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2.1.1.1 Treffen der Kette


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2.1.1.1 Treffen der Kette

Die Jahrestreffen der Kette sind von den späteren Treffen der Weißen Bruderschaft im Prinzip nicht zu unterschieden, aber wegen der oben genannten spezifischen Besonderheiten und wegen des Vorhandenseins eines eigenen Zeremoniells werden sie gesondert dargestellt.

In Varna und Burgas werden die Jahrestreffen in privaten Häusern durchgefuhrt. Seit 1910 werden sie in einem Landhaus in Veliko Tamovo, das sich im Eigentum der Bruderschaft befindet, abgehalten. Zu diesem Zweck werden die Räume des Hauses im zweiten Stock hergerichtet. Der nördliche Raum dient als Gebetsraum. Er wird »der Altar« genannt. Der südliche Raum bleibt Versammlungen vorbehalten. Die Räume in der ersten Etage dienen als Küche und als Wohnbereich. Die Gäste werden während ihres Aufenthalts in Tamovo auch in der Stadt untergebracht. Vor dem Landhaus steht ein Wachposten, der den Zugang nur bei Nennung einer Parole zulässt.

Jeder Tag des Jahres treffens beginnt für die Teilnehmer gleich: sie empfangen am frühen Morgen im Garten des Landhauses den Sonnenaufgang, machen dort bestimmte gymnastische Übungen, Atemübungen und beten und singen. Danach hält Danov einen Vortrag, über den Tag verteilt können es auch zwei oder drei sein. Danach werden die Anhänger in kleine Gruppen eingeteilt, die über die Vorträge diskutieren und verschiedene praktische Aufgaben ausfuhren. In der freien Zeit macht Danov mit den Anhängern gemeinsame Spaziergänge und führt mit ihnen Gespräche. Es wird eine gemeinsame Tafel angerichtet, die aus Fastengerichten besteht, und es wird heißes Wasser zum Trinken gekocht. Während des Jahrestreffens in Veliko Tamovo hält Danov auch immer einen öffentlichen Vortrag vor der Bürgerschaft im Kulturhaus »Hoffnung« oder im Modernen Theater. Am Ende des Treffens teilt Danov den Anhängern geistige, physische und praktische Aufgaben für das kommende Jahr zu. Sie sollen z. B. jeden Tag morgens sehr früh, gegen 4 bis 5 Uhr, aufstehen und Morgenspaziergänge durchführen. Er lässt sie auch diverse physische Übungen und Atemübungen ausfuhren und erläutert verschiedene Methoden für gesunde Lebensweise. Außerdem teilt er ihnen geistige Arbeit zu, sie sollen z. B. jeden Tag ein Kapitel aus der Bibel, über das Jahr verteilt die ganze Bibel oder mehrmals nur das Neue Testament lesen. Er setzt bestimmte Tage der Woche oder des Monats für das Fasten und das Nachdenken fest und bestimmt, welche Gebete und Formeln wann und wie gesprochen werden sollen. Dabei werden auch die Namen der anderen Mitglieder der Kette erwähnt. Danov erklärt den Anhängern auch Methoden zur Selbstkontrolle und zur Selbsterziehung. Er verteilt praktische Arbeiten, die Anhänger sollen z.B. Bäume pflanzen, Referate über verschiedene Themen schreiben, armen Menschen, Witwen und Waisen helfen und andere Menschen trösten. Die Aufgaben sind jedes Jahr verschieden, und es werden stets neue hinzugefügt wie z. B.: Arbeit mit den Farben des Lichtes, musikalische Übungen und Arbeit mit dem Pentagramm. Außerdem verteilt Danov viele verschiedene praktische Aufgaben für jeden Zeitpunkt.

Das Jahrestreffen endet mit einem großen literarisch-musikalischen Programm.

Im Gebetsraum des Landhauses befinden sich, wie in den Protokollen beschrieben wird, folgende Einrichtungsgegenstände: ein silberner Leuchter mit sieben Lichtern, der die »sieben Geister Gottes, gesandt in alle Lande« (Offb. 3,1; 5,6), sowie das Leben symbolisiert; drei silberne Lichter, die den Raum beleuchten und den Geist oder die drei Äußerungen Gottes - die Dreifaltigkeit, die Trinität -darstellen; ein Thron, der sich auf der rechten Seite befindet und das Reich Gottes symbolisiert; ein langer Tisch in Form eines Parallelogramms, der mit weißem Leinen bedeckt ist. Auf dem Tisch liegen fünf farbige Seidenbänder, die von Osten nach Westen ausgerichtet sind. Die Mitglieder der Kette setzen sich in einer bestimmten Anordnung um den Tisch herum. Diese wird entweder von Peter Danov bestimmt oder sie ergibt sich, wie an einer anderen Stelle in den Protokollen erwähnt wird, nach dem Zeitpunkt der Aufnahme in die Kette. Bei jedem Jahrestreffen liegen Bänder in verschiedenen Farben auf dem Tisch: die Farbe rosa symbolisiert »die Liebe Gottes«, gelb »den Willen Gottes«, blau den Geist Gottes, orange »den physischen Menschen«, grün »die heutige Entwicklung des Menschen« und violett »die Kraft«.

Die Gemeinschaft besitzt sakrale Gefäße und Gegenstände. Die sakralen Gefäße werden als Passahgefäße bezeichnet. Sie bestehen aus einem Kelch, einer runden Platte und Tassen. Der Kelch ist aus Metall, auf dem sich eine farbige Darstellung von Jesus Christus befindet. Auf der Platte sind ein gleichseitiges Dreieck in einem Kreis und zirkuläre Inschriften dargestellt. Auf jeder Passahtasse ist ein Pentagramm in einem Kreis dargestellt. Zu den sakralen Gegenständen gehören ein zweispitziges Schwert und ein Stab. Auf der einen Seite des Schwertes befindet sich ein eingraviertes Pentagramm mit Ziffern innerhalb der ausgebildeten Dreiecke und auf der anderen Seite eine sakrale Unterschrift. Auf dem Stab sind vier Symbole zu sehen, die gleich weit voneinander entfernt sind: ein gleichseitiges Dreieck in einem Kreis, ein Hexagramm in einem Kreis, ein Pentagramm in einem Kreis und eine sakrale Unterschrift ebenfalls in einem Kreis.

An der einen Wand des Gebetsraumes ist das Antlitz des »Erlösers Jesus Christus« aufgehängt. Unter ihm hängt die Fahne der Kette, welche die geistige Evolution abbildet. Es befindet sich außerdem noch ein Bild mit einem großen farbigen Pentagramm in dem Raum, über dem ein gelbes Band aufgehängt ist. Über dem Eingang hängen die bulgarische Fahne und ein Band, dessen Farbe den Anhängern nicht bekannt ist. An den Wänden hängen farbige, aus geometrischen Figuren bestehende Bilder und Zeichnungen, die unter der Leitung Peter Danovs gemalt wurden. Die Protokollanten berichten, dass sie ihre Bedeutung nicht protokollieren dürfen. Generell teilen sie aber mit, dass die Zeichnungen den Weg der Evolution der Seele und die Phasen ihrer Entwicklung darstellen. Danov erklärt, dass diese Bilder und Zeichnungen ein Emblem oder ein Alphabet zur Erforschung sind und mahnt, dass sie von den Mitgliedern nicht zum Kult verwendet werden sollen. Die Mitglieder der Kette nennen den Gebetsraum nach evangelischem Vorbild »Söller«. Sie glauben, dass sich die Wirkung des Geistes Gottes in diesem Söller konzentriert. Danov bestimmt die Reihenfolge des Eintritts in den Gebetsraum und auch, ob der Eintritt einzeln, nacheinander oder in kleinen Gruppen erfolgt. Im Gebetsraum finden Kettengebete und Wachen statt, die eine ganze Nacht oder sogar einen Tag und eine Nacht dauern. Er bestimmt auch die Dauer der Kettengebete und wofür die Mitglieder beten. Vor dem Gebetsraum befindet sich ein Eingangsraum, wo man sich die Schuhe auszieht. Die Frauen sind mit weißen, rechteckigen Seidentüchem bedeckt, die Männer barhäuptig. Die Mitglieder beten, wie manchmal erwähnt wird, für das bulgarische Volk, für den Erfolg Bulgariens, für die Geistlichkeit, für alle europäischen Völker, für die Vereinigung des Slawentums, für die ganze Menschheit und für das Reich Gottes.

Die Versammlungen finden in dem anderen Raum statt. Am Anfang beten und singen die Teilnehmer. Dann liest Peter Danov ein Kapitel aus dem Evangelium vor und wählt einen Vers als Thema der Versammlung. Danach interpretiert er den Text, gibt Kommentare und antwortet auf die gestellten Fragen. Manchmal gibt es aber auch einen anderen Ablauf: ein einzelner oder alle Teilnehmer lesen nacheinander Verse vor, dann beten und singen sie. Die Versammlung wird mit einem Gebet oder mit einem oder mehreren ausgewählten Gesängen abgeschlossen: mit dem »Vaterunser«, »Heilig, heilig, heilig ist der Herr Zebaoth«, »Wahrhaft würdig ist es, Dich seligzupreisen, Gottesgebärerin«, oder mit dem »Guten Gebet«, das von Peter Danov im Jahr 1899 verfasst wird. Die Mitglieder stehen auf und verbleiben einige Minuten in Schweigen, bis sie vom Geist gesegnet werden. Bei einem Treffen im Jahre 1912 wird protokolliert, dass Peter Danov am Schluss der Versammlung seine Hände auf die Hinausgehenden legt, und jedem einzelnen verschiedene Worte mitgibt.

Im Versammlungsraum wird noch der sogenannte »Tisch des Herrn« gefeiert, der aus Brot, Wein und Obst besteht. Zuerst liest Danov bestimmte Abschnitte aus dem Evangelium und den Apostelbriefen vor, dann werden kurze Gebete gesprochen und danach verteilt Danov Brot und Wein an alle. Dieser Akt wird aber nicht nur von ihm allein, sondern auf anderen Jahrestreffen auch von einem anderen Mitglied der Kette vollzogen. Peter Danov erklärt, dass »das Abendmahl des Herrn« nicht mit der Eucharistie verwechselt werden darf, weil es kein Akt zwischen dem Priester und der Gemeinde ist, sondern innerhalb der Bruderschaft vollzogen wird. Ein anderer Unterschied besteht darin, dass dieses Abendmahl Danov zufolge nur als Erinnerung an das, was Christus gesagt und getan hat, gefeiert wird. Danov erklärt, dass das Brot die Christuslehre ist und der Wein die Liebe, mit deren Hilfe die Gläubigen erhöht und mit ihm eins werden können.

Danach folgt eine gemeinsame Tafel, die aus Fischgerichten, Brot, Obst und Gemüse besteht.

Es wird berichtet, dass die Versammlungen der Kette unter der unmittelbaren Leitung »vom Heiligen Geist« abgehalten werden. Danov wiederholt oft, nicht nur auf den Treffen, sondern auch in den Briefen an seine ersten Schüler: »Gott hat mir gesagt«163, »der Geist ordnet an«, »der Geist lehrt« u. a. »Der Geist« diktiert ihm die neuen Gebete und kurze Worte an die Teilnehmer. Außerdem empfiehlt Danov, dass die Mitglieder Verbindung aufnehmen und Anleitung »von oben« suchen und sich auf sie verlassen sollen. Danov erklärt, dass er in direkter Verbindung mit Christus steht und mit ihm zusammenarbeitet.

In der frühen Periode ist der Kult nicht einheitlich. Es fallen Entlehnungen einerseits aus der Orthodoxie und andererseits aus der evangelischen Praxis auf. Das wird deutlich in der Verwendung mehrerer orthodoxer Gebete und Gesänge sowie eines evangelischen Gesangbuchs. Die Mitglieder dürfen ihre Sünden direkt vor Gott beichten und brauchen keinen Vermittler. Die Beichte und das Abendmahl, das nur als Erinnerung und nicht als Verwandlung zu Leib und Blut Christi gefeiert wird, haben in der Praxis der Kette keinen Charakter als Sakramente. Außerdem übt Peter Danov nicht die Funktion eines ordinierten Priesters oder Pfarrers aus; die religiösen Handlungen dürfen von jedem ausgefiihrt werden.

Danov fordert in dieser Periode von seinen Anhängern nicht, aus der Orthodoxen Kirche auszutreten. Es sind Fälle beschrieben, in denen er seine Anhänger persönlich anregt, zu großen kirchlichen Festen in die Kirche zu gehen und ihre gewohnte Form des religiösen Lebens beizubehalten. Viele Anhänger bleiben der orthodoxen Kirche treu, bis diese im Jahr 1922 beginnt, Danov und einige seiner Anhänger zu exkommunizieren.

Danov behauptet zu dieser Zeit, dass er nicht die Absicht habe, eine andere Religion oder eine Sekte zu gründen. Der Bulgare, so Danov, hat zwar eine Religion, aber keinen Glauben. Der Glaube soll in die Praxis umgesetzt werden. Danov betont bis zum Ende seines Lebens besonders die Anwendung der Religion. Er versteckt seine Empörung nicht und übt Kritik an den Schwächen der damaligen Gottesdiener und an der Nachlässigkeit, mit der sie ihren Verpflichtungen nachkommen. Danov erklärt, dass das Ziel der Versammlungen und der Arbeit mit seinen Schülern das tiefere Verstehen und Begreifen der geistigen Gesetze und ihre unmittelbare Anwendung im alltäglichen Leben ist. Er sagt, dass die Mitglieder der Kette nicht auf menschliche Weise zusammentreten, sondern von Gott zusammengebracht werden, um für das geistige Erwachen des bulgarischen Volkes, für das Gute und die Erhöhung der anderen zu arbeiten. Sie sind dazu berufen, eine geistige Welle zu bilden und dem ganzen bulgarischen Volk einen göttlichen Impuls zu geben. Auf diese Weise wird das Volk gesegnet.

Die in den Protokollen beschriebenen Treffen der Kette finden, bedingt durch den Krieg, zum letzten Mal 1915 statt. Beim nächsten Treffen im Jahr 1919 erklärt Danov, dass sich die Anhänger nunmehr »Schüler der Weißen Bruderschaft« nennen sollen. Jetzt wird auch nicht mehr von der Abhaltung »des Tisches des Herrn« und von dem oben beschriebenen Zeremoniell im Gebetsraum oder von der Einrichtung und der Verwendung der sakralen Gefäße berichtet. Die von Danov neu erschaffenen Gebete und Gesänge der Weißen Bruderschaft verdrängen die bis dahin verwendeten. Es gibt aber damals wie heute keine Personen in der Gemeinschaft, die bestimmte geistige Funktionen innehaben oder mit der Ausführung von Ritualhandlungen beauftragt sind. Es gibt keine Hierarchien, Einweihungen oder Grade. Alle Anhänger haben in der Gemeinschaft die gleichen Rechte, Männer wie Frauen.

1922-1923 wird in der Oboritsch Str. 14 in Sofia ein Versammlungsraum der Weißen Bruderschaft gebaut, und im Jahre 1927 wird die Siedlung Izgrev errichtet. In diesen zusätzlichen Versammlungsräumen hält Danov die Vorlesungen der okkulten Schule und Vorträge vor Anhängern und vor hinzugekommenen Bürgern. Im Versammlungsraum in Izgrev befindet sich ein Katheder vorne auf einem Podest, von wo aus Danov die Vorträge hält. Neben dem Katheder steht ein Tisch, auf dem die Bibel, das Buch »Das Vermächtnis der farbigen Strahlen des Lichtes« und ein paar Bände mit Vorträgen liegen. An den Wänden hängen Bilder mit symbolischer Bedeutung, an zentraler Stelle befindet sich das Bild von Jesus Christus.

1926 werden die Jahrestreffen von Veliko Tamovo nach Sofia verlegt, und ab 1930 finden sie an den Sieben Rila-Seen statt. Dort werden sie in der freien Natur durchgeführt.

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