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1919_08_24 Die kosmische Liebe


mariaK

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 Die kosmische Liebe

 

Wenn ihr den Ausdruck "kosmische Liebe" hört, wird er euch auf den ersten Blick seltsam erscheinen und ihr werdet fragen: Wie kann die Liebe kosmisch sein? Sie kann! Ich benutze dieses Wort in einem sehr weiten Sinn. Das Wort Liebe benutze ich im Sinne von Energie, die vom Zentrum des Weltalls ausgeht und sich zur Peripherie bewegt, und das Wort Liebe benutze ich im Sinne von Energie, die von der Peripherie ausgeht und zum Zentrum des Seins vordringt. Liebe nenne ich einen schöpferischen Prozess und Liebe – einen Prozess, der von unten nach oben erfolgt, der etwas aufbaut. Wenn ich von Kultur, vom gesellschaftlichen, politischen und geistigen Leben spreche, meine ich Liebe, die sich in ihrer großen Aktivität äußert. Sie stellt also einen bewussten Prozess dar, der im Weltall individuell vor sich geht.

 

Ich bitte euch, eure Ansichten, egal welcher Art, für einen Moment außer Acht zu lassen und mit mir zusammen zu überlegen, ohne gleich zu kritisieren. Wenn es euch etwas bringen soll, dann versetzt euch in die Lage einer fotografischen Platte, die die Bilder so aufnimmt, wie sie sind, und danach könnt ihr kritisieren. Wenn ihr von vornherein kritisch eingestellt seid, werdet ihr die Dinge nicht richtig wahrnehmen und deswegen wird auch eure Kritik nicht vernünftig sein.

 

Ich spreche von der Liebe, weil sie ein notwendiges Element für jeden von euch ist. Jeder, der gesund und glücklich sein will, muss die innere Kraft der Liebe begreifen. Viele sprechen von Liebe und Liebe, doch sie verwechseln sie. Die erste ist schöpferisch tätig, die zweite baut auf. Oftmals aber zerstört die Liebe auch. Die Katze frisst die Maus, weil sie sie liebt, weil sie den Prozess der Liebe so versteht und äußert. Und ihr wisst, wie sie die Maus frisst – sie zieht ihr nicht das Fell ab, wirft den Inhalt der Eingeweide nicht weg, sondern verschlingt sie im Ganzen. Uns kommt es sehr seltsam vor, dass die Katze, ein Vorbild an Reinlichkeit und so penibel in dieser Beziehung, nicht weiß, wie sie essen soll. Auch viele der Menschen haben die Gewohnheit der Katze und wissen nicht, wie sie essen sollen. Wenn ein Mensch seinem Verstand einen Gedanken mit all seinem Unrat einverleibt – mit dem Fell, den Gedärmen, dem Magen usw. – deutet das darauf hin, dass er nicht weiß, wie er essen soll. So ein Mensch besitzt die Gier und die Liebe einer Katze. Auch wir drücken, wenn wir Tiere schlachten und essen, damit unsere Liebe zu ihnen aus. Wenn uns die Tiere fragen würden, warum wir sie schlachten und essen, müssten wir ihnen antworten, dass wir dies aus großer Liebe zu ihnen tun – wir möchten sie in uns aufnehmen und nicht nur von außen betrachten. Die Liebe sagt: "Ich erkenne nur mein eigenes Dasein an und jedes andere Wesen, das sich außerhalb von mir befindet, soll in mich hineinkommen." Schon die früheren Menschen haben die Liebe so verstanden, und die neue Generation versteht sie genauso. Wäre es anders, würden wir meinen, auf einen Widerspruch zu stoßen.

 

Im heutigen gesellschaftlichen, politischen und geistigen Leben leiden alle Menschen unter überschwänglicher Liebe, die jedem zuviel geworden ist. Mit einfachen Worten ausgedrückt sieht die Sache so aus: Wenn eine Frau viel Wolle hat und sie liegen lässt, ohne sie zu weben, beginnt die Wolle zu stinken. Ich wiederum sehe es so: Ihre Liebe hat angefangen zu stinken. Die Frau muss zum Prozess der Liebe finden, muss damit beginnen, die Wolle zu waschen, zu krempeln, zu spinnen und zu weben. Ihr könnt, wie diese Frau, viel Wolle haben, als Menschen könnt ihr reich sein – Händler, Philosophen, Gelehrte, Prediger. All das ist gut, aber wenn ihr mit euren Kenntnissen nicht spinnt und webt, sage ich euch, dass ihr Woll-Prediger, Wollhändler, Woll-Philosophen, Woll-Gelehrte usw. seid. Ihr habt nur ungesponnene Wolle. Die Wolle muss gesponnen werden und das wird geschehen, wenn jener große Prozess der kosmischen Liebe einsetzt und die kosmische Kraft in uns erwacht, oder wie die heutigen Philosophen sagen, wenn das hohe Bewusstsein in uns erwacht und wir begreifen, dass wir für das gemeinsame Wohl der ganzen Menschheit, aller Lebewesen arbeiten müssen, unabhängig davon, ob wir sie sehen oder nicht.

 

Ihr werdet sagen, mein Gedanke sei seltsam. Er ist tatsächlich seltsam, doch nicht alle seltsamen Dinge sind auch unrichtig, so wie nicht alle gewöhnlichen, uns bekannten Dinge richtig sind. Um meinen Gedanken klar zu machen, bediene ich mich eines Beispiels. In der Vergangenheit, in der goldenen Ära der menschlichen Kultur, in der so genannten ersten Göttlichen Rasse, lebte ein großer Weiser. Vor ihn trat ein Schüler mit folgender Bitte: "Ich möchte, dass du mir eins der großen Geheimnisse des Seins beibringst, und zwar, dass ich in der Lage bin, mich in jegliche Form zu verwandeln, die ich möchte, in einen Riesen – so groß wie die Sonne, so dass ich den gesamten Raum ausfülle und auf diese Weise für alle sichtbar werde." Der Weise sagte zu seinem Schüler: "Dein Wunsch soll geschehen." Der Schüler war darüber sehr erfreut und sagte sich: "Endlich beherrsche ich dieses große Geheimnis – für alle sichtbar zu sein, und nun werde ich zum glücklichsten Wesen!" Er vergaß aber seinen Lehrer zu fragen, wie er auf Wunsch wieder kleiner werden kann. Tatsächlich wurde er sehr groß, alle sahen ihn, aber er konnte nicht mit den Menschen kommunizieren, er sah sie nicht, denn er stand hoch über ihnen, er konnte nicht mit ihnen sprechen und deshalb war er überall allein und fühlte sich sehr einsam. Alle sahen, dass er ungewöhnlich groß ist, und viele Gelehrte, Philosophen, Physiker, Astronomen begannen ihn zu erforschen und nach Gründen zu suchen, warum ihn das Sein so geschaffen hat. Tausende von Theorien und Legenden über seine Herkunft entstanden. Der große Weise, sein Lehrer, sagte einfach: "Die Ursache für diese Größe ist nichts anderes als der Wunsch des Schülers groß zu werden, damit ihn alle sehen können. Und ich habe seinen Wunsch erfüllt."

 

Zu diesem Weisen kam ein anderer Schüler und sagte: "Meister, ich möchte, dass du mir das Geheimnis beibringst so klein zu werden, dass mich niemand in der Welt sieht." Der Weise erfüllte auch seinen Wunsch. Der Schüler wurde sehr klein und unsichtbar. Aber auch er vergaß wie der erste zu fragen, wie er seine vorherige Statur zurückbekommen könne. Nachdem er unsichtbar geworden und in die größten Tiefen des Seins hinab gestiegen war konnte er nicht mehr zurückkehren, als er dies wünschte.

 

Diese beiden Schüler stellen die zwei Gegenpole in der Welt dar. Der erste, das sind die großen Welten, und der zweite – die kleinen, d.h. die Mikroben, die sich, für alle unsichtbar, überall einnisten und heute die Menschen plagen.

Nach einiger Zeit trat ein anderer Schüler vor denselben Weisen und sagte: "Meister, ich möchte, dass du mir die Eigenschaften des Lichtes und der Wärme beibringst – gleichzeitig sichtbar wie das Licht und unsichtbar wie die Wärme zu sein. Sichtbar, um die riesengroßen Welten im Licht erstrahlen zu lassen, und unsichtbar wie die Wärme, um auch die kleinsten Lebewesen unten auf der Erde zu erwärmen." Der Meister antwortete ihm: "Dein Wunsch soll geschehen."

Also gibt es in der heutigen Welt drei Prozesse, die gleichzeitig wirken. Nach dem einen Prozess wollen Menschen reich werden, Gelehrte, Philosophen, Minister, Generäle werden und einen Staat gründen. Diese Menschen nennen wir hervorragend, denn sie haben die Kunst erlernt groß zu werden. Sie kennen das Geheimnis des Vergrößerns, sie wissen, wie sie alle Menschen, die ganze Gesellschaft in ihren Bann ziehen können, doch das Wichtigste haben sie nicht gelernt – die Kunst, Menschen und Gesellschaften als bewusste Einheiten zu organisieren. Auch der Magnet zieht Eisenspäne an, aber er weiß nicht, wie er sie organisieren soll. Organisieren allein bedeutet noch nicht Erziehen; Bildung geben bedeutet noch nicht das Gesetz der Liebe zu lehren.

 

Wenn wir folglich von Licht sprechen, verstehen wir darunter einen Prozess, bei dem sich der menschliche Verstand ausweitet und inneres Eigenbewusstsein erlangt. Unter Wärme versteht man einen Verdichtungsprozess, einen Prozess inneren Errichtens. Das Licht ist ein Prozess, der sich vom Zentrum zur Peripherie bewegt, die Wärme aber ist ein Prozess, der von der Peripherie zum Zentrum vordringt. Ich nenne das Licht arterielles Blut und die Wärme – venöses. Deshalb nimmt die Liebe, die das venöse Blut darstellt, wenn sie das Herz eines Menschen durchfließt den ganzen Unrat in sich auf und scheidet ihn aus. Das ist der Grund, weshalb wir sagen, dass die Liebe heilt. Licht und Wärme, d.h. arterielles und venöses Blut im menschlichen Körper, wechseln sich ständig ab und durch diese zwei Prozesse wird der menschliche Körper aufgebaut. Diese zwei Ströme, diese zwei Prozesse findet man überall: im Verstand, im Herzen und in der Seele jedes Menschen. Um also das Leben zu verstehen, müssen wir es so erlernen, wie es die Natur geschaffen hat, und nicht so, wie wir es heute sehen.

 

Die heutigen Menschen können darüber streiten, ob es eine Seele gibt oder nicht – jeder hat seine Meinung. Wenn der Mensch Bewusstsein hat, hat er auch eine Seele; wenn er Gedanken hat, hat er auch einen Verstand; wenn er Gefühle hat, hat er auch ein Herz. Könnt ihr einen Gegenstand betrachten, der schmilzt, ohne dabei an die Wärme zu denken? Könnt ihr einen beleuchteten Gegenstand betrachten, ohne dabei an das Licht zu denken? Unsere Irrtümer sind auf Schatten zurückzuführen, die auf uns geworfen wurden. Deshalb sollten wir mehr Licht und Wärme auf uns einwirken lassen, um den Fortschritt sichtbar zu machen.

 

Um euch diesen großen Gedanken klar zu machen, werde ich mich einer okkulten Geschichte bedienen. Wenn ich philosophisch zu euch sprechen würde, wäre der Gegenstand für euch uninteressant. Ich möchte eurem Verstand die Wahrheit verständlich machen und deshalb bediene ich mich der Sprache, über die wir verfügen.

 

Im Altertum, in jenem Königreich, von dem ich euch schon erzählt habe, hatte der König zwei Töchter. Die eine von ihnen war sehr schön. Sie ging eines Tages zu dem großen Lehrer der Weisheit und sagte zu ihm: "Meister, ich möchte eine solche Schönheit, dass jeder, der an mir vorbeigeht, entzückt ist. Ich möchte so sanft werden, dass sich niemand, der mich sieht, von mir trennen will. Gleichzeitig möchte ich, dass meiner Schwester diese Eigenschaften versagt werden, dass niemand sie liebt und dass sie ständig zu Hause sitzt, um mir nicht im Wege zu sein." Der Weise antwortete ihr: "Dein Wunsch soll geschehen." Diese Königstochter bestieg ein Pferd, sah sich stolz um und sagte: "Ich bin die Königstochter!" Alle, denen sie auf ihrem Weg begegnete – Menschen, Pferden, Ochsen, Fliegen – versammelten sich um sie. Als sich viele Pferde versammelt hatten, begannen sie auszuschlagen und miteinander zu streiten, denn jedes wollte ihr näher sein, und dabei wurde viel Staub aufgewirbelt. Die Ochsen begannen, sich mit den Hörnern zu stoßen und zu kämpfen, denn jeder von ihnen wollte ihr näher sein. Die Bienen begannen sich zu stechen, die Wespen – ebenfalls. Schrecklicher Lärm und Kampf setzten ein und die Tiere fielen eins ums andere tot zu Boden. Während die Königstochter all das sah, verstand sie, wie falsch sie das Leben im Universum begriffen hatte. Sie raufte sich die Haare, ging zu ihrer Schwester und sagte: "Schwester, hilf mir, denn ich habe großes Unrecht begangen!"

 

Ich frage euch: Wenn so eine Königstochter unter euch erscheint und so viele Kämpfe und Fußtritte unter euch hervorruft, und wenn sich alle Leute in die Haare geraten und sich zu schlagen beginnen, hat euch diese Königstochter dann den Sinn des Lebens gegeben? Nein. Wenn ihr in Zwiespalt geraten seid und keinen Sinn im Leben finden könnt, müsst ihr den Grund darin suchen, dass ihr eurer Seele Unrecht getan habt. Die schöne Königstochter ist unser Körper, für den wir alles im Leben opfern. Philosophen, Schriftsteller, Politiker, Prediger – alle leben nur für ihren Körper, denn für uns ist die wichtigste Sache im Leben, unserem Körper gefällig zu sein. Wir denken nur daran, was wir essen oder trinken werden, wie das Essen gekocht wird und woraus – ob aus Fleisch oder pflanzlicher Nahrung, ob gebacken oder gekocht usw. Im diesem Namen versammeln wir uns beim Gastmahl und sagen: Das ist die Philosophie des Lebens! Ich antworte: Das ist die Philosophie des Magens. Ihr meint: Bringen wir das gesellschaftliche Leben in Ordnung. Ja, den gesellschaftlichen Magen in Ordnung zu bringen – daran denkt ihr. Verdirbt euer Magen, so verdirbt auch das gesellschaftliche und politische Leben. Fragt einen Arzt – wenn man sich den Magen verdorben hat, ob man dann imstande ist zu philosophieren und Biertischpolitik zu betreiben?

 

Vor Jahren, als ich aus dem Dorf Knjashewo zurückkehrte, sah ich in der Straßenbahn einen Bankier und hörte, wie er sich bei seinem Freund beklagte, dass man ihm seit einiger Zeit nichts zu essen erlaube außer ein bisschen Milch. Der Freund fragt ihn: "Warum denn? Du bist doch Herr über dich selbst!" "Ja, aber ich habe mir den Magen verdorben." "Wenn dem so ist, dann musst du auch die Folgen tragen." Wenn der Mensch bemerkt, dass sein Magen krank ist, weicht er vor jeder anderen Philosophie zurück. Der Magen ist es, der vielen die Richtung ihrer Gefühle und Handlungen weist.

 

Die kosmische Liebe ist ein großes Gesetz. Sie verteilt die Wirkung aller Kräfte in unserem Bewusstsein so harmonisch, dass sie jedem der von ihr geschaffenen Dinge auch die entsprechende Nahrung gibt, die es benötigt: dem Verstand – die entsprechenden Gedanken, dem Herzen – die entsprechenden Wünsche, dem Willen – die entsprechenden Handlungen. Nur die Mutter kann Liebe vermitteln. Während sie den Körper ihres Kindes aufbaut, gibt sie ihm Liebe durch ihre eigene Liebe der Selbstaufopferung. Und nur derjenige, der sich aufopfert, lebt, denn er verspürt eine Freude, die ihn lebendig macht. Viele ehemalige reiche Bulgaren leben nicht mehr, aber Botev[2], Rakowski[3] und andere, die sich aufgeopfert haben, leben weiter, denn sie haben das Gesetz der Liebe erlernt. Manche würden einwenden: Ja, aber Botev war nicht gläubig. Dass er nicht so geglaubt hat wie wir, ist unwichtig. Wichtig ist, dass er das Gesetz der Selbstaufopferung für seine Nächsten verstanden und angewendet hat. Das ist das Wichtige und Notwendige für unser weiteres Wachsen. Wenn man mir über jemanden sagt, dass er nicht glaubt, dass er exzentrische Ansichten hat, frage ich: Geben diese Ansichten dem Menschen und auch der Gesellschaft die Möglichkeit, sich höher zu entwickeln? Ist es so, dann spielt es keine Rolle, dass er in den Augen der Leute als ungläubig gilt. Wenn ich eine brennende Kerze trage und ein anderer eine Kerze ohne Licht, dann frage ich euch: Wer von uns beiden ist rechtgläubig? Rechtgläubig sind diejenigen, die brennende Kerzen tragen. Wenn ihr jemanden seht, der eine nicht angezündete Kerze trägt, sagt ihm, er solle seine Kerze anzünden und dann werde er rechtgläubig. Ich sage allen – den Pfarrern, Predigern, Bürgern, Sozialisten und Kommunisten – sie sollen ihre Kerzen anzünden, um rechtgläubig zu werden. Zündet alle, vom Größten bis zum Kleinsten, eure Kerzen an! Keiner darf eine nicht brennende Kerze tragen, denn die Welt braucht Licht! Sobald das Licht aufleuchtet, kommt auch die Wärme ins Herz. Und damit verschwinden dann auch der ganze jetzt existierende Hass und unser Streben klein oder groß zu werden.

 

Im kosmischen Bewusstsein löst man die Frage nicht vom Standpunkt eines Volkes, sondern vom Standpunkt jenes großen Gesetzes aus, das uns Antrieb und unserem Leben einen Sinn gibt. Jeder Vater und jeder Lehrer, der Kinder ausbildet, muss die neuen Methoden der Erziehung und Ausbildung erfolgreich anwenden, um seinen Zöglingen helfen zu können. Väter und Mütter, die ihre Kinder zur Schule schicken, tun das nicht nur, damit sie Kenntnisse erwerben, sondern auch, damit sie diese Kenntnisse praktisch anwenden können. Zuerst einmal müssen die Lehrer den Kindern beibringen, wie und was sie essen sollen, welche Eigenschaften die Nahrung hat, welche Nahrungsmittel für die Gesundheit am nützlichsten sind. Danach müssen sie ihnen beibringen, wie sie atmen sollen, um reine Luft aufzunehmen. Unter "Luft" verstehe ich alle Gedanken, ganz egal welche, Hauptsache sie stimulieren die menschliche Seele und geben ihr edle Anregungen. Denkt nicht, dass ich euch rechtgläubig machen möchte. Ihr seid frei, so zu denken und zu handeln, wie ihr wollt. Ich möchte euch nur neue Methoden im Leben geben, damit ihr nicht irgendwann in Zwiespalt geratet.

 

Heute befindet sich die Gesellschaft in der Lage einer Raupe, die Blätter frisst. Nun aber ist die Zeit gekommen, dass sich diese Raupe in einen Schmetterling verwandelt. Was wird sie dann fressen? Sie wird keine Blätter mehr fressen, sondern sie wird sich die Kunst aneignen, Flügel zu entwickeln, um aufzufliegen und Blütennektar zu trinken. Nach dem Gesetz der Evolution geht die heutige Gesellschaft von einem Zustand in einen anderen über. Denkt nicht, dass ihr wie bisher weiterleben werdet. Nein, der Herr hat euch die Blätter schon genommen – so steht es im Gesetz Gottes geschrieben. Gott erlaubt euch nicht mehr, euch mit Blättern zu ernähren, wenn für euch die Zeit der Schmetterlinge angebrochen ist, wenn ihr bereits euren Rüssel benutzen müsst, um Nektar zu trinken. Anders gesagt, die Menschen müssen lieben lernen.

Diese Lehre ist Träger der neuen Kultur, die auch eine neue Rasse schaffen wird, von der die heutige Menschheit nicht einmal eine Ahnung hat. Die kommenden Menschen werden in jeder Beziehung großartig sein: in ihren Tugenden, in ihrer Gerechtigkeit, Liebe, Weisheit und Wahrheit. Ihr werdet ihnen die Häuser öffnen und ohne Angst vor ihnen stehen. Es wird nicht nötig sein, dass euch Polizisten und Streitkräfte beschützen, denn sie werden euch ihre Ansichten nicht mit Gewalt aufzwängen. Deshalb wird es die jetzigen Gegensätze nicht mehr geben. Eine neue Kultur wird dann existieren. Einige von euch werden würdig sein dieser Kultur beizutreten, andere werden in der Lage von Raupen bleiben, wenn sie immer noch dem jetzigen Verstand folgen. Damit mache ich euch keine Vorwürfe, sondern sage euch nur, dass dies ein großes Gesetz ist. Und dieses Gesetz wendet die Natur gnadenlos an, weil sie in ihren Handlungen völlig gerecht ist. Wenn sie den Menschen in eine bestimmte Entwicklungsphase versetzt, verlangt sie Ergebnisse und nicht sie wird sich nach ihm richten, sondern er nach ihr.

 

Wenn ich so zu euch spreche, denkt nicht, dass ich den Wunsch habe euch zu Adepten dieser Lehre zu machen. Ich sage euch nur, dass euch eine große Katastrophe erwartet. Wenn ihr euch etwas vormacht und noch zehn Jahre in der Lage von Raupen verharrt, wird es keine Blätter mehr für euch geben. Ich rate euch, euch zehn Tage früher in Schmetterlinge zu verwandeln und schon mit der anderen Ernährungsweise zu beginnen. Wenn ihr eine Krankheit verschleppt und sie das Blut in eurem ganzen Körper vergiftet, was sagt dann der Arzt? "Es ist zu spät, ihr hättet mich früher rufen sollen." Viele Politiker beschäftigen jetzt das bulgarische Volk mit Dingen, die es im gegebenen Moment nicht braucht. Begreift: Jedes Volk hat eine vorbestimmte Mission und wenn es sie nicht richtig erfüllt, dann ist es verloren – nichts kann es retten. Auch jedes Individuum hat seine vorbestimmte Mission. Ihr werdet einwenden: Wenn wir uns Mazedonien, Thrakien, Dobrudsha zurückholen, brauchen wir nichts anderes. Nein, wir brauchen Menschen, Menschen, die dieses Land richtig verwalten! Wenn ich so zu euch spreche, meine ich damit nicht, dass ihr euch alle Hals über Kopf einer Partei anschließen sollt. Ich betrachte das Leben aus einem sehr weiten Blickwinkel. Für mich sind das menschliche und das gesellschaftliche Leben ein großer Baum. Und hat dieser Baum nur ein einziges Blatt, eine einzige Blüte, eine einzige Frucht? Nein, Tausende Zweige hat er, große und kleine, Tausende Blätter, große und kleine, Tausende Blüten, große und kleine, und auch Tausende Früchte. Wenn ich Zeit hätte, würde ich ausführlich darüber sprechen, wie es um jede Partei bestellt ist. Jede Partei entspricht mit ihren Auffassungen und Wünschen einem Zweig, einem Blatt und einer Frucht von einem großen Baum. Wie lange kann ein Blatt dieses Baumes ohne Zweig leben? Der Herbst kommt, es welkt oder der Wind kommt und weht es fort. Die abgefallenen Blätter leben zwar weiter, doch ihr Leben hängt dann von der Windstärke ab – wenn er weht, dann rühren sie sich.

 

Ich frage euch jetzt: Wie wollt ihr leben – oben auf dem Baum oder unten auf dem Erdboden? Man sagt über jemanden: Dieser Mensch lebt! Ja, er lebt, aber unten auf dem Boden und nach dem Willen des Windes. Ein Mensch, der Leben in sich hat, ist immer lebensfreudig. Wenn jemand sagt, es ginge ihm nicht gut, bedeutet das, dass er vom Baum heruntergefallen ist. Er ist heruntergefallen um sich zu erneuern, damit seine Säfte von den Baumwurzeln aufgesogen werden und er als ein neues, junges Blatt wiedergeboren wird. Das ist die Wiedergeburt, die viele verunsichert und die viele bestreiten. Christus sagte: "Wenn jemand nicht von neuem geboren wird, kann er das Reich Gottes nicht sehen."[4] Das bedeutet: Wenn ihr nicht neu geboren werdet, könnt ihr nicht in die neue Kultur eintreten und keine Mitglieder dieser großartigen Rasse werden, die allen Entwicklungs- und Lebensbedingungen bringt. In dieser Kultur liegt das Reich Gottes. In diesem Reich gibt es keine Verstorbenen, Totenmessen, Gräber und Grabmale, sondern alle Leute werden froh sein. Alle wie Paisij[5], Botev und andere bedeutende Menschen werden in dieser Kultur erscheinen und neue Auffassungen mitbringen. Sie werden Träger einer neuen Lehre sein.

 

Man sagt: Botev gibt es nicht mehr, aber sein Geist ist da. Wo ist sein Geist? Was soll man unter Geist verstehen? Wir kennen das Grundgesetz von Lavoisier, nach dem nichts in der Natur verloren geht. Deswegen lebt jedes Ding, das sich offenbart hat. Manche Dinge können sich für den einen Menschen offenbaren und für den anderen nicht. Bedeutet denn, dass etwas, was ich nicht sehe, nicht existiert? Eine ganze Reihe von Theologen und Philosophen behandeln die Frage, ob Gott existiert oder nicht – das ist eine abstrakte Frage. Für mich gibt es einen Herrn. Er ist die Liebe, die ich überall sehe und die ich sehr gut verstehe. Nicht nur ich, sondern jeder, der dem Herrn dient, sieht ihn jeden Tag und unterhält sich mit ihm. Dieser Herr lebt in euch. Es gibt keinen Menschen, in dem der Herr nicht lebt. Ihr solltet nichts Schlechtes über mich sagen, wie auch ich über euch, weil in mir wie in euch der Herr lebt, gegen den man nichts Schlechtes sagen darf. Die Tatsache, dass ihr gekommen seid, um mir zuzuhören, zeigt, dass der Herr mit euch gekommen ist.

 

Wovon ich euch hier erzähle, ist nichts Neues – ihr tragt es seit Jahrhunderten in euch. Manche sagen: Herr Danov predigt eine neue Lehre. Sie ist neu nur für die Zeit, in der sie sich offenbart. Ich fahre z.B. mit dem Zug von Sofia nach Tarnovo und die Gegenstände fliegen schnell an meinem Auge vorüber. Die einen werden zur Vergangenheit, die anderen – Gegenwart, und die dritten – Zukunft. Existieren diese Gegenstände denn nicht gleichzeitig? Vergangenheit, Zukunft und Gegenwart existieren also gleichzeitig und sind eine Gegebenheit in der Welt. Jene, die gestorben sind, jene, die jetzt leben, und diejenigen, die in der Zukunft kommen, sind auch eine Gegebenheit. Ich lasse diese Frage, denn ihr werdet 350 000 Jahre brauchen, um sie zu lösen, und ich bin überzeugt, dass ihr sie lösen werdet. Nach genauso vielen Jahren komme ich wieder und werde sehen, wie ihr sie gelöst habt. Jetzt lösen wir sie nicht, denn sie ist, wie es scheint, nicht aktuell und braucht viele Tausende Jahre, um gelöst zu werden.

 

Aktuelle Fragen sind, dass es den Menschen heute an Brot, Holz, Salz, Zucker, hygienischen Wohnungen usw. fehlt. Was muss getan werden, damit die Gesellschaft zufrieden gestellt wird und manche Menschen zur Besinnung gebracht werden? Einige versuchen Ratschläge zu geben und sagen, die Schuldigen sollen aufgehängt werden; die Frauen, die Zwietracht und allerlei Unheil schaffen, sollen geschlagen werden; wir sollten den Feinden den Krieg erklären, um uns an ihnen zu rächen. Wurden etwa die Frauen bisher nicht geschlagen? Hat es denn bisher keine Massaker, keine Galgen und Kriege gegeben? – "Wechseln wir die Richter!" – Werden die neuen Richter wirklich besser sein? Hier hinkt etwas anderes. Wenn ich mich betrinke und mir die Dinge seltsam erscheinen, ist das so, weil meine persönliche Welt, die Welt eines Betrunkenen, so aussieht. Das heißt aber nicht, dass alles in der Welt in meine Fußstapfen tritt. Wir ähneln jenem Bulgaren, Iwan, der einen Besuch machte und dem man etwas zu trinken anbot. Er trank, soviel er konnte, aber da begann man ihn zu überreden, auch auf das Wohl der Mutter, dem großen Sohn, der großen Tochter zu trinken. Iwan trank auf das Wohl von allen und betrank sich so sehr, dass er es kaum zum Brunnen schaffte, um sein Pferd zu tränken. Als das Pferd aufhörte zu trinken, bestand Iwan darauf, dass es auf sein Wohl trinke. Das Pferd aber trat zur Seite. Da sagte Iwan zu ihm: "Du verstehst das Leben besser als ich – du trinkst nicht weiter, ganz gleich auf wessen Wohl!" Auch wir handeln wie Iwan: Wir versammeln uns irgendwo und los geht es – zum Wohle der einen Partei, der einen Frauenbewegung, zum Wohle der Frau usw. Wir geben ständig nach, bis wir dem betrunkenen Iwan ähneln. Und dann sagen wir, wir hätten nichts verstanden.

 

Der heutige Mensch muss seine Pflichten gegenüber der Gesellschaft verstehen und ihr entsprechend dienen. Fragt man jemanden: Bist du Bulgare? Dann antwortet er: "Ja, weil ich dieselbe Sprache spreche wie alle Bulgaren und mich zu demselben Glauben bekenne." Nicht daran erkennt man einen Bulgaren. Meiner Meinung nach muss er ehrlich und gerecht, klug und gut sein. Wenn er diese vier Eigenschaften hat, so ist er ein Bulgare. Hat er sie nicht, ist er kein Bulgare. Jemand sagt: Dieser Mensch ist Priester. Ich frage: Ist er ehrlich, ist er gerecht, klug und gut? Wenn er diese Eigenschaften hat, ist er ein Priester. Jemand kann Rechtsanwalt, Mutter, Vater, Lehrer oder sonst was sein. Was auch immer er sein mag, er muss diese vier Eigenschaften besitzen, weil sie eine unbedingte Notwendigkeit im gesellschaftlichen Leben sind. Ich wünschte, dass alle Bulgaren so sind und wenn sie es sind, werde ich ihnen gratulieren. Mögen alle von außen und von innen hell gekleidet sein – von reinem Körper und reiner Seele, so wie die Natur die Blumen mit Farben und Reinheit schmückt. Ich sagte: Wir müssen ehrlich und gerecht, klug und gut im vollen Sinne des Wortes sein, nämlich – in der Seele, im Verstand, im Geist und in der Kraft. Wir müssen auch ein starkes Bestreben nach gegenseitiger Hilfe besitzen.

 

Die kosmische Liebe könnt ihr immer in euch tragen. Ihr seid unglücklich, euer Kind ist gestorben oder ihr habt Besitz verloren. Warum seid ihr unglücklich? Weil die kosmische Liebe nicht in euch wirkt. Jemand hat den Verstand verloren, ein anderer – seinen Mut. Warum? Weil sie die kosmische Liebe verloren haben. Wenn diese Liebe zu uns kommt, werden wir so stark, um alles zu schaffen. Ein Mensch, bei dem sie wirkt, verliert nicht den Mut, sondern sagt, dass das Unglück, dass alle Misserfolge nur Schatten im Leben sind. Habt keine Angst vor diesen Schatten. Unglücke im Leben vergleiche ich folgendermaßen: Stellt euch einen großen Baum mit Tausenden von Blättern vor, die still und friedlich leben. Es kommt aber ein Sturm auf und sie beginnen zu drängeln und zu streiten: "Warum bist du so grob, dass du drängelst?" Schließlich ist der Sturm vorbei und sie leben wieder still und friedlich miteinander. Hier liegt der Grund für ihren Streit außerhalb. Wenn dieser Baum das große Gesetz der kosmischen Liebe verstünde, um den Streit zu vermeiden, würde er sich allmählich in ein Tier verwandeln. Und wenn das Tier die kosmische Liebe verstünde, würde es sich in einen Menschen verwandeln, und der Mensch seinerseits – in einen Engel. Wenn sich der Mensch in diese höhere Form kleidet, wird er über die Naturkräfte herrschen und alles Unglück leicht bewältigen. Ihr solltet dieses Gesetz von euren kleinen Kindern lernen. Was tun sie, wenn sie etwas von ihrer Mutter wollen? Sie umarmen ihre Mutter, fangen an sie zu liebkosen, zu küssen und zärtlich "Mutti!" zu sagen. Was bedeutet dieses Umarmen? Mit der linken Hand reicht das Kind seine Liebe dar und mit der rechten – seinen Verstand. Auf diese Weise flößt es seiner Mutter seine Kraft ein und sie ist bereit, alles für ihr Kind zu tun. Deswegen sind Kinder liebevoll. Aber wir Erwachsenen, wir fragen uns: Soll ich einen Kuss geben? Werde ich mich vielleicht anstecken? Die Kinder philosophieren nicht. Wenn sie jemanden küssen müssen, küssen sie ihn und das war es. Wenn mein Kuss in der Lage ist jemanden zu heilen, werde ich ihn küssen. Wenn der Kuss das nicht kann, werde ich ihn nicht küssen. Jeder Kuss muss ein gewisses Wohl mit sich bringen.

 

Wenn jemand einen anderen besuchen geht, darf er nicht mit leeren Händen kommen, sondern muss ein Geschenk mitbringen. Wenn ihr eine arme Frau besuchen wollt, füllt nicht eure Brieftasche mit Geldscheinen, sondern füllt euren Beutel mit Brot und Früchten. So sollten auch die Wohltätigkeitsvereine handeln. Jetzt aber lassen sich einige von hier und da Geld geben und erweisen damit Wohltaten. Nein, mein Freund, mit fremdem Kalb ist nicht wohlfeil pflügen, mit Fremdem lebt man nicht in der neuen Kultur. Wohltätigkeitsvereine gehen zu den Armen und verteilen Geld und dann wollen sie auch noch, dass man sie für diese Arbeit bezahlt. Nein, Wohltätigkeit darf nicht bezahlt werden. Wenn ich diene, muss ich mit Liebe dienen. Wenn ihr mein Haus betretet, werde ich euch gut empfangen, euch bewirten, euch die Hände und die Füße waschen, euch alle Mittel geben, euch alle Dienste erweisen – wie einem Freund. Das erfordert die neue Kultur. Jetzt aber, wenn jemand unterwegs zu Besuch vorbei kommt, bleibt er dort einen Tag und muss sich dann ein Zimmer im Hotel nehmen. "Han eri, baba eri"[6], sagen die Türken. Die Hotelwirte sind gute Menschen, sie stehen höher als die einfachen Menschen. Zunächst verhalten sie sich gut, aber wenn du gehen willst, schnappen sie dich gleich und sagen: "Du musst bezahlen!"

 

Wisst ihr, in welcher Lage wir uns heutigen Menschen befinden? Das verdeutliche ich euch wieder an einem Beispiel. Ein Derwisch ging in ein Bad, badete gut und als er das Bad verließ, sah er nach und stellte fest, dass er keine einzige Münze in der Tasche hatte, um zu bezahlen. Daraufhin wandte er sich an den Bademeister, sagte "Danke!" und ging los. "Warte mal, und das Geld?" fragte ihn der Bademeister. "Ich habe keins." "Warum bist du dann gekommen?" Der Derwisch wusste nicht aus noch ein, wandte sich in Gedanken an Gott und bat: "Gott! Gib mir entweder Geld oder zerstöre dieses Bad!" In diesem Augenblick krachte es, das Bad brach zusammen und der Bademeister lief schnell herbei, um zu sehen, was los war. So ging der Derwisch seines Weges. Unterwegs sah er einen Hodscha beten und sagte zu ihm: "Ich weiß, wofür du betest – für Geld."

 

Die heutige Menschheit leidet immer unter dem Verlangen nach viel Geld. Auch in Bulgarien wurde jetzt viel Geld gedruckt, aber nützt es was? Es muss einen Nutzen geben.

 

Das, was die Natur gibt, ist von Nutzen. Wenn es Weizen, Obst und Kartoffeln gibt, gibt es auch Kultur. Ohne diese Dinge gibt es keine Kultur. Die Kultur wird von der kosmischen Liebe bedingt, die uns von oben geschickt wird. Denkt nicht, dass die Sonne und die anderen Planeten nicht an unserem Leben teilhaben. Die Sonne interessiert sich am meisten für uns und schickt jedes Jahr Bulgarien einen Kredit von Milliarden. Wenn ihr die Sonne besucht, werdet ihr sehen, dass die dortigen Bewohner viele Milliarden von Energie für die Kultur Bulgariens, für die Liebe, für die Glaubensbekenntnisse und für das Erheben auf dem Weg der Wahrheit haben. Heutzutage aber richten wir das Teleskop dorthin und sagen, die Sonne sei Feuer. Ich bestreite das, denn Feuer ist eine schwache Energie. Auf der Sonne gibt es Energie, aber es ist kein Feuer. Es ist etwas Stärkeres, was man mit Worten nicht ausdrücken kann. Die Sonne ist kein heißer Körper, sondern ein Körper mit riesiger Energie. Ich will mich nicht über das Wesen dieser Energie auslassen und erklären, wie sie sich entwickelt hat usw. Würdet ihr mir denn glauben, wenn ich euch etwas über die Sonne sage, die in so großer Entfernung von uns ist? Ihr glaubt noch nicht einmal, dass ich aufrichtig bin und fragt euch, ob ich keine Hintergedanken hätte, und da sollt ihr an etwas über die Sonne glauben? Dass uns die Sonne geneigt ist, sieht man an der Energie, die sie zur Erde schickt, an den Wohltaten, die sie uns jeden Tag erweist, denn ohne diese Energie ist das Leben undenkbar. Die Sonnenenergie ist lebendig, bewusst. Wenn wir so über sie zu denken beginnen, werden wir imstande sein diese Energie in uns aufzunehmen und sie wird einen bewussten und richtigen Wachstumsprozess in uns bewirken.

 

Also, die kosmische Liebe sagt: "Arbeite für dein Herz und säe gute Wünsche darin, denn jeder gute Wunsch gibt eine schöne Frucht. Säe gute Gedanken in deinen Verstand, denn jeder gute Gedanke ist ein Obstbaum. Säe gute Handlungen mit deinem Willen, denn jede gute Handlung ist ein Obstbaum." Außerdem sagt die kosmische Liebe: "Zweifle nicht an dir selbst, denn jeder Zweifel ist ein Geschwür." Und damit schließt sie ab: "Sei mutig und entschlossen im Leben und in den Kämpfen, die du führen musst. Halte den Kampf nicht für ein Unglück, sondern für einen Arbeitsprozess, damit du den inneren Sinn des Lebens verstehst und jene Gesetze findest, nach denen der Körper aufgebaut ist, Gesetze, denen sich der Magen, die Lunge, das Gehirn usw. unterwerfen, damit du sie richtig organisieren kannst.

 

Damit sich die Liebe in uns äußern kann, müssen wir dafür entsprechende Bedingungen haben. Diese Bedingungen haben wir im Leben, sie sind uns gegeben. Wenn wir sie nicht nutzen, werden wir uns nicht von schlechten Folgen befreien können. Die Leiden zeigen, dass wir die Energie unseres Lebens verloren haben. Wir werden so lange leiden, bis das verlorene Gleichgewicht wiederhergestellt ist.

 

Ich werde euch ein Beispiel anführen, das verdeutlicht, dass unser Glaube oder Unglaube zwei entgegen gesetzte Ergebnisse bewirken kann. In Rom lebte ein großer Maler, in dessen Verstand der Gedanke entstand die ideale Christengestalt zu malen. Er ging durch die Stadt um nach einem Subjekt zu suchen, das diese Idee ausdrückt. Er fand einen jungen Mann, 22-23 Jahre alt, und begann ihn zu malen. Es wurde eine ziemlich gelungene Gestalt. Nach 3-4 Jahren kam dem Maler der Gedanke, auch Judas Iskariot zu malen. Er ging wieder durch die Stadt und suchte nach der passenden Gestalt. Endlich fand er jemanden und schlug ihm vor, ihn als Judas zu malen. Der junge Mann wandte sich verwundert an den Maler und sagte zu ihm: "Herr, das ist aber seltsam! Vor vier Jahren haben Sie mich gerufen, um Christus nach mir zu malen, und nun möchten Sie, dass ich euch als Modell für Judas diene." Dieser junge Mann hatte in den letzten 3-4 Jahren ein sehr lasterhaftes Leben geführt und seine Gestalt so sehr entstellt, dass ihn der Maler nicht erkennen konnte. Ja, der Mensch kann sich und seinem Volk gegenüber gleichzeitig Christus und Judas sein. Wir bauen unseren Charakter auf, müssen Herr über uns sein und dürfen keine Rettung von außen erwarten. Unsere Rettung liegt in uns selbst und sie ist nichts anderes als die Überwindung aller schlechten Dinge, die uns entmutigen und uns an unserer Erhebung hindern.

Die Mütter sind es, die Mitglieder für verschiedenen Stände und Schichten anwerben. Ich sagte schon früher: Solange die Mutter noch schwanger ist, solange das Kind noch in ihrem Leib ist, kann sie entstehen lassen, was sie möchte. Von ihr hängt ab, ob sie gute oder schlechte Mitglieder der Gesellschaft schafft. Wenn die Mutter empfangen hat, aber nicht mit der kosmischen Liebe aufbaut, kann sie das, was sie möchte, nicht erschaffen. Wenn sie während der Schwangerschaft Bälle, Konzerte besucht und ihre Zeit in leichtsinnigen Vergnügungen verbringt, wird sie der Grund für das Entstehen von Typen wie Judas sein und sich dann selbst wundern, was der Grund für ihr verdorbenes Kind ist. Die Mutter ist der Grund. Sie hat nicht die Bedingungen für das Entstehen von etwas Gutem geschaffen. Wenn die Kinder begabt und edel sind, dann deshalb, weil die Mutter das kosmische Gesetz gut verstanden hat und ihrem Kind mit der Zeit Gelegenheit gab, es zu nutzen. Der Charakter und die Kraft werden vom Vater gegeben, der Verstand aber – von der Mutter. Die Ehrlichkeit wird vom Vater gegeben und die Gerechtigkeit – von der Mutter. Nur der Vater kann seinen Sohn oder seine Tochter ehrlich machen. Nur die Mutter kann ihren Sohn oder ihre Tochter gerecht machen. Manchmal trifft man Kinder, die ehrlich und klug sind, doch nicht gerecht und gut. In solchen Fällen sage ich, dass einer von beiden Eltern einen Fehler gemacht hat. Wenn alle vier Eigenschaften in einem Kind vorhanden sind, zeigt das, dass Mutter und Vater entsprechend der kosmischen Liebe gewirkt haben und diese Eigenschaften in ihrem Kind angelegt haben.

 

Die kosmische Liebe ist eine ausgezeichnete Arbeiterin und was man ihr gibt, das verarbeitet sie, diese Wolle spinnt sie und sagt: "Das habt ihr mir gegeben, das habe ich verarbeitet." Um meinen Gedanken zu erklären, führe ich folgende Erzählung zum Vergleich an: Ein junger Mann namens Stojan war Diener bei einem reichen Händler. Der Diener arbeitete ehrlich, aber alles, was er verdiente – 60 Lewa monatlich – verschenkte er den Armen. Der Herr, als er sah, was sein Diener machte, sagte ihm ständig, dass er etwas zurücklegen solle, weil seine alten Tage kommen würden und es keinen geben werde, der dann für ihn sorgt. Stojan erwiderte nicht auf diese Bemerkungen oder sagte: "Der Herrgott ist gut." Eines Tages schlief sein Herr tief ein und hatte einen sehr lebendigen Traum: Er ging in einer schönen Gegend spazieren und bemerkte inmitten der prächtigen Natur eine herrliche Villa. Er fragte einen der dort Anwesenden, wessen Villa das sei. "Die deines Dieners", antwortete man ihm. "Aber er ist doch arm! Woher hat er so viel Geld, um sich so eine schöne Villa zu kaufen?" "Er ist wirklich arm, aber alles, was er auf Erden verdient, schickt er hierher und damit hat er diese schöne Villa erbaut." Der Herr ging weiter spazieren und gelangte in eine trockene Wüstengegend. Er sah eine kleine, armselige Hütte und fragte wieder: "Wessen Hütte ist das?" "Das ist deine, denn du hast den Bedürftigen nicht geholfen", antwortete man ihm.

 

Diese Erzählung ist insofern richtig, als die Mutter alles, was und wie viel sie ihren Kindern in dieser Welt mitgab, auch wiederbekommen wird. In der vernünftigen Welt wird sie sich also entweder eine schöne Villa oder eine kleine Hütte bauen. Wenn sie in ihrer Liebe zu dem Kind freigebig ist, wird sie einen Palast haben. Unter "Palast" verstehe ich den menschlichen Charakter. Wenn wir dieses neue Gesetz ins heutige Leben einbringen, wird viel Unglück verschwinden.

 

Ich beende meinen Vortrag mit einem weiteren Beispiel, um zu betonen, was wir brauchen. Während der türkischen Fremdherrschaft ging ein junger Bulgare bei einem Töpfermeister in die Lehre. Viele Jahre lernte er das Töpferhandwerk. Als er schließlich dachte, er könne selbständig arbeiten, sagte er zu seinem Herrn, dass er sich von ihm trennen möchte. Der Herr erklärte sich einverstanden und er wurde selbstständig. Der Bulgare fing mit der Arbeit an, machte Töpfe, trocknete sie in der Sonne und stellte sie schließlich in den Ofen, aber immer, wenn er sie aus dem Ofen nahm, zersprangen sie. So arbeitete er eine Zeit lang und verzweifelte, weil alle seine Töpfe einen Sprung bekamen. Er ging wieder zu seinem Meister und beklagte sich: "Ich weiß nicht, was los ist! Meine Töpfe bekommen einen Sprung, nachdem ich sie aus dem Ofen hole." Der Meister sagte: "Ich werde dir das Geheimnis verraten, aber du musst noch drei Jahre bei mir arbeiten." Der junge Mann erklärte sich einverstanden, aber er beobachtete, was sein Herr machte, und bemerkte, dass der jedes Mal, wenn er einen Topf aus dem Ofen herausnahm, in ihn hinein blies: "Hu!" Da sagte sich der Diener: "Nun, wegen eines "hu!" musste ich noch ganze drei Jahre arbeiten!"

 

Ihr alle wurdet in den Ofen gestellt und wenn euch ein Meister herausnimmt, wird euch kein Schaden geschehen. Aber wenn das ein Anfänger tut, wird euer Topf einen Sprung bekommen. Der Topf, das seid ihr. Der Ofen stellt die Schwierigkeiten in der Welt dar. Der Meister, das ist euer Geist. Stojan oder Iwan, das ist eure Seele, die lernt etwas herzustellen. Also, wenn ihr eurer Seele nicht beibringt, wie sie blasen und die Faust ballen soll, wird nichts zustande kommen. Die Faust zu ballen bedeutet, dem Willen eine Möglichkeit zu geben, nach allen Regeln des Gesetzes zu handeln. Möge sich jeder von euch vor den Ofen stellen und dem Meister sagen: "Ich bitte dich, blase!" Das Blasen ist Liebe. Wenn kosmische Liebe in euch eingehaucht wird, wird euer Geist euren Körper umgestalten. Dann werdet ihr würdige Mitglieder der neuen Kultur, der neuen Rasse sein.

 

Ich möchte euch alle als Mitglieder dieser neuen Kultur begrüßen. Dient ihr mit Freude, seid Träger und Arbeiter der kosmischen Liebe! Nur so kann ein Volk seine Mission zu einem guten Ende bringen, nur so kann sich Bulgarien als Volk und Staat aufrichten. Seid sicher, dass alles eine Lösung zu euren Gunsten finden wird, wenn ihr die kosmische Liebe annehmt. Bulgarien wird nichts Schlimmes passieren, die Veränderungen werden sich ohne Katastrophen und Kataklysmen vollziehen. Das Neue wird kommen, es wird ein Umgießen von Energie aus dem unreinen Topf in einen anderen, reinen geben und wir, die Menschen der neuen Kultur, werden anfangen ohne Hass, ohne Bosheit zu leben. Mögen die Liebe und die Liebe die beiden Leitsterne sein, die unser Leben auf Erden lenken.

 

Eine Feiertagsrede des Meisters, gehalten am 24.08.1919 anlässlich des Treffens der Schüler der Weißen Bruderschaft in Tarnovo

 

Aus dem Bulgarischen übersetzt von Tonka Petrova und Nonna Petrova

 

Lektorate: Margot Minkova und Angelika Todorov

 

Alle Mitglieder unseres Übersetzerteams arbeiten auf freiwilliger Basis und unentgeltlich. Wir wären für jegliche Unterstützung dankbar, besonders beim Redigieren, Veröffentlichen, bei der Herausgabe und dem Vertrieb dieser Übersetzungen.

[1]Liebe, Liebe – im Bulgarischen gibt es zwei Wörter für Liebe. Um sie hier zu unterscheiden, wird eines von ihnen im kursiv geschrieben.

[2]Botev – ein großer bulgarischer Dichter und Revolutionär, der sein Leben 1876 für die Freiheit Bulgariens geopfert hat

[3]Rakowski – bulgarischer Revolutionär und Schriftsteller, Gründer der nationalen revolutionären Bewegung gegen die türkische Fremdherrschaft

[4]Joh 3,3 – Einheitsübersetzung, Katholische Bibelanstalt GmbH, 1890, Stuttgart

[5]Paisij – erster Ideologe der bulgarischen Wiedergeburt, der im 18.Jhd., während der türkischen Fremdherrschaft die "Slawisch-Bulgarische Geschichte" schrieb

[6]So viel wie: Das Wirtshaus – des Vaters Haus

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