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Die Freiheit

 

Das, was der menschlichen Seele Freiheit bringt, ist die Wahrheit.

 

Streben und Sehnsucht der menschlichen Seele ist es, frei zu sein. Das ist ein großer innerer Anstoß -- nicht des gewöhnlichen Menschen, sondern des Menschen, bei dem das göttliche Bewusstsein erwacht ist.

 

Ihr habt gehört, dass es heißt: {\glqq Erkennt die Wahrheit und die Wahrheit wird euch freimachen.\grqq} (Joh 8,32) Die Wahrheit -- das ist das Licht der göttlichen Welt. Die Wahrheit ist seine Grenzenlosigkeit. Und deshalb, wenn man von der göttlichen Freiheit spricht, die von der Wahrheit ausgeht, versteht man die Grenzenlosigkeit, d. h. das Streben der Seele danach, in der Grenzenlosigkeit zu leben.

 

Die Freiheit, im wahrsten Sinne des Wortes, gehört zur göttlichen Welt. Nur Gott ist absolut frei. Und deshalb erkennt die menschliche Seele, die in der Wahrheit lebt, Gott als Freiheit ohne Begrenzungen. Und wenn der Mensch diese Freiheit empfindet, verschwinden jede Last und alle Einschränkungen, die ihn bedrücken. Er empfindet Frieden, Weite, Erweiterung. Für sein Bewusstsein gibt es keine Grenzen, mit nur einem Blick durchdringt er die Dinge. Das ganze Eis unter ihm und um ihn herum schmilzt. Die Sonne beginnt zu scheinen, und alle edlen Keime, die tief in seiner Seele niedergelegt sind und seit Tausenden von Jahren darauf warten, hervorzusprießen, beginnen sich zu entwickeln und zu wachsen.

 

Die Freiheit ist für das Erlangen jenes hohen Ideals notwendig, nach dem der Mensch strebt. Der heutige Mensch ist nicht frei. Er strebt nach Freiheit, aber er sucht sie auf äußerlichen Wegen. Die Freiheit aber kann nicht von außen kommen. Sie kann nicht gesetzlich verfügt werden. Jede politische oder religiöse Freiheit, die von außen her verfügt wird, ist nur ein Schatten der Freiheit.

 

Die ideelle Freiheit, die Freiheit, die aus der Wahrheit geboren wird, beruht auf keiner Gewalt. Sie hängt weder vom menschlichen Wissen noch von der menschlichen Rechtsordnung ab. Sie wird von keinem äußerlichen Gesetz und von keiner Kraft geschützt. Und tatsächlich: Freiheit, die mit einem Gewehr in der Hand geschützt wird, ist das eine Freiheit?

 

Die Menschen von heute sind Sklaven und um sich zu befreien, müssen sie neu geboren werden. Die Neugeburt ist ein Abbruch jener Beziehungen, die uns jetzt hindern. Sie bedeutet eine Befreiung von den Ketten des Schicksals und der Notwendigkeit. Sie bedeutet eine Wiederherstellung jener urtümlichen Beziehung des Menschen zu Gott, die seit seiner Entstehung auf der Welt existiert. Sie bedeutet eine Wiederherstellung seiner Freiheit.

 

Denn ursprünglich wurden alle Lebewesen frei geschaffen. Und wenn die Freiheit später aus der Welt verschwindet, ist allein der Mensch daran schuld. Er selbst hatte seine ursprüngliche Beziehung zu dem Urgrund abgebrochen. Er hat viele andere Beziehungen geknüpft, die ihn begrenzt und irregeführt haben. Das göttliche Prinzip befreit ihn ständig von den Einschränkungen des Alten, aber nicht viel später schlägt er wieder den alten Weg ein.

 

Aus diesem Grund, wenn der Mensch frei sein will, darf er nur eine einzige Beziehung haben -- die zu Gott. Mit allen anderen Lebewesen darf er nur Kontakt haben. Denn das einzige Wesen, das frei ist, ist Gott. Und das einzige Wesen, das den Menschen völlig befreien kann, ist Gott. Gott will, dass alle Lebewesen frei sind, so wie er es ist, und sie sollen frei sein, weil sie Teile des göttlichen Organismus sind.

 

Aus diesem Grund wird der Mensch nur dann richtig frei sein, wenn in ihm der lebendige Gott der Wahrheit zum Leben erweckt wurde, wenn in ihm der göttliche Geist und die göttliche Kraft zu wirken beginnen; nur dann wird er Gott erkennen und von ihm erkannt werden; nur dann wird er ihm frei im Geist und in der Wahrheit dienen. Denn die Freiheit verlangt vom Menschen, dass er jederzeit bereit ist, das zu tun, was Gott von ihm will. Und der freie Mensch kann es tun, weil ihn keine andere Beziehung einschränkt. Darin besteht nämlich seine Freiheit.

 

Heutzutage streiten die Menschen darüber, ob der Mensch einen freien Willen habe. Nur ein Mensch, der in dieser vollkommenen, unveränderbaren Welt lebt, in der Gott lebt, nur ein Mensch, der seine Gesetze begreift und ihm im Geist und in der Wahrheit dient, nur er ist frei, nur er besitzt einen freien Willen.

 

Und tatsächlich liegt die Freiheit im Willen des Menschen. Aus diesem Grund versteht man unter Freiheit immer den vernünftigen Willen und nicht den Eigenwillen. Nur der vernünftige Mensch kann frei sein. Und die lebendige Natur gibt nur den Vernünftigen Freiheit -- die Unvernünftigen aber, die keinen Willen, sondern nur einen Eigenwillen haben, sind von ihr begrenzt worden. Es gibt Tausende und Millionen von Lebewesen im Reich der lebendigen Natur, die eingesperrt sind und auf ihre Befreiung warten. Warum? -- Weil sie den eigenwilligen Wunsch haben, sich willkürlich in irgendeine Richtung zu bewegen. Denn vergesst nicht, dass die Wahrheit die Richtung ist, in der sich alles Sein bewegt.

 

Nur in der Wahrheit kann der Mensch immer frei sein. All unsere Einschränkungen und Hindernisse kommen daher, dass wir nicht in Berührung mit der Wahrheit stehen. Und unsere Freiheit hängt davon ab, in wieweit wir in Berührung mit der Wahrheit gekommen sind. Es existiert kein anderes Maß. Wir können unsere Einschränkungen auf die eine oder die andere Weise erklären; das sind unsere Ansichten. Eines ist richtig: Unsere Einschränkungen, Hindernisse und Widersprüche sagen uns, dass wir jetzt nicht in Berührung mit der Wahrheit stehen. In der Wahrheit (so spricht die Erfahrung des freien Menschen) hören alle Widersprüche auf. Treten bestimmte Widersprüche auf, unabhängig davon, wie klein sie auch sein mögen, sind wir außerhalb des Bereichs der Wahrheit.

 

Vergesst eines nicht: Die Freiheit kommt nicht von außen. Jede Freiheit, die von außen bestimmt wird, ist ein Schatten der Freiheit. Lauft nicht den Schatten hinterher. Die wahre Freiheit ist die Freiheit des Geistes. Sie kommt von innen.

 

Bei der inneren Freiheit schätzt der Mensch sich selbst ein, bei der inneren Freiheit urteilt der Mensch über sich selbst -- so ist das Gesetz. Bei der inneren Freiheit begrenzt sich der Mensch selbst, er begrenzt sich freiwillig. Wann? Nur wenn er das Gute tut. Denn man empfindet auf dem Wege der Freiheit den Edelmut der Seele und die Barmherzigkeit des menschlichen Herzens. Wenn der Mensch Gutes tut, begrenzt er sich zuerst. Und er begrenzt sich, weil er gibt. Hat er aber Gutes getan, wird er wieder frei.

 

Aus diesem Grunde ist jede Sache gut, die den Menschen zuerst begrenzt und ihm seine Freiheit entzieht, aber ihm schließlich seine Freiheit zurückgibt. Und jede Sache, die anfangs dem Menschen Freiheit gibt und ihm letztlich die Freiheit entzieht, ist etwas Böses. Hierin besteht die tief greifende Verbindung zwischen dem Guten und der Freiheit und zwischen dem Bösen und der Sklaverei.

 

Willst du ein sicheres Maß haben, behalte im Gedächtnis:

 

Jede Sache, durch die der Mensch seine Freiheit verliert, ist etwas Böses. Jede Sache, durch die der Mensch seine Freiheit gewinnt, ist etwas Gutes.

 

Schreibe die Wahrheit in deine Seele ein, und du wirst die Freiheit, die du suchst, erlangen!

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