot, lass die Gabel, das Messer und den Teller! Nimm das Brot, brich es mit den Händen und iss dich satt." - "Aber die Leute werden mich doch sehen. Es ist so peinlich." - "Wenn du dich genierst, wirst du hungrig bleiben. Wenn du dich genierst, in die Schule mit einer Fibel zu gehen, wirst du unwissend bleiben." Nun, wenn ein Mensch gerufen wird, Christus zu folgen, darf er nicht sagen: "Was werden die Leute dazu sagen", sondern er muss Christus näher kommen und seine Lehre anwenden - so wird er stark. Der Teufel droht uns an, weil wir schwach sind. Ich will nicht, dass ihr schwach seid, sondern dass ihr euch satt esst. Wie sollte man es tun - eurem Verstand, eurem Herzen Nahrung geben? Ein ewiges Leben erreichen - das bedeutet, nicht nur euren Körper, sondern auch euer Herz, euren Verstand, eure Seele, euren Geist zu ernähren zu verstehen. Es ist eine Ernährungsmethode, so wie dieses in der tiefsinnigen Lehre Christi verankert ist. Und am heutigen Morgen würde ich meinem Vortrag den Titel geben: "Wie wir lernen können, uns zu ernähren." Ihr habt euch einzig und allein angeeignet, zu kauen, und ihr beherrscht diese Kunst ausgezeichnet. Jetzt fangt wieder von dort an; stellt das Gericht vor euch und laßt euer Herz satt werden, lasst euren Verstand und euren Geist satt werden. Und wenn ihr euch so sattgegessen habt, werde ich euch sagen, dass ihr sehr klug seid, dass ihr die Lehre Christi beherrscht, und dass ihr das ewige Leben erreichen werdet, weil ihr wisst, mit Gott eins zu werden.

     

    Ich stelle diese Frage auf Grund meiner Erfahrung, ich trage euch über Dinge vor, die ich verstehe, über Dinge, die ich selbst ausprobiert habe. Das einzige, das euch im Wege steht, ist, dass ihr zögert und herumphilosophiert: "Wie steht es mit dieser Sache eigentlich?" Wenn es um das praktische Leben geht, ist das Philosophieren fehl am Platze. Nehmen wir an, ihr habt eine Frau engagiert, die euch das Spinnen und das Weben beibringen soll; "Aber ich kann nicht." - "Du wirst es können"; zunächst wird es nicht so gelingen, wie es sein muss, aber nach und nach, von einem Tag zum anderen, in einer Woche oder in einem Monat wird euer Garn feiner; danach lernt ihr, wie man zettelt und dann kommt das Weben selbst an die Reihe. Ihr sollt nicht glauben, dass alles auf Anhieb wie geschmiert gelingen wird; ihr werdet zwar Hindernisse überwinden müssen, aber durch Beständigkeit werdet ihr all das lernen. Euer erster Versuch kann das Folgende sein: bemüht euch, eine oder zwei Minuten lang euer Bewusstsein frei zu halten, nicht an die banalen abgedroschenen Dinge des alltäglichen Lebens zu denken. Ihr sagt: "Ich habe aufgehört zu denken, ich denke an nichts", aber durch euren Kopf gehen die Gedanken an eure Oma, an eure Kinder, Hühner, Ochsen, Brennholz, Steine, und ihr glaubt, dass ihr frei seid. In eurem Bewusstsein herrscht das absolute Chaos - hier befinden sich eure Oma, eure Mutter, eure Kinder - sie sind alle da. Ihr müsst letzten Endes sagen: "Ich will frei sein, heute werde ich an Gott denken - an die große Liebe des Lebens; geht ihr nur alle nach draußen auf den Hof. Ihr spielt jetzt dort und lasst mich frei sein, weil ich etwas sehr Wichtiges zu tun habe". Versucht es beim ersten Mal nur zwei Minuten lang zu tun. Die Kinder aber werden zu euch kommen, sich gegenseitig schlagen, weinen; laßt sie sich schlagen, lasst sie weinen; zwei Minuten lang sollt ihr sie vergessen und während dieser kurzen Zeit eure Gedanken einzig und allein dem Gott der Liebe widmen. So sieht diese Kunst aus - im Kleinformat. Aber, werdet ihr an dieser Stelle sagen, das ist doch kinderleicht. So leicht ist es aber auch wieder nicht. Versucht danach, im Laufe von fünf Minuten, von zehn Minuten dasselbe zu tun. Zunächst will Christus, dass ihr aus eurem Herzen die Ochsen, die Hühner, die Pferde, die Wölfe, die Füchse vertreibt, die euer Heiligtum verschmutzt haben. Wisst ihr, um welche Wölfe und Füchse es sich handelt? Es sind Wölfe und Füchse, die sich in euch befinden; ich kann sie sehen - dabei haben sie einen langen Schwanz, einen roten Pelz, große Zähne und Krallen. Euer Hass - das ist der Wolf, eure Heuchelei - das ist der Fuchs. Wozu braucht ihr diesen Fuchs, was für einen Nutzen wird er euch bringen? Gar keinen. Jagt alles fort und schafft in euch die allerbeste Ordnung. Dann sollt ihr euren Priester rufen: "Komm, Diener des lebendigen Gottes, zieh dein Gewand an, nimm dein Weihrauchfaß, mit dem du deinen Weihrauch zu Gott hochsteigen lässt." Du sollst auch den Bischof deines Lebens kommen lassen. Und wer ist dieser Bischof? Dein Geist. Du wirst auch die Sänger kommen lassen. Wer sind sie? Deine guten Gefühle und Wünsche. Du wirst sagen: "Kommt, laßt uns singen und damit Gott in diesem erhabenen Tempel dienen", und dann wird Christus kommen, und wenn Er diese Versammlung von denen frei vorfindet, die darin Tauben und dergleichen verkauft hatten, die von Ihm nach draußen weggejagt wurden, wird Er sagen: "Friede sei mit euch! Es ist der Tag eurer Auferstehung gekommen, heute werdet ihr mit Mir zusammen im Paradies sein". Habt ihr den tiefen Sinn der Worte jenes Räubers erkannt, der rechts von Jesus gekreuzigt wurde: "Gott, entsinne Dich meiner in Deinem Reich!" Er war ein Mensch, der mit seiner Peitsche alles Getier nach draußen weggejagt hatte, und deshalb sagte Jesus zu ihm: "Du bist ein Mensch, der mit Mir heute im Paradies sein wird". Jagt weit weg von euch alles Getier, Schweine, Füchse, Wölfe... Und der andere Räuber, der links von Christus gekreuzigt wurde, was sagte er? - "Wenn du wirklich ein Sohn Gottes bist, gehe herunter und befreie uns". - Wie hätte Er ihn denn befreien können, wenn er selber nicht das gesamte Getier von sich weggejagt hatte, wenn er ein Sklave seines eigenen Egoismus war?

     

    Ich glaube, ihr könnt mir folgen: ich spreche sehr eindeutig zu euch. Ich möchte zu euch so sprechen, wie möglicherweise bis jetzt niemand zu euch gesprochen hat. Das Erste, was ihr zu lernen habt, ist, Gott zu lieben, und diese Liebe wird euch mit Ihm vereinigen. Es gibt Tausende von Gelegenheiten, mit Ihm eins zu werden und euer Leben glücklich zu machen. Und wenn ihr euch mit Ihm vereinigt und das ewige Leben betretet, wird sich alles in euch verwandeln, so dass jedes Ding auf seinen Platz kommt. Und nun stellt euch selbst die Aufgabe, zuerst nur für zwei Minuten, dann für fünf Minuten die fremden Gedanken in euch wegzujagen und nachdem ihr allein geblieben seid mit euch selbst, fangt an, tiefsinnend über das große Problem nachzudenken, warum seid ihr auf der Erde, warum ihr unpäßlich seid, warum ihr keine erhabenen Gedanken und kein erhabenes Herz habt, warum ihr keinen festen Willen habt, ein bestimmtes Problem zu lösen, und ihr bekommt von Christus eine Antwort. Er wird euch in der folgenden Form antworten: "Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben; das heißt, wenn ihr alles Andere wegjagt und Mich in euch aufnehmt, wenn ihr als Gott Meinen Vater erkennt, der in Mir lebt und Mir das ewige Leben gegeben hat, wird Er auch euch ein solches Leben geben". Wir müssen Christus in uns aufnehmen, um uns mit Gott zu verbinden. Und das Christentum hat nur dann einen Sinn, wenn wir lernen, dieses Leben zu besiegen, um das Leben im Jenseits zu erlangen, das für uns deswegen von einer besonderen Bedeutung ist, weil es Wissen, Kraft, Edelmut unseren Gefühlen verleiht, uns glücklich macht und Geisteskraft gibt, damit wir alles besiegen können, so dass die Angst vor der Armut auf der Welt aufhört zu existieren. Das ist die Lehre Christi. Ihr habt Angst vor dem Tod. Empfangt ihn, indem ihr sagt: "Ich kämpfe mit ihm." Angenommen man will euch ins Gefängnis stecken; sagt zu euch selbst: "Wir kämpfen gegen denjenigen, der den Tod bringt, durch die Kraft Desjenigen, Der in uns lebt - durch den Alleinigen Wahren Gott". Es kann kommen, dass sich die ganze Welt gegen euch erhebt; möglicherweise wird man euch drohen; fürchtet euch nicht. Ein Mensch, der sich fürchtet, kann kein Bürger Des Gottesreichs werden. Jetzt kämpft ihr in dieser Welt, wenn ihr in Den Himmel geht, wird man jedem von euch ein Sankt-Georgs-Kreuz verleihen und es wird ein lebendiges Kreuz sein. Ihr werdet zurückkehren und dann wird Christus zu euch sagen: "Komm du, guter Knecht, der auf dem Schlachtfeld gekämpft hat." Seit Tausenden von Jahren leidet der Mensch, er hat aber nicht für die Menschheit, für die Gerechtigkeit gelitten; bis jetzt hat er immer nur für sich selbst, für seine Ochsen, Pferde usw. gelitten. Zum Schluss muss er für Christus leiden. In diesem Leiden findet man das wahre Leben. Darum sagt Apostel Paulus: "Wenn wir verwachsen sind mit der Gleichheit seines Leids, so werden wir es auch mit Seiner Auferstehung sein;" weil Gott auf dieselbe Weise, wie Er Christus auferweckt hat, auch uns auferwecken wird, wenn wir für Ihn leben. Lasst Christi Geist in uns einziehen, lasst uns den Wahren Gott erkennen und das ewige Leben erlangen. Dann werden wir dazu bereit sein, für unsere kleineren Brüder und Schwestern zu arbeiten, damit auch sie sich die Kunst aneignen, den Reichtum dieses Göttlichen Lebens zu erlangen.

     

     

    Ein Vortrag von Meister Beinsa Douno, gehalten am 21. September 1914 in Sofia

  22. Friede sei mit Euch!

    "Am Abend aber desselben ersten Tages der Woche, da die Jünger versammelt und die Türen verschlossen waren aus Furcht vor den Juden, kam Jesus und trat mitten ein und spricht zu ihnen: Friede sei mit euch!" (Joh 20, 19)

     

    Die Unsterblichkeit ist eine Sehnsucht der menschlichen Seele, ein Ideal, nach dem sie strebt und deren Verwirklichung sie sich stets wünscht. Die menschliche Seele lebt auf der Erde, um den Weg zur Unsterblichkeit zu finden. Die Unsterblichkeit wird von einem großen Göttlichen Gesetz regiert, das der Mensch zu untersuchen und in allen Bereichen seines Lebens anzuwenden hat. Und in diesem Sinne müssen wir ständig lernen, nach jenen Bedingungen suchen, unter denen die Unsterblichkeit existieren kann. Der Mensch kann unsterblich sein und seine Unsterblichkeit verlieren, er kann sterblich sein und Unsterblichkeit erlangen. Sterben und Unsterblichkeit - das sind zwei Grundsätze. In der Sprache der Wissenschaft heißt Unsterblichkeit das Gleichgewicht zwischen den Dingen, zwischen den Kräften, die in der Natur wirken. Der Tod ist das Verlieren dieses Gleichgewichts. Die Unsterblichkeit schließt in sich Vereinigung, Harmonie, und der Tod - Uneinigkeit, Zwietracht, Disharmonie. Wenn die Menschen Unsterblichkeit begehren, so müssen sie wissen, was diese genau umfasst. Wenn ihr einen modernen Konzertsaal betretet, um euch die Musik eines Symphonieorchesters anzuhören und ihr habt eine Beobachtungsgabe, so werdet ihr sehen können, dass das Allererste, was die Musikanten tun, die überwiegend Saiteninstrumente spielen, ist, die Instrumente aus ihren Kästen herauszuholen, und die Geigen danach zu stimmen, den Klang der Saiten zu überprüfen, die unterschiedlich - einige mehr, andere weniger stark - gespannt sind. Diese Stimmung folgt gewissen Relationen. Und nachdem sie die Instrumente gemäß bestimmten Tönen gestimmt haben, nehmen die Musikanten den Bogen in die Hand und beginnen zu spielen. Wisst ihr, wie viel Zeit ein Musiker braucht, um in ein Symphonieorchester aufgenommen zu werden, um sein Instrument, seinen Bogen vollkommen beherrschen zu können? Er muss mindestens 12 Jahre sich einer Sonderausbildung widmen. Bei uns zu Lande nennt man üblicherweise einen, der Geige spielt, einen Zigeuner - so lautet der Spitzname der Geiger. Dieses Instrument aber kann als ein Sinnbild betrachtet werden. Wir können sagen, dass die Geige das vollkommenste Instrument ist, das schon seit 300 Jahren, seitdem es der große Meister Stradivari gebaut hat, keinerlei Veränderungen erfahren, weil es seine Vollkommenheit fast erreicht hat. Die Geige ist mit der menschlichen Seele vergleichbar: zu ihr gehören vier Saiten und ein Bogen. Die Geige selbst stellt die menschliche Seele dar, die Saiten sind die vier menschlichen Temperamente. Den menschlichen Willen können wir dem Bogen gleichsetzen. Wenn ein Geiger sich Saiten kaufen geht, wird er sagen: "Ich möchte diese und diese Saite haben", nämlich e, a, d oder g, und wenn er nach Hause zurückkehrt, weiß er, wo er jede einzelne Saite anzuspannen hat. Dem Menschenwesen sind, wie gesagt, vier Temperamente eigen - das cholerische, das phlegmatische, das sanguinische und das melancholische. Das sind vier Zustände, die den Menschen charakterisieren. Sie entsprechen der menschlichen Seele, dem Verstand, dem Herzen und dem menschlichen Leben. Das sind vier Hauptsaiten, die wir aufzuwickeln und zu lockern wissen müssen. Und wenn wir unseren Verstand und unser Herz stimmen, so müssen wir sie auf einen und denselben Ton zu stimmen wissen. Bei der Geige sind die vier Saiten entsprechend auf vier verschiedene Töne abgestimmt, wobei es zwischen den benachbarten Saiten auch immer vier verschiedene Töne gibt, das heißt jede folgende Saite ist um vier Töne höher gespannt als die vorherige. Nachdem ihr die Geige ganz abgestimmt habt, sind 4 x 4 = 16 Töne vorhanden, das heißt Stufen, nach denen die Saiten gestimmt sind. Wenn der Geiger seine Geige gestimmt hat, nimmt er den Bogen und beginnt zu spielen. Und die Geige ist nämlich das einzige Instrument, auf dem man auf Kreuz spielt, es ist das Instrument, das die angenehmste Musik erzeugt und mit seinen Tönen der menschlichen Stimme am nächsten steht. Also, wenn ihr eure Geige gestimmt habt und den Bogen in die Hand nehmt, bildet ihr jenes Kreuz, über das ihr euch jetzt beklagt, und sagt: "Warum, Gott, hast du uns dieses schwere Kreuz gegeben!" Ich sage euch, dass Gott euch ein herrliches Instrument gegeben hat, ihr wisst aber nicht, wie es zu stimmen ist, deshalb tragt ihr es auf eurem Rücken wie eine schwere Last. Nehmt es ab und fangt an, es zu stimmen und darauf zu spielen. Und wenn Apostel Paulus sagt: "Ich werde mich des Kreuzes rühmen", was stellt ihr euch darunter vor? Ich sehe überall Leute, die diese Kreuze tragen, in der Kirche wie überall, aber ich habe bis jetzt keinen gesehen, der auf seinem Kreuz spielt. Ihr geht in ein Konzert und seht, dass die Leute wie selbstverständlich Beifall klatschen, wenn man dort auf dem Kreuz gespielt hat, dabei denken sie gar nicht daran, dass sie selbst ihr Kreuz, ihre Leiden haben, dass sie auch auf ihr Kreuz spielen.

     

    Das Wichtigste aber bei diesem Kreuz-Spielen ist, beim Takt zu bleiben. Wenn der Kapellmeister seinen Dirigentenstab erhebt und ihn ins Schwingen bringt, haben alle aufzupassen und sich nach ihm zu richten. Auch die Bewegung der Bögen hinterlässt bei uns ein Wohlgefühl, weil die Bögen einer bestimmten Regel folgen. Und wenn wir den tiefen verborgenen Sinn des Lebens erkennen, und seine Saiten - den Verstand, das Herz, die Seele, das Leben abstimmen, setzen wir den Bogen - den menschlichen Willen ein, so werden wir durch Den Geist Des Kapellmeisters, der Seinen Stab erheben wird, die lieblichste Musik unseres Lebens machen können. Merkt ihr euch, dass das Kreuz ein großer Segen ist, durch den uns Gott auf der Erde besucht: aus ihm gehen die größte Symphonie, Musik, Gesang hervor, was Rettung genannt wird. Diesem Gesang wohnt die Rettung inne. Als Christus gekreuzigt wurde und litt, weinten die Engel oben im Himmel nicht, sondern sie sangen. Alle Gefangenen in der Hölle freuten sich, dass ihr Retter kam. Als Er auf der Erde geboren wurde, kamen auch Engel, um Sein Kommen bekanntzugeben, was sie durch ihren Gesang taten. Das heißt, während Dieses Instrument, Diese Saiten, Dieser Bogen unseres Glaubens geschaffen wurden, sangen die Engel oben in den Himmeln. Der moderne Christ sagt: "Weh uns! Die Erde ist ein Jammertal, das Leben ist eine Last, es hat keinen Sinn." Für die dummen Menschen, die nicht spielen können und nicht spielen wollen, für die Menschen, die ihre Saiten nicht zu spannen und dem Kapellmeister nicht zuzuhören wissen, ist das Leben wahrhaftig ohne jeglichen Sinn; für diejenigen aber, die ihre Geige zu stimmen wissen, und die spielen können, für diese hat das Leben einen großen Sinn. Und die Geiger, die so angenehm spielen, bekommen einen beträchtlichen Lohn - je 4 oder 5, 6, 700 oder gar 1000 Lewa monatlich, nur weil sie ihren Bogen in Bewegung setzen. Christus kommt oft zu euch und fragt: "Kannst du spielen?" Nicht leiden wollen, bedeutet nichts anderes, als nicht spielen wollen. Diejenigen, die nicht spielen können, sind finster; auf die verlasse ich mich nicht. Man sagt: "Derjenige, der singt und spielt, der denkt nichts Böses." Ein Mensch, der leidet, also der singt und spielt in seinem Leben, der rettet sich. Der Geiger, der spielt, leidet nie Hungersnot. Wer einer es nicht kann, der geht betteln. Derjenige, der es kann und sich irgendwo setzt und spielt, der bekommt von den Leuten einen Lohn. Wer leiden kann, wird nie Hungersnot leiden. Ist euch aufgefallen, dass die Menschen immer dem zu Hilfe kommen, der leidet - sie sind diesem gegenüber genauso großzügig wie sie es dem Geiger gegenüber sind. Wenn ich stehen bleibe, um ein bisschen zuzuhören, wie jemand spielt, die anderen aber nehmen nur den sich bewegenden Bogen wahr, so höre ich auch die Stimme des Geigers mit und ich stelle fest, ob er schon das Spielen gelernt hat oder es jetzt lernt. Lernt er es jetzt, dann ist er ein Neuling - jetzt werden ihm Lektionen erteilt. In 12 Jahren aber wird er im Symphonieorchester sein, und da werdet ihr viel für eine Eintrittskarte bezahlen müssen, um ihn euch anzuhören.

     

    Nun, wenn wir dieses große Gesetz gelernt haben, nämlich zu singen und zu spielen, in moderner Sprache heißt es, zu leiden - im christlichen Sinne haben für mich diese Worte ein und dieselbe Bedeutung - so werden wir durch das Leiden zu jenem großen Gesetz gelangen, das Unsterblichkeit bedeutet. In diesem Gesetz ist die ganze Harmonie enthalten, da gibt es keine Disharmonie. Christus, Der auf die Erde kam, kam, um den Menschen beizubringen, wie sie singen und spielen sollen. Er wird euch beibringen, wie ihr die Saiten eurer Seele spannen sollt. Die Saite der Seele ist das "E", die oberste Saite, das "A", ist die Saite des Verstandes, die Saite des Herzens ist das "D", die des Lebens - das "G". Hier ist die erste Lektion, die euch Christus geben wird. Mehrmals fragen sich die Leute: "Warum hat mir Gott bloß dieses schlechte Herz gegeben?" Ob das Herz schlecht ist, oder bist du schlecht! Man sagt: "Warum hat mir Gott diesen dummen Verstand gegeben?" Ist der Verstand dumm, oder bist du dumm! "Warum hat Gott dieses sinnlose Leben gegeben?" Ist das Leben sinnlos, oder weißt du nicht, warum es da ist. Die Leiden - das sind die Gesetze, durch die Gott auf unsere Entwicklung einwirkt. Wir sollen singen und spielen, das heißt fühlen und denken. Denken bedeutet Spielen; Fühlen bedeutet Singen. Und wenn zwei Nachbarn ihre Geigen aufeinander abstimmen und zu spielen beginnen, so wird sich das sehr angenehm anhören. Vor Jahren habe ich eine Familie besucht; der Vater, die Mutter, der Sohn, die Tochter - sie alle spielten. Der Vater spielte Geige, der Sohn - den Bass usw.; sie alle hatten eine Beschäftigung. Die meisten modernen Menschen - der Mann, die Frau, die Kinder, können nicht spielen, und da sie keine andere Beschäftigung haben, fangen sie an, sich zu schlagen. Für sie ist das Leben selbstverständlich sinnlos. Christus sagt: Stimmt eure Geigen, zieht eure Bögen, lernt spielen; wenn ihr abends beisammen seid, fangt mal an, ein Lied im Takt zu spielen und zu singen, danach ein zweites, ein drittes, ein viertes. Esst Abendbrot, dann fangt wieder an. Geht danach ins Bett und am nächsten Tag geht's wieder los an die Arbeit im Leben.

     

    Nun, ihr werdet sagen: "Was hat das mit der Auferstehung Christi zu tun?" Der moderne Christ diskutiert über die Frage der Auferstehung und sagt: "Wenn ich in Den Himmel gehe, dann werde ich alles lernen." Das ist für das Jenseits. Und für diese Welt, was sollen wir für diese Welt tun? Da ist die Unlogik in den Überlegungen der Menschen. Für diese Welt sind wir sehr klug, für jene Welt aber nicht. Wenn ein junger Mann an der Universität studieren will, könnte er etwa direkt von zu Hause dort landen? Er muss zunächst den Kindergarten besuchen, danach die Grundschule und alle Gymnasialklassen, er muss sich zuerst darauf vorbereiten, die hohe Wissenschaft verstehen zu können. Erst dann wird er immatrikuliert. Nun, warum hat uns Gott auf die Erde geschickt und was ist die Erde eigentlich? Sie ist ein Kindergarten, sie stellt die einzelnen Schuljahre einer Grundschule dar, und wir müssen durch. Wenn wir sie nicht erfolgreich beenden, wie könnten wir dann später in die oberen Klassen gehen? Wenn wir ins Jenseits gehen, denkt ihr, wir werden in diese Klassen aufgenommen? Nein, keineswegs. Das Wort 'Auferstehung' enthält eine große Idee in sich. Es enthält Göttliche Geheimnisse. Auferstehen heißt, Herr aller Elemente, aller Kräfte, aller Gedanken und Wünsche, aller eigenen Handlungen sein. Wie kann nun der Mensch auferstehen, wenn er kein Herr all dieser Dinge ist? Wenn euch ein Frosch oder eine kleine Schlange Angst einjagen kann, wie wollt ihr euch auf eine Auferstehung vorbereiten? Wenn ihr auf der Erde nicht die geringsten Leiden ertragen und Gott nicht dienen könnt, wie wäre eure Auferstehung möglich? Wenn ein Geiger 12 Jahre lang tagtäglich 1 bis 10 Stunden schuften muss, um spielen zu lernen, wie viel müssten wir, die Christen, spielen, um uns Christi Auferstehung anzueignen? Eine der Schwächen der zeitgenössischen Kirche ist, dass sie meint, alles könnte mit Gaben erreicht werden. Mag sein, dass uns Gott eine Geige, Saiten, einen Bogen umsonst gibt, Er kann sogar für uns einen Lehrer finden und ihn bezahlen, aber wir sind diejenigen, die täglich 10 Stunden zu schuften haben, die spielen lernen müssen - üben müssen wir schon selber. Und derjenige, der nicht in der Lage ist, so zu üben, ist ein fauler Mensch, er taugt nicht, er ist des Reiches Christi nicht würdig.

     

    Wenn Christus zu seinen Jüngern sagt: "Friede sei mit euch!", so möchte ich für euch diesen Spruch ganz allgemein der Situation gleichsetzen, wie wenn der Kapellmeister vor dem Beginn eines Symphoniekonzertes mit seinem Stab schwenkt und alle zuhören und zu spielen anfangen lässt. Und wenn Christus sagt: "Friede sei mit euch!", soll jeder mit seiner Geige, mit seinem Bogen bereit sein, diesem göttlichen Takt lauschen, der sich von einem Ende der Welt bis zum anderen stets bewegt. Alle Menschen singen und spielen vor Gott. Er inspiziert sie. Derjenige, der das Singen nicht gelernt hat, verzerrt seinen Mund. Das Weinen - das ist ein verzerrtes Singen. Beim Lachen gehen die Mundwinkel ein bisschen nach oben, beim Weinen dagegen gehen sie nach unten. Wer weint, ist noch jung, er hat noch nicht singen gelernt. Also ist das Weinen ein verzerrtes Singen, das übrigens eine Vorbereitung auf das gute Singen ist. Es ist gar nicht so schlecht, zu weinen, weil sich dieses Weinen nach einer Weile in ein sehr gutes Singen verwandeln wird. Aber der Mensch wird es nicht leicht haben! Wir wollen nachsichtig sein: er wird singen lernen.

     

    Mit dieser neuen Energie, die Christus durch Seine Auferstehung in die Welt setzte, zeigte Er den Weg zu dieser Göttlichen Kunst, die Rettung heißt. Genau deswegen müsst ihr Das Evangelium eifrig studieren. Ihr sagt: "Das verstehe ich nicht, jenes verstehe ich nicht, dieses finde ich nötig, jenes aber unnötig, dieses ist richtig, jenes aber nicht." Ich frage euch: "Was ist richtig?" Einige wollen nicht leiden, sie wollen nicht singen, andere wollen nicht arbeiten. Was wollen sie dann? Das Weinen ist eine Übung, es ist der Übergang zum Singen. Die Hacke hat auch ihren Klang. Mit einer Hacke zu arbeiten, sie zu heben und zu legen - das bedeutet eine Trommel schlagen. Und man muss die Trommel schlagen. Man hebt die Axt und man legt sie danach - das sind die Klänge in einer bestimmten Musik. Und wenn du die Hacke hebst und wenn du gräbst - auch dann solltest du daran denken und zu dir selbst sagen: "Der Herr schaut auf mich - ich muss diese Hacke rhythmisch setzen." Auch wenn du Bäume fällst, solltest du sie allen Regeln der Kunst nach fällen. Wir sagen: "Dieses ist sinnlos, jenes ist sinnlos." Und was hat dann überhaupt einen Sinn im Leben? Die dem Anschein nach kleinsten Dinge, denen wir die geringste Bedeutung beimessen, haben den größten Inhalt.

     

    Die Auferstehung ist ein Prozess, den Der Geist Gottes in unserem Leben verrichtet, und durch den Gott diese ursprüngliche Harmonie wiederherstellt. Eines Tages, wenn sich eure Ohren öffnen, und ihr fangt an, von weitem etwas mehr zu hören als jetzt - jetzt sind eure Ohren zu dick, ihr habt nicht das geringste musikalische Talent und ihr begreift nur die gröbsten Töne - werdet ihr merken, dass bestimmte Töne, die die Gegenstände - die Quellen, die Bäume, die Blätter - von sich geben, durch das ganze Universum wandern, und ihr werdet eine großartige Musik vernehmen können, die sich von einem Ende der Welt bis zum anderen ausbreitet, und dann werdet ihr den eigentlichen Sinn des Lebens verstehen. Auch Christus will euch durch Seine Auferstehung in diesen Konzertsaal einführen. Er wird für euch bezahlen, jedem von euch wird Er eine Eintrittskarte geben; werdet ihr aber das richtige Ohr haben, um die Göttliche Musik verstehen zu können, nachdem ihr jenen Saal betreten habt und dem Konzert, dem Singen beiwohnt? Das ist der innere, der tiefe Sinn der Auferstehung Christi. Das ist das Leben, das sich unter den Engeln entwickelt, von den kleinen bis zu den höchstgestellten. Überall auf der Welt gibt es diese Göttliche Manifestation, und weil wir diesen inneren Zusammenhang nicht durchschauen können, meinen wir, dass alle Erscheinungen auch unabhängig und ohne Zusammenhang untereinander existieren. Und wenn ihr die Worte "Friede sei mit euch!" hört, müsst ihr bereit sein, das zu spielen, was euch Der Kapellmeister spielen lässt - entweder singen oder weinen. Erhebt Gott Seinen Stab und sagt Er "Friede sei mit euch!", wird der Mann, der nicht singen kann, zu schreien anfangen, so dass man schon sein Singen "Schlagen" nennen kann. Und er schlägt zwar die Trommel, aber verkehrt. Die Frau, die schlägt die Trommel manchmal auch verkehrt. Gott sagt: "Du hast nicht gelernt, die Trommel zu schlagen, den und den Ton machst du falsch, an deiner Stimme ist noch zu arbeiten, stimm und spann ein bisschen die Saiten deines Lebens, deiner Seele". Dann sag: "Friede sei mit euch!", und ihr fangt an, zu spielen. "Warte! Du setzt deine Finger nicht richtig auf die Geige!", wird Er dich wieder aufhalten. Du sagst dann: "Ich bin es schon leid!" Aber du musst wissen, dass man die Kunst durch große Geduld und Fleiß erlangt, und dass es für den Faulen keinen Himmel gibt. Gott sagt deswegen: "Wenn ihr nicht aufnahmefähig wie die Kinder werdet, werdet ihr nicht in Das Himmelreich eintreten"; weil die Kinder Lust haben, die Dinge zu erforschen, die Erwachsenen sagen dagegen: "Wir brauchen das nicht, wir brauchen jenes nicht." Schließlich werden sie krumm und einem Fragezeichen ähnlich - die Erde zieht sie an und sie werden darin beerdigt. Gott sagt: "Weil diese Geige nicht gut gemacht ist, legt sie unten, damit sie aufs Neue gemacht wird." Man wird sie wieder aufbauen und sie wird aufs Neue zur Welt kommen, damit sie wieder zu lernen anfängt. Gott hat beschlossen, dass ein jeder von euch singen und spielen lernt. Er will im Himmel keine Kinder haben, die spielen und singen nicht lernen wollen. Auch der Apostel Paulus sagt, dass er in den dritten Himmel gegangen sei und etwas gehört habe, was in keiner menschlichen Sprache zu beschreiben wäre. Er habe Singen und Spielen gehört. Johannes hat auch behauptet, dass er Singen und Spielen gehört habe.

     

    Das ist die Überlegung, die ich euch hinterlassen will. Wisst ihr, welcher der Grundton eurer Seele ist? Wisst ihr, eure Geige zu stimmen? Lernt sie zu stimmen. Jeden Morgen, sobald ihr aufsteht, sollt ihr euer Nervensystem stimmen. Ihr seid etwas verärgert, etwas beunruhigt - das zeigt, dass eure Geige nicht gestimmt ist. Haltet inne, stimmt sie. Und so, wenn ihr sie nach und nach stimmt, werden eure Sorgen auch verschwinden. Wie ist euer Nervensystem zu stimmen? Ihr geht beten - das Gebet, das ist das Stimmen. Manche fragen: "Warum sollen wir eigentlich beten?" Um eure Geige zu stimmen. Nachdem ihr eure Geige so gestimmt habt, sagt zu Gott: "Meine Geige ist gestimmt" und Gott wird euch antworten: "Fangt mit der Arbeit für den Tag an." Und der Frieden wird in euch eintreten, und die Arbeit wird euch von der Hand gehen. Es kann vorkommen, dass an manchem Tag die Frau auch ihre Geige nicht gut stimmt - sie schlägt dann bald dieses, bald jenes ihrer Kinder; selbstverständlich klappt es an diesem Tag mit der Musik nicht besonders gut. Sie sagt: "Warum hat mir Gott diese Kinder gegeben? Wie ungehorsam sind sie!" Sind die Kinder ungehorsam oder ist es die Mutter? Das ist die Frage. An manchem Tag, wenn die Geige gestimmt ist, läuft alles bestens, dabei sind es dieselben Kinder. Also hier muss es sich um eine Verstimmung handeln. Daher ist das Erste, was wir morgens zu tun haben, das Beten, das heißt unseren Verstand, unser Herz, unser Leben stimmen, um so vor Gott zur Arbeit zu erscheinen. Wir sollen dankend sagen: "Heute haben wir unsere Lektion in Singen und in Spielen gut gelernt und wenn unser Vater zurückkehrt, wird er zufrieden mit uns sein." Christus ist gekommen, um zu sehen, wie wir auf der Erde singen und spielen können. Er ist gekreuzigt und 500 Millionen Menschen singen und spielen heute auf diesem Kreuz, das, seitdem er gekommen ist, die vollkommene Zivilisation ins Leben ruft.

     

    Also, das Christentum ist eine Göttliche Musik, ein Göttliches Singen. Lernt darauf das Singen und das Spielen; stimmt gut eure Geige, bewegt richtig den Bogen und folgt den Befehlen Des Kapellmeisters. Die ganze Welt wird sich nach diesem Göttlichen Gesetz richten, und ihr werdet euch auf die andere Welt vorbereiten, auf das andere Leben, das kommt.

     

    (Gehalten am 11. September 1914 in Sofia)

  23. Die Wichtigkeit der kleinen Dinge

     

    "Sehet zu, dass ihr nicht jemand von diesen Kleinen verachtet. Denn ich sage euch: Ihre Engel im Himmel sehen allezeit das Angesicht meines Vaters im Himmel" (Mt 18,10)

     

    Die Menschen beider Geschlechter streben im Grunde genommen nach großen Dingen und nach großartigen Sachen; einer eigenen inneren Schwäche nachgehend, verachtet man die kleinen Dinge. Ihr bekommt beispielsweise einen Groschen geschenkt. "Er ist ja nichts wert. Wären es 1 000, 10 000 oder 100 000 Lewa, das wäre schon was! Aber ein Groschen, nein - ich bin schließlich kein Bettler!", sagt ihr. Ihr bekommt eine Walnuss geschenkt. "Das ist aber eine Beleidigung für mich! Es wäre was anderes, wenn du mir 5 oder 10 Kilo gäbest, aber eine einzige Nuss! Du willst mich nicht etwa auf den Arm nehmen, lieber Herr?" Nach großen Dingen strebend sind wir auch bemüht, mit hochgestellten Persönlichkeiten Bekanntschaft zu machen, mit Königen, Ministerpräsidenten, Vorgesetzten, Gelehrten, Philosophen; die sozial niedriger Gestellten dagegen bezeichnen wir als 'Unwissende' und 'Tölpel'! Vom Anfang bis zum Ende unseres Lebens begegnet uns nichts anderes als Trachten nach den großen Dingen und Verachtung den kleinen Dingen gegenüber. Jesus aber spricht zu seinen Jüngern und warnt sie davor, die Kleinen zu verachten. Warum? "Verachtet sie nicht, denn ihr beleidigt dadurch ihre Engel, die ihnen im Himmel dienen. Verachtet ihr diese Kleinen, so verachtet ihr gleichzeitig auch die Engel, deren Kinder die Kleinen sind". Nehmen wir an, wir wollen ein Stück Holz zerspalten. Zunächst schnitzen wir kleine spitze Keile und erst, wenn diese ins Holz eindringen, machen sie für die großen Keile Platz. Wären die Keile groß und stumpf, wie könnte man schaffen, sie einzurammen? So wird von den kleinen Dingen der Weg für die großen freigemacht. Und der gesamte Entwicklungsprozess in der Welt funktioniert von Anfang an dank dieser kleinen Dinge, die ihr verachtet; der Fortschritt im ganzen Weltall stützt sich auf sie. Man sagt, der Pflug ernähre die ganze Welt. Wenn der Pflüger den Acker gut gepflügt und dann bestellt hat, so wird auch der Ernteertrag gut sein. Dies alles stimmt, aber wir dürfen auch die Rolle nicht vergessen, die die Milliarden von kleinen Würmchen spielen - sie pflügen nämlich auch den Acker. Weil wir dazu erzogen sind, die Schwachen zu verachten, auch wenn wir uns zum christlichen Glauben bekennen, tragen wir jenem Wolf ähnlich unter dem Schafspelz unsere Wolfsinstinkte weiter mit, und zuweilen zeigen wir sogar unsere Krallen aus dieser unschuldigen Kleidung heraus. Unsere alten Gewohnheiten können wir auch nicht vergessen: sobald man uns einen Groschen weggenommen hat, reichen wir alsbald eine Klage deswegen beim Gericht ein. Hat jemand aber 5 000 oder 10 000 Lewa unterschlagen, sagen wir "Ah, Bravo!" zu ihm. Derjenige aber, der solche beträchtlichen Summen stiehlt, der hat sich dieses nicht auf einmal angewöhnt; zunächst hat er seinem Vater einen Groschen weggenommen, dann - fünf, später - zehn Groschen usw. Dieses Gesetz stimmt in jeder Hinsicht. Wenn wir die kleinen Ursachen verachten, so versäumen wir danach deren wichtigen Folgen und Konsequenzen in unserer Arbeit. Ich kann nun sagen, dass alle unsere jetzigen Misserfolge, gemeinsam wie privat, mit der Verachtung der kleinen Dinge in der Vergangenheit zu erklären sind. Deshalb sagt auch Jesus Christus zu seinen Jüngern, sie dürfen "diese Kleinen" nicht verachten. Nun, wer sind eigentlich "diese Kleinen"? Jemand könnte sagen: das sind unsere Kinder. Es ist schon richtig, dass es unsere Kinder sind. Aber wenn wir dabei sind, das Gesetz Christi in Wirklichkeit einzuhalten, werden wir feststellen, dass es noch viele andere Sachen gibt, die ebenso nicht zu verachten sind. "Seht zu, dass ihr diese Kleinen nicht verachtet!" - Ich werde versuchen, euch den Sinn zu erklären, der in diesen Worten versteckt ist. Ein Inder hat seinem Sohn eine Walnuss gegeben und ihn diese Walnuss untersuchen lassen. Der Sohn knackte die Nuss und aß sie auf. "Was enthält die Nuss?", fragte der Vater später. "Nichts Besonderes - ein paar Kerne, die angenehm schmecken." Da stellte der Inder eine zweite Frage an den Sohn: "Hast du in dieser Nuss nichts anderes gefunden?" Nein". - "Mein Sohn, in dieser Nuss ist eine enorme Kraft enthalten, und wenn du sie nicht aufgegessen, sondern sie in den Boden gesteckt hättest, so wäre daraus ein großer Baum gewachsen, und du hättest die Größe dieses kleinen Dinges sehen können, das der Keim eines großen Dinges ist." Gott schickt euch einen kleinen Gedanken, einen Apfelkern, und ihr sagt: "Es ist nichts", und ihr werft ihn hin. Gott aber sagt: "Fragt, was für eine Kraft er enthält, pflanzt ihn ein, und ihr werdet sehen, was für ein Baum daraus aufwachsen wird". Gerade dieser andauernden Verachtung der kleinen Gedanken haben wir unsere jetzige Lage zu verdanken, wobei wir immer wieder sagen, die Welt sei schlecht. Wir sind neunmalklug!

     

    Christus sagt: "Verachtet nicht diese kleinen Dinge, strebt nicht nach den großen, lernt die große Kraft erkennen, die in diesen kleinen Dingen steckt und nutzt sie aus: Sie werden euch dazu verhelfen, die großen zu erreichen." Ihr eigenes Haus ist doch auch aus winzigen, millimeterkleinen, zusammengehörenden Körnchen aufgebaut. Auf diesen kleinen Dingen wie das Weizenkorn, die Früchte und die anderen Kleinigkeiten dieser Art beruht unser tägliches Leben. So steht es mit dem Körper, aber genauso auch mit dem Verstand. Gerade die kleinen Gedanken und Wünsche sind es, die Freude und Lebenslust bereiten. Manchmal lachen wir über die Kinder, dass sie kleine Gedanken beschäftigen; aber nicht die Gedanken, sondern die Körnchen, die zu der Entwicklung der großen Dinge beitragen, sind klein.

     

    Und warum dürfen wir die Kleinen nicht verachten, warum dürfen wir nicht gegen das zweite Gottesgebot, "liebe deinen Nächsten", verstoßen? Jedes Lebewesen, das in irgendeiner Beziehung zu einem anderen steht und Nutzen bringt, dürfen wir nicht verachten. Dieses Wesen kann eine Taube, ein Huhn, ein Schaf, ein Ochse, ein Pferd oder aber ein Esel sein - über jedes von ihnen wird ein Buch geführt, in dem folgendes steht: heute habt ihr den Esel mit so und so viel beladen, morgen mit so und so viel. Im Buch wird alles regelmäßig notiert und wenn Gott dem Esel je 5 Lewa pro Tag berechnet, in ca. 100 Jahren, beispielsweise, wenn er euch das ganze Leben lang gedient hat, was seid ihr ihm dann schuldig? Eines Tages habt ihr ihm, jenem Schuldner gleich, 10 000 Talente zu zahlen. Ihr werdet sagen: "Ich kann mich nicht daran erinnern"; der Herr aber hat ganz genau eure Schulden im Buch notiert. Daher sind wir alle diesen Kleinen etwas schuldig. Unseren jetzigen Entwicklungsstand, unsere jetzigen Gedanken, unsere jetzigen Wünsche haben wir diesen Kleinen zu verdanken, von denen Christus spricht; also, wenn wir ihnen schuldig sind, müssen wir auch ihnen gegenüber Liebe empfinden, wir müssen wissen, dass sie für uns gearbeitet haben, folglich haben wir jetzt für sie zu arbeiten. Nebenbei möchte ich noch eine rätselhafte Angelegenheit erwähnen. Man hat mir ziemlich oft die Frage gestellt: Warum interessieren sich eigentlich die Engel so sehr für die Menschen. Was haben sie mit ihnen gemeinsam? Früher, als die Engel in derselben Situation gewesen sind, also Menschen wie wir auf der Erde waren, sind wir in der Situation der Tiere gewesen und haben ihnen gedient. Sie schulden uns viel und der Herr lässt sie es uns jetzt vergelten. Auch die ganz großen Engel verachten ihre kleinen Brüder nicht, weil diese für sie gearbeitet haben. Kann sein, dass ihr einen Diener habt, der ein einfacher Mensch ist, ihr könnt aber nicht wissen, in welcher Beziehung dieser Diener zu euch steht und warum Gott ihn in euer Haus geschickt hat. Die Beziehung zwischen euch besteht nicht erst seit heute; dieser Diener ist mehrmals bei euch, in eurem Haus gewesen. Ihr wisst es nicht, aber Gott weiß es. Möglicherweise hat er euer Leben schon mehrmals gerettet, folglich müsst ihr ihm eure ganze Liebe und Nachsicht schenken. All das begreifend sind wir in der Lage, dieses großartige Göttliche Gesetz zu verstehen - Liebe zu den Kleineren zu empfinden. Die Liebe ist nicht für die Großen, für die Engel, für die Heiligen bestimmt; sie ist den kleinen, unbedeutenden, armen und gescheiterten Brüdern zu schenken. Darum entwickelt sich bei der Mutter eine so starke Liebe zu dem Kind; sie liebt es kraft dieses Göttlichen Gesetzes, sie muss es einfach lieben. Sie liebt es eben so, einem inneren Feuer folgend, weil Gott in das Kind inkognito eingezogen ist. Ihr wollt Gott sehen, wenn Er aber in diesem Kind erscheint, sagt ihr: "Warum, oh Gott, hast Du mir dieses Kind gegeben?" Jeden Tag ruft ihr nach Gott, jeden Tag jagt Ihn weg. Und ihr werdet noch für kluge Leute gehalten! Und ein solches Verhalten zeigt nicht nur ihr, sondern die ganze Welt! Der Herr prüft jeden Tag euren Verstand, um zu erfahren, wie groß eure Liebe zu Ihm ist und inwieweit ihr die Wahrheit sagt. Einst, als die Welt verdarb, gab es das Gerücht, Gott sei auf die Erde gekommen, um nachzuschauen, wie die Menschen leben. Diese sagten dann: "Im Himmel ist jetzt kein Herr, es gibt keinen, der uns kontrolliert: wir werden etwas lockerer leben." Gott sieht an einem Ort, dass ein Mann ein blindes Pferd an einen anderen verkauft, und dabei zu dem Käufer spricht: "Glaub mir bei Gott, das Pferd ist nicht blind." "Wenn du bei Gott schwörst, so muss ich dir das schon glauben", und dieser kauft das Pferd. Gott kommt an einem Haus vorbei und sieht, wie ein Mann seine Frau verprügelt. "Um Gottes Willen, verzeih mir!" Er verzeiht ihr. Diese Beiden stellen sich später im Himmel vor und sagen: "Wir haben auf der Erde, oh Herr, Deinen Namen verkündigt!" So rufen auch die heutigen Menschen Gott nur, wenn sie ein blindes Pferd verkaufen oder ihre Frauen verprügeln wollen. Die Priester sagen: "Glaubt an Gott"; aber was kann Gott ihnen sagen? "Ich will euch nicht kennen, weil ihr meinen Namen benutzt habt, nicht etwa, um ihn zu rühmen, sondern, um die Leute irrezuführen, damit sie dieses oder jenes Verbrechen begehen und es anschließend decken." Gerade diese kleinen Sachen verursachen die Missgeschicke. Ihr habt ein blindes Pferd, ihr wollt es im Namen Gottes verkaufen. Passt aber auf und tragt immer dem Rechnung, was ihr tut. Wisst ihr, wer dieses blinde Pferd ist? Es ist euer Körper. Immer wieder reden die Menschen schlecht über ihn, immer wieder wird nur er bestraft; man sagt, er ist einzig und allein an allem schuld. Nicht der Körper ist aber schuldig. Einer betrank sich in der Kneipe und sagte danach: "Gebt ja meinem Pferd kein Futter!" Er sündigt, will aber das Pferd bestrafen. Verachtet nicht den Körper, verwechselt nicht das Fleisch mit euren Wünschen und Gelüsten. Von diesen letzteren solltet ihr euch lossagen und nicht von eurem Fleisch, widrigenfalls müsstet ihr euch eigentlich von allen euren Gedanken und allen euren Taten lossagen, die durch das Fleisch zustandekommen. Und ihr dürft euren Körper nicht plagen - diesen Tempel, den unser Herr geschaffen hat. Folglich müsst ihr sehr nachsichtig eurem Körper gegenüber sein, weil, solange er gesund ist, könnt ihr auch arbeiten.

     

    Nun, wenn Christus von "ihren Engeln" spricht, so meint er jene klugen Wesen, die uns für unsere Taten zur Rechenschaft ziehen. Das, was wir 'Gewissen' nennen, sind in Wirklichkeit diese Engel, die in uns wohnen, und die sich jede einzelne Tat von uns, ob gut oder schlecht, notieren, und zu uns sagen: "Du hast richtig gehandelt" oder aber "Du hast schlecht gehandelt". Du beleidigst jemanden und sein Engel sagt dann zu dir: "Dein Verhalten war nicht richtig". Und du fängst an, dich zu entschuldigen: "Aber entschuldige, ich war ein bisschen nervös, unpässlich, so verhält es sich nämlich". Dass du in einem solchen Zustand bist, hat nichts mit der Regel zu tun, dass du diese Kleinen nicht verachten darfst, auf denen die Göttlichen Gesetze beruhen.

     

    Diese kleinen Sachen verursachen manchmal sowohl großen Nutzen, als auch große Schäden. Ein Wolf erzählte herum, er sei ein Recke und der König aller Tiere; der Fuchs sagte zu ihm: "Gib nicht so an, weil, käme eine Mücke in deine Nase, und würde sie dich stechen, könntest du ihr nichts antun." "Wenn ich aber mit der Nase blase, wird sie herausfliegen", antwortete darauf der Wolf. Eines Tages kam eine Mücke in seine Nase herein, stach und steckte ihn mit irgendwas an und der Wolf starb daran. Oft können die kleinen Ursachen auch in unserem Leben in dieser oder in jener Hinsicht unsere Entwicklung fördern oder aber sie beeinträchtigen. Die Ursachen, die uns gut und böse machen, sind an sich nicht schlecht; schlecht ist nur ihr Gebrauch. Nehmt die Luft als Beispiel: wenn ihr sie in die Lunge pumpt, wird sie das Blut reinigen, und man wird sich wohl fühlen nach dieser Blutreinigung. Pumpt ihr aber die Luft in den Magen, wird sie Bauchschmerzen bereiten. Eine und dieselbe Sache ruft in den beiden Fällen zwei gerade entgegengesetzte Wirkungen hervor. Wenn ihr Kohle im aufgelöstem Zustand dem Magen zuführt, wird sie ein Wohlgefühl verursachen, setzt ihr sie dagegen in die Lunge, werdet ihr vergiftet. Das, was Christus unter diesen kleinen Dingen also versteht, von denen Er sagt, wir dürfen sie nicht verachten, ist das gesamte Menschenleben, mit dem wir eng verbunden sind. Beispielsweise, wenn ich euch fragen würde, ob ihr sagen könntet, wie sich euer Körper, euer Herz, euer Verstand geformt haben, wüsstet ihr genau, wie diese Dinge entstanden sind? Als der Mensch einst auf der Erde erschienen ist, ist er nicht riesig gewesen, sondern ganz winzig; unter bestimmten Bedingungen hat er sich entwickelt und ist zu Mensch geworden. Jetzt ist er millionenmal größer, als er damals gewesen ist. Seine Kraft steckte am Anfang im Keim. So enthält auch in unserem modernen Leben der Gedanke eine große Göttliche Veranlagung und wenn er einen guten Boden findet, kann er unser Leben neu erwecken. Das, was wir 'Wiedergeburt' nennen, existiert als ein Gesetz des Geistes. Es ist jener innerliche Göttliche Prozess, der das menschliche Herz, den menschlichen Verstand, die menschliche Seele, den menschlichen Geist erhebt und erneuert. Das ist ein Prozess des Aufsteigens von unten nach oben. Und in diesem Göttlichen Bestreben wird unsere Erhebung, Erlösung und Rettung erarbeitet. Deshalb streben alle Wesen - von den größten bis zu den kleinsten - danach, sich zu erneuern, sich zu erheben, und in der Jugend ist das Aufblühen der menschlichen Seele zu finden.

     

    Wenn wir sagen, wir sollten den Kleinen gegenüber nachsichtig sein, so geht dieses aus dem Prinzip hervor, Gott nicht zu verbittern, weil, verbittern wir einen Menschen, so wird in Wirklichkeit nicht dieser Mensch verbittert, sondern Der Herr, Der in ihm ist. Auch wenn wir Gutes tun, helfen wir Gott. Helfen wir jemandem, so wird uns auch sein Engel behilflich sein, der im Himmel wohnt. Wollen wir also Freunde im Himmel haben, müssen wir den Kleinen dienen und ihre Väter - die Engel im Himmel, werden uns in ihrem Haus empfangen und bewirten, dort werden wir uns wie zu Hause fühlen. Dienst gegen Dienst, Liebe gegen Liebe - so ist die Welt.

     

    Nun, wisst ihr, warum Christus diesen Spruch seinen Jüngern gegenüber geäußert hat? Das Verachten - diesen Zustand sollt ihr aus eurer Seele vertreiben. Beispielsweise begegnet ihr einem Menschen, den ihr nicht kennt. In euch entsteht Verachtung, ihr meint, er stehe vielleicht niedriger als ihr. Wenn ihr nur sein Unwissen feststellt und ihm helft, das ist schon was anderes, verachtet ihr ihn aber, so flößt ihr (euch) Gift ein. Aus der Verachtung ist der heutige Aristokratismus hervorgegangen, auch die Kasten - einige sind adlig, andere nicht, einige sind reich, andere dagegen arm. Wenn wir diese Zusammenhänge durchschauen, können wir auch erkennen, dass wir uns unserer Armut wegen nicht zu schämen brauchen, weil die Armut einen Dienst darstellt, der uns auferlegt worden ist und den wir zu tragen haben: wir müssen klein, wir müssen arm sein, um reich zu werden. Das sind zwei Gegenpole, zwischen denen sich tatsächlich die Entwicklung befindet. Und immer vollzieht sich die Bewegung vom Größeren zum Kleineren, das heißt, Gott strebt jederzeit nach dem Kleineren. Er beschäftigt sich nicht mit großen Dingen. Er hat die Welt geschaffen, aber das Regieren der ganzen Welt bereitet ihm nicht soviel Spaß, wie wenn er sich mit den Kindern beschäftigte. Seine Arbeit besteht darin, wenn Er die Menschen Fehler machen sieht, sie zu belehren. Dadurch ist Er für uns ein Vorbild, die Kleinen nicht zu verachten, sondern sie zu dulden und zu belehren - das sollte unsere Erholung sein. Wenn sich der Lehrer mit seinen Schülern beschäftigt, macht es ihm Spaß und er belobigt die Schüler, falls sie fleißig lernen. Die Heiligen sowie die Priester beschäftigen sich mit den Sündern, um sie zu Gott zu wenden. Und die Aufgabe von uns allen ist, unseren Blick immer wieder auf die schwachen Menschen und auf die kleinen Dinge zu richten. Wenn jemand sagt: "Ich kann mich nicht erholen", so denke ich mir, dass er sich mit großen Sachen, mit großen Gedanken beschäftigt. Er kann sich auch nicht erholen, weil er auf seinem Rücken einen, über seine Kräfte hinausgehenden Rucksack mit 10, 20 oder 50 Kilo Gold trägt. Wenn er in dem Rucksack nur einen Napoleondor zum Tragen lässt, wird er sich sicherlich ausruhen können. Und jetzt kommt Gott, um uns zu sagen: "Nieder mit den Rucksäcken!", und Er wird die Welt davon befreien. "Nieder mit den Waffen, die euren Verstand und euer Herz zerstören; ihr alle sollt wie die Kinder werden: die kleinen Dinge nicht verachten, die ich geschaffen habe". Gott will den Menschen in jenen ursprünglichen Zustand zurückverwandeln, der von den Menschen als 'Verwilderung' bezeichnet wird. Ich wünschte, dass die Menschen auf diese Art und Weise wild werden. 'Wild' (bulg. 'div') bedeutet auf Sanskrit 'rein'. Wollen wir rein werden und Gott immer näher kommen, anstatt grob und böse zu werden. Ich wünschte, dass die ganze Welt so schnell wie möglich wild wird, das heißt rein, edelmütig, dass sie die von Gott geliebten kleinen Dinge nicht verachtet, und der Liebe, der Gerechtigkeit, der Weisheit, der Wahrheit und der Kraft den ihnen gebührenden höchsten Rang zukommen lässt. Da ist die Rettung.

    Ein Vortrag von Meister Beinsa Douno, gehalten am 3. August 1914 in Sofia

  24. Das Gesetz des Dienens

     

    "Wer mir dienen will, der folge mir nach; und wo ich bin, da soll mein Diener auch sein. Und wer mir dienen wird, den wird mein Vater ehren." (Joh 12,26)

     

    Viele fragen sich, was sich hinter den Worten "wer mir dienen wird, den wird Mein Vater ehren" verbirgt. Die Welt hat verschiedene Reize: Der moderne Mensch strebt danach Wissen, Reichtum, Ländereien, Häuser, Ruhm, Berühmtheit, Kraft und vieles andere zu erlangen; sehr viele Dinge werden angestrebt. Jesus besteht aber nur auf eines: Auf das Dienen - der Mensch muss wissen, wie man dient. Diener - ein oft gebrauchtes Wort, wenn es darum geht, die niedrigste Stellung innerhalb der Gesellschaft zu bezeichnen. Es gibt verschiedene Diener - in den Kneipen, in den Restaurants, in den Küchen, in den Theatern, in den Universitäten, in den Ministerien.... An und für sich sind wir alle Diener, nur nicht alle wollen es sich eingestehen. So gibt es in der Welt zwei Arten von Dienern: Die einen, die sich ihrer Verpflichtungen bewusst sind und wissen, wie sie ihnen am besten nachkommen, und die anderen, die vom Dienen keine Ahnung haben. Die Letzteren nennen wir auch mittlere Führungsschicht, Vorgesetzte, die sich auf ihrem Posten breitmachen und erwarten, dass ihnen die Untergebenen dienen; sie lieben es, den anderen wohlfeile Ratschläge zu geben, wie man zu arbeiten und zu dienen hat. Jeder möchte sich in der ersten Kategorie befinden - Herr sein. Das Christentum aber vertritt eine völlig konträre Auffassung: Es vertritt das Prinzip, dass der, der Vorgesetzter sein will, dienen muss; es besagt, dass selbst der Sohn Gottes nicht auf die Erde kam, um bedient zu werden, sondern um zu dienen. Wir alle unterliegen dem Gesetz des Dienens. Mancher sagt: "Ich bin der Herr!"; nein, er belügt sich selbst, wenn er wirklich glaubt, er sei keinem Rechenschaft schuldig, er würde keinem dienen; denn zumindest dient er seinem Magen, der ihn tagtäglich dazu antreibt, zur Arbeit zu gehen, ob es ihm gefällt oder nicht. Er verlangt von ihm, dass er bei der Auswahl des Essens stets auf beste Qualität achtet, er besteht darauf, dass er die Nahrung, bevor er sie ihm zuführt, gründlich zerkaut, tut er es nicht, wird er mit Erbrechen bestraft: "Du musst mir gut dienen, sonst kündige ich dir!" Einige denken, dass nur der Herr den Untergebenen kündigen kann, aber auch der Magen ist dazu in der Lage. Fragt nur die Ärzte, was ein Magen macht, dem nicht richtig gedient wurde; damit ihr nur seht, wie er seinem Herrn kündigen kann. Dienen ist eine Tugend. Wie viel Leid wurde schon auf die Erde gezogen, einzig und allein deshalb, weil man es nicht versteht, richtig zu dienen. Wenn die Mutter lernt, wie man ein Kind erzieht, wenn der Lehrer lernt, wie er seinen Schülern Wissen vermittelt, wenn die Regierung lernt, wie sie dem Volk dient und Gesetze erlässt, die für seine Entwicklung wichtig sind, wird die Welt ein anderes Gesicht bekommen. Die moderne Zivilisation steht vor einer gewaltigen Prüfung: Millionen von Menschen bewerben sich darum, in den Armeen dienen zu dürfen - Gewehre zu tragen, Minen zu legen, im Gleichschritt zu marschieren, Granatwerfer zu bestücken; das ist nichts anderes als dienen. Was erwartet diese Diener? All diese Köpfe, Schenkel und Hände werden entbeint, verquirlt und in Kübeln in die Heimat zurücktransportiert. Das trägt dann auch noch das Etikett: "Zivilisation und Kultur"; die modernen Völker wollen uns sicher sagen: "Wozu ist überhaupt Der Herr gut? - Die Wissenschaft bringt uns weiter!" Was hat sie uns denn beigebracht? Hart zu sein, Revolver und Granaten herzustellen! Ja, die Wissenschaft hat uns zu dieser Prüfung bestellt, damit wir diesen gefährlichen Versuch machen, und auch der Himmel prüft uns und unser Verständnis vom Dienen. Die Welt verlangt nach Dienern, die ihr voll zur Verfügung stehen, und Der Herr erwartet auch das Seine. Christus sagt: "Wer mir dienen wird, den wird mein Vater ehren!" Wir sind ständig damit beschäftigt, unsere Sachen zu ordnen, aber sie wollen sich keiner Ordnung einfügen. Wir erkranken, rufen den Arzt, damit er uns heilt, doch trotz allem holt uns der Tod ab. Wir bauen uns eine Villa, richten sie mit dem Feinsten vom Feinsten ein, stellen Wachleute ein, damit keiner unsere Reichtümer klaut und einige Wochen später brennt das Haus ab. Christus sagt: "So viele tausend Jahre habt ihr diesem euren Prinzip gedient, und seht, wie viel dieser Untergrund trägt; wenn ihr hingegen Mir dient, werdet ihr den Sinn in eurem Leben sehen!" Wir müssen dienen, weil selbst Christus nicht bedient werden wollte, sondern diente. Die Menschen müssen Diener der Schwächeren und der Schutzlosen werden. Wir dürfen nicht zulassen, dass schlechte Leute die Welt bedienen. Wisst ihr, warum die moderne Gesellschaft verdorben ist? Die Mütter, die die Kinder alleine erziehen müssen, vertrauen ihre Kinder unfähigen Dienerinnen an, und sie selbst gehen ins Theater, auf Bällen, in Cafes und anderen Vergnügen nach. Was können diese sittenlosen und unfähigen Dienerinnen ihnen schon beibringen? Doch wohl nur das, was sie selbst wissen! Dienerinnen erziehen die jetzigen Kinder - nicht nur in Bulgarien, sondern auch in Frankreich, Deutschland, Amerika - kurzum überall. Nicht alle Dienerinnen sind sittenlos, aber der größte Teil ist es eben, und das ist in erster Linie die Schuld ihrer Dienstherren. Wenn die Mütter im wahrsten Sinne des Wortes Dienerinnen ihrer Kinder wären, die sie auf dem Weg des Aufwachsens und der Erziehung begleiten, sähen einige Dinge anders aus. - Das gleiche gilt für den Vater, der nicht einmal bereit ist, seine Söhne zu erziehen. Wenn Vater und Mutter drangehen, ihre Verpflichtungen zu vernachlässigen und sie auf ungebildete Dienerinnen abzuwälzen, die keine Ahnung davon haben, was das Leben eigentlich ist, kann das Resultat nur verheerend sein. Eine Dienerin kann allein schon aus dem Grund kein Kind erziehen, weil sie es nicht geboren hat und keine Liebe zu ihm empfindet. Sie sagt sich: "Was soll ich die Kinder hüten, während es sich Madame gerade im Cafe gemütlich macht?!"

     

    Ich werde euch erklären, was einen guten Diener ausmacht, was für Eigenschaften man von ihm verlangt. Vor allen Dingen muss er ein edles Herz haben, empfindsam sein, aufgeschlossen, Demut muss er besitzen und formbar sein, arbeitsam und nicht faul. Das Leben ist anspruchsvoll und wir müssen ihm dienen, wie es sich gehört. Wenn ein Schneider bei einer Auftragsarbeit Fehler macht und es nicht schafft, es so zu machen, wie es sein sollte, gibt man sie ihm zurück, worauf er für den Stoff und anderen entstandenen Schaden aufkommen muss. Mit der Natur verhält es sich genauso: Sie gibt uns einen Stoff und trägt uns auf: "Schneidet und vernäht ihn zu dem Kleid!" - und wenn wir uns bei dieser Arbeit blamieren, fordert sie Schadensersatz. Wenn wir lernen wollen, wie man dient, müssen wir uns an Christus wenden, damit Er es uns beibringt. Ein Diener muss sehr klug sein, denn dumme Menschen können keine Aufgabe richtig erfüllen. Die Lehrer, die Geistlichen - auch sie sind Diener. Wenn ein Lehrer vorgibt, sein Handwerk zu verstehen, muss er die Seelen der Kinder kennen, um imstande zu sein, ein Kind zum Wissen zu führen. Der Geistliche muss die Seelen seiner Gemeinde kennen, um ihren Herzen die passende Nahrung geben zu können. Wir müssen über noch einen anderen Wesenszug verfügen - über eine große Geduld. Viele Menschen nennen geduldige Menschen "Ochsen"; "Er ist," sagen sie "ein Ochse!" Geduldig zu sein, bedeutet nicht, ein Ochse zu sein; die Geduld ist eine vernünftige Handlung, die es uns erleichtert, die äußere Unbill des Lebens zu ertragen. Es muss immer ein inneres Gleichgewicht zwischen Seele, Herz und Verstand bestehen. Da war zum Beispiel vor einigen Jahrhunderten ein Mathematiker, der seit zwanzig Jahren an einer Berechnung arbeitete. Doch in seiner Kammer herrschte schreckliche Unordnung, überall lagen Bücher, Blätter und einzelne Zettel herum. Er schloss immer seine Räumlichkeiten ab, doch eines Tages vergaß er es und sein Zimmermädchen ging hinein, und als sie das ganze Durcheinander sah, beschloss sie, aufzuräumen; sie sammelte die ganzen Blätter und Zettelchen auf und warf sie in den Ofen, wo sie verbrannten. Sie räumte das Zimmer sehr gründlich auf, reinigte es und brachte es auf Hochglanz. Irgendwann kam der Herr des Hauses zurück und fragte: "Wo sind die Papiere, die auf dem Boden herumlagen?" - "Ich habe sie in den Ofen geworfen. Seht nur, wie schön das Zimmer jetzt aussieht!" - "Das nächste Mal bitte nicht!" - das war seine Antwort. Wir dienen wie dieses Zimmermädchen: Wir sammeln die Zettelchen auf, das taugt nichts, jenes taugt nichts - ab damit in den Ofen. Dieser gelehrte Mensch, dessen zwanzigjährige Arbeit zu Asche wurde, hat nicht so gehandelt, wie wir es tun würden, sondern er legte eine beispielhafte Geduld an den Tag; er sagte nur: "Das nächste Mal, bitte nicht!". Ihr befindet euch in genau derselben Situation - die Tür ist offen, das Zimmermädchen kommt rein, sammelt das Papier auf und eines schönen Tages findet ihr euer Werk verbrannt im Ofen wieder. Wenn ihr euer Haus nach Art des Zimmermädchens aufgeräumt vorfindet, was sagt ihr dann? Ich bin mir sicher, dass Tränen fließen werden - "Mein Herr, bin ich etwa der größte Sünder auf dieser Erde?! Warum hast Du es gerade auf mich abgesehen?! Wieso...?" Wir sind Leute, die von sich glauben, das göttliche Gesetz voll und ganz zu verstehen. Wir müssen dasselbe wie dieser Philosoph sagen: "Das nächste Mal bitte nicht!" und uns für die Zukunft vornehmen, das Zimmer in Ordnung zu halten und immer abzuschließen, um es den gut gemeinten Absichten des Zimmermädchens zu entziehen.

     

    Jetzt sagt Christus: "Wer Mir folgt, den wird Mein Vater belohnen!" Stets denkt man nur an diese Welt, an diese Phase des Übergangs, man bringt ständig die hiesigen, familiären Angelegenheiten in Ordnung, aber gleichzeitig versinken die anderen, die wichtigeren Dinge im Durcheinander - euer Verhältnis zum Herrn, Der euch eines Tages zur Rechenschaft ziehen wird. Dieser Tag kommt unausweichlich. Wisst ihr, was nach einigen Jahren sein wird? Wisst ihr, wie sich diese Zeit auf Europa auswirken wird? Wie wird später die Lage sein? Wir wissen es nicht genau. Die Menschen, die der Zivilisation entspringen, müssen die Prinzipien Christi anwenden, um zu lernen, wie man dient und jene, die sich nicht darum scheren, werden auf einmal im Abseits stehen. Die Theorie Darwins besagt, das nur die fähigen und gesunden überleben. Es versteht sich von selbst, dass bei einer geistigen Entwicklung nur die gemeint sind, die geistig und moralisch gesund sind. Denkt im übrigen nicht, dass sich Gesundheit in einem vollen und runden Gesicht und einem ebensolchen Körperbau ausdrückt - dass die Menschen einen noch dickeren Hals haben, einen noch größeren Bauch, eine noch fülligere Erscheinung abgeben und noch mehr essen müssen. Wenn das ganze Leben nur aus Essen und Trinken bestünde, wäre es nicht mehr und nicht weniger als ein krankhafter Zustand. Ich bin nicht dem guten Essen abgeneigt, aber viele denken, es sei sinnstiftend. In der Tat geht ein Drittel unseres Lebens dafür drauf, denn wir dienen ihm von morgens bis abends: Nach dem Aufstehen überlegen wir uns, was wir trinken sollen, ob Tee oder Milch, wenn Milch, dann mit Kakao, oder deutsch, oder gar mit einem türkischen Kaffee. Kaum haben wir gefrühstückt, fangen wir uns zu überlegen an, was auf dem Mittagstisch stehen soll. Huhn oder Hammel, mit Tomaten oder Paprika, gewürfelt oder gehackt, so oder anders. Wir beenden das Mittagessen und fangen an, an das Abendessen zu denken; manchmal haben wir genug, manchmal aber auch nicht. Ständig variieren wir das Essen, so, dass das Kochen zu einer Wissenschaft geworden ist, die eigens erlernt werden muss. Es ist schön, aber kein Ziel im Leben. Die Kraft der Mahlzeit, die unser Magen nutzen kann, hängt nicht davon ab, mit was für Finesse sie zubereitet wurde. Wir sollen nicht glauben, dass wenn wir ordentlich salzen, pfeffern und einen dicken Batzen Butter hinzugeben, die Mahlzeit gesünder wird - wir tun es nur für den Gaumen, für den Mund. Wenn wir wissen wollen, ob eine Mahlzeit gut war, müssen wir nach einer halben Stunde unseren Magen fragen, was er dazu meint: Lässt er uns ein leichtes Völlegefühl verspüren, einen leichten Druck, gepaart mit ein bißchen Unwohlsein, sagt er uns: "Dieses Essen ist für die Gesundheit nicht gerade förderlich, ich kann euch die gewünschten Säfte leider nicht geben." Am nächsten Tag sagen wir uns: "Gebe ich ihm diesmal ruhig etwas mehr, schließlich braucht er Kraft für seine Arbeit!"; man sagt sich das solange, bis die Ärzte eine Vergrößerung des Magens diagnostizieren. Die modernen Menschen leben nur für den Magen, weshalb ihre Anstrengungen nur von Gedanken und Gefühlen an das Essen erfüllt sind. Der Lehrer unterrichtet in der Schule und macht sich Gedanken darüber, wie hoch sein Lohn sein wird - 300 Lewa oder 400 Lewa, und wie viel er folglich für Essen und Sonstiges ausgeben kann. Alle Fragen kreisen nur um das Essen, und anschließend fragen wir uns, warum wir uns nicht als Lehrer und Geistliche erheben können. Wir sind darauf aus, unseren Körper in einem möglichst gesunden Zustand zu halten - was für ein Essen man ihm am besten gibt, was für eine Behausung man ihm errichtet; wir arbeiten an dem äußeren Erscheinungsbild, aber keinen scheint es zu interessieren, wie es auf der Innenseite des menschlichen Lebens aussieht. Genauso wie unsere Wohnung gut aufgeräumt sein muss, muss auch in unserem Verstand Ordnung herrschen. Genauso wie unser Körper ein Recht darauf hat, ein hygienisches Haus zu bewohnen, muss auch unser Herz hygienisch untergebracht werden. Ich halte denjenigen für nicht besonders klug, der zwar sein Haus in Ordnung hält, sein Herz aber im Wirrwarr versinken lässt. Wenn wir eine Entscheidung treffen, die mit Dienen verbunden ist, sind die Äußerlichkeiten ausschlaggebend, und nicht, wie es eigentlich sein sollte, zuerst das Herz und der Verstand, und der Körper zuletzt. Nur wenn wir unser Leben so angehen, werden wir Gottes Segen haben.

     

    Christus sagt: "Wenn ihr Mir dienen wollt, müsst ihr euer Herz voranstellen!" Er kam auf die Erde, gerade um an unserem Herzen zu arbeiten. Worin besteht diese Bearbeitung? Das Unkraut, die Unzulänglichkeiten müssen entwurzelt werden. Ihr seid lange Zeit Christen, ihr alle folgt Christus, aber wenn Er euch jetzt zu einer Prüfung riefe, wie viele von euch würden in Geduld und Demut bestehen, sollte die Aufgabe nicht theoretisch, sondern praktisch gelöst werden, oder auch in Verbindung mit anderen Gütern wie Gerechtigkeit, Liebe, Wahrheit, Weisheit? Glaubt ihr, dass ihr nicht durchfallen werdet? Ob euch die Leute lieben, merkt ihr sofort, aber ob ihr die anderen liebt, darüber rätselt ihr immer noch. Wenn Der Herr verlangt, den Nächsten zu lieben, müssen wir diese Liebe bis zur Selbstaufgabe treiben. Wir sagen oft: "Diese Kerle ziehen mir noch das letzte Hemd aus, ausgeraubt haben sie mich!" Haben wir den Herrn etwa nicht ausgeraubt - all die Schätze dieser Erde? Der Herr ist auf die Erde herabgestiegen und sagt zu all seinen Dienern, die geraubt und gelogen haben: "Mir reicht es mit dieser Räubermentalität und diesen Lügen, kommt, hier habt ihr die Rechnung!" - den momentanen Krieg in Europa. Der Herr sagt: "Gebt mir Rechenschaft darüber, was ihr mit dem gemacht habt, was ich euch gab, für was habt ihr es verwendet?" Manche sagen, dass geoökonomische Voraussetzungen diesen Krieg nötig gemacht haben: Deutschland hätte zu wenig Boden, deshalb werde gekämpft. Wenn Deutschland ein kleines Land ist, das um Raum kämpft, was ist dann mit Russland und England? Es geht nicht um Land, sondern um etwas anderes, das den Leuten fehlt. Jeder will Herr werden, jede Rasse, die aufgeht, will herrschen, jedes Volk will Herr über alle anderen Völker werden, zwangsläufig stößt man da aneinander. Wenn alle Menschen vom Prinzip Christi geführt wären, der Menschheit dienten, wenn sich jeder auf seinen Wirkungsbereich konzentrieren würde und sein Werk in die Menschheit einbringen würde, gäbe es keine Streitereien. Jetzt bewaffnet man sich, um Einflusssphären zu verteidigen und zu erweitern. "Wie doof die doch sind, die sich jetzt bekriegen!", denken sich einige. Doch das, was sich jetzt im großen Maßstab abspielt, kann man jeden Tag im Kleinen beobachten: Geht in ein Haus und seht, was los ist: Zwei junge Menschen lernen sich kennen, heiraten, Bekannte und Verwandte freuen sich - "Ah, ein Paar, das in Frieden und gegenseitigem Verständnis leben wird!" Kommt nach zwei, drei Monaten wieder vorbei: Die Frau zerzaust, der Mann ebenfalls - sie schlagen sich zu Hause; die Frau will befehlen, der Mann widerspricht: "Ich bin der Herr im Haus!" Tatsächlich machen sich beide etwas vor: Weder der eine noch der andere ist der Herr, sondern sie beide sind Diener. "Man sagt doch, der Mann sei das Haupt der Familie!" Der Kopf zu sein bedeutet noch lange nicht, der Herr zu sein; das Haupt zu sein bedeutet, ein kluger Diener zu sein, der, weil auch noch älter als die Frau, ihr beibringen sollte, wie man richtig dient, damit beide sagen können: "Wir sind Diener unseres Herrn und wir können beide bestraft werden; wollen wir uns gegenseitig ergänzen und beinflussen!" Dies war als Gleichnis gemeint, passiert aber tagtäglich in der Welt.

     

    Lassen wir Mann und Frau jetzt in Ruhe. Manchmal sind wir unzufrieden mit uns, führen in uns ein wahres Gemetzel durch; warum? "Mir fehlt der Wille, ich kann dies und jenes einfach nicht ausführen!" - "Warum hast du denn keinen Willen, du bist doch dein eigener Herr?" - "Es muss irgend einen tieferen Grund geben!" Womit hängt dieser innere Zwiespalt des Menschen zusammen? Er hängt damit zusammen, dass er sich im Widerspruch zum Herrn befindet, im Widerspruch zu den heiligen Geboten. Wenn sich der Mensch ständig in solchen Widersprüchen bewegt, muss er damit rechnen, dass sein innerer Kummer immer größer wird, sein innerer Zwiespalt; der Verstand ist verwirrt, man weiß nicht, was man machen soll, schlechte Gedanken und Wünsche umschlingen ihn, die in keinster Weise über göttliche Kraft verfügen - ganz im Gegenteil - und schon nimmt das Leben ein anderes Aussehen an. Die schlechten Gedanken und Wünsche sind wie eine Schlange, die sich um den Menschen windet und ihm jene Säfte aussaugt, die eigentlich für das Herz und den Verstand bestimmt waren; diese Säfte fehlen ihnen nun und sie fangen an, sich zu paralysieren. Wisst ihr, was die Halter von Tanzbären machen, bevor sie ihr Programm vorführen? Sie geben den Bären ein kleines bisschen Mehl zu fressen, damit jene Instinkte nicht geweckt werden, die ihn gefährlich machen. Nehmt die vielen Leute, die die fixe Idee, reich zu werden, in den Wahnsinn getrieben hat: Sie verdienen zehntausend, fünfzigtausend, hunderttausend, eine Million, zehn Millionen - immer noch sind sie nicht satt. Noch und noch und noch häufen sie Reichtümer auf. Aber wozu? Dieser Drang hat schon längst seinen Sinn verloren, und sie wollen noch mehr. Um noch reicher zu werden, bedient man sich neuerdings sogar hypnoseähnlicher Methoden, um Einfluss auf die Leute zu gewinnen, um ihr Denken und Handeln zu manipulieren. In früheren Zeiten versteckten sich die Räuber, mit Gewehren bewaffnet, in den Wäldern, jetzt flanieren sie über die Boulevards und haben andere Hilfsmittel, um ihren Nächsten zu berauben. Man erzählt sich, dass es in New-York drei Hypnotiseuren gelungen sei, einen Bankier dazu zu bringen, ihnen fünfzehntausend Dollar auszuhändigen, mit denen sie dann auch verschwanden. Die Art des Beraubens hat sich gewandelt. Alle wollen diese Fähigkeit haben, diese Macht über die Welt; wißt ihr aber, in was für ein Unglück man damit hineinschlittert? Ich habe dieses Beispiel schon ein anderes Mal angeführt: In einer alten Überlieferung wird erzählt, dass ein Mensch solch eine Macht in seinen Händen haben wollte, dass das, was er anfasst, augenblicklich zu Gold wird. Er sagte sich: "Wenn ich das könnte, würde die ganze Welt einen Nutzen davon haben!" Ein Engel fragte ihn: "Wenn dein Wunsch erhört wird, wirst du dann für alle Zeiten zufrieden sein?" - "Ja, es wäre für mich das größte Glück!", beteuerte er, heftig nickend. - "Dein Wunsch soll in Erfüllung gehen!" Als dieser Mensch nach Hause kam, wurden Stühle, Bücher, Tassen zu Gold. Er ging in den Garten - Steine, Bäume, alles verwandelte sich in Gold. Er sagte sich: "Ich werde von jetzt an kein Diener mehr sein, sondern Herr!" "Sieh nur Frau, wir sind mit einem Mal glückliche Leute geworden!" Die Frau deckte den Tisch, stellte auf ihn Suppe und Brot, sie setzten sich mit den Kindern zum Essen hin, der Mann nimmt den Löffel er wird zu Gold; rührt die Suppe um - sie wird zu Gold; berührt den Tisch - er wird zu Gold; streift die Frau - sie wird zu Gold. Mit einem Mal fasste er sich an den Kopf und flehte Den Herrn innigst an, ihm aus diesem Schlamassel zu helfen. So kann Gier und Unvernunft enden. Wir können diese Macht erlangen - dadurch verwirken wir aber unser Leben. Wahrer Reichtum ist in, und nicht um uns; er liegt auch nicht in unserer körperlichen Stärke. Die Kraft eines Menschen besteht nicht aus den Muskeln, sondern in jenem diffizilen und zarten Gefühl, das imstande ist, alle anderen Kräfte zu entwickeln. Gott hat die Welt so erschaffen, dass sich die Natur jener augenscheinlich schwächsten Kraft unterwirft - der Liebe. Sie ist so zart und diffizil, und doch herrscht sie über alles. Wenn die Liebe in einen Menschen einzieht, nimmt sie ihn auseinander, um ihn anschließend neu zusammenzusetzen. Nehmt einen Mann, der seine Diener und Dienerinnen oft und gern schlägt; eines Tages taut er auf und opfert alles, um Gutes zu tun. Welche ist diese Kraft, die diesen Menschen nun regiert? - Jenes Prinzip, über das Christus sagt: "Wer der Liebe dient, dient Mir!" und: "Dieser Diener wird alles haben, was Ich besitze!" Die Leute suchen nach der Wahrheit und Jesus setzt diese Wahrheit ins Leben, in jenes Senfkorn. Wenn wir diese kleine Hefe, die sich Liebe nennt, in unser Herz setzen, in die Herzen der Herrschenden, so wird die Welt ihr Antlitz verändern. Die Ignoranz gegenüber der Lehre Christi hat diese Katastrophe in der Welt verursacht. Bei diesen Kämpfen und Zusammenstößen schüttet Gott Milch auf das ganze Durcheinander, die Leute schubsen sich nach allen Seiten - solange, bis sich Butter an der Oberfläche bildet; die Butter wird gegessen, der Rest bleibt als Dünnmilch zurück: die einen werden also zu Butter, die anderen zu Dünnmilch. Die Butter und die Dünnmilch wird Gott für Seine guten Ziele verwenden. Nun, es kommt jetzt darauf an, wer zu was wird; doch unser Weg ist bereits vorgezeichnet, egal ob wir zu Butter oder zu Dünnmilch werden sollen.

     

    Christus wandte sich an die Juden und fragte sie, wer von ihnen Sein Schüler sein wollte. Einige von uns sagen: "Ich bin rechtgläubig, ich glaube an Christus!" Jene, die nur an Christus glauben, sind nur Zuhörer; Seine Frage lautete, wer von euch Sein Gesetz anwenden will. Haltet ein bisschen inne und denkt über diese Worte nach, "ich diene Christus"; wenn ihr euch vornehmt, ein Jahr lang Christus zu dienen, werdet ihr den tiefen Sinn dieser Worte entdecken, den man nicht so ohne weiteres in Sätze zwängen kann. Es ist sehr einfach, aber ihr müsst ausreichend Helligkeit haben. Christus soll euch dieses Licht geben, unter dem ihr euch entwickeln könnt; ich kann euch lediglich das Saatgut geben, denn nur Christus kann es hervorsprießen lassen. Dieses Empfinden der Liebe hängt nicht nur von unseren Kräften und Wünschen ab, sondern von der Beziehung, die wir zu Christus haben. Einige fragen: "Wo ist Christus?", und erwarten, dass er vom Himmel kommt. Christus ist schon in der Welt und selbst der Letzte hört Ihn. Er kommt auf zwei Arten, er besitzt zwei Gesichter: Das eine ist gütig. - "Der Friede sei mit euch!"; das andere ist zornig - Feuersbrunst, Gewehre und Explosionen. Jetzt sagt Er: "Ruft jene hierher, die nicht meiner Lehre gefolgt sind, damit sie die Bitternis ihrer Ungezogenheit verspüren. Sie wollten mir nicht dienen, also müssen sie für die bitteren Folgen ihrer Eigenmächtigkeit geradestehen. Jeder soll das ernten, was er gesät hat!", genauso wie ihr einen Verbrecher nicht ungestraft lasst, der eine Unmenge unschuldiger Kinder auf dem Gewissen hat. Christus wendet sich an uns und sagt: "Wenn Mir jemand dient, soll er Mir folgen!" Ihr sagt: "Es ist einfach, ihm zu folgen, wir werden ihm sogar "unser Meister" zurufen!" Er könnte euch aber auch zurückweisen: "Nicht, weil ihr meine Lehre wollt, sagt ihr das, sondern weil ihr euch von dem Brot und dem Fisch ernährt habt!" Er wird euch fragen: "Habt ihr einem Kranken geholfen, habt ihr ihn geheilt?" Wenn der Mensch vorhat, Dem Herrn zu dienen, darf er nicht Ihn suchen und Ihm dienen, sondern seinen "kleinen Brüdern". Die Menschen wollen vom Herrn, dass Er Frau und Kind gesund hält, dass Er ihnen Geld gibt und eine gute Stellung verschafft. Zwei Jahrtausende lang sah so unser Dienen Des Herrn aus. Jetzt fragt Er Europa angesichts dessen: "Was habt ihr all die Jahre für mich getan?" Wenn Christus auf euch zukommen würde, was werdet ihr Ihm sagen? Denkt darüber nach, was ihr ihm dazu sagen werdet, was ihr für ihn getan habt. Wir können bei diesen Ereignissen Ruhe bewahren, die die ganze Welt in Angst und Schrecken versetzen. Für uns ist es nur wichtig zu wissen, unter welcher Kategorie wir fallen. Viele wollen Christus sehen, der Tag kommt näher, an dem ihr ihn sehen werdet. - Einige aus der Nähe, andere aus der Ferne; wieder andere nur oben in den Wolken. Deshalb sage ich, dass die Momente, die ihr gerade durchlebt, die schwersten eures Lebens sein werden. Wenn ihr noch immer die Illusion habt, unbedingt im Leben dies und jenes erreichen zu müssen, belügt ihr euch selbst. Ich gebe euch einen Rat: Ihr habt nicht ewig Zeit, euch beizubringen, wie ihr Gott dienen sollt, wenn ihr nicht wollt, dass er euch unvorbereitet vorfindet. Das ihr ja nicht denkt, ihr hättet ewig Zeit! Für die ganze Generation von heute gibt es keine Zeit mehr. Kinder und Erwachsene, Geistliche und Vorgesetzte, Könige und Minister - alle müssen lernen, Dem Herrn zu dienen; wenn nicht, müssen sie zu Dünnmilch werden. Die Kuh ist bereits gemolken. Was denkt ihr, will ich euch sagen? Dass die Milch schon auf die Welt gegossen wurde, und Der Herr bald anfängt, die Butter abzuschöpfen! Diese Kuh kennen wir alle; die gemolkene Kuh - das sind wir. Wenn uns Gott so viele tausend Jahre auffordert, wie erwartet er es, uns dann auf der Erde vorzufinden? Wenn der Vater nach Hause kommt und seine Kinder dabei erwischt, wie sie sich gegenseitig an den Haaren ziehen und schlagen, was denkt er dann? Dass die Mutter sie nicht richtig erzogen hat. Jeder hat gegen jemand anderen etwas: Man zerrt sich gegenseitig vor Gericht. Es sind ganz gewöhnliche Bürger, Lehrer, Geistliche, Liberale, Konservative, Sozialisten und Sozialdemokraten - überall Zank und Zerwürfnisse; wir aber müssen alles über Bord werfen, das unser Leben vergiftet, und uns zumindest in diesem Moment ruhig und still verhalten und abwarten, was auf uns zukommt. Bisher fragten die Leute: "Gibt es eine andere Welt oder nicht?"; es kommt die Zeit, in dem der Himmel fragt, ob es Geist gibt oder nicht, ob es Engel gibt oder nicht; eines Tages werdet ihr sehen, ob es Den Herrn gibt oder nicht. Wenn es jemand nicht glaubt, soll er abwarten und selbst sehen. Mit Argumenten kann ich euch hier nicht dienen - die Klugen unter euch werden es verstehen. Der, der nicht will, wird mit dem Lernen von vorne anfangen müssen. Jetzt kommt die Frage an euch: Christus will von euch, dass ihr Ihm dient - jene, die seine Schüler werden wollen, sollen ihm im weitesten Sinne dienen; denen, die hungern, die verwirrt, die verbittert sind sollt ihr helfen, ihren Geist zu erheben. Es gibt Verzweifelte, die sich fragen: "Was wird aus uns?" - zeigen wir ihnen den rechten Weg. Ich werde euch noch ein Beispiel geben und damit abschließen: In New-York setzt sich ein Reisender in einem der größeren Hotels der Stadt ab. Das Zimmer, das er bekam, bewohnte er zusammen mit einem Zimmergenossen, der die Angewohnheit hatte, sehr tief zu schlafen. In der Nacht brach im Hotel ein Feuer aus. Der Reisende stand sofort auf und rief seinem Zimmergenossen ins Ohr: "Wach auf, das Hotel brennt!"; dieser gähnte ihn aber an: "Hau ab und lass mich in Ruhe schlafen!" - "Steh auf, sag ich dir, das Hotel brennt lichterloh!" Der andere packte ihn daraufhin am Kragen, setzte ihn vor die Tür, schloss sie ab und kuschelte sich in sein warmes Bettchen. Das Feuer ergriff endgültig von dem Hotel Besitz, und irgendwann sah man den Mann auf dem Dach, wo er vergeblich um Hilfe schrie; doch es gab keinen mehr, der ihm hätte helfen können. Ich sage euch: Dieses Hotel, in dem ihr zeitweise lebt, brennt; ich rate euch: Passt auf, sonst seid ihr es, die am Ende auf dem Dach stehen und Leute um Hilfe rufen, die es gar nicht mehr gibt. Wenn ihr hört, dass das Hotel brennt, zieht euch an und geht ins Freie. Alles was brennt, wird zusammenstürzen, alles, was bisher dem Fortschritt der Menschheit im Wege stand, wird zu Asche, die der Wind davonträgt. Auf diesen Trümmern wird Der Herr etwas Gutes bauen. Denkt nicht, dass damit das Leben zu Ende ist. Es wird lediglich eine neue, glorreiche Epoche anbrechen und deshalb können wir mit Freude und Optimismus in eine leuchtende Zukunft blicken. Vor diesen Stürmen, die über uns hinwegfegen, um zu säubern und die Welt zu reinigen, dürfen wir nicht die geringste Angst haben. Eigentlich müssten wir Gott für ihr Kommen danken. Wir brauchen nicht zu versuchen, diese Stürme abzuwehren - wir könnten es auch gar nicht. Sie werden vorüberziehen und ihr Gutes zurücklassen. Wir müssen nur bereit sein, wenn Christus kommt. Und er wird kommen; für einige ist er schon da, für andere noch nicht. "Wer Mir dient, der soll Mir folgen!" - Folgen wir Ihm! Werdet ihr Ihm folgen oder nicht? Wenn ihr Ihm folgt, werdet ihr das Ideal des Individuums finden, des Hauses, der Gesellschaft, des Volkes und der ganzen Menschheit. Das ist schließlich auch der Sinn des Lebens hier auf Erden.

     

    Ein Vortrag von Meister Beinsa Douno, gehalten am 27.07.1914 in Sofia

  25.  Die Träume des Joseph

     

    "Dazu hatte Joseph einmal einen Traum und sagte seinen Brüdern davon; da wurden sie ihm noch mehr feind." (Gen. 37:5-11; 39:1-23)

     

    Wir fragen uns im Leben oft, warum uns manchmal Unglücke widerfahren. Man meint überhaupt, dass die Leute leiden, um für Sünden zu büßen, die sie bereits begangen haben oder noch begehen werden, und man fängt an, nach Gründen zu suchen. Wir sehen, dass sich das Leben in den beiden Träumen des Joseph widergespiegelt hat, die er seinen Brüdern erzählte. Selbstverständlich deuteten sie die Träume auf ihre Weise und vermuteten, sie seien Ausdruck geheimer Vorhaben und bedenklicher Ziele, und um ihr Wohlergehen besorgt, beschlossen sie, ihn verschwinden zu lassen. Wie ihr seht, waren das keine fremden Leute, sondern die eigenen Brüder. Sie nahmen ihn bei der ersten Gelegenheit gefangen und verkauften ihn an ismaelitiche Sklavenhändler, die ihn wiederum an einen Ägypter verkauften, womit für Joseph die Prüfungen begannen; Gott prüfte seinen Charakter. Das Leben des Menschen ist nichts anderes als eine Prüfung - es ist der Prüfstein, auf dem sich der menschliche Charakter beweisen muss. Das Wertvollste an der menschlichen Seele ist ihr Charakter - und der muss durchs Feuer gehen. Nur wenn er durchs Feuer geht und standhält, kann man von einem wertvollen, beharrlichen, ewigen Charakter sprechen, von einem ewigen Haus, in dem man wohnen kann. Der Charakter ist das Haus des Menschen. Wir sehen, dass auf Joseph Probleme zukommen, eines nach dem anderen. Zu den Problemen aus den beiden Träumen gesellen sich sehr bald auch andere, von denen Kapitel 39 erzählt. Weil er ein schöner junger Mann war, begehrte ihn die Frau seines Leibherren schon nach kurzer Zeit; sie wollte sich mit ihm vergnügen, aber er entgegnete ihr: „Mein Leibherr hat alles in meine Hände gegeben bis auf dich, du gehörst ihm allein, du bist sein Recht, und eine solche Schande könnte ich vor Gott nicht verantworten!" Wir sehen, dass in der Seele dieses jungen Mannes Gott herrschte; alles was er tat, maß er daran, ob es vor Gott zu verantworten ist oder nicht. Er war sich der Unannehmlichkeiten bewusst, die ihm die Abfuhr an einer solchen Frau bereiten könnten, aber er zog die Leiden dem Verrat vor. Wegen dieser Prüfung landete er tatsächlich im Gefängnis. Doch Gott half ihm auch hier. Wenn ihr euch die Kapitel genau durchlest, werdet ihr sehen, dass Gott ihn nie im Stich ließ und ihn durch das Deuten der Träume des ägyptischen Königs wieder herausholte. Wenn wir Prüfungen ausgesetzt werden, kennen wir nicht das Ziel, zu dem uns Gott hinführt. Ihr wollt alle in den Himmel, aber wenn euch jemand fragt, was ihr euch eigentlich unter "Himmel" oder "Paradies" genau vorstellt, werdet ihr keine befriedigende Antwort geben können. Ihr habt vom Himmel gewisse Ideen, die aber genauso unklar sind, wie die Träume des Joseph. Was könnten die Ähren, die Sonne, der Mond für ein Verhältnis zu ihm haben? Sie sagten das Kommen gewisser Ereignisse voraus: Seinen Verkauf, die Versuchung der Frau, die Einkerkerung, seine Befreiung und Erhebung. Nun, was ist dieses Königreich und diese Frau? Ägypten ist das Reich, in dem wir leben, und die Frau unseres Leibherrn, die uns versucht, ist die Welt. Ihr seid Knechte, die man verkauft hat, genauso wie eure Brüder nichts mehr mit euch zu tun haben wollen. Ihr befindet euch in Ägypten. Die Frau des königlichen Beamten bietet euch an, euch mit ihr zu vergnügen - die Welt bietet euch gewisse Güter an und verführt euch. Es ist nicht schlecht, wenn man sich umtut, aber es gibt auch verbotene Dinge. Als Adam noch im Paradies war, erlaubte ihm Gott, alles zu essen, bis auf die eine Frucht - und mit seiner Unfolgsamkeit kamen auch die Leiden. Auch in dieser Welt gibt es verbotene Früchte, und wenn ihr von ihnen esst, kommen die Leiden als eine zwangsläufige Folge. Viele Leute lieben es, das Geld anderer zu befingern. Sie brauchen es für Häuser, für Vergnügungen, für Reisen auf dem Erdball. Joseph aber sah die Sache etwas anders; er hätte über die Güter der Frau des Hofbeamten verfügen können, aber stattdessen dachte er sich: "Ich ziehe die Güter Gottes denen einer fremden Frau vor!" Die Welt ist eine Frau, die uns nicht gehört. Am nächsten Morgen, nachdem sie ihren Spaß gehabt hat, kann sie euch verstoßen. Eure äußere Schönheit ist es, die sie anzieht. Gleichzeitig liegt der Betrug dieser Versuchung im folgenden: Wenn die Leute uns wegen unseres Äußeren verehren, denken wir gleich, dass es wegen unserer Eigenschaften geschieht. Wir haben einen Sänger, weltgewandt, intelligent, aber alle lieben nur sein Stimmtalent, seinen Hals. Wenn irgendwann seine Stimmbänder ausgeleiert sind, wird man ihn wegwerfen wie eine überflüssige Sache. Die ganze Wertschätzung hängt an einem kleinen Band irgendwo tief im Rachen. Nehmen wir einen großen Geiger, alle verehren ihn, solange er den Bogen führen kann; paralysiert sich dessen Hand, wird keiner mehr was von ihm wissen wollen. Ihr könnt ein guter Erzähler sein, aber alle werden nur solange euren Geschichtchen zuhören, wie ihr sie unterhaltsam erzählen könnt. Wenn eure Stimme brüchig und schrill wird, werden sie euch sagen: "Wir wollen keinen Erzähler ohne Stimme!" Die Frau, solange sie schön ist, wird von allen Seiten umschwärmt; ihre Schönheit verblasst, aus der intensiven Farbenpracht werden verwelkte Nuancen, man gibt ihr zu verstehen: "Du kannst nicht mehr mithalten, zieh dich zurück, denn es gibt andere, die deine Aufgabe jetzt besser erfüllen können!" Joseph wusste von diesem Selbstbetrug, von dieser Schlinge, die man sich um den Hals legt - zuerst wirkt sie kleidsam, doch am Ende bricht sie einem das Genick. Er betrachtete stattdessen nur die inneren Dinge, die beständigen, die ewigen, die es einem zu jeder Zeit ermöglichen, Ruhe zu finden und in Übereinstimmung mit Gott zu sein.

     

    Wir müssen gegenüber den kleinen Ursachen vorsichtig sein, da gerade sie das Unglück herantragen. Hätte Joseph seine Träume nicht den Brüdern mitgeteilt, wäre ihm das ganze Unglück erspart geblieben. Es stellt sich euch die Frage: Wäre es dann nicht unter anderen Vorzeichen gekommen? Es gibt Prüfungen, denen man sich nicht entziehen kann. Ich will euch nichts von den inneren Gesetzmäßigkeiten erzählen, sondern sagen, dass es Dinge gibt, die ausschließlich von Gott bestimmt werden. Wenn wir so listig sein wollen und versuchen, den kleinen Dingen auszuweichen, kommen die Großen, an denen wir dann nicht mehr vorbeikommen. Um die Leiden zu neutralisieren, müssen wir uns an Joseph ein Vorbild nehmen. Wir dürfen uns auf keinen Fall vorgaukeln, dass wenn der heutige Tag "gut" verläuft, die ganze Zukunft wie die Oberfläche eines stillen Sees sein wird - von keiner Brise gewellt. Diese Prüfungen sind notwendig. Warum? Ich gebe euch einen Vergleich: Um einen tiefen Fluss zu überqueren, braucht ihr ein Boot; um an das andere Ende des Ozeans zu kommen, braucht ihr einen Dampfer, der sich Glaube nennt. Und auch die Prüfungen oder Leiden sind wichtig - sie sind der Treibstoff, eure Fahrkarten. Jeder, der versucht, das göttliche Gesetz zu umgehen, ist ein dummer Mensch. Jeder, der sich ständig bemitleidet: "Warum setzt mich Gott bloß diesen Leiden aus?", ist nicht viel klüger. Jener aber, der sagt: "Ich will ihren Sinn erfahren!", und ihnen für ihr Kommen dankbar ist, ist verständig. Beachtet: Als die Leiden auf Joseph eindonnerten, versuchte er nicht, sich zu verbiegen, sondern blieb standhaft und empfing sie mit erhobenem Haupt, mit Freude in der Seele und Dem Herrn dafür dankend, dass er, obwohl er sich am Hof des Königsbeamten befand, wo es alles gab, nicht überheblich wurde. Dadurch, dass ihm Gott viel größere Güter zu geben vermag, ließ er sich auch nicht von den Gütern hinreißen, die die Frau ihm anbot, da er sich sagte: "Ich darf mich nicht beirren lassen, viel mehr als auf dem ersten Blick scheint, hängt hiervon ab!" In diesem Zusammenhang bedeutet die Freude, leider, Sünde.

     

    Worin besteht die Sünde? In allem, was nichts hervorbringt, keine Früchte trägt, wenn man es vergräbt. Eine Frau, die verkuppelt, sich ständig greifbar macht, ohne zu gebären, begeht eine Sünde. Jede Handlung, die kein Leben in sich trägt, ist eine verbrecherische Verschwendung göttlicher Energie. Wenn euch jemand dazu anstachelt, eine Sünde zu begehen, will er, dass wir unsere göttliche Energie verschleudern. Trinkt ordentlich Wein, und am nächsten Morgen wird euch der Kopf wehtun; was habt ihr damit gewonnen? Seid ihr klüger, weiser, besser geworden? - Eben nicht! Warum sollten wir Dinge tun, die für unseren Charakter nutzlos sind? Wir müssen uns im Rahmen der Vergnügen bewegen, die rechtens, natürlich sind. Nehmt ein Mädchen und einen Buben, die mit Puppen und Schaukelpferd spielen. Diese Dinge bereiten ihnen auf der einen Seite Freude, auf der anderen, fördern sie ihre Entwicklung und bereiten sie auf zukünftige Aufgaben vor. Es gibt auch in der Erwachsenenwelt Vergnügen, aus denen man einen gewissen Nutzen ziehen kann. Es gibt aber auch Vergnügen, die immer die Zerstörung der menschlichen Gefühle, Kräfte und der Errettung in sich tragen. Das unrechte Leben, die sogenannte versteckte Liebe, der manche Männer und Frauen frönen, wirkt sich auf Herz und Verstand zersetzend aus. Ihr liebt jemanden, fragt euch, ob ihr damit Gott gerecht werdet, ob ihr dem, den ihr liebt, wirklich einen Gefallen erweist, oder nicht vielmehr seinem Herz und seinen Verstand Schaden zufügt. Joseph war jung und unbefleckt; eine lüsterne Frau wollte ihn besudeln, er aber gab sich ihr nicht hin. Er schützte seinen Ruf, von dem anderenfalls nicht einmal die Erinnerung übrig geblieben wäre. Beachtet, zuerst wurde die Frau, Eva, geprüft, die die Prüfung nicht bestand. Und dann - ihr Mann. Jetzt ist der Mann an der Reihe. Die Schlange versuchte Eva im Paradiesgarten: "Schau, wenn du von diesem Baum probierst, wirst du Wissen gewinnen, Kraft und Weisheit, du wirst wie Gott!" Eva nahm die Einladung an und sagte: "Für Großes bin ich bereit, ich werde diesen Schritt tun!", denn ein Vorsatz bestand schon.

     

    Dieselbe Schlange erschien Joseph in der Form einer Frau, die ihm zuflüsterte: "Komm mit mir...!"; er entgegnete ihr: "Nein!" Danach kamen die Leiden; aber auch der Aufstieg. Mann und Frau stellen zwei Prinzipien dar, zwei große Kräfte, vernünftig und handelnd: Die eine Kraft ist die aktive, die andere die passive, die eine dynamisch, die andere duldend; zwei Zustände in der Natur, die sich abwechseln. Gott gibt nicht nur, manchmal nimmt er auch. Auf der einen Seite gibt er, auf der anderen nimmt er. Auf der einen Seite, schickt der Ozean Feuchtigkeit zur Dürre, auf der anderen, kehrt die Feuchtigkeit über die Flüsse und den Regen wieder in den Ozean zurück. In diesem Sinne sind Mann und Frau zwei Prinzipien, die arbeiten. Das eine Prinzip ist schöpferisch, genannt Mann, Gott; das andere passiv, genannt Frau oder Der Herr; es ist ein und dasselbe. Folglich müssen wir gegenüber beiden Momenten im Leben, gegenüber beiden Prinzipien, aufrichtig sein. Wenn die Welt es erfordert, Güter zu erlangen, werden wir es nur dann tun können, wenn wir uns auf diesen göttlichen Prinzipien bewegen. Wenn ihr Ihm gegenüber aufrichtig seid, werdet ihr alle Wünsche eures Herzens und eures Verstandes erreichen können. Ihr könnt sie nämlich nur auf eine Weise erreichen - über Gott. Nur er kann eure Wünsche und Hoffnungen befriedigen. Die Mutter zieht das Kind auf, der Lehrer bringt den Schülern etwas bei: Es ist unmöglich, dass sich das Kind ohne Mutter aufzieht, und der Schüler ohne einen Lehrer Wissen erwirbt. Joseph hörte auf die Stimme seines Lehrers, der in ihm war - Gott, der ihm die großen Gesetze der Bewegung beibrachte. All unser Streben im Leben muss darauf ausgerichtet sein, unseren Charakter zu bilden. Wie? Der Charakter ist aus Gedanken und Gefühlen zusammengesetzt, aus positiven Kräften. Wir dürfen das Leben nicht so auffassen, wie es einige tun, in dem eingeschränkten Rahmen des Gelehrten, des Arztes, des Philosophen; nein, wir müssen das Leben soweit auskosten, wie es Gott nach außen hin begrenzt hat. Alle Leute sehen im Leben nur Fragmentstücke: Die moderne Wissenschaft zeigt nur einen Teil der Dinge; das Genie eines talentierten Musikers umfasst nur ein kleines Feld, der Verstand des Theoretikers ebenso; die Kraft eines gesunden Menschen ist nur durch seine Muskeln begrenzt. Doch einige sagen: "Stark im Verstand". Stark im Verstand kann nur jemand sein, wenn seine Kraft in Verbindung mit allen göttlichen Gesetzen steht und mit allen Wesen harmoniert, die ihn umgeben, von den niedrigsten bis zu den höchsten. Dann kann sein starker, fähiger Charakter alles erreichen, da alle Wesen mitwirken. Wenn wir in Opposition zu diesen göttlichen Gesetzen leben, bildet sich ein Zwiespalt in unserem Verstand, der die Misserfolge anzieht, die wir tagtäglich antreffen. Warum haben wir keinen Erfolg? Unser Verstand ist zweigeteilt; wir wollen Gutes tun, ohne zu merken, dass das, was wir gerade tun, schlecht ist. Wir glauben, dass das, was wir vorhaben, vernünftig ist und sich realisieren lässt; wir drehen und wenden es, verschieben es nach oben und nach unten, machen und tun, aber es will einfach nicht klappen. Irgendwann fragen wir uns dann, warum es mit uns nicht vorwärts geht, und stattdessen unsere Erscheinung abnimmt und verblasst. Wir selbst bringen unser Leben oft unnötigerweise durcheinander. Es macht Sinn, das Wasser zu trüben, wenn man vorhat, Fische zu fangen, es aber andauernd zu trüben, obwohl man dieses Gewässer schon längst leergefischt hat, ist weniger einleuchtend. Manchmal gerät die Frau über ihren Mann in Zorn und trübt ihm das Wasser. "Was willst du? - Einen neuen Rock?! - Da hast du ihn!", sagt in solchen Fällen der Mann. Das Wasser klärt sich auf. Am nächsten Tag will die Frau wieder Fische fangen - wieder trübt sie das Wasser. Diesmal will sie einen Seidenrock und eine Uhr. "Hier, da!"- antwortet der Mann. Doch, dieser Mann verliert eines Tages seine Stellung, hat kein Geld mehr; was macht er? Er haut ab! Das heißt, der See trocknet aus, verliert nicht nur die Fische, sondern auch sein Wasser. Was kann die Frau da noch trüben? Ständig das Leben zu trüben und sich damit selbst zu belästigen, das ist kein Anzeichen dafür, dass man das Leben verstanden hat. Wir trüben und trüben, und irgendwann sind wir tot.

     

    Ihr habt euch über den Tod Gedanken gemacht? Er ist auf vielen Abbildungen folgendermaßen dargestellt: Ein Mensch, nur noch aus Knochen bestehend, mit einer Sense in der Hand. Habt ihr nachgeprüft, ob es wirklich so ist? "Das nicht, aber Vater und Mutter haben mir erzählt, dass es so ist!" Es wird wohl wahr sein, aber habt ihr euch darüber Gedanken gemacht, warum er so und nicht anders dargestellt ist? Es ist ein Mensch ohne Muskeln. Ihr müsst rein wie die Knochen werden, die ja bekanntlich weiß sind. Alles, was nicht rein ist, wird abgeworfen werden. Nur die Wohlgesonnenheit, das Streben zum Guten, wird zurückbleiben. Folglich habt ihr etwas, an das ihr euch festhalten könnt.

     

    Übertretet ihr das göttliche Gesetz, wird man euch ständig behelligen. Angst vor Bestrafung muss der Mensch vor, und nicht erst nach der Verirrung haben. Tränen haben noch keinen Menschen gerettet. Die Errettung liegt in der Organisation unseres Verstandes, unseres Herzens, unseres Körpers. Das zu vollbringen, ist unsere Aufgabe auf Erden. Dafür haben wir im Alten Testament ein vorbildliches Beispiel - den großen Charakter im Antlitz Josephs. Wenn wir die entsprechenden Stellen aus Genesis lesen, müssen wir dabei stets ein Augenmerk auf den Charakter Josephs richten. Dass wir ja nicht denken, er sei einfach nur dumm gewesen; im Gegenteil er war sehr klug und sein Vater liebte ihn; Liebe hängt sehr von der Weisheit ab. Joseph hatte auch gleichzeitig ein gutes Herz. Sein Vater schätzte es, aber seine Brüder dachten, er würde ihn nur wegen äußerer Eigenschaften lieben. Deshalb verkauften sie ihn. Was für Umständen man ihn auch aussetzte, sein Charakter erhob ihn. Wegen seiner seltenen Eigenschaften hob ihn sein Herr auf einen hohen Posten; eine andere Prüfung brachte ihn ins Gefängnis, aber er erhob sich auch dort, und schließlich holte ihn Gott aus dem Kerker, wo er - habt ihr gelesen, wie lange er dort zubrachte? - zwei Jahre lang gefangen war, eine für Prüfungen bestimmte Zeit. Welches ist euer Gefängnis? Euer jetziger Körper! Ihr müsst eines Tages aus diesem Gefängnis rauskommen, das an sich betrachtet, schmutzig und unhygienisch ist. So, bis jetzt habt ihr das Abendmahl schon oft bekommen, aber wisst ihr eigentlich, was der Wein für ein Symbol ist? Der Bäcker sollte hingerichtet und der Kellermeister wieder auf seinen Posten gehoben werden: Das eine Prinzip im Leben, das aktive, muss sich immer opfern. Der Wein sollte in unser Leben fließen, um es zu erfrischen. Er hat eine große Kraft, weil aber die modernen Menschen nicht darauf vorbereitet sind, macht er sie munter: Ihnen fehlt der Organismus, der es ihnen erlaubt, ihn richtig zu nutzen. Wenn falsch abgefüllter Wein zu fermentieren anfängt, platzt die Flasche.

     

    Kommen wir zu Josephs Charakter zurück. Wir sehen, dass es in ihm einen wachen Verstand gab, der die fundamentalen Gesetze des Lebens begriff. Er hatte ein gutes Herz und wollte auf jeden Fall seine Versprechen gegenüber Gott einlösen. „Ich habe meinem Leibherrn ein Ehrenwort gegeben, ebenso wie Dem Herrn, dass ich ihnen treu dienen werde. Ich kann sie nicht enttäuschen!" Folglich war er jemand, der beschlossen hatte, gegen den Strom der schlechten Neigungen und Wünsche zu schwimmen. In jedem Fall, ließ er sich von rechtschaffenden Gedanken leiten und besaß ein Herz und einen Verstand, die ausgeglichen waren. Damit Der Herr in unser Leben kommen kann, müssen sich unser Herz und unser Verstand im Einklang befinden, sie müssen ausgeglichen sein. Taucht unter ihnen Unstimmigkeit auf, befindet sich Der Herr nicht in uns. Es gibt Gegenden, die sich zur Anarchie überführen, genauso wie jetzt Serbien, aber auch anderswo, wo der Verstand und das Herz eines Volkes nicht im Einklang stehen; Sie wollen noch mehr haben, aber keiner gibt es ihnen; jeder hat das Ziel, seinen Nächsten auszurauben, weshalb es ständig zu Zusammenstößen kommt. Es gibt ein allgemeingültiges Gesetz, das sowohl für die kleinen als auch für die großen Wesen Gültigkeit hat. Sehr viele wollen leben. Einige wohnen noch bei ihren Vätern und erzählen, was für Träume sie gehabt haben, andere sind von der zweiten Sorte, von ihren Brüdern nach Ägypten verkauft, in den Hof des hohen Königsbeamten, wo sie den Verführungskünsten dessen Frau ausgesetzt sind; dritte wiederum sitzen im Kerker. Der angenehmste Zustand ist natürlich, vor dem Pharao treten zu können. Um das aber tun zu können, musste Joseph zuvor drei Etappen überwinden, drei Schulen, drei Kurse: den ersten - bei seinem Vater, den zweiten - bei jener Frau, die seine Standhaftigkeit prüfte - und Josef legte eine bravouröse Prüfung ab; er ließ seine Kleider zurück und machte sich, so wie er war, davon. Was bedeutet es, seine Kleider, den Stoff, zurückzulassen? Die Welt flüstert dir wie jene Frau ein: "Komm mit mir, - ich bin sehr schön; andernfalls -", und ihr Ton wird härter - "findest du dich im Kerker wieder!", sie will wissen, ob du dich ihr hingibst oder dem göttlichen Gesetz folgst. Du musst dich von allen Gütern trennen, die dich behindern, den Verführungen standhalten und dem göttlichen Gesetz folgen. Glaubt an Gott, vertraut ihm, und es erwartet euch eine große Zukunft, wie dies Joseph erlebte. Über das kann es keine zwei Meinungen geben. Ich habe euch gezeigt, wie ein junger Mann, der seinen Weg geht, von einem gewöhnlichen Hirten zum zweithöchsten Mann Ägyptens aufsteigt; ohne Betrügereien, Lügen und Morde, sondern mit Selbstaufgabe vor den Leiden und dem göttlichen Gesetz. Folglich, können nur die Weisheit und das Wissen, die sich in eurem Verstand befinden, und die Wohlgesonnenheit und Güte eures Herzens - nur sie können euch helfen. Lasst euch nicht von Äußerlichkeiten an der Nase herumführen, die nur darauf aus sind, euch zu täuschen, wie immer sie auch aussehen mögen - schwarz oder blond. Das Aussehen eures Gesichts und eurer Hände hängt einzig und allein von eurem Herzen ab. Wie das Herz und der Verstand, so auch das Haus, das errichtet wird, so auch die Fenster, die es besitzt. Der Mensch kann immer durch sein Herz und seinen Verstand seine äußere Lage verändern - von einem Nichts zu einer Persöhnlichkeit aufsteigen. Er wird sie aber nur verändern können, wenn er die göttlichen Gesetze einhält.

     

    Wenn wir jetzt den anderen Teil von Josephs Charakter, als seine Brüder vor ihm erschienen, betrachten, sehen wir, dass er sich nicht an ihnen rächte, sondern mit ihnen weinte, all seine Liebe in ihnen ergoß. Wenn uns also jemand im Leben Ärger bereitet, dürfen wir ihn nicht mit demselben Hass bewerfen. Schlechtes denken, rächen, absprechen - das ist kein Zeichen von Charakter; Charakter zu haben bedeutet, zu vergeben. Nur dadurch kann man sich auf die Stufe der Wohlgesonnenheit erheben. Dieses Beispiel sehen wir bei Christus - als Er blutend am Kreuz hing und man Ihn auslachte, sagte Er: "Vergib ihnen, Herr!" Es wird die Zeit kommen, in der man euch fragt: "Habt ihr jenen vergeben, die euch verletzt haben, die euch verkauft haben?" Ein Vater sagt zu seinem Sohn: "Aus dir wird kein Mensch!" Der Sohn geht in andere Gegenden, lernt dort, kehrt zurück, macht Karriere, wird Gebietspräsident, und seine erste Amtshandlung ist die folgende:

     

    Er schickt einige Polizisten, die seinen Vater festnehmen und ihn vor dem Schreibtisch des Sohnes zerren, der ihn fragt: "Na, was denkst du, wird aus mir etwa kein Mensch?!" Sein Vater antwortet ihm: "Das, was du gerade getan hast, war das etwa klug? Musstest du mich so hierherbringen lassen, mich ängstigen? Du bist ein unvernünftiger Mensch, der nicht weiß, was er tut! In einer Sänfte hättest du mich hierherführen sollen!" Das sind die Methoden, die auch wir anwenden - wir setzen alles daran, um den Leuten Angst einzujagen. "Gott, gib mir Macht, ich weiß, wie man regiert - ich werde mit eiserner Hand umherwüten!" Tausende von Jahren schworen die Leute auf dieses Rezept - überall schlug man sich, und jedes Haus weinte. Inwieweit hat sich dadurch die Welt verbessert? Kein bisschen! Nur die Liebe ist imstande, Elemente des Guten in die menschliche Seele zu säen. Bestrafung hat nur dann einen Nutzen, wenn sie von Liebe geleitet ist, mit dem Ziel, die schlechten Dinge zu entwurzeln. Der, der mit seiner Operation gesundes Fleisch wegschneidet, ist kein guter Chirurg, sondern ein Pfuscher. Folglich ist die vorrangigste Aufgabe, die ihr in der Welt erfüllen müsst: Das grundlegende Gesetz beachten - Herz und Verstand in Einklang bringen.

     

    Viele haben ihre Zweifel, ob es wirklich Gott gibt. Einige von euch sagen: "Wir glauben, dass es ihn gibt!" Wenn ich diese aber an Josephs Stelle sein lassen würde, so würden sie zu jammern anfangen: "Wenn es Gott gäbe, hätte Er mich nicht ins Gefängnis geworfen! Ich hätte mich nicht von Vater und Mutter getrennt, meine Brüder hätten mich nicht verkauft! - Soll das etwa Gott sein?! Ich glaube kaum!" Wir müssen alle Leiden empfangen, die von Gottes Hand kommen, wann immer sie auch kommen, müsst ihr euch freuen: Die Leiden sind jene Steine, aus denen man die Stufen eurer Häuser herstellt; sie bilden euren Charakter; sie sind die Verbindung zwischen dem Menschen und Gott; nur über ihnen kann man von einer Welt in die andere, bessere kommen. Besser noch als Leiden ist die Erhebung in dieser Welt. Sicherlich steht ihr den Leiden feindselig gegenüber, aber eigentlich sind sie die größten Geschenke, die man euch machen kann. Wenn eine Seele lange genug gelitten hat, bringen die Leiden Früchte hervor, und sie wird anfangen, sich zu freuen. Wenn die Wurzeln der Bäume nicht die Säfte aufsaugen würden, könnten wir dann süße Früchte kosten? Wenn die Mutter nicht Leiden würde, wenn sie es nicht in ihrer Gebärmutter trüge, gäbe es dann ein Kind, über das sie sich freuen könnte? Wenn der Vater nicht sein individuelles Leben einschränken müsste, würde er sich freuen? Ein Lehrer, der die Mühen scheut, könnte er Schüler haben, die ihn schätzen? Wer, der ein Leben lang auf dem faulen Rücken gelegen hat, ist je in den Himmel gehoben worden, um dort einen hohen Posten zu bekleiden? Überall auf der Welt ist das Leben nur aus Leiden zusammengesetzt. Sie sind die Segmente einer Skulptur, die zusammen eine Statue ergeben. Wenn wir den tiefen Sinn der Leiden begreifen, werden wir sehen, dass es ein Prozess ist, der unseren Charakter bearbeitet. Wenn wir den letzten Hammerschlag zur Vollendung unseres Charakters ausgeführt haben, werden die Leiden verschwinden, und die große Statue unseres Lebens wird vor uns stehen. Wir wollen in den Himmel. Was können wir aber vorzeigen? Unseren Charakter - er ist unser Reichtum. Euch gefällt es, ein schöner Mann oder eine schöne Frau zu sein, rank und schlank, mit edlen Eigenschaften. Wenn ihr aber auf die Welt tretet, was werden die Leute sagen, wenn ihr keinen edlen Charakter habt? Werden sie etwa sagen, dass sie in diesem Gesicht einen guten Menschen sehen? Selbst wenn ihr kein ansprechendes Äußeres besitzt, dafür aber einen klaren Verstand und ein gutes Herz, werden die anderen sagen: "Seht, ein Mensch mit Charakter!" Das ist das größte Lob, das ihr von der Welt hören könnt. Wenn wir einen solchen Verstand und ein solches Herz besitzen, wird die Welt uns brauchen. Zu Zeiten des Pharaos gab es in Ägypten viele gelehrte Ägypter; warum setzte er nicht sie auf den höchsten Posten, sondern einen Ausländer? Wegen seiner hübschen Gesichtszüge? Nein! Wegen seines Verstandes und seiner Güte. Wenn wir wie er sind, wird uns die Welt diesselbe Stellung einräumen. Wenn wir dumm sind, wird sie uns links liegen lassen. Die jetzigen Menschen sammeln sich aber genau um das Gegenteil und sagen: "Der Mensch soll nicht gütig sein, weil Güte nichts anderes als Dummheit ist!" Sie verstehen selbst nicht, was sie da sagen. Die äußeren, fremden Dinge werden ihnen sogar an Ostern weggenommen; der Charakter bleibt ewig unser: gerade das macht ihn für uns so wertvoll. Heute seid ihr denselben Prüfungen ausgesetzt - ihr seid genauso verängstigt wie die Ägypter seinerzeit, als Joseph lebte; ihr wisst nicht, was euch morgen widerfahren kann. Das Schicksal, die Zukunft liegt nicht in unserer Hand. Was die Ereignisse für eine Form annehmen, könnt ihr nicht voraussehen. Doch das Schicksal könnte in eure Hände gelegt werden, wenn ihr soviel Glauben und Vertrauen in Gott habt wie Joseph. Dann könnt ihr auf das Schicksal Einfluss nehmen, wo ihr auch seid, in was für Lage man euch auch bringt, ihr werdet wie Öl auf dem Wasser sein. Das erste, was ihr dafür tun müsst, ist euch nicht zu fürchten und unruhig zu werden; ihr müsst Mut und Entschlossenheit beweisen, ihr dürft nicht verängstigt sein. Die Angst muss ihren Platz an den edlen Verstand abtreten. Ihr dürft nur zögern, wenn ihr euch eine bestimmte Frage nicht beantwortet habt, ob etwas richtig ist oder nicht. Wenn ihr diese Frage für euch beantwortet habt und denkt, euer Entschluss sei richtig, müsst ihr ihn unter allen Umständen in die Tat umsetzen und auf ihn beharren. Joseph antwortete der Frau kurzentschlossen: "Ich will es mit dir nicht tun!" Die Prüfungen wurden weitergeführt; er wurde festgenommen und eingekerkert, aber Gott blieb bei ihm.

     

    Zur Bildung des Charakters ist Geduld unabdingbar. Sie ist das Fundament aller Dinge. In Josephs Charakter sehen wir gerade diese große Geduld: Im Kerker war er in keinster Weise beunruhigt, er arbeitete, lernte, er war bereit, alles zu erdulden. Die Geduld ist kein angeborenes Wesensmerkmal, sondern etwas, was man sich erst mit Mühe antrainieren muss. Alle Leiden haben das Ziel, unsere Geduld auszubilden, uns geduldig und gelassen zu machen, damit wir mit Vertrauen in die Zukunft sehen können, was immer auch für Enttäuschungen auf uns warten, uns nie gehen zu lassen. Eine Frau könnte sagen: "Mein Wunsch ist es, mich nach meinen Vorstellungen zu verheiraten!" Er geht in Erfüllung und sie sagt: "Mein Leben ist zu Ende!" Nein, sie befindet sich am Anfang ihres Lebens! Einige sagen: "Ich habe mein ganzes Vermögen verloren!" Na und? Du bist am Anfang deines Lebens - nichts hast du verloren! "Ich habe meine Gesundheit verloren!" Du bist am Anfang deines Lebens, du wirst eine neue Gesundheit bekommen! In was für Situationen wir auch kommen, wir müssen dulden und auf Gott bauen, bis zur letzten Minute. Dieser Glaube muss tief in unserem täglichen Leben wurzeln. Einige wollen in guter Gesellschaft leben, wollen von angenehmen Leuten umgeben sein. Joseph als Ausländer lebte unter fremden Leuten, aber er machte mit seinem Verstand und seinem Herzen aus ihnen gute Freunde. Einige werden einwenden: "Diese Leute waren doch verirrt!" Gerade unter diesen verirrten Fremden gibt es edle Seelen. Der moderne Christ sagt: "Sie sind doch ungläubig, sie sind noch grün!" Wenn sie nicht grün sein dürfen, wie sollen sie dann reifen? Die Dinge, die aus der Erde wachsen, sind zuerst grün, sie reifen nicht sofort. Das Grünen ist ein Prozess, durch den die Säfte eingesaugt werden und wenn sie dann da sind, beginnt die Reifung. "Es beleidigt mich, dass man mich "grün" nennt!". Keiner beleidigt dich, es ist bestens, dass du grün bist; wenn du ein edler Mensch bist, wirst du mit Arbeit alles erreichen. Wer nicht grün ist, wird nicht reifen können. Was nicht grün ist, ist vertrocknet; in einem solchen Fall gibt es auch keine Entwicklung. Wenn ihr grün seid, freut es mich; es ist eine edle Eigenschaft, grün zu sein. Wenn ihr reift, werdet ihr gelb wie das Gold. Alle lieben das Gold, d. h. die Reifung. Es gibt einige Leute, die nicht gereift sind. Wisst ihr, was Gold bedeutet? Gereift zu sein! Das Leben besteht aus einer allmählichen Entwicklung hin zur Reifung. Diesen allmählichen Prozess nennt die Wissenschaft Evolution, Entwicklung. Er ist solange notwendig, bis alle Menschen ihren Entwicklungsprozess abgeschlossen haben und alles Wissen und alle Güte in ihnen ist. Wenn wir all diese Säfte erlangt haben, wird Gott Seinen Segen schicken und die Früchte in uns werden reifen. Dann wird Der Herr erscheinen. Solange ihr noch grün seid, beobachtet Er euch von weitem. Wenn ihr reift, wird Er kommen und die reifen Früchte einbringen, denn Er braucht sie. Wenn ihr zu begreifen anfangt und das Nötige vom Unnötigen abtrennt, das Vorbeiziehende vom Ewigen, wenn sich euer Charakter gebildet und seine endgültige Form angenommen hat, wenn die Früchte eures Gartens reifen, werdet ihr aus dem Gefängnis befreit werden und vor Dem Herrn dieser Erde gestellt, um eure Auslegung der beiden Träume des Lebens zu präsentieren; ihr werdet die Wahrheit nicht als Gefangener, sondern als freier Mensch unter die Leute tragen. Dann wird die Wahrheit wie ein Lorbeerkranz auf eurem Haupt sein und die Ähren auf den weiten Feldern werden sich vor euch verneigen, und die Sonne, der Mond und alle elf Planeten am Firmament werden euch grüßen. Der tiefe Sinn des weltlichen Daseins wird euch dann klar sein. Der Herr wird erscheinen und das Reich Gottes auf Erden begründen.

     

    Ein Vortrag, gehalten am 20. Juli 1914 in Sofia

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